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Zuschriften an die Redaktion. (Für die unter dieser Rubrik erscheinenden Artikel übernimmt die Redaktion keine Verantwortung.) Die Explosionen beim Stürzen der Gichten. Auf S. 1783 (Jahrg. 1908) dieser Zeitschrift wird die Frage der Entstehung von Explosionen beim Stürzen der Gichten erörtert. Vielleicht kann ich durch nachstehende Zeilen etwas zur Klärung der Sache beitragen. Der Ofen ging seit einigen Tagen schwer und hing schließlich ganz fest. Er wurde stillgesetzt, und man beschloß, direkt unter dem Kohlensack Notformen einzusetzen. Beim Durch schlagen durch das Mauerwerk des Ofens er gab sich, daß der Ofen dort leer war, so daß man die andere Seite sehen konnte. Etwa 30 cm über den Löchern ging ein flaches Gewölbe von einer Seite des Ofens zur andern. Auch darunter war der Ofen leer, was man schon früher wußte, da nur hie und da beim Ziehen Koks vor den Formen erschien. Die Notformen wurden eingesetzt und geblasen. Die Pressung stieg bis auf 0,7 at, während gewöhnlich der Ofen mit 0,3 at ging. Nach 20 Minuten stürzte der Ofen im Blasen und warf stark aus. Aus diesem Vorgang stelle ich mir die Entstehung der Explosion folgendermaßen vor: In dem hohlen Raum von etwa 120 cbm (der Kohlensack hat fast 7 m Durch messer) ist komprimierte Luft. Durch den lang samen Gang seit einigen Tagen hatte sich viel Kohlenstaub abgeschieden, beim Stürzen kam dieser Kohlenstaub mit der Luft in Berührung und verbrannte zu Kohlenoxyd, eventuell zu Kohlensäure, daher die Explosion. In ähnlicher Weise werden wohl auch sonst die Explosionen entstehen beim Stürzen der Gichten. Duisburg-Beeck. Osten _ * * * In „Stahl und Eisen“ 1908 S. 1783 wurden verschiedene Ansichten zur Erklärung der Hoch ofenexplosionen gegeben. Nimmt man an, daß die rein mechanische Wirkung der stürzenden Gichten nicht ausreichend ist, um die Erscheinungen der Hochofenexplosionen und deren manchmal große zerstörende Wirkung zu erklären, so bleibt nur eine chemische Er klärung übrig. Die Explosionen treten immer nach dem Stürzen der hängenden Gichten auf, deshalb ist es klar, daß dieses dabei eine wichtige Rolle spielt. Die betreffende Reaktion muß da durch begünstigt und zu explosionsartigem Ver lauf veranlaßt werden. Eine Explosion ist eine Aeußerung der freien Energie. Eine chemische Reaktion kann nur dann explosionsartig verlaufen, wenn die dabei frei werdende Energie groß ist und eine Gasphase auftritt, welche die Umsetzung dieser Energie in Volumenenergie gestattet. Ferner ist es not wendig, daß eine fortwährende Beschleunigung der aufeinander folgenden Reaktionen und dadurch eine sehr große Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird. Es können dabei exotherme Verbindungen entstehen oder endotherme Verbindungen zer fallen. Sucht man im Hochofen nach einem Körper oder System von Körpern, welche diesen An forderungen entsprechen, so kommen in Betracht: Kohlenstoff, Kohlenoxyd, Kohlensäure, Erz (Oxyde) und Metall. Am nächsten liegt der Gedanke an einen Oxydationsprozeß. Da aber freier Sauer stoff in der betreffenden Höhe über den Formen nicht vorhanden ist, so müßte die Oxydation auf Kosten des gebundenen Sauerstoffs vor sich gehen. Diese meistens endothermen Reaktionen können nur unter Zufuhr von Wärme und deshalb nicht von selbst explosionsartig verlaufen, z. B.: Fez Os + 0 = 2 Fe O + CO — 205 + 2 • 65,7 + 29,4 = — 44,2 W.-E. Fe» Os + CO = 2 Fe O + CO — 205 — 29,4 = +2-65,7-|- 97,7 = — 5,7 W.-E. Auch die Reaktion: CO +C=2 CO ist endotherm — 97,7 + 2 • 29,4=—38,9 W.-E. Die Umkehrung der Reaktion oder dieOxydation des Kohlenoxyds durch Kohlenoxyd ist deshalb stark exotherm: CO + CO = COs + C + 38,9 W.-E. Kohlenoxyd ist deshalb als eine endotherme Verbindung zu betrachten, bei deren Zerfall in Kohlensäure und Kohlenstoff viel Energie frei wird. Kohlenoxyd ist im Hochofen reichlich, rund 25% der Gase, vorhanden. Bei konstant gehaltener Temperatur ist die Reaktion 200=CO2+C mit Volumenverminde rung verbunden, was für eine Explosion un günstig erscheint. Denkt man sich aber die Reaktion sehr schnell verlaufend, so daß die Reaktionswärme nur auf die Reaktionsprodukte und die vorhandenen Gase (CO«, N usw.) über tragen wird, so ergibt sich infolge der Temperatur steigerung eine große Volumenvermehrung oder bei konstant gedachtem Volumen (Reaktions geschwindigkeit = oo) ein sehr großer Druck, wie eine annähernde Berechnung zeigt. Es ist deshalb denkbar, daß die Eisenhochofen gase durch ihren Gehalt an Kohlenoxyd die Mög lichkeit besitzen, explodieren zu können, wenn nur ein günstiger Anstoß dazu gegeben wird. Eine genaue Untersuchung obiger Reaktion ist