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56 Stahl und Eisen. Das Verzinnen von Metallgegenständen in alter und neuer Zeit. 29. Jahrg. Nr. 2. und Schwere sind nämlich die Betriebsun fälle, die sich bei Bühnenbeschickung dadurch ereignet haben, daß von den Schmelzern Kohlen oxydgas, dessen Austritt in den Bühnenraum sich infolge seiner Färb- und Geruchlosigkeit leider nicht verrät, bei der Beschickung ein geatmet wurde. Befinden sich künftig keine Schmelzer mehr auf der Bühne und an der Be schickungsöffnung, so sind damit auch die Un fallgefahren beseitigt. — Nochmals zusammenfassend, soll die Ueber- legenheit der selbsttätigen Beschickung darin bestehen, daß sie nur einen einzigen Akt darstellt, der sich unter den Augen der Be triebsleitung abspielt, gegenüber dem Vie lerlei der Bühnenbeschickung mit ihrer Unsicher heit in wirtschaftlicher und in sanitärer Richtung. Ich bin der Ueberzeugung, daß künftig die mecha nische oder automatische Beschickung in allen vorgeschrittenen Gießereibetrieben ebensowenig entbehrt werden kann, wie heute im Maschinen bau z. B. die Revolverbank und der Dampf hammer; Hilfsmittel, ohne die man doch früher auch Dreh- und Schmiedearbeiten herstellen konnte. * * * In der an den Vortrag anschließenden Besprechung führte Oberingenieur C. H e n n ing-Mannheim Nach stehendes aus: M. H.! Ich möchte Ihnen mitteilen, daß auch in der von mir geleiteten Gießerei (Streb el werk, G. m. b. H., Mannheim) sich eine mechanische Beschickungs vorrichtung für Kupolöfen im Bau befindet. Die alte Ofenanlage besteht aus vier Oefen, deren Gichtbühne für die Bedienung der neu anzulegenden fünf Oefen ihrer geringen Höhe wegen nicht mehr zu verwenden war. Oberhalb derselben konnte eine zweite neue Gichtbühne wegen der zu schwachen Mauern nicht geplant werden. Wir sind auch nicht in der Lage, den Betrieb der alten Anlage während des Umbaues zu stören. Es wird daher notwendig, zuerst einen neuen fünften Ofen aufzustellen; dessen Gichtöffnung wird bis über das Dach des Kupolofenhauses gezogen, welches an sich unverändert bleibt, und dann wird ein Ofen nach dem andern durch einen neuen höheren ersetzt. Die Frage der Beschickung ließ sich am besten durch Anbringung eines Laufdrehkranes lösen, ähnlich wie man solche zum Ausladen von Kohlen usw. an den Häfen sieht. Wir haben, ohne daß wir gezwungen sein werden, das vorhandene Dach des Kupolofenhauses nennenswert zu ändern, auf demselben Laufschienen projektiert, welche den Laufkran aufnehmen, auf dessen Trägern an Stelle der bei Kranen sonst üblichen Laufkatze ein Drehkran sich bewegt. Die Laufkranen, von denen nach Vollendung der Anlage zwei vorhanden sein werden, können sich vor je einen Ofen stellen, vor welchem sie während der ganzen Schmelzzeit stehen bleiben. Es werden täglich zwei Oefen von 1300 mm Durchmesser im Betrieb sein. Der Drehkran kann vor- und rückwärts fahren, sich drehen und über die Firstmauer des Kupolofenhauses hinweg auf den Hof herunter fassen, um von der Gattierungswage weg einen mit Eisen gefüllten Klappkübel in die Höhe zu ziehen, mit demselben zu drehen und ihn senkrecht über die Ofenachse zu fahren, wo das Eisen oder der Koks durch Oeffnen des Klappkübels senkrecht in den Ofenschacht stürzt. Ich halte die Möglichkeit, die Eisen- und Kokegichten senkrecht in den Ofenschacht fallen zu lassen, für einen großen Vorteil gegenüber der Beschickung über eine schräge Rutsche hinweg, durch welche sehr leicht Koks und Eisen sich einseitig in den Ofen legen und der Satz nicht in einer hori zontalen Schicht beisammen bleibt. Auf dem Hof werden nebeneinander zwei auf Schienen bewegliche Gichtwagen stehen, auf welche der Laufdrehkran die Klappkübel absetzt. Während ein Kübel in die Höhe zur Gichtöffnung hin fährt, wird von Arbeitern in dem andern Kübel die Gattierung eingewogen. Ich möchte, da diese Anlage noch nicht in Betrieb ist, nur diese wenigen Worte darüber sagen, und hoffe, daß ich an einem späteren Zeitpunkt, wenn die Anlage in Betrieb ist und Betriebszahlen vorliegen, nähere Mitteilungen machen kann. Das Verzinnen von Metallgegenständen in alter und neuer Zeit.* Von Ingenieur Otto V eine Herren! Mit meinem heutigen kleinen - ‘ — Vortrag über das Verzinnen von Metall gegenständen möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf einen einst blühenden, heute aber halb ver dorrten Zweig des Gießereigewerbes hinlenken und Sie zu einem Meinungsaustausch auregen. Den unmittelbaren Anstoß zur Bearbeitung dieses Gegenstandes gab mir eine Bemerkung in Karstens vortrefflichem „Handbuch der Eisenhüttenkunde“ aus dem Jahre 1841. Karsten, der wohl der bedeutendste Hüttenmann seiner Zeit war, schrieb damals: „In England werden jetzt verzinnte gegossene eiserne Gefäße aller Art häufig angefertigt. Die Versendung solcher Gefäße nach Amerika und Ostindien ist so be- * Vortrag, gehalten auf der Versammlung deut scher Gießereifachleute am 5. Dez. 1908 in Düsseldorf. Vogel in Düsseldorf. (Nachdruck verboten.) deutend, daß sie mehrere Gießereien, zum Teil von bedeutender Ausdehnung, beschäftigt.“ Ein anderer älterer Fachgenosse von sehr gutem Ruf, der Ratsherr Johann Conrad Fischer aus Schaffhausen in der Schweiz, der Begründer der dortigen Gußstahlwerke, der die Fabrikation englischer verzinnter Geschirre bereits 1814 an Ort und Stelle kennen gelernt hatte, spricht sich in dem von ihm veröffent lichten „Tagebuch“ gleichfalls sehr anerkennend über diesen Industriezweig aus. Bevor ich aber auf diese einst blühende Industrie und auf die Ursachen ihres allmählichen Verfalles, also auf den rein technischen Teil meiner Ausführungen eingehe, will ich Ihnen, wie dies ja auch schon in dem von mir gewählten Vortragstitel zum Ausdruck gebracht ist, zunächst in ganz groben Umrissen einen Ueberblick über den historischen