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annehmen. Damit soll erreicht werden, den Vorteil dieser Schulen jeder Gegend des Landes möglichst gleichmäßig zuteil werden zu lassen. Die Kosten werden zum größten Teil vom Staate bestritten, doch müssen die Schüler Ver pflegungsgelder zahlen, welche die Auslagen für ihren Unterhalt decken dürften. Jede Schule umfaßt vier Fachabteilungen: für Modelltischler, Graugießer und Former, Schmiede und für Schlosser-Mechaniker. Im vorliegenden Aufsatze soll neben den allgemeinen Grundsätzen dieser Schulen nur deren Gießereiabteilung näher be schrieben werden. Die Ausbildungszeit beträgt in jeder Ab teilung drei Jahre; jeder Kursus nimmt alljähr lich nur zehn neue Schüler auf, jede Abteilung umfaßt demnach 30 Schüler, und eine Voll anstalt in den vier Fachschulen deren 120. Die Ausbildung kann darum sehr eingehend, der Eigenart des Einzelnen Rechnung tragend sein. Aufnahmebedingungen (Vorbildung). Der Andrang zu diesen Schulen ist sehr lebhaft. Es wird ihm durch eine sorgfältige Auswahl der befähigtsten Elemente auf Grund einer sehr eingehenden Aufnahmeprüfung begegnet. Grund bedingung für die Zulassung zu dieser Prüfung ist der Nachweis französischer Staatsangehörig keit. Ausländer sind also von vornherein aus geschlossen. In Anbetracht der kleinen Zahl von Schülern, die überhaupt aufgenommen wer den kann, ist die Fernhaltung von Ausländern vielleicht gerechtfertigt; sie sticht aber doch recht sehr von der Weitherzigkeit ab, welche an allen deutschen und österreichischen Schulen auch den Ausländern Bildungsmöglichkeit ge währt. Zweite Vorschrift, von der unter keinen Umständen abgewichen wird, ist ein Alter von mindestens 15 und höchstens 18 Jahren der Aufzunehmenden. , Die Aufnahmeprüfung erstreckt sich in der Hauptsache über folgende Gebiete: Französische Sprache, Grammatik, freier Aufsatz und allge meine Literaturkenntnis (von Malherbe und den anderen Häuptern der Renaissance bis auf die Gegenwart), Geschichte (Frankreich von Ludwig XIII. bis zur Gegenwart, ebenso in großen Umrissen der Werdegang der anderen europäischen Staaten in der Neuzeit), Erdkunde (Allgemeines aller Erdteile, insbesondere Europas, eingehende Kenntnis der physikalischen und politischen Gliederung Frankreichs einschließlich landwirtschaftlicher, industrieller, militärischer, kirchlicher und verwaltungstechnischer Beziehun gen). Neben diesem unter dem Sammelnamen „partie littraire" zusammengefaßten Wissens schatze wird unter der Bezeichnung „partie scientifique" über Arithmetik (Grundlehren bis zum Ziehen der Kubikwurzel), Geometrie (bis zur Bestimmung der Oberfläche und des Inhaltes vom Zylinder, Kegelabschnitt, Kugelab- und -ausschnitt), Algebra (bis zu den unbestimmten Gleichungen des ersten Grades) und in den Elementen der Physik und Chemie geprüft. Der Aufzunehmende soll im Gebrauch der Zeichen geräte so geübt sein, daß er einfachste technische Zeichnungen nach Angabe auszuführen vermag. Zum Nachweis einiger Uebung im Freihand zeichnen ist ein Ornament, die Einzelheit einer Architektur oder ein ähnlich einfacher Gegen stand in Blei und Tusche wiederzugeben. Der Bau dieser Prüfung wird schließlich gekrönt durch eine Probearbeit aus dem Handwerksfache des Schülers. Die Wahl dieser Arbeit ist ihm überlassen, sie muß aber unter Aufsicht in den Werkstätten der Schule, in vorher bestimmter Zeit und allein mit den in der Schule verfüg baren Materialien, Werkzeugen und Hilfsmitteln erstellt werden. Bei einer so umfassenden Auf nahmeprüfung erscheint es auffällig, daß die Bewerber die erfolgreiche Erledigung des Lehr ganges bestimmter, namentlich angeführter fran zösischer Schulen nachweisen müssen. Das Privilegium bestimmter Schularten wird demnach auch in Frankreich gepflegt! Die vorgeschriebenen Vorschulen nehmen die jungen Leute im allgemeinen bis zum 14. oder 15. Lebensjahre in Anspruch. Da der Nach weis handwerksmäßiger Kenntnisse gefordert wird, müssen die Aufnahmebewerber schon irgend eine Lehrzeit durchgemacht haben. Es ist an zunehmen, daß sie ein bis drei Jahre die Schul bank hinter sich haben. Die Ablegung einer Gesamtprüfung über soviel früher erworbenes Wissen stellt recht hohe Anforderungen an Leistungsfähigkeit und Intelligenz jedes Ein zelnen. Der Zweck der Prüfung, unter den Guten die Auswahl der Besten zu treffen, dürfte demnach wohl erreicht werden, soweit er eben durch eine Prüfung erreichbar ist. Auf Grund der Prüfungsergebnisse veranlaßt das Ministerium für jede Schule die Annahme der zehn in jedem Fache an der Spitze stehen den Prüflinge. Wer zurückgewiesen wurde, kann sich im folgenden Jahre wieder melden, falls er nicht in der Zwischenzeit das 18. Jahr überschritten hat. Kosten. Sämtliche Schulen werden als streng disziplinierte Internate geführt. Jeder Schüler hat für seine Verpflegung jährlich 600 Fr. und außerdem für die von der Schule gelieferte erste Ausstattung 300 Fr. zu zahlen. Er muß für Reißzeug, Rechenschieber und sonstige Ma terialien 30 Fr. mitbringen nebst einem Taschen gelde von 75 Fr., welches alljährlich im Oktober auf 50 Fr. zu ergänzen und im Januar und April mit je 15 Fr. aufzufrischen ist. Diese Beiträge können bedürftigen und würdigen Schülern ganz oder teilweise nachgelassen wer den. Bei der Aufnahme darf keinesfalls die Zahlungsfähigkeit entscheiden, sondern nur das