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diesen zwei Prozesse vorzunehmen, und zwar die Prozesse: a) der Entgasung, b) der Ver gasung.* Entgasung nennen wir die Austreibung der in den Kohlen fertig gebildeten flüchtigen Bestand teile, als: Kohlenwasserstoffe, Sauerstoff, Stick stoff, Wasserstoff und Wasserdampf. Vergasung nennen wir die Bildung von Kohlenoxyd und/oder Wasserstoff und Kohlen säure durch Verbrennung des nach der Entgasung zuriickbleibenden festen Kohlenstoffs (Koks) mit atm. Luft. Diese beiden Prozesse unterscheiden sich also wesentlich voneinander, und zwar auch noch dadurch, dafs bei der Entgasung des Brenn materials nur Wärme verbraucht (wie die zur Herstellung von Leuchtgas notwendige starke Heizung lehrt) und gar keine Wärme erzeugt wird, während bei der Vergasung des Brenn materials ohne Einführung von Wasserdampf u. s. w. nur Wärme erzeugt und keine verbraucht wird. Bei der Entgasung wird nämlich zur Überführung des Wassers und der flüchtigen Bestandteile des Brennmaterials in den dampf- bezw. gasförmigen Zustand nur Wärme gebunden; bei der Vergasung dagegen wird durch Verbren nung des Kohlenstoffs nur Wärme erzeugt. Ein fernerer Unterschied ist der, dafs die Entgasung gar keiner atm. Luft bedarf, diese vielmehr schädlich wirkt, während die Vergasung nur unter Zuführung von genügender atm. Luft mög lich ist. Wenn jedoch nur atm. Luft, und diese wo möglich hoch erhitzt, in den Gaserzeuger geblasen wird, würden die erzeugten Gase eine so hohe Abgangstemperatur bekommen, dafs der Gas erzeuger zerstört würde, der Betrieb also un möglich wäre. Man bläst deshalb mit der atm. Luft Wasserdampf in den Gaserzeuger, um die Temperatur in demselben zu vermindern. Dafs die Menge des einzublasenden Wasserdampfes von einer bestimmten Temperatur nicht eine beliebige sein kann, sondern in einem ganz bestimmten Verhältnis zu der Menge und Art des Brenn materials stehen mufs, welche in der Zeiteinheit ent- und vergast wird, ist leicht einzusehen. Bei der heutigen Verbreitung der Kenntnis der Wärmelehre dürften der Hüttenleute nur wenige sein, welche glauben, dafs man mit Zu führung von Wasserdampf in glühende Kohlen Wärme erzeugen könnte. Es gab aber eine Zeit, in welcher sogar eine Autorität der Eisenhütten kunde, wie Karsten, darüber noch zweifelhaft war, ob es vorteilhaft oder nachteilig für den Betrieb sei, wenn Wasserdampf z. B. in das Gestell eines Hochofens eingeblasen würde. * Auf diese Unterschiede zwischen Ent- und Ver gasung hat Lürmann sen. in Osnabrück in der „Beschreibung und Berechnung der Vorteile des Gröbe- Lürmann-Generators“ im Jahre 1878 zuerst aufmerksam gemacht und diese Bezeichnungen zuerst gebraucht. Karsten schrieb 1841:* „Dieses Quantum (114 Kubikfufs in der Stunde) scheint für einen Koks hochofen schon ziemlich das Maximum von Wasser dampf zu sein, welches ihm ohne zu grofse Abkühlung mitgeteilt werden kann.“ Scheerer schrieb 1848** unter „Besprechung der Wärmebeförderungsmittel“: „C. Einblasen von Wasserdämpfen in die Schachtöfen, welches nach den Angaben einiger Praktiker eine vor teilhafte Wirkung hinsichtlich des Wärmeeffekts ausüben soll.“ Schon 1822 machte Leuchs*** in seinem „Handbuch für Fabrikanten“ (Band 8 S. 388) den Vorschlag, die zu den Schmelzöfen verwendete Gebläseluft zu erwärmen und zugleich mit derselben eine Quantität Wasserdampf in den Ofen strömen zu lassen, wodurch die Hitze ge steigert und an Brennmaterial gespart werden sollte. Die Hochöfner denken nicht mehr daran, | Wasserdampf in den Hochofen einzublasen; sie denken jetzt im Gegenteil sogar mit Recht I daran, den Gebläsewind von dem mitgeführten | Wassergehalte der atmosphärischen Luft zu be- । freien. + Dagegen dürfte es nicht viel Leute geben, welche die Einführung von Wasserdampf in Gas erzeuger für nicht vorteilhaft erachten. Es wird überflüssig sein, hier die früher häufige, jedoch irrige Meinung zu widerlegen, man könne bei der Erzeugung von wasserstoff haltigen Gasen, also bei der Einführung von Wasserdampf in einen Gaserzeuger, nicht nur die oben erwähnte, bei der Verbrennung des Kohlenstoffs fühlbar gewordene Wärme verwerten, sondern auch noch fernere Wärme gewinnen. Bei der Zerlegung von Wasserdampf mit Kohlen stoff ist theoretisch genau dieselbe Menge Wärme erforderlich, welche bei der nachherigen Ver brennung des gebildeten Wasserstoffes theoretisch wieder entwickelt werden könnte. In der Wirklichkeit geht natürlich von der durch Verbrennung von Wasserstoff theoretisch zu ermöglichenden Wärme sehr viel verloren. 1 kg Brennmaterial liefert also keinesfalls mehr Wärme, wenn dasselbe mit feuchter Luft zu Wasser und Kohlensäure, oder wenn dasselbe mit trockener Luft zu Kohlensäure allein ver brennt. Man kann den Wasserdampf in den Gaserzeuger unter den Rost, also mit der durch den Schornstein oder die Gasmaschine an- * Karsten: „Handbuch der Eisenhüttenkunde“, dritte Auflage Band 3 8. 272. * * Scheerer: „Lehrbuch der Metallurgie“; Vie weg & Sohn 1848, 1. Band S. 393. * ** Scheerer: „Lehrbuch der Metallurgie“; Vie weg & Sohn 1848, 1. Band S. 476. + „Stahl und Eisen“ 1891 S. 71. Es gibt jedoch immer noch Leute, welche von der Einführung von Wasserdampf in den Hochofen Vorteile erwarten: so „The Doherty fron Castings Process Ltd.“ in London, welche ein deutsches Reichspatent Nr. 114552 erreicht hat, dessen Titel lautet: „Vorrichtung zum Einführen von Wasserdampf in die Gebläseluft bei Hochöfen“. „Stahl und Eisen“ 1901 S. 304.