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Frankenberger Tageblatt Bezirks- Anzeiger IMU für die MM MchuMmMi M.KömM MMt und dm MKÄ zu IMM« i. Ku. 73. Jahrgang Mittwoch, »e» S4 J««i IV14 »' s Prozent Tägliche Verzinsung. »«Eli«« R-,b<-g I» S-.»'-»«--» - »»ck md »«I-, <» S---»-"»--- I. S- Ulbanie» Auf der Lagunrnbrücke sollen am heutigen Dienstag, nachdem ein dreitägiger Waffenstillstand vereinbart worden ist, Verhandlungen zwischen Vertretern des Fürsten Wil helm und den mohammedanischen Rebellen gepflogen werden. Die Lagune legt sich wie ein gewaltiger Festungsgraben an die kaum eine halbe Ouadratmeile umfassende und nur durch zwei schmale Landzungen mit dem Festlande verbundene Insel an, aus der Durazzo liegt. Während man von Norden aus die Lagune umgehen und aus dem schmalen und langgestreck ten VerbindungSzipfe' auf die Insel und nach Durazzo ge langen kann, hat man von Süden, also von Schiak brzw. Rastbul aus, aus .dem Wege nach Durazzo rin« Brück« zu Leuten herzlichen Abschied. Die Zuschauer brachen in nicht endenwollende Hochrufe aus. DaS ist ein Vorgang, der zeigt, wie nah« das Geschlecht Bismarck heute noch unverändert dem Oberhaupt des Reiche" steht. WaS früher einmal gewesen, gehört einer abgeschlossen«.. Vergangenheit an. Von dem Kaiser rührt auch die Ein ladung der jungen Bismarcks und die Uebertragung der Patenschaft an die Gräfin Hanna her, denn ursprünglich war der Kaiser von der Hapag-Dampfer-Gesellfchaft selbst gebeten, den Namen für den Rirsrndampser zu wählen und da» stolze Fahrzeug zu taufen. ES ist das dritte Mal seit dem Tode des ersten Reichs kanzlers, daß Nachkommen von ihm bei Ehrungen des großen Toten hervorgetreten sind. Bei der Enthüllung des National- denkmalS vor dem ReichStagsgebäude in Berlin wohnte an der Seite de» Kaisers der früh gestorben« Fürst Hrrbrrt der Feier bei. Der Reichskanzler und spätere Fürst Bülow hielt damals di« Frstrrd«. Nach dem Tode seines Vaters war der nunmehrige junge Fürst Otto bei der Ausstellung der Büste seines Großvaters im bayerischen nationalen Ehrentemprl der Walhalla unweit Regensburg zugegen. Bon der innerlichen Aufregung bei der großartigen Veranstaltung wurde der Knabe damals ohnmächtig, erholte sich aber bald wieder. Daß di« junge Gräfin zur Taufpatin auSersehen war, entspricht dem Gebrauche, tunlichst Damm für diese Würde zu bestellen. Bon dm -indem des ersten Fürstm BiSmarck lebt heute nur noch die mit dem Grafen Rantzau vermählte Gräfin Marie. Schon vor dem Fürsten Herbert war sein jüngerer Bruder Wilhelm seinem Vater in den Tod gefolgt. 143 »er Nairn uns Oie jungen »irmarclir Es hat in diesen Tagen an aufregenden und unerfreu- lichrn Tatsachen nicht gefehlt. Umsomehr hat di- kleine, aber doch menschlich schöne und kaiserlich liebenswürdige Szene Eindruck gemacht, die sich bei der Taufe des neuen Ham burger Riesendampfers „Bismarck", des größten Schiffes der Welt, abspielte. DaS reizende Bild wird von einem Augen- zeugen wie folgt geschildert: Auf der Kaisertribüne waren Plätze für dm Monarchen selbst, dm Tauftedner Bürgermeister Predöhl, für die Patin Gräfin Hanna v. BiSmarck und ihre Geschwister und für di« Erbaurr des Dampfers Vorbehalten. Vom SchiffSdeck hing an einem langen schmalen Bande die bekränzte Flasche mit dem Taufchampagner herab. Vier junge Bismarcks, zwei Sühne und zwei Töchter de» gestorbenen Fürsten Herbert, des ältestm Sohnes des Reichskanzler», au» dem Hamburg benachbarten Friedrichsruhe, wo jetzt die Fürstin Margarete, geborene Gräfin HoyoS, waltet, waren anwesend. Der Träger des berühmten Namens, der siebzehnjährige Fürst Otto, ist schlank und etwas blaß, die etnundzwanzigjährigr Gräfin Hanna, die Patin, ist kräftig, energisch und von großer Fa- milien ähnlichkett. Dann kam der Kaiser und drückte den jungen Bismarcks herzlich dir Hand. Als Bürgermeister Predöhl seine Red« beendet hatte, trat, hübsch in der Erregungsröte, die junge Gräfin BiSmarck vor. Laut und selbstsicher sagte sie: „Auf Beseht Seiner Majestät des Kaisers taufe ich dich mit dem Namen BiSmarck" und warf die Champagnerflaschr gegen daS Schiff. Aber das Gefäß blieb unversehrt, der Anprall am Schiffskörper war zu schwach gewesen. Da ergriff der Kaiser schnell die am Bande schwebende Flasche und schleuderte sie so wuchtig, daß sie zerbrach. Die Scherben fielen nach aüm Setten, der perlende Wein rann breit über die schwarze Dampferwand. Ein paar Hammerschläge dröhnten, und das gewaltige Schiff glitt ruhig, mit grandioser Eleganz ins Wasser hinab. Während daS Schiff sich entfernte, hatte der Kaiser unablässig die weiße Admiralsmütze geschwenkt und dabei den Bismarck-Enkeln den Mechanismus des Stapel laufs erklärt. Jetzt stand er von den jungen Bismarcks um ringt da und sagte allerlei Scherzhaftes zu der Gräfin Hanna, deren Gesicht sich seit der Geschichte mit der hartnäckigen Flasche noch mehr gerötet hatte, und die noch hübscher ge worden war. Dann nahm der Monarch von den jungen . 8 si D" sensationelle Elberfelder Mordprozeß hat einen Aus gang genommen, der nach dem letzten Stadium der Verhand lungen nicht mehr ganz unerwartet gekommen ist. Die Ge- chworrnen hab«, die Schuldfragt verneint, allerdings wird ja geheim gehalten, wie sich das Stimmenverhältnis gestaltete und von welchen Beweggründen sie sich bei ihrer Entscheidung Atrn lltßen. Allem Anscheine nach haben sie sich auf das Gutachten de« einen Sachverständigen gestützt, der die An- 'S Hochgradig hysterisch bezeichnete, und es als wahr- schEich hinstellte, daß sie in einem Zustande der Unzurech. nungSsähigkeit die Tat begangen habe. Der 8 51 des Stras- gefttzbuchrs lautet bekanntlich: „Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Täter zur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Bewußtlosigkeit oder krankhafte- Mör der GeistrStätigkeit befand, durch welche sgLL^reie ^eMestimmung ausgeschlossen war." Mi'H.^iestr Bestimmung ist durchaus klar. Der Tat im Effekt oder die Tat eines Geistes?^» drm Bereich der strafbaren Handlungen ausnehmend» L-^muß man allerdings sagen, daß der Gang der Verhandlungen nicht in dollem Umfange diesen Eindruck hervorgerufrn hat, und rS ist begreiflich, daß das Urteil in wetten Kreisen Mißbilligung findet. Eine Tat, die mit voller Ueberlrgung und Sorgfalt vorbereitet und schließlich auch auSgeführt wurde, kann nach allgemeiner Annahme schwerlich als unter Ausschluß der freien Willrnsbestimmung getan an gesehen werden, weil der Täter zwischen Entschluß und Aus führung Momente des Schwankens und der Erregung hatte. Derartige Zustände macht schließlich jeder noch nicht ganz abgebrühte Verbrecher durch, und dir AnwendungSmögltchkeit de» erwähnt«, Paragraphen steigt dann ins Uferlose; er wird direkt ein Zerrbild. Richtig ist r» ja, daß das Moment der Zurechnungs- fähigkett ungemein schwer bestimmbar ist, auch für den besten Sachverständigen, und eS ist darum keine Seltenheit, daß Gutachten selbst hervorragender Autoritäten in krassen: Wider spruch zueinander stehen, und es ist daher schon ^chrfach erörtert worden, ob nicht die erwähnte Gesetzesbestimmung irgend einer Aenderung oder eines Zusatzes bedürfe. Die Notwendigkeit hat der Elberfelder Prozeß erneut gezeigt, und es wäre zu wünschen, daß seine Lehren bei der in Aussicht ge nommenen Reform de» Strafgesetzbuches Berücksichtigung finden. NNLn",»" LLLÄLL L,7'"" Gemcindeverbandssparkasse Wiese» (Bezirk Chemnitz) Dresden, am IS. Jun, 1914. " Ministerium de» Inner«, ü. Abteilung. «-.»Mwsch, de« 24. J««i v. I., «achm. 4 Uhr soll im Gasthof „Stadt »rerve« .hier, 1 Herrenfahrrad gegen Barzahlung öffentlich versteigert werden. Frankenberg, am 23. Juni 1914. Der «ertchtIvoUzieher« — — Ich lMDich nicht Original-Roman von tz. CourtHS-Mahler i . » - orrdotcu) ^Anna Paulowna lächelte, und ihre Augen sprühten auf, al» wollte sie Alexander in ihren Bann ziehen. Aber der Blick glitt wirkungslos an ihm ab. „Ich wünsche Ihnen, daß r» Ihnen niemals schwer wird." „Euere Kaiserliche Hoheit beschämen mich durch so viel Güte, dir mir unverdient zuteil wird." „Unverdient? Sir sind sehr bescheiden, Fürst Alexander", schrrzte sie. Seine Augen blickten übermütig. „Nicht immer, Kaiserliche Hoheit; ich kann sehr unbeschri- den sein. „Zum Brispirl?" forschte sie atemlos, d«nn sie glaubte in seinen Worten «ine leise Annäherung zu spüren. „Zum Beispiel in diesem Augenblick, wo ich so stolz und vermessen bin, mir rinzubilden, daß Euere Kaiserliche Hoheit mir mit der Gewährung diese» Tanzes eine Gunst und Aus- zetchnung zuteil werden lassen wollten." Die Spannung in ihren Zügm erhöhte sich noch. „A, das ist durchaus nicht vermessen. In bezug auf mich dürsten Sie noch — unbescheidener sein", stieß sie lei- denschaftlich hervor. Alexander erschrak. Da» war deutlich. Er hatte das Gefühl, älS wenn diese Frau imstande wäre, ihn, so wie sie ihn zum Tanze besohlen hatte, auch zu einer Werbung um ihre Hand zu befehlen. Merklich küh. sagte er in heimlicher Abwehr: Ich würde nie wagen, die Persönlichkeit Eurer Kaiser lichen Hoheit mit einem unbrscheidmen Gedanken zu streifen." Ihr Gesicht zuckte wie im Schmerz. An seine: KäUe erhitzte sie sich mehr und mehr. „N,e wagen? Die» Wort sollte ein Soldat nicht denken, viel weniger aussprechtn." . , „E» gibt Pinge, die auch «in Soldat nicht wagen darf, Kai,erlich« Hoheit. - „Ich habe Sie in dieser Beziehung für kühner gehalten", sagte st« heiser vor Erregung. „In welcher Beziehung, Kaiserliche Hoheit?" sragtr er scheinbar unbefangen, obwohl ihm sehr unbehaglich war. Er wünschte sich wett weg von der Seite dieser herrischen Frau. Sie merkte, daß er sie nicht verstehen wollte. Erblassend d ß sie sich auf die Lippen. Dann zuckte sie ungeduldig mit den Schultern, und ihr Ge cht nahm seinen stolzen, strengen Ausdruck wieder an. Beenden wir dies Thema", sagte sie kurz. Wie Euere Kat erliche Hoheit befehlen. ie ihn nun entlassen würde, so täuschte al» ob Du Dich auf diesem sofort. Ein Lächeln strahlte als «in halbe» Verbrechen, ihn und begehre ihn zum Gatten. Aber gerade dieses herrisch und letdenschastlich gezeigte Begehren schreckte ihn ab, und als er endlich von ihr ent lassen wurde, atmete er wie erlöst auf. In unliebsame Gedanken verloren, schritt er durch den Saal. Sein Gesicht sah nicht so heiter aus, wie sonst. Er gehörte nicht zu den Männern, denen eS Vergnügen macht, geliebt zu werden, auch wenn sie die Liebe nicht erwidern können. Seine Mutter täuschte sich vollkommen, wenn sie annahm, seine Eitelkeit sei dafür empfänglich. Er wollte eben au Tatjana vorüber gehen, dir in einen Srssel geschmiegt, zu dem riebe, r stehenden Wladimir So- garrff aufiah. Sie erblickte de Bruder und rief ihn an. „Sascha — Du siehst <us, himmlischen Feste langweil -st ' Alexanders Unmut Versio schon wieder aus seinen Auge . „Das betrachtest Du wohl Tatjana?" gehofft hatte, daß fi , er sich. Sie hielt ihn noch lange Zeit im Gespräch fest, und ihr ganzes Benehmen zeigte ihm zur Genüge, daß seine Mut ter recht hatte, wenn sie behauptete, Anna Paulowna liebte Die Polonaise g ng zu Alexanders Erleichterung zu Ende. Er geleitete die Großfürstin aus ihren Platz. Wenn er aber „Als ein ganze», Sascha." Er lachte und wandte sich an Wladimir Sogareff, mit dem er besreundrt war. „Sehen wir uns später noch im Klub, Wladimir?" „Nein, Sascha — ich habe jetzt angestrengt zu arbeiten." „Schon wieder? Du bist unheimlich fleißig." „ES macht mir Vergnügen." „Nun, über Geschmack läßt sich nicht streiten." Grüßend ging er weiter. Nach dem nächsten Tanz, bei dem ihm eine heitere, lie benswürdige Tänzerin seine gute Laune wiedrrgrgeben hatte, rief ihn seine Mutter an ihre Seite. Sir suchte zu erforschen, was er mit der Großfürstin ge sprochen hatte und sang ihm ihr Lob in den höchsten Tönen. Alexander wurde ungeduldig und suchte so schnell wie mög lich diesem unerquicklichen Verhör zu entgehen. Schließlich erlöste ihn sein Vater, der Zeuge dieser Unterredung war, und führte ihn davon. Fürst Iwan merkte nur zu gut, daß Alexander nicht die mindeste Lust zu haben schien, di« Het- ratspläne seinrr Muttrr zu verwirklichen. Während de» ganzen Festes ließ Anna Paulowna Ale xander nicht aus den Augen, und wenn er sich mit einer Tänzerin besonders gut zu unterhalten schien, dann wurde sie so unruhig und nervös, daß ihre Umgebung sehr wohl ihr« Verstimmung merkte. Endlich sprangen die Türen zu den anstoßenden Speise- sälen auf. Dort waren groß« Tafeln mit wahrhaft köntg- lichrr Pracht gedeckt. Kostbares Porzellan, goldene Geräte und reicher Blumenschmuck einten sich mit dem wundervollen Damast von schneeiger Pracht zu einem Ganzen von hervor ragender Wirkung. Di« Gäst« des Zaren begaben sich auf ein gegebenes Zei- chen nach den Sprifesälen "nd bald herrschte dort ein buntes rege» Leben. Die Schar Ler kaiserlichen Lakaien, die hinter den Sesseln standen, vervollständigten das bunte Bild. Tatjana war von Wladimir Sogareff zu Tisch geführt worden. Voll mütterlichen Stolzes ruhten die Augen Maria Petrownas auf ihrer schönen Tochter und dem jungen Für sten. Diese beiden schienen es ihr nicht schwer zu machen, ihre Pläne zu verwirklichen. Aber Alexander hatte leider gar keine Neigung gezeigt, Anna Paulowna» Entgegenkommen auSzunützrn. Fortsetzung folgt.