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Von verkehrspolitischen Fragen beschäftigte den Vereinsausschuß zunächst der Entwurf des neuen Be- triebsreglements, doch konnte sich das hierzu vom Verein erstattete Gutachten mit Rücksicht auf die kurze Frist nur auf die wichtigsten Bestimmungen des Entwurfes erstrecken. Hinsichtlich der mit Be ginn des Jahres 1908 verfügten Auflassung der De- klassifikation für Eisen und Eisenwaren ist es den Bemühungen des Vereinsausschusses und des Ver treters des Vereines im Staatseisenbahnrate gelungen, durehzusetzen, daß die ursprünglich nur von Fall zu Fall beabsichtigte Aufrechthaltung der Deklassifikation für den Verkehr nach Ungarn wenigstens bis Ende des Jahres (1908) zugestanden wurde. — Im Anschluß an eine Resolution der handelspolitischen Zentral stelle erhob der Verein gegen eine allfällige, mit der bevorstehenden Revision der Staatsbahntarife verbun dene allgemeine Tariferhöhung Einspruch. Die Beratungen des Vereinsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend die neuen Gebäudesteuern ergaben, daß der Gesetzentwurf den Bedürfnissen der Industrie in keiner Weise Rechnung getragen hat. Der Ausschuß wird demnächst seine Bedenken gegen den Entwurf dem Abgeordnetenhause und der Re gierung bekanntgeben. Zur Reform der Arbeiterversicherung erstattete der Vereinsausschuß eine Aeußerung, in der auf die Gefahr hingewiesen wurde, die ein nach dem Re gierungsprogramm nahezu mit Sicherheit voraus- zusagendes Defizit der Versicherungskaese für die Versicherten mit sich bringen würde. Die zur Ver meidung dieser Gefahr vorgeschlagene vorherige Feststellung der zulässigen prozentuellen Belastung des Arbeitsverdienstes für die Zwecke der Invaliden- und Altersversicherung wurden vom Vereinsaus- Schüsse der Regierung zur Berücksichtigung em pfohlen. Der Anfang November 1908 dem Ab geordnetenhause vorgelegte Regierungsentwurf über die Sozialversicherung hat jedoch die vorgebrachten Bedenken und Vorschläge gänzlich außer acht ge lassen. — Die Ueberprüfung des Ende 1907 er schienenen Entwurfes der Durchführungsvorschrift zum Privatbeamten-Pensionsversicherungsgesetze durch den Vereinsausschuß ergab eine Reihe von Mängeln und Unklarheiten, die dem Ministerium des Innern bekanntgegeben wurden. Leider sind nur wenige von den Abänderungsvorschlägen der Interessenten berücksichtigt worden. Im Interesse der Heranbildung eines geeigneten Nachwuchses für die unausgesetzt betriebenen Fein drahtziehereien wurde beim Handelsministerium an geregt, die Feindrahtziehereien unter jene Gewerbs unternehmungen aufzunehmen, bei denen jugendliche Hilfsarbeiter zwischen dem vollendeten 14. und dem vollendeten 16. Lebensjahre während der Nachtzeit zu leichten Arbeiten verwendet werden dürfen. — Das zur geplanten Reform der Berggesetzgebung gebildete Delegiertenkomitee, dem drei Vertreter des Vereines angehörten, hat seine Beratungen beendet und als Ergebnis derselben dem Ministerium für öffentliche Arbeiten eine Reihe von Leitsätzen überreicht. Zu den im Abgeordnetenhause eingebrachten Anträgen auf Einführung der Achtstundenschicht sowie einer 36- stündigen gleichzeitig beginnenden Sonntagsruhe für alle Bergarbeiter, ferner auf Ersetzung der mindestens monatlichen Lohnzahlung beim Bergbau durch wöchent liche Ablohnung wurde im Verlaufe einer Enquete, zu der vom Verein Hr. Generalsekretär Dr. Caspaar ent sendet war, von den Vertretern der Werksbesitzer der Nachweis erbracht, daß beim österreichischen Kohlenbergbau bereite gegenwärtig eine tatsächlich Achtstundenschicht bestehe und daß eine Schichtver kürzung weder mit Rücksicht auf die Arbeiter not wendig, noch im Interesse der Allgemeinheit gelegen sei. Es wurde ferner nachgewiesen, daß eine wöchent liche Lohnzahlung bei vielen Betrieben, namentlich aber im Steinkohlenbergbau, aus technischen Gründen unmöglich durchgeführt werden könne. Einer Einladung des k. k. Handelsministeriums folgend, äußerte sich der Verein über die Organisation des technischen Versuchs- und Untersuchungswesens in Oesterreich, indem er die Schaffung einer Reichs zentralversuchsanstalt in Wien und mehrerer nach Bedarf zu errichtender Anstalten in der Provinz (für einzelne Zweige des technischen Versuchswesens) sowie unabhängig davon die Ausgestaltung der technischen Laboratorien an den Lehranstalten befürwortete. Des öfteren hat der Vereinsausschuß im ablaufen den Jahre Veranlassung genommen, bei Vergebung von Lieferungen sich für die Berücksichtigung der inländischen Industrie und für die Veranstaltung öffent licher Offertausschreibungen einzusetzen." Aus dem anschließenden Berichte über die Ge schäftslage der österreichischen Montan-, Eisen- und Maschinenindustrie geben wir unter der „Wirtschaft lichen Rundschau“ (S. 43) das Wesentlichste wieder. Umschau. Enquete über die Eisenzölle in den Vereinigten Staaten. In Erfüllung eines durch die Chicagoer Kon vention vom Juni des vergangenen Jahres gegebenen Versprechens der republikanischen Partei hat der Kongreß einen Ausschuß, das sogenannte Ways and Means Committee, beauftragt, für einen neuen Zolltarif, der den jetzigen Verhältnissen besser entsprechen sollte als der bestehende, genaue Er hebungen darüber zu veranstalten, wie hoch sich die Produktionskosten der in Frage kommenden Artikel in den Vereinigten Staaten und den mit diesen kon kurrierenden Ländern belaufen. Man hatte daher die amerikanischen Konsuln in Deutschland und ebenso in England, Frankreich und Belgien angewiesen, in ihren Ländern die Höhe der Kosten für Rohmaterial, Arbeitslöhne und Verfrachtung zu ermitteln, um danach Vergleiche mit den Verhältnissen in den Vereinigten Staaten anstellen und sodann auf Grund dieser Zahlen eine gerechte Verteilung der Zölle herbeiführen zu können. Zugleich hat der genannte Ausschuß die amerikanischen Industriellen um Auskunft befragt. Die Eisen- und Stahlwerksbesitzer, um die es sich hierbei in erster Linie handelt, haben vorläufige Ver sammlungen in den Mittelpunkten der Industrie, wie Cleveland, Pittsburg und Philadelphia, abgehalten, um sich darüber schlüssig zu werden, wer die An gaben vor dem Kongreßausschussemachen solle. Die näheren Einzelheiten dieser Versammlungen sind nicht bekannt geworden, jedenfalls aber wurde in den beiden letzten Hauptbesprechungen, nämlich in New- York und Philadelphia am 23. und 24. November 1908, eine Liste von erfahrenen Eisen- und Stahl fabrikanten aufgestellt, die dem Ausschüsse die ge wünschten Auskünfte erteilen sollten.* Es mag hier gleich bemerkt werden, daß unter all diesen zum größten Teil bedeutenden Leuten sich nicht ein ein ziger Beamter der zur United States Steel Corpo ration gehörenden Gesellschaften befand. Die ein zelnen Sachverständigen sollten nicht im Namen einer Firma oder eines Werkes Angaben machen, sondern man hat, größtenteils nach den Paragraphen des Zolltarifes, für einzelne Fabrikate, deren Zollsatz in Betracht kommen könnte, Vertreter gewählt, die im Namen ihres Fabrikationszweiges Vorschläge zur Zollfrage unterbreiten und zugleich dem Ausschüsse * „The Iron Age“ 1908, 26. Nov., S. 1533 u. ff.; 3. Dez., S. 1614 u. ff.; 10. Dez., S. 1719 u. ff.