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Frankenberger Tageblatt Bezirks- Anzeiger MW für Sie MMe MsiWtmmW Ma, dir MM DkWilßt M dm Mr-k zii ArmWerl i. §L 1- S.. - rmck -»d »m L I» I. s. HW Freitag, »e« 8. Mai 1914 73. Jahrgang Freitag, de« 8. Mai d. I., Vorm. U «hr sollen in der Schankwirtschaft ,Le«tralhalle", hier, Innere Freiberger Straße, 13 Leiterwagen gegen Barzahlung ver steigert werden. Frankenberg, am 6. Mai 1914. Ler^ Gerichtsvollzieher. Freitag, de« 8. Mai d. I., «achm. V,4 Uhr soll im Gasthof Stadt Dresden hier ein größerer Postm Putzmachrrartikrl, als: Hutsayons, Hutsedrrn, Sammet, Plüsch, Seide, Tüll, Spitzen, Perlen, Bänder, Schleier, Monogramme usw. gegen Barzahlung versteigert werden. Frankenberg, am 7. Mai 1914. Der Gerichtsvollzieher. —s---------- —> —- " " s kwe Mmerleitwug um di« UNS die Welt brnetort und die uns kein fremder Staat nachmacht, ist di« Durchführung d«S jüngsten großen Wehr- gesrtzrs gewesen. Wa» da geleistet worden ist, kam vielen erst durch di« von allen bürgerlichen Parteien mit lebhaftem Beifall ausgenommene RrichStagSrede des Kriegsministers über dir Ausführung des WrhrgrsetzeS recht zum Bewußtsein. Die größt« Hr«rtSv«rmehrung, di« je von einer Macht vorgmommen wurd«, ist bei uns ohne jede Schwierigkeit erledigt worden. Nach dem Wehrgesetz, daß die Friedenspräsenz um 4000 Of fiziere, 15000 Unteroffiziere und 117000 Beweine und 27 000 Pferde vermehrt, mußten in der kurzen Zeit vom 1. Juli bis 1. Oktober allein 60 000 Gemeine und 21000 Pferde neu eingestellt werden. ES war gut, daß Herr von Falkenhay« während der parlamentarischen Erledigung des WehrgrsetzeS noch nicht KrirgSministrr war, sein« Ernennung erfolgte erst am 6. Juli v. I.; er konnte daher desto unbesangmrr die Größe der Leistung rühmen. Die Pariser, Londoner und Petersburger Blätter verraten eine an Bestürzung grenzende Ueberraschnng angesichts der unanfechtbaren Zahlen- und Tatsachenangaben des Kriegsministers. Sie gestehen offen rin, daß keiner der DreivrrbandSstaaten zu einer ähnlichen Leistung imstande sei. Dir Erkenntnis von der Ueberlegenheit unserer Streitmacht und ihrer Entwickelungsmöglichkeit ist aber die stärkste Frie densgarantie in Europa. Und deshalb hat jeder Deutsche ein Recht, auf die vom KriegSminister gefeierte Leistung stolz zu sein und sich ihrer zu freuen. Vie verol<>««gwStlM gercdenm Die Reichsregierung hatte ihre Vorlage über die Gehalts aufbesserung einiger Beamten- und Unterbeamtengruppen dem Reichstag mit der Erklärung unterbreitet, daß sie eine Aus dehnung der Vorlage unter keinen Umständen zulaffen könnte, da dann noch weitere Beamtenkategorien Gehaltsaufbesserungen verlangen und die Zulageforderungen kein Ende nehmen wür- den Gleichwohl hielt die Budgetkommission, wie schon be- richtet, am Mittwoch in der zweiten Lesung des Gesetzent wurfs an den Beschlüssen der ersten Lesung fest, die nament lich noch weiteren Unterbeamtrnklasfen eine Gehaltsaufbesserung zuwenden wollten. Der Regierungsvertreter, Staatssekretär Delbrück, erklärte darauf, daß die Vorlage gefallen sei, wenn das Plenum an dem KommissionSbeschluß festhalte. Mit der Besserstellung der «ltpenstonäre ist die Beamten- besoldungSvorlage nicht so eng verknüpft, daß nun auch die Altpenstonäre auf die Besserstellung keine Aussicht mehr hätten. Die zu ihren Gunsten eingrbrachte RegierungSvor- läge wird vielmehr Gesetz werden. Zur Deckung der ent- stehenden Unkosten werden die Einnahmen aus dem Renn- Wertgesetz, dessen Verabschiedung gleichfalls mit Sicherheit er- wartet wird, verwendet werden. — Mit der Bramtrnbesol- dungsvorlage fällt dagegen die Zulage für das StallserviS der Offiziere weg, wofür 1,2 Millionen Mark gefordert wor- den waren. * * * verlt«, 7. Mai. Das Plenum des Reichstag« wird, wie verlautet, in der zweiten Lesung die Besoldungsnovelle, die von der Regierung als unannehmbar verworfen wurde, annrbmen, aber nur, um damit vor allem Lande und Volke eine Erklärung der Regierung im Reichstage zu veranlassen, durch die dann der selbst für blöde Augen erkennbar« Grund für das Umfallen zwischen der zweiten und dritten Lesung ersichtlich ist. . Born Landtag Erste Kammer 39. Sitzung vom 6. Mai 1914 Kammerherr Dr- Sahrer v Sahr-Dahlen erstattet zu nächst den Bericht über Ka-itel 69 ä. deS ordentlichen Etats, zum Zwecke der staatlichen und andere gewerblichen Schulen, landwirt ¬ schaftlichen und Handelsschulen im allgemeinen, sowie über eine hierzu eingegangene Petition deS GemeinderatS zu Copitz. Die Deputation beantragt, daS Kapitel nach der Vorlage in Urberein- stimmung mit der Zweiten Kammer zu erledigen und die Petition auf sich beruhen zu lasten. — Kammerherr Dr. v. Frege-Wrltzien dankt der Regierung, daß sie die Schulangeleaenheiten der produ zierenden Stande stets im Auge behalte. Die Frage der landwirt schaftlichen Schule» sei für den gebildeten Bauernstand eine Lebens frage. — Geh. Kommerzienrat Waentia: Die Ausbreitung der Bildung, die von den deutschen Handelsschulen auSgehe, komme nicht nur den ausländischen Studierenden, sondern auch unserer eigenen Handelstätigkeit zugute. Durch die Verbreitung der Handel-Hochschulbildung entständen keine schädlichen Konkurrenten, sondern nur geeignete Kontrahenten. ES sei zu begrüßen, daß die Handelshochschulen möglichst viel von Ausländern besucht würden. Natürlich insoweit dadurch di« AuLbildungSmSglichkeit der In länder nicht beeinträchtigt werde und die Ausländer denselben Be dingungen unterlägen. Für die gewerblichen Fachschulen müßten im nächsten Etat höhere Mittel eingestellt werden. — Oberbürger meister Dr. Sturm bittet um höhere Einstellungen auch für die höhere Wirkschule in Chemnitz. — Hierauf wird daS Kapitel an tragsgemäß erledigt. DebatteloS beschließt daS HauS antragsgemäß die Petition deS Landesverbands, der Dentiftenvereine im Königreich Sachsen, sowie eine Petition de« Gesamtvorstands de- Sächsischen Landes verbands der deutschen Militäranwärter in Dresden auf sich be ruhen zn lasten Eine Anzahl von Kapiteln deS Rechenschafts berichts für 1910/11 passiert ohne Debatte. Die Petition des Ge» Werbevereins zu Crimmitschau um Erbauung einer normalipurigen Bahn Crimmitschau—Dennheritz mit Anschluß an die Linie Hof— Leipzig in Crimmitschau einerseits und an die Linie Gera — Glauchau in Dennheritz andererseits beschließt da- HauS, auf sich beruhen zu lasten. * * Swett« Kammer 84. Sitzung vom 6. Mai 1914 Auf der Tagesordnung stehen mehrere Eisenbahnangtlegen« heiten. Die für die Herstellung von Ladestellen für Triebwagen angeforderten 120000 Mark werden debatteloS nach der Vorlage bewilligt; desgleichen nach kurzen Ausführungen deS Abg. Schanz lkons.), der für eine direkte Verbindung Dresden—Eger eintritt, die zur Erweiterung deS Oberen Bahnhofs Plaum i. Ä. als erste Rate eingestellte 1000000 Mark nach der Vorlage. — Zum Kal. Dekret Nr. 18 beantragt Abg. Nitzschke lnatl.) als Bericht Per Geiger n» Kirkels Kin Heideromaa von Arttz Gantz«« —— lNa<idru<t v-rtokv) Seine brillante Technik war die alte. Die schwierigsten Meisterwerke machten auch hier in Warschau sein Re pertoire aus. Aber sein Spiel ließ kalt. Es riß nicht mit. Heinz Larsen spielte wie ein ausgezeichnet funktionierender Musikapparat. Die Kritiken in den Zeitungen des nächsten Tages er kannten gerechterweise seine verblüffende Technik an. Aber ebenso einmütig lehnten sie Heinz Larsen als Künstler in des Wortes eigenster Bedeutung ab. Der Musikkritiker der „Gazeta Polska" traf den Nagel auf den Kopf. In seinem Bericht hieß es: ,;Der Mann scheint keine Seele zu be sitzen. Und in seinen Adern fließt wohl kein rotes, strö mendes Blut. Die Reklametrommel, die man 'ausgiebig genug für ihn rührte, verhieß einen gottbegnadeten Künstler, einen glänzenden Interpreten klassischer Violinmusik — aber der Abend zeigte nur einen glänzend arbeitenden Automaten." Die Großmacht „Presse" tat prompte Arbeit: die beiden noch stattstndenden Konzerte waren nur schwach besucht. Am dritten Abend spielte Heinz vor fast leeren Plätzen. Der materielle Erfolg deckte knapp die Unkosten. Gouldmann dämpfte seinen rasenden Zorn. Er be gann, Heinz wie ein rohes Ei zu behandeln. Er ging mit ihm so zärtlich und besorgt um, wie mit einem kranken, verwöhnten Kinde. Er bat, flehte, er versprach das doppelte Honorar, das dreifache. „Nur wie sonst müssen Sie mir spielen," verlangte er als Entgelt. „Sie können s ja auch, lieber Herr Larsen. Wollen Sie, daß Ihr Stern so bald erlischt?" „Heinz lächelte weh. „Mein Stern... ja, mein Stern." Der Stern, an den Gouldmann gedacht, schien wirklich im Verbleichen. In Breslau und Königsberg war es nicht anders als in Warschau: kühl-höfliche Ablehnung bei Publikum und Presse, schwache Besuche und geringe Ein nahmen. In Königsberg kam es zu einem erregten, stürmischen Austritt zwischen Gouldmann und Heinz. „Sie verursachen den Mißerfolg absichtlich," warf ihm der Impresario vor. „Sie wollen von dem Kontrakt los. Sie beabsichtigen eine andere, für sie günstigere Verbindung einzugehen." Heinz verwahrte sich ganz entschieden dagegen. Er täte seine Schuldigkeit wie sonst, anders könne er nicht spielen. Gouldmann blieb bei seinen Behauptungen. Völlig entzweit reisten sie nach Riga. Und hier kam es zu dem nicht mehr zu vermeidenden Bruche. Gould mann trat von dem Vertrage zurück. Wir haben für den ersten Abend ein Defizit von rund neunhundert Mark," tagte er. „Also Schluß." Die Rechnung geht glatt auf. Sie bekommen nichts mehr, und ich habe nichts. Sie werden damit einverstanden sein, wenn wir uns trennen." Am nächsten Morgen reiste Heinz Larsen heim. Er fand die Heide mit Hermelin verbrämt. Sie lag wie ein weiter, toter Garten. 12. Kapitel. Stille, einsame Tage schlichen mit schleppendem, müdem Gange durch die kargen Räume des Heidehauses. Gleich wesenlosen Gestalten glitten sie auf dem Strome der Zeit dahin. In ihren dunklen Augen war nie ein Lächeln, auch nicht das knappeste, bescheidenste. Ihre Hände lagen lasch, keines frischen Wollens fähig im Schoße. Und nie und nirgend ein Heller, klarer Klang. Die Heidebäuerin schien von der Heimkehr des Sohnes wenig berührt. Sie redete nicht davon, daß sie froh sei, weil sie mit ihm nun wieder ein Dach über den Häupten wisse, sie erhob auch nie Einwände gegen die gleich nach seinem Kommen geäußerte Absicht, das Heidehaus nie wie- der verlassen zu wollen. Ueberhaupt schienen Susanne Larsen und ihr Sohn das Sprechen verlernt zu haben. Selten nur kam es zu einer kurzen, kargen Rede und Gegenrede. Und wenn das ein- mal geschah, erörterte man alltägliche, belanglose Dinge, die das graue, trübe Gleichmaß der Tage spann. Das ihre Seelen Bewegende, alles das, was die Ge schehnisse der letzten Zett ihnen gebracht, hüteten sie in Schweigen, als wäre eine Scheu in ihnen, darüber zu sprechen, oder als bedächten sie die Nutzlosigkeit jedes Wortes, das über Unabänderlichkeiten gesagt wird. Aber in heimlicher, innerster Herzensstille redeten sie viel von alten Tagen. Susanne Larsens Seele wußte eine schöne, friedsame Geschichte von dem Leben zweier Menschen. Vom blühen- den, duftenden Iunggarten grüner Liebe an, bis hin zum Auseinandergehen im Frühlicht eines herbstenden Tages. Wie gern man sie immer wieder hörte, diese Geschichte, obgleich man sie Wort für Wort kannte. Das mußte wohl sein, weil sie so gut war. Böse Dinge gab es gar nicht darin. Daß sie zu früh zu einem Schluß gekommen, daran trug die andere Geschichte, die Susanne Larsens Seele noch zu erzählen wußte, schuld. Wie lieblich und fein und zart war doch der Beginn auch dieser anderen Geschichte gewesen. Und wie herzhaft hatte man sich über den Fortgang freuen können. Schließlich, ja, davon redete man am liebsten nicht. Beide Geschichten sagten Susanne Larsen am Ende immer das eine: Es ist einsam um dich her. Trotzdem Heinz wieder daheim war, fühlte seine Mutter sich verlassen. Das Loslüsen von dem Alten war zu schroff und unerwartet gekommen. Sie hing mit allen ihren Ge- danken an der Vergangenheit. Es war ihr oft zu Sinn lei die Zeit weitergegangen und habe sie zurückgelaffen' Und des Nachlaufens sei es des kurzen, schwindenden Tages wegen nicht mehr wert. Da blieb man schon lieber still am Wege sitzen und wartete auf den, der alle Müden und Zeitsatten mit sich In sein enges Haus nimmt. Das Vermögen Heinz Larsens, dem Reden seiner Seele zu lauschen, war am helläugigsten dann, wenn er während des Ineinanderverschwimmens von Tag und Nacht in der schmalen Kammer, die einst Sabines Schlafraum gewesen, kauern konnte. Dort vernahm er alles so gewiß, als stünde einer neben ihm, der mit klarem, langsamem Sprechen berichte. Bis zu jenem Tage hin, da er zornbebend beide Fäuste erhoben und das Wort vom Haß gesprochen. Danach tat seine Seele wohl eine Frage. Etwa: „Wie denkst du dir deine Zukunft?" Oder: „Wie lange noch soll es währen, daß du gleich einem, der vom Leben nichts mehr zu erwarten hat, zwecklos und tatenlos durch deine Tage gehst?" Und wenn zur Antwort nichts weiter kam als ein mattes, lasches Heben der Schultern oder ein finsteres Krausen der Stirn, dann meinte Heinz im verborgensten Winkel seines inneren Menschen eine ver ächtliche Stimme zu hören, die das Wort „Schwächling l" sagte. Wirklich vernommen, aus Menschenmund kommend, hatte er dies Wort auch. Jürgen Sievern hatte es ihm zugerufen. Bald nach Heinz Heimkehr war er an einem Abend im Schneegestöber gekommen und hatte nichts un versucht gelassen, seinen früheren Schüler umzustimmen. Und als er schließlich die Nutzlosigkeit seiner Bemühungen eingesehen, war er im maßlosen Zorn hochgefahren: „Ich Tor, der ich deinetwegen im Schneesturm über die Heide kam, weil's mir daheim keine Ruhe ließ. Jeder Schritt tut mir leid. Und das wisse. keinen einzigen tue ich deinet wegen je wieder. So bleibe nur, wo du bist; stich Torf und baue Buchweizen und laß deine Kunst vom Teufel irgendwo in der Heide vergraben. Du bist ein ganz er bärmlicher Schwächling." War er wirklich einer? Wenn sich Heinz Larsen diese Frage vorlegte, so fand er als Antwort nur ein rundes Nein. Er sagte sich: mein Leben hat bisher gleichsam unter der Einwirkung eines Doppelgestirns gestanden. Von dem einen ging alles Licht aus, kam alles, was Lebenslust und Schaffensstärke gab. Das löste sich aus der alten Bahn, zog neue Kreise und verschwand. Und mit ihm ging alles Licht. Und das andere Gestirn war seiner Lebensmög- lichkeit beraubt. Meine Kunst mußte sterben, weil meine Liebe starb. Ja, Heinz Larsens Kunst schien wirklich gestorben. Seit dem ihr die Seele genommen, war auch der Leib ver morscht: seit feiner Heimkehr hatte er die Geige nicht mehr berührt. Sie lag vergessen im Kasten. Der stand in einem dunklen Winkel der Bodenkammer. Staub und Spinnen fäden wurden seine Genossen und trauerten mit ihm um das Tote, das sein Holz einschloß. Die Kunst Heinz Larsen» lag wie in einem Sarge. . . . Fortsetzung folgt.