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des Code pnal in Geltung, die selbstverständ lich heute bei den verwickelten Konzentrations erscheinungen nur äußerst selten Anwendung Anden konnten. Eine strikte Gesetzesauslegung durch die Gerichte förderte zudem die Umgehung des Gesetzes sehr. Gegen Submissionskar telle, sowohl bei öffentlichen, als auch bei privaten Submissionen, richtet sich §412 des Code penal. Die Vereinigung von Bergbaukonzessionen in einer Hand, ohne Genehmigung der Regierung, verbietet eine Verordnung vom 23. Okt. 1852. Geheime Frachtnachlässe, sog. Refaktien und dergleichen, durch Privateisenbahnen sind seit 1844 verboten. Kartelle, die von Ausländern errichtet oder geleitet werden oder im Auslande ihren Sitz haben, können eventuell von der Re gierung aufgelöst werden. Tatsächlich ist eine Auflösung oder irgendwelche Bestrafung bisher noch nicht erfolgt. In Belgien werden die Kartelle nach den allgemeinen Bestimmungen des Straf- und Civil- rechtes behandelt. Die Rechtsprechung steht ihnen günstig gegenüber. Von Italien wird im allgemeinen dasselbe berichtet. Hier wie in Rumänien und Ruß land ist der eingangs erwähnte Fall eingetreten, daß zur selben Zeit., wo von einzelnen Staaten die schärfsten Maßregeln gegen Kartelle ge troffen wurden, andere Staaten eine Industrie zwangsweise kartellierten. Dies geschah in Italien 1906 mit der Schwefelindustrie, in Ru mänien 1907 mit den Leuchtpetroleumraffinerien, in Rußland 1886 mit der Zuckerindustrie, ob wohl das letztere Land strafrechtliche Bestim mungen gegen Kartelle besitzt und sie auch mehrfach angewandt hat. Da England keine besondere Kartellgesetz gebung hat, fallen die Kartelle unter das Ge wohnheitsrecht „common law“; dieses „common law“ betrachtet im großen und ganzen Kartell- vertage lediglich dann als schädlich, wenn der freie Wettbewerb vollkommen ausgeschaltet wird. „Partial restraints“, teilweise Beschränkungen, soweit sie sich in vernünftigen Grenzen halten, beeinträchtigen nicht die Gültigkeit der Kartell verträge. Gegebenenfalls können Kartelle als „conspiracy“, Komplott, beurteilt werden. Inter essant ist, daß über die Wirksamkeit des Schiff fahrtpools sowie über den amerikanischen Fleisch trust zurzeit Erhebungen stattfinden. Endlich sieht ein neues Gesetz über Produktionsstatistik, zwecks besserer Beurteilungsmöglichkeit der Kartelle, eine weitgehende Auskunftspflicht der Unternehmer vor. Als sozialpolitische Versuchsländer sind allge mein einige australische Kolonialstaaten bekannt. Auch auf dem hier besprochenen Ge biete sind umfassendere Gesetze bereits erlassen oder in Vorbereitung. Unverkennbar weisen alle derartige Maßnahmen auf die Anlehnung an die amerikanische Antitrustgesetzgebung hin. Doch besteht ein Grundunterschied zwischen dem Zweck der beiden Gesetzgebungen. Will die amerika nische Gesetzgebung die Auswüchse des inländi schen Trustwesens beschneiden, so ist die austra lische Gesetzgebung als Schutzwehr für die einheimische Industrie gegen die auslän dische Industrie gedacht. Insbesondere wollte man hier auch durch die Sicherung höherer Löhne dem Arbeiterstande nützen. Obwohl die australische Kartellgesetzgebung speziell durch die übermächtige Einfuhr des amerikanischen Tabaktrusts und des Trusts für landwirtschaftliche Maschinen* hervorgerufen wurde, liegt, wie die Denkschrift ausdrücklich hervorhebt, die Möglichkeit einer Einwirkung auch auf die übrige fremde Einfuhr durchaus nicht so fern. Das Hauptgesetz des australi schen Bundes führt den Titel „Gesetz zur Er haltung australischer Industrien und zur Ver hinderung schädlicher Monopole“. Die Hand habung des Gesetzes liegt in der Hauptsache bei dem Kronanwalt (Attorney General) und neuerdings auch bei dem Generalkontrolleur der Zölle. Hier sei nur auf die Vorschriften gegen das „Dumping“ verwiesen. Ihnen liegt wieder der er wähnte Gedanke des Schutzes schwächerer austra lischer Industrien, sowohl im rein eigenen, wie im Interesse der Arbeiter, zugrunde und es steht darum jedermann die Klage gegen das Dumping, d. h. die zu billige Einfuhr fremdländischer Waren zu, die eventuell als unlauterer Wettbewerb aufgefaßt und verurteilt werden kann. In Neuseeland besteht neben dem besonderen Schutz der Produzenten gegen den Harvester Trust durch ein Gesetz von 1907, zwecks Ver hütung von Monopolen beim Mehl-, Kartoffel- und Weizenhandel, auch der Schutz der Kon sumenten. Im Einzelnen möge aus dem ersteren Gesetz die Preiskommission er wähnt werden, die auf Beschwerde von nur zwei australischen Fabrikanten sich darüber zu äußern hat, ob durch eine wesentliche Unter bietung des Preises durch fremdländische Waren ein unlauterer Wettbewerb vorliegt. Bezeich nend ist, daß die landwirtschaftlichen Maschi nen Großbritanniens und Irlands denen Neu seelands, betreffs des Schutzes gleichgestellt sind. Auch das Mehl-, Weizen- und Kartoffel gesetz sieht Preiskommissionen vor. Ein mehr fach eingebrachtes Gesetz über Handelsmonopole ist vom Parlament noch nicht verabschiedet. In Kanada wurde 1889 das erste Gesetz gegen die Kartelle erlassen. Sowohl gegen in- * Es ist der sogenannte Harvester Trust, der sich neuerdings ja auch bei uns am Rhein niedergelassen hat. Die scharfen, gegen ihn speziell gerichteten australischen Gesetzesmaßregeln und die dadurch er folgte Beschränkung seiner Ausfuhr hat vielleicht nicht unwesentlich zu diesem Schritte beigetragen.