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62 Stahl und Eisen. Das Verzinnen von Metallgegenständen in alter und neuer Zeit. 29. Jahrg. Nr. 2. gossen, dann getempert und innen ausgedreht. Die so vorbereiteten Töpfe wurden mäßig an gewärmt und dann verzinnt. Man schöpfte zu diesem Zweck je nach Größe des Gefäßes 30 bis 100 g Zinn aus der Pfanne in das Gefäß, streute gepulverten Salmiak darüber und rieb mittels eines großen Korkpfropfens, der an einer kleinen Zange befestigt war, das flüssige Zinn stark gegen die Wandungen des Gefäßes (Vor verzinnung). Dann tauchte man das Gefäß in das flüssige Zinn, nahm mit dem Gefäß etwas Zinn heraus, schwenkte es nach allen Seiten um, was große Uebung verlangte, und goß das übrige flüssige Zinn in die Zinnpfanne zurück. Die verzinnten Töpfe wurden mit dem Boden in kaltes Wasser eingetaucht, so daß das Zinn erstarrte. Nach dem Erkalten wurde die verzinnte Innen fläche mit geschlemmter Kreide und einem wollenen Lappen gereinigt, die Außenseite aber, an der sich kein Zinn angesetzt hatte, wurde mit einer entsprechenden Schwärze überzogen. Während das Verzinnen aus den vorhin angegebenen Gründen für die heutigen Geschirrgießereien keine Bedeutung mehr besitzt, wird es in anderen Werken, namentlich solchen, die Molkerei-Ma schinen , Maschinen für den Küchenbedarf, wie Fleischhackmaschinen und dergl. mehr, herstellen, noch mit Vorteil angewendet. Zu dem altbekannten Verzinnen auf feuer flüssigem Wege ist in neuerer Zeit auch noch die galvanische Verzinnung hinzugekommen, während kleine Gegenstände mit Chlorzinn verzinnt werden und für besondere Zwecke wohl auch die Anstrichverzinnung in Anwendung treten kann. Von dem letztgenannten Verfahren sind mir zwei Abarten bekannt: das eine geht von dem Metall-Anstrich-Syndikat in Berlin aus, während das Verzinnen mit Tinol in den Händen der Firma Küppers Metallwerke in Bonn liegt. Von ersterer Firma zeige ich Ihnen hier eine Art Aschenbecher, der zum Teil verzinnt ist. Die letztgenannte Bonner Firma hat mir einige Proben zur Verfügung gestellt, die gleichfalls hier aus gelegt sind. Für die Herren Gießereifachleute dürften insbesondere die vorliegenden verzinnten Kernstützen von Interesse sein. — Ich bin am Ende meiner Ausführungen an gelangt; mit Rücksicht auf die vorgeschriebene Vortragsdauer mußte ich mich ganz kurz fassen. Ich möchte aber nicht schließen, ohne vorher meinem verehrten Chef, Hrn. Dr.-Ing. Schrödter, für die Anregung zu dem Vortrag, den Biblio thekaren unseres Vereins, des hiesigen Geschichts- Vereins , des Zentral - Gewerbe - Vereins, der Landes- und Stdtbibliothek, sowie ferner den Bibliotheken zu: Aachen, Berlin, Bonn, Darmstadt, Essen und Göttingen auch an dieser Stelle für ihre freundliche Unterstützung durch Ueber- lassung zahlreicher, zum Teil sehr seltener Werke, meinen Dank abzustatten. — Nur so kam das Material zu dem heutigen Mosaikbildchen zu sammen. Wenn ich in diesem naturgemäß nur wenige eigene Gedanken mit einbauen konnte, so tröste ich mich mit Goethe, der da sagt: „ Selbst erfinden ist schön, doch glücklich von andern Gefundnes Fröhlich erkannt und geschätzt nennst du das weniger dein?“ * * * Nach Schluß des Vortrages führte der Redner noch eine größere Anzahl von Lichtbildern vor, die zur weiteren Erläuterung des Gesagten dienten. Außer dem waren einige alte persische und arabische ver zinnte Kupfergeschirre, wie Krüge, Schalen und dergl. ausgelegt, die der hiesige Zentral-Gewerbeverein dem Vortragenden in dankenswerter Weise aus seinen reichhaltigen Sammlungen leihweise überlassen batte. Vorsitzender Dr.eGng. Schrödter: M. H.! In Abwesenheit unseres verehrten Herrn Vorsitzenden, der schon eine zwölfstündige Schicht verfahren, eröffne ich die Diskussion. Becker-Berlin: Der Herr Vortragende hat in seinen sehr interessanten Ausführungen dargelegt, daß die Uebertragung der Technik des Verzinnens von Asien nach Europa durch die Wanderung der germanischen Völker erfolgt sei. Soweit mir bekannt, gilt wohl als zweifellos feststehend, daß nicht in Asien die Heimat der germanischen Völker zu suchen ist, sondern daß sie aus dem Norden von Europa gekommen sind. Ich will hier nicht näher auf Einzelheiten eingehen. Es haben aber die asiatischen Länder nicht die Be dingungen, die darauf schließen lassen können, daß die germanischen Völker aus ihnen stammen. Es ist auch nach den historischen Funden als ziemlich sichel' anzusehen, daß ein Ausstrahlen der germanischen Völker von den skandinavischen Ländern nach dem Süden und Südosten bis nach Indien stattgefunden hat. Ich bin zu wenig Fachmann, um festzustellen, wie diese historischen Tatsachen sich zu der vorgetragenen Ansicht, daß die Technik des Verzinnens durch die germanischen Völker von Asien nach Europa gelangt sei, verhalten. Der Herr Vortragende wird zu prüfen haben, ob nicht eine Verschiebung der Verhältnisse vorzunehmen ist, ob nicht nachzuweisen ist, daß diese Technik in Europa älter und von hier erst nach Asien übertragen worden ist. Professor 0 s an n-Clausthal: Darf ich vielleicht gerade zu der Bemerkung des Hrn. Becker das Wort ergreifen? Ich glaube, der Herr Vortragende hat in seinem Vortrage ein Moment etwas unterschätzt, näm lich dasjenige, daß die Phönizier ein Monopol hatten. Das Volk der Phönizier hat es fertig bekommen, durch viele Jahrhunderte, vielleicht dnrch zehn Jahrhunderte hindurch, den Zinnhandel in der Hand zu behalten, wahrscheinlich auch den größten Teil des Kupferhandels. Nun war es ja sehr interessant, daß der Herr Vor tragende sagte, in Nordfrankreich wären so viele ver zinnte Gefäße und Schnallen gefunden worden. Das weist darauf hin, daß dieses Zinn von den Scillyinseln stammt. Daher haben es die Phönizier geholt und in den Handel gebracht. Man weiß auch, daß ein phönizischer Schiffskapitän, der von römischen Schiffen verfolgt wurde, das Schiff auf den Strand laufen ließ, als er die Ver folger nicht los werden konnte, um eben den Weg nach den Scillyinseln zu verbergen. Dieser Mann soll später wieder in seine Heimat zurückgekehrt und hoch geehrt sein. Erst ein Römer aus der griechischen Kolonie Massilia, namens Phyteas, hat den Weg nach den Scillyinseln gefunden. Es ist ein wirtschaftlich interessantes Moment, daß ein Volk es verstanden hat, so lange ein Monopol in der Hand zu behalten. Es erklärt sich dadurch manches. Ich glaube im Gegen-