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10. Februar 1909. Die Inbetriebsetzung von Hochöfen sonst und jetzt. Stahl und Eisen. 203 bei der Füllung verwendeten Gichten mit 194 Beschickung auf 100 Koks aufgegeben. Dabei fiel Bessemerroheisen Nr. 1. Von da an wurde das Verhältnis der Beschickung zum Koks bis zum vollen Satze gesteigert und die Wind menge, deren Pressung und Temperatur ebenfalls erhöht. Der Ofen, welcher 241 cbm Inhalt hatte, erzeugte im April 1870 durchschnittlich täglich 125 t Roheisen, bei einem Ausbringen von nur 24,8 °/o aus der Beschickung. Es sei besonders darauf aufmerksam gemacht, daß die für den damaligen Betrieb auf „Georgs marienhütte“ zulässige Windmenge erst durch ganz allmähliche Steigerung erreicht wurde, und zwar in dem Maße, wie die schweren Sätze in das Gestell rückten. Damit wurde bezweckt und erreicht, daß die Oefen ohne das so schäd liche und so schwer zu beseitigende Oberfeuer in Betrieb kamen. Dieselben vorbeschriebenen Störungen erlebte der Schreiber dieser Zeilen, als er der Inbetrieb setzung des ersten in England mit seiner Schlackenform zugestellten Hochofens am 15. und 16. November 1873 auf den „Thornaby Iron Works“ in Stockton-on-Tees, W. Whitwell & Co. gehörig, beiwohnte.* Es war den Herren genau und bestimmt aufgegeben worden, wie der Ofen gefüllt werden müsse. Das aber wußten die alten englischen Ironmasters natür lich besser als der Deutsche und ließen die Koks, Erze und Kalk von der Gicht in den Ofen stürzen. Als Wind in den Ofen geblasen werden sollte, traten dieselben Erscheinungen ein, welche 21/2 Jahre zuvor auf der „Georgs marienhütte“ beobachtet waren. Die „Whitwells, Williams und Thomas“ aber konnten sich nicht entschließen, meinem Rate Folge zu leisten, d. h. unten so lange Materialien ausziehen zu lassen, bis auf der Gicht eine Bewegung zu be merken sein würde. Es dauerte mehrere Tage, bis man sich fügte. Als dies geschah, verließ der Oberschmelzer das Werk, weil er der Ueber- Zeugung war, daß der Ofen verloren sei, und um keine Hand zu den Ratschlägen des jungen Mannes zu reichen, der solche verrückten Ein richtungen und Vorschläge durchführen wollte. Was die Herren Whitwell während dieser Zeit alles an Unglaublichem vorbrachten, soll mit dem Mantel der Vergessenheit zugedeckt werden. Der Ofen kam dann innerhalb weniger Stunden ebenso in zufriedenstellenden Betrieb, wie früher der Ofen auf „Georgsmarienhütte“. Als dies erreicht war, meinte einer der Schmelzer, in ihrem Interesse sei diese Erfindung nicht, denn nun könne jedermann Schmelzer spielen. Der vierte Hochofen mit Schlacken form auf „Georgsmarienhütte“ wurde vom 1. bis 3. Februar 1872 mit 16 500 kg Koks, * „Stahl und Eisen“ 1887 Nr. 11 8. 789. dem 8000 kg eisenhaltiger Dolomit (dem Zu schlag der Georgsmarienhütte) beigemischt waren, und folgenden Gichten von je 1650 Koks ge füllt, bei welchem auf 100 Koks gesetzt wurden 106 109,5 116 128 137 147 Beschickung bei 5 5 5 5 5 5 Gichten 157 167 108 Beschickung bei 5 5 2 Gichten zusammen 42 Gichten. Weil in das Gestell zunächst nur 16 500 kg Koks gefüllt waren, wurden diese Sätze nicht so schwer wie bei früheren Inbetriebsetzungen genommen. Der Ofen wurde am 3. Februar um 10 Uhr morgens mit vier Düsen von 52 mm und 22 cm Pressung angeblasen. Die erste Schlacke lief abends um 11 Uhr, sie war gar und flüssig. Um 3 Uhr morgens floß das Eisen von selbst aus dem Stichloche. Am 4. Februar abends 10 Uhr wurde Bessemereisen Nr. 1 ab gestochen. Der Ofen erhielt 48 Stunden nach dem Anblasen und vier Tage nach dem Beginne der Füllung volle Gichten von 212 Beschickung auf 100 Koks, wie sie für den damaligen Betrieb mit eisernen Winderhitzern und höchstens 350 0 C. Windtemperatur auf Georgsmarienhütte zur Erzeu gung von Bessenierroheisen Nr. 1 zulässig waren. Bei den ersten der hier beschriebenen In betriebsetzungen im Jahre 1858 waren etwa 100 000 kg Koks vergeudet. Durch die inner halb 14 Jahren eingeführten Verbesserungen konnte diese Menge auf 16 500 kg vermindert werden. Während 1858 zur Inbetriebsetzung 84 Tage nötig waren, kam man 1872 mit vier Tagen aus. Seitdem sind noch viele Fortschritte im Anblasen der Hochöfen gemacht worden, welche sich zu folgender Anleitung für In betriebsetzung eines Hochofens zusammen fassen lassen. Man kann einen kleinen Flammofen vor das Stichloch bauen und damit das Mauerwerk trock nen und vorwärmen. Wenn diese Heizung über trieben wird, bekommt das Mauerwerk Risse. Man kann auch bei zugesetzten Oeffnungen des Gestelles einige Kokskörbe auf den Boden setzen und diese mehrere Tage heizen, bis sich das Mauerwerk von außen warm anfühlt. Dann werden die Wind- und Schlackenformen einge setzt, das Stichloch vorläufig geschlossen und mit dem Füllen begonnen, ohne Feuer anzulegen. Man füllt zunächst, je nach der Größe des Ofens und dem Wagemute des Betriebsleiters, 16 000 bis 40 000 kg Koks ein, welchem der dem Aschengehalte entsprechende Kalkzuschlag reichlich (12 bis 20 °/o vom Koksgewicht) bei gemischt ist. Auch setzt man etwa 10 °/o des Koks an Hochofenschlacken von guten Betrieben. Darauf folgen Gichten, und zwar setzt man zu nächst auf 100 Koks 100 Beschickung und stei gert diese Sätze von drei zu drei Gichten, so daß auf 100 Koks 200 Beschickung kommen,