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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 19.12.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190912195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19091219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19091219
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- 3. Beilage/1. Beilage/2. Beilage in der falschen Reihenfolge eingebunden.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-12
- Tag 1909-12-19
-
Monat
1909-12
-
Jahr
1909
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MW»,«,»« 3. BeilW WFrililkenberger Tageblatt Mö BeMaazeiger »crantworUlch«! XedaNrur: Ernst Stoß derg in grankenderg i. »a — Druck und B-rtug v«n t. G. »toßdeeg >n Fraakerckerg i. va. I- ANS IM'st Sun»»« »r« «v. Tezemder s s -s A dadbahn. Nach der ersten Audienz lud der Kaiser Sir Cassel für Freitag zu einem Frühstück ein. Der Tafel wur den noch zugezogen der Reichskanzler, der preußische Finanz- minister, der frühere Handelsminister und jetzige Staatssekretär des Innern Delbrück und Ballin. Cassel wurde, als er vom Kaiser zurückkehrte, von Interviewern förmlich umlagert, ver weigerte aber über den Verlauf der Audienz, der in Finanz- kreisen Bedeutung beigemessen wird, jede Auskunft. Cassel hat Berlin bereits gestern abend wieder verlassen, um nach Paris weiter zu fahren und dort weiter über die Bagdad- bahn-Angelegenheit zu verhandeln. — Im Bundesrat wurde dem Entwurf einer Bestimmung betreffend die Einrichtung und den Betrieb gewerblicher An lagen, in denen Thomasschlacke gemahlen oder Thomas- fchlackenmehl gelagert wird, die Zustimmung erteilt. LsgetgeredlMe. Deutsche» Reich. — Verleihungen deS Schwarzen Adlerordens. Nach dem Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg, der am Donnerstag in Braunschweig den Schwarzen Adlerorden er hielt, ist diese höchste preußische Auszeichnung am Freitag auch zwei russischen Großfürsten zuteil geworden. Der Kaiser hat im Neuen Palais die Großfürsten Boris Wladimiro witsch und Andreas Wladimirowitsch zur Rückgabe der Ordensauszeichnungen ihres verstorbenen Vaters, des Großfürsten Wladimir Alexandrowitsch von Rußland, in Au dienz empfangen. Beide Großfürsten, die zur Frühstückstafel bei den Majestäten hinzugezogen wurden, sind von dem Kai ser durch Verleihung des Schwarzen Adlerordens ausgezeich net worden. — Zur Begegnung des gegenwärtig in Berlin weckenden englischen Grobfinanziers Sir Ernest Cassel mit dem deutschen Kaiser erfahren die „L. N. N.": Die Audienz Cassels, der bekanntlich auch ein Intimus König Eduards ist, beim Kaiser, fand bald nach seiner Ankunft in Berlin statt. Cassel gab dabei dem Kaiser Ausklärungen über den Grund seiner Ber liner Mission, nämlich über seine Verhandlungen mit Ber liner Großbanken wegen der Endstrecke der Bag ¬ ginnen auch die Parteien des Landes, sich mit der Frage der künftigen politischen Gestaltung zu beschäftigen. Den Anfang hat bereits die liberale Partei gemacht. In der Vorstands- sitzung der liberalen Landespartei, an der Vertreter aus allen Teilen des Reichslandes teilgenommen haben, stand die Ber- sassungssrage zur Beschlußfassung. Einstimmig sprachen die Delegierten sich für die Autonomie, d. h. für die Gleich stellung des ReichsländeS mit den übrigen Bundesstaaten, aus. Mit allen gegen eine Stimme wurde die Republik, nach dem Muster der freien Reichsstädte Hamburg, Lübeck und Bremen, als das Ideal einer Regierungsform anerkannt. Erst in zweiter Linie wäre ein Ausbau der Statthalterschaft derart in Vorschlag zu bringen, daß der jeweilige Statthalter durch den Bundesrat zu wählen ist. Der liberale Parteitag im Januar wird sich eingehend mit den gefaßten Beschlüssen beschäftigen. Oefterreich-»«sar«. — Der wahnwitzigen Dauerberatung im öster reichischen Reichsrat, die den österreichischen Parlamentaris mus dem Gespött der Welt aussetzt, wird hoffentlich heute, Sonnabend, ein Ende gemacht werden. Das Häuflein ob struierender Tschechen hat bereits erkannt, daß es mit den geplanten Dauerreden nicht durchdringt. Es ist daher zu der ihm eignen spezifisch tschechischen Oostruktionstaktlk übecge- gangen und vollführt mit Pfeifen und Kindertrompeten im Sitzungssaal einen ohrenzerreitzenden Lärm. Dieser Skandal bietet jedoch der Regierung die willkommene Handhabe, ein zugreifen und den Reichsrat aufzulösen oder wenigstens zu vertagen. Das nächste, was dann zu tun ist, ist eine gründ liche Umänderung der Geschäftsordnung des Hauses, welche die arbeitswillige Mehrheit von der Obstruktionsmut der tschechisch-radikalen Minderheit ein für allemal befreit. — Ueber eine Besserung der parlamentarischen Situation wird uns aus Wien noch telegraphiert: Die parlamentarische Situation hat sich gebessert. Es finden zwischen verschiedenen Parteiobmännern Verhandlungen statt, damit die parlamen tarische Erledigung des Budgets und der Handelsverträge noch vor den Weihnachtsfeiertagen durchgeführt werden kann. — Stürmische Sitzung im ungarischen Parla ment. Aus Budapest, 17. Dezember, wird uns gedrahtet: Die heutige Parlamentssitzung war eigens einberufen, damit die Regierung die Jnternitätsvorlage einreiche. Die Sitzung nahm einen überaus stürmischen Verlauf, ohne ein entscheiden des Resultat zu zeitigen. Auf der Ministerbank war nur Wekerle zu sehen, die anderen demissionierten Minister be fanden sich auf ihren Abgeordnetensitzplätzen. Der Oppo sitionsführer Justh bezeichnete die Regierung als verfassungs widrig, weil sie für ihre Politik keine Verantwortung mehr trägt. Wekerle erwiderte, so lange die Demission der Re gierung vom Monarchen nicht angenommen ist, müßten die Minister auf ihren Posten bleiben. In der morgigen Sitzung will der Abg. Nagy wegen der Einmischung Aehrenthals in die ungarische Politik interpellieren. Großvrita««ie». — Die Manieren der Suffragetten werden mit — Der neue preußische Generalstaatsanwalt. Wie der „Staatsanzeiger" meldet, ist der Vortragende Rat im Justizministerium, Supper, zum Generalstaatsanwalt beim Kammergericht ernannt worden. — Der Telegrammwechsel zwischen dem Fürsten BÜlow und der neuen konservativen Vereinigung beschränkte sich aus die Mitteilung des Vorstands von der Konstituierung der jungkonservativen Partei und der kurzen Antwort des Fürsten: „Besten Dank für freundliche Begrüßung." Da in den Depeschenaustausch vielerlei „hineingeheimnist" und aus ihm weitgehende Schlußfolgerungen gezogen wurden, so ver dient der einfache Sachverhalt festgestellt zu werden. — Die elsaß-lothringische Frage. Im Anschluß an die Reichstagsverhandlungen über Elsaß-Lothringen be- kine aene Moral. Vor einigen Wochen ist aus der Feder des holländischen Sozialisten Hermann Gorter ein Buch über den „historischen Materialismus" erschienen, zu dessen deutscher Uebersetzung kein Geringerer als die wissenschaftliche Hauptleuchte der sozial- demokratifchen Partei Deutschlands, Karl Kautzty, das Vor wort geschrieben hat, indem er gleichzeitig seine vollkommene Uebereinstimmung mit den Bruttosätzen des Verfassers aus spricht. Von diesen Grundsätzen seien hier einige Proben mitgeteilt: „Der Klassenkamps tötet ein gut Teil der Sittlich keit. Nur innerhalb der Klasse kann auf den Gebieten des Klassenkampfes noch von irgend einem sittlichen Gebot die Rede sein; der anderen Klasse gegenüber gilt das höchste sitt liche Gebot ebensowenig, wie dem Feinde gegenüber." „Der Arbeiter wird*den Unternehmer nicht belügen und betrügen, wo er nur kann. In der Regel wird es seinem Klassen interesse entsprechen, ihn nicht zu betrügen. Wo aber das Interesse seiner Klasse die Verletzung der sittlichen Gebote erfordert, wird er sie verletzen." „Denken wir an einen Bureauangestellten in einem Ministerium, der Sozialdemokrat ist. Er bekommt eine Vorlage in die Hände, die feine Klasse bedroht. Er stiehlt sie und läßt sie auf den Redaktionstisch des „Vorwärts" fliegen. Wir finden seine Tat lobenswert. Unehrlichkeit gegen die feindliche Klasse ist hier in den Augen der eigenen Klasse eine Tugend." — Deutlicher und roher kann die Gegensätzlichkeit sozialdemokratischer Moral zu den allgemeinen sittlichen Anschauungen unserer bürgerlichen Gesell schaft, unferes gesamten Staatslebens, der gesitteten Mensch heit überhaupt, nicht zum Ausdruck gebracht werden. keim ^ulrrssvsotrssl tritt sUentksIden ein regerer Uettsrk an // vnuvIeFonmuIsi'SN s kür Uanäel, Inäusirie unä tze^erbe V ein. rVlr kalten uns eu sauberster Drucklegung aller l vorkommenden Formulare bestens empkoklen. Insbeson dere nennen vir kolgencle Sorten^ vorgosoklagonsn LLLWnes-SsginnunLSn. una loss und irr Lüobsrn. Itrtetbojk«» u. »rrektLMSvIrltigi« rnlt PtrnuMruolc. Larvas und VSortdrt«e«, I-rospeUt« unci mit Lovk- uncl »oosti^sou L.ukaruolc. Lttkettv», List» unä oto. sto. sto. > X LIt Lustern sieben vir gern eu Diensten. t äX Sei Neclark bitten wir um kreumiiictie /ä NerUcksicktigung. --2L-LL». - v. S.Morndore Aber natürlich, jetzt auf einmal die Front wechseln und seine Ver ehrung der Schwarzhaarigen darbringen, das ging doch nicht an. Also zog er es vor, seinen Schauplatz woandershin zu verlegen. Das Telegramm vergaß er in der Hast des Einpackens aut dem Tisch des Zimmers, und dort fand es eine Stunde später Karl Richter, der sich bis dahin m dem überfüllten Hotel mit einem bescheidenen Kämmerchen hatte begnügen müssen und nun das erste freiwerdende anständige Zimmer eingeräumt bekam. Richter war durchaus nicht dumm; im G-genteil: nur kam seine natürliche Klugheit bei seiner Schüchternheit und seiner ge sellschaftlichen Unbeholfenheit nicht so recht zur Geltung. Aber, wie gesagt, dumm war er nickt, und so hatte er bald den Zusam menhang zwisch n dieser Depesche und der plötzlichen Abreise heraus gesunden. Die Folge war eine Art Siegeslanz, den er im Zim- m-r ausfübrte und den zum Glück keines Zweiien Auge sah, weil sonst die Ehrfurcht vor dem gelehrten Herrn Privatdozenlen sehr inS Wanken gekommen wäre. Dann, als sein erster Jubel vorüber war, kleidete er sich jorgfältig-r als sonst an, stieg in den Speise saal hinab und wußte es durch ein gutes Trinkgeld an den Ober kellner so einzurickten, daß er des Franzosen Platz an Miß Mabels Seite erhielt. Das junge Mädchen konnte sich über das veränderte Wesen des deutschen Gelehrten nicht genug wundern, der sie sonst nur von ferne angeschwärmt hatte und H ute auf einmal io unter nehmend, ja übermüt g erschien. In ihrer offenen Weise fragte sie ihn nach der Ursache dieser Veränderung. Dr. Richter lachte fröhlich auf. „Der Grund ist derselbe, der Monsieur Dupari zur plötzlichen Abreise bewogen." Dann er zählte er dem Mädchen von der aufgefundenen Depesche und wie er sich alles zusammengereimt habe. Staunend blickte Mabel zu ihm auf. „Und das stimmt Sie so fröhlich, daß ich gar nicht Miß Mabel bin?" Er nickte. Dann, seinen Gefühlen nachgebend, gestand er ihr alles, was er auf dem Herzen hatte. Wie er sie schon seit langem geliebt, aber nicht zu sprechen gewagt habe, weil ja doch eine Millionärin keine Frau sei für einen armen deutschen Privat dozenten, und wie er jetzt den Mut habe, weil sic selbst arm sei, um sie zu werben. Am gleichen Abend, als die blonde Amerikanerin und der Privatdozent im Garten sich „Gute Nacht" sagten, küßten sie einander. Und beide schliefen nur wenig in dieser Nacht. Am anderen Morgen erschien Dr. Richter feierlich in Frack und weißer Krawalle. Mabel kam ihm entgegen, und ehe er dazu kam, seine gesetzte Werbung vorzubringen, küßte sie ihn resolut auf den Mund, so daß all die schönen Worte ungesagt blieben. Aber es war ihm nicht leid darum. „Und wenn ich nun wirklich die richtige Miß Mabel wäre?" fragte die glückliche Braut, „würdest Du mich meines Geldes wegen sitzen lassen?" „Jetzt nicht mehr, wo ich weiß, wie schön cs ist, zu lieben und geliebt zu werden," lachte er. „Aber zum Glück weiß ich, daß Du es nicht bist. Die richtige Miß Mabel hat ja schwarzes Hmr." Sie setzte sich auf seinen Schoß und blickte halb ängstlich, halb übermütig zu ibm aus. „Sie hatte schwarzes Haar, drüben in Amerika. Aber, siehst Du, wie ich herüberkam, nach Paris, in die große Stadt der Eitelkeit und Eleganz, da riet mir die Friseufr, mein Haar blond färben zu lassen, weil mir dies viel besser stehen würde. Ich habe diese Eitelkeit schon ost bereut, und ich verspreche Dir, es soll meine letzte große Modetorheit gewesen sein. A' er heute bereue ich sie nicht mehr." einer dem anderen ein Alleinsein m>t Mabel nicht gönnen wollte. Die Amerikanerin hörte müdc und gelangweilt den Schmeiche leien der beiden Ritter zu. Oder besser gesagt, sie hörte nicht zu, sondern blickte hinaus ins Leere und warf träumerisch, ohne an etwas zu denken, die swünen, runden Kiesel, die den Boden be deckten, hinaus in den See, wo sie weite Wellenkreise ziehend ver schwanden. - Pl tzlich unterbrach sie mit einer brüsken Bewegung Monsieur Dupari in se n n schönsten Phrasen. Sich aufrichtend, blickte sie ihre beiden Verehrer scharf an und sagte: „Vielleicht wird Ihnen das, was ich jetzt sag-, unwetblich erscheinen, aber wir Amerikanerinnen sind eben anders geartet, als Ihre curopä- isch»n Frauen. Also, kurz und gut, meine Herren, ich gehe wohl nicht irre, wenn ich annehme, daß Sie mich h traten wollen?" Ein wenig verblüfft schwiegen die beiden Freier. Miß Mabel fuhr nach kurzer Pause fort: „Sie beide haben mir nun schon ein Dutzend mal erklärt, daß Sie mich lieben. Selbstverständlich gilt Ihre Liebe nur meiner Person und nicht meinem Gelde. Aber, um Sie vor einer Enttäuschung zu bewchren, will ick Sie auf eine Möglichkeit aufmerksam machen. Sie halten mich für die Milliardärstochter Mabcl Crooker, nicht wahr? Nun, es ist ja möglich, daß ich das bin, es ist aber auch etwas anderes möglich. Könnte nicht die da — sie legte die Hand um den Hals ihrer Be gleiterin — die echte Miß Crooker sein, welche, um sich vor Mit- giftjäqern zu schützen, einfach mit mir, der armen Gesellschafterin, die Rolle getauscht hat?" Bei dielen Worten machten die beiden Freier so verblMte Gesichter, daß die beiden Mädchen laut auflachen mußten. Miß Mabel fuhr dann fort: „Ja, meine Herren, das ,st eben jetzt die Frage. Sehen Sie, wie Sie sich aus der Affäre ziehen. Ich wiederhole nochmals: Bedenken Sie wohl, ehe Sie freien. Bis morgen in der Frühe gebe ich Ihnen Bedenkzeit. Und damit für heute Adieu und auf Wiedersehen I" Sie schritt davon, und diesmal vergaßen die beiden Anbeter ganz, ihr zu folgen. Erst als die beiden Mädchen längst ver schwunden waren, tauchten auch Steinberg und der Franzose auf, um aus verschiedenen Wegen ihr Hotel aufzusuchen. „Eine verdammte Geschichte das!" brummte Steinberg. „Eine verteufelte Kröte, einem so einen Floh ins Ohr zu setzen! Ich glaube zwar nicht, daß es wahr ist — nein, cs ist gewiß nicht wahr, es ist nur eine Probe, um herauszubekommen, ob wir es nicht auf ihr Geld allein abgesehen haben. Aber wenn es doch wahr wäre?! Verdammte Geschichte das, verdammte Geschichte!" Und er zerbrach sich den ganzen Tag den Schädel, ohne zu einem Resultat kommen zu können. Das Gleiche tat der schöne FranyoiS, ober er war schlauer als sein Nebenbuhler, und das Resultat seines Nachdenkens war ein Telegramm, welches er noch am gleichen Morgen nach Cincin nati an ein Detektiv-Institut kabelte, dessen Adresse er ausfindig gemacht hatte. Der Inhalt war ganz kurz: „Welche Haarfarbe hat Miß Mabel Crooker?" Mit Blitzgeschwindigkeit lief der elektiffche Funke nm den halben Erdball, legte am gleichen Tage denselben Weg noch in umge kehrter Richtung ein zweites Mal zurück und am Abend hielt Dupari triumphierend ein Telegramm in den Händen, welches kurz meldete: „Miß Mabel Crooker ist schwarzhaarig." Die Folge dieses Telegramms war, daß der schöne Franyois noch am gleichen Abend seine Koffer packte, seine Rechnung be glich und addampste. Ein Glück, daß daS Mädchen noch recht zeitig gesprochen hatte. Da wäre er bald schön hineingcfallen.s Schade um die vielen Millionen! Wenn er daS geahnt hätte! Mitz Crookers Haarfarbe. Humoreske von Adolf Stark. (SlLchdruck »crboten.i Miß Crooker war unstreitig der Stern der Saison. Wenn sie in ihren eleganten Pariser Toiletten, den blonden, woblfrisierlcn Kopf stolz in den Nacken geworfen, über die Promenade rauschte, blieben die Leute stehen, blickten ihr nach und raunten sich zu, daß dies Miß Crooker sei, die reiche Miß Crooker, die Tochter und Erbin von Samuel Crooker aus Cincinnati, welcher drüben über dem großen Wasser den Beinamen des „Schweinekönigs" erhalten hatte, lind wenn dteS auch nur scherzhaft gemeint war mit dem Königstitel, so gab es doch genug Leute, die sagten. Miß Crooker brauche sich vor keiner wirklichen Prinzessin zu schämen, und in bezug auf Reichtum sei sie wohl allen Prinzessinnen der ganzen Welt über. Die Frauen meinten höhnisch, es sei wohl nur dieser Reichtum, welchem cs zuzuschreiben sei, daß die hübschesten jungen Leute des kleinen Bades — und deren gab es hier nicht gar zu viele — nur für die „reiche Amerikanerin" Augen hätten und Tag und Nacht hinter ihr drein waren. Alle sagien das, nur Karl Richter sagte es nicht, einerseits deshalb, weil ihm jeder Tratsch zuwider war, und dann auch aus dem Grunde, weil er überzeugt war, ein Weib wie Mabel Crooker brauche keine Millionen, um einem Manne begehrenswert zu erscheinen. Die Wahrheit zu sagen, war Karl Richter bis über beide Ohren in die schöne Amerikanerin verliebt, und natürlich wußte es die ganze Stadt, obgleich er in seiner Unerfahrenheit glaubte, daS Geheimnis ruhe wohl verborgen in seiner Brust. Die Damen und Herren ließen sich das billige Vergnügen nicht entgehen, über den deutschen Ritter Toggenburg ihre Glossen zu machen, den» darüber waren alle einig, daß er keine Aussicht auf Mabels Hand hatte. Wenn diese amerikanische Milliardärin sich überhaupt einfangen ließ, so kamen nur zwei Bewerber von all den vielen ernsthaft in Be tracht, daS waren der Graf Steinberg, für den sein alter Adel sprach — und man weiß doch, wie diese amerikanischen Schweine- züchtcrstöchter aus solch einen Adelstitel stiegen —, oder Francois Dupari, der bildhübsche Pariser, für welchen heimlich alle Frauen und Mädchen schwärmten. Die Herren meinten zwar, er sei nicht viel Besseres, als ein Abenteurer, aber feine treue Gemeinde unter de» Damen wollte das nicht zugestehen. Er hatte geäußert, er gedenke demnächst bei den Wahlen sich kandidieren zu lassen, und die Frauen zweifelten nicht, daß ein Adonis wie er es in kürzester Zeit zum Minister bringen müsse. Uebrigens bekam Miß Crooker kaum etwas von diesem Ge tratsch zu Ohren, denn sie verkehrte mit niemandem, ausgenommen mit ihrer Begleiterin, die übrigens keine vertrocknete Anstandsdame, sondern ein bildhübsches schwarzlockiges Mädchen war. Die Ge sellschaft wollte wissen, Miß Ellen sei die Tochter eines vornehmen, aber verarmten Herzogs und einer Pensionsschwester der Milliar därin. Tatsächlich duzten die Mädchen einander. Mabel und Ellen saßen auf der Terrasse des Kurgartens. Ein ganz leiser Wind kam über die weite Fläche deS Sees her, am Horizont hob sich in scharfen Umrissen der phantastisch gezeich nete Felsen ab, und die Wollen rollten leise plätschernd den Strand herauf, beinahe biS zu den Füßen der Damen. Da tauchte der schönfrisierte Kopf Monsieur Duparis vor ihnen nm und wenige Sekunden später hinter ihm die breitschulterige Gestalt Steinbergs. Die beiden wichen nicht voneinander, nicht aus Freundschaft, sondern weil sie sich gegenseitig belauerten und
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