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zirlbewußten Genossen, der den Boykott brach, ein Anathema herniedersauste, heißt eS jetzt bereit-, man kann ein sehr guter Sozialdemokrat sein und nebenbei doch sein Gläschen trinken E» gibt also noch Dinar im Kreise der Genossen, gegen die selbst die sozialdemokratische Parteileitung vergeben- ankämpft. — Der ausserordentliche deutsche AnwaltStag, der in Leipzig tagte, lehnte den Ausschluß der Revision bei übereinstimmenden Urteilen der Landgerichte und der Ober- landr-gerichte ab. Alle Versuche, die Zulässigkeit der Revision in der angegebenen Richtung zu beschränken, sollen energisch bekämpft werden. — Der neue BrrfassungSentwurf für dir bei den Srobherzogtümer Mecklenburg, der dem am Freitag in Sternberg eröffneten Landtag zugegangen ist, steht üne Einteilung in 47 Wahlkreise vor, 18 städtische, 27 länd liche, 2 Fürstentum Ratzeburg. Jeder Wahlkreis wählt einen Abgeordneten, Rostock jedoch drei und Schwerin zwei. Die Abgeordneten werden von den Wahlmännern gewählt, von denen einer auf 500 Seelen kommt. Die Urwähler wählen in drei Abteilungen. Als Sitz des Landtags wird Schwerin bestimmt. Die Abgeordneten erhalten während der Sitzungs periode, sowie je drei Tage vor Beginn und nach Schluß derselben freie Eisenbahnfahrt von ihrem Wohnsitz nach Schwerin. Fenier werden ihnen 15 Mark tägliche Anwesen heitsgelder bewilligt. Die in Schwerin und fünf Kilometer im Umkreis davon wohnenden Abgeordneten erhalten 7,50 Mark pro Tag. Kraxkreich. — Die Kammer beriet am vergangenen Montag die französische Marokko-Anleihe. Minister Pichon erbat und erhielt die Genehmigung des Parlaments zur Verbürgung einer 80 Millionen-Anleihe, deren Betrag zur Befriedigung der Gläubiger des Sultans Mulay Hafid dienen soll. Die Kosten des Feldzugs, sowie der Besetzung von Udscha und der Schauja, des vielgenannten Gebietes um Casablanca, werden nicht aus dieser Anleihe gedeckt. Die spanische Regierung will sich vielmehr aus den Einkünften der besetzten Gebiete schadlos halten. — Ein Sieg des starren Systems. Die fran zösische Heeresverwaltung hat sich entschlossen, ein Luftschiff nach der Konstruktion des Ingenieurs Spieß bauen zu lassen. Diese Maßnahme bedeutet einen Sieg des Zeppelinschen starren Systems, das dem Luftschiff eine größere Sicherheit gewähr leistet. Man hat also von dem Unglück der „RSpublique", bei dem vier Personen ihren Tod fanden, gelernt. Allerdings hat das neue Militärlustschiff Frankreichs mit den Zeppelin- Fahrzeugen nur das starre Prinzip gemeinsam, im übrigen bestehen doch gewaltige Unterschiede. Einen „Zeppelin" macht man nicht so leicht nach. Gpaxiex. — Der spanische Schatz, von dem kürzlich berichtet wurde, scheint doch kein Schwindel zu sein. Tatsächlich sind unter dem alten Schloß der Stadt Randa weite und guterhaltene Gewölbe in echt maurischem Stil gefunden worden, die schon kultur- und kunsthistorisch großen Wert haben. In ihnen fand man zudem viele alte Münzen aufbewahrt, die nach oberflächlicher Schätzung mehrere Millionen an Wert reprä sentieren. Der glückliche Besitzer dieser Herrlichkeit ist ein reicher Amerikaner. JE X 8 — 50000 Paar Stiefel mit Papp-Sohlen wurden im Depot der Warschauer Garnison entdeckt. Der Schaden der Krone beträgt etwa eine halbe Million Mark. Stiefel mit Pappsohlen sind schon so oft auf den russischen Magazinen entdeckt worden, sogar im japanischen Kriege wurde der Schwindel von gewissenlosen Fabrikanten gewagt und — durchgeführt. Prrsirx. — Kampf mit den Reaktionären. Nach einer Londoner Blättermeldung aus Teheran wurden aus dem Marsche nach Ardebil befindliche RegierungStrupprn in Zinjatt von der dortigen konstitution-feindlichen Bevölkerung, die sich in den Bergen verschanzt halte, ausgehalten. Nach einem elsstündigen harten Kampfe, wobei 5 Mann getötet und 4 ver wundet wurden, gewannen die Regierungstruppen die Ober hand und nahmen 400 Gegner gefangen. vemitebter. * Die Tragödie de- Ztgeuuerpri»»«. Aus Pest wird berichtet: Der Zigeunerprimas Karl Balog ist au- Neid zum SohneSmörder geworden. Balog galt seit den großen Zi geunermusikanten SLrközy Ferlü und Bunkä Feri als einer der glänzendsten Geiger seines Volkes, und man erzädlt, daß selbst Meister Joachim in Berlin bei seinem Spiel Tränen vergoß. Von seinen Gastspielen durch Deutschland, Frankreich und England kehrte Balog stets nach seinem Heimatsort Balkonya zurück, um hier auszuruhen von den Strapazen und seinen Sohn Jancsi in der Wunderkunst der Väter zu unterrichten. Und Jancsi machte dem Vater alle Ehre. Von Jahr zu Jahr, wenn der Alte wiederkam, mußte er des Knaben gewaltige Fortschritte bewundern. Solange der Junge klein war, freute sich der Vater dessen, daß sein Sohn einst der Erbe seines Ruhmes werden würde. In den letzten Jahren aber begann am Herzen des Vaters der Neid zu zehren. Kürzlich veranstaltete Jancsi Balog, der eben 16 Jahre alt geworden war, ein Konzert und spielte so wunderbar, daß man seine Kunst über die des Vaters stellte. Das aber war dem Alter» zu viel, und er beschloß, den Sohn, der ihn zu überstrahlen drohte, aus dem Wege zu räumen. Er führte ! den Jungen in die Schenke, setzte ihm die besten Weine vor ! und ließ von ihm das Lied spielen, mit dem einst der alte ! Balog seinen Ruhm begründet hatte. Als bald darauf der ' Jancsi vor Müdigkeit die Augen schloß, holte der Vater eine i Axt und tötete den schlafenden Knaben. Dann stellte sich der ! Mörder selbst der Gendarmerie. * Ei» Rätsel. Wie kommt es, daß ein Mann, der glaubt, Genie zu haben, sich sein früher kurzes Haar lang wachsen läßt; ein Weib hingegen, von der gleichen Einbildung befangen, ihr langes Haar kurz abschneidet? Post und Eisenbahn. Die grofte Störung im Drahtverkebr wird im „Reichs- . anzeiger" zum Gegenstand einer ausführlichen Darstellung gemacht. ! lieber die Ursachen der Störung heißt es: Der feuchte Schnee hat sich auf den Leitungen zu dicken Schichten zusammengeballt und - beim Frieren schließlich eine so große Belastung herbeigeführt, daß - die Gestänge auf den Dächern, sowie längs der Eisenbahnen und Landstraßen trotz der Verankerungen und Verstrebungen nicht durchweg standhalten konnten. An der Instandsetzung der An ¬ fix UNÜ ki'tig-3Ie!Iei'1Üpfg. gütsküutsctiem e,Mü1 llukebem? Paket Umscklsg Knorr'- NuppenwÄrstchen unübertroffen? lagen, so schließt die amtliche Auslassung, wird mit allen Kräften gearbeitet. Wenn die Witterung günstig bleibt, steht zu hoffen, daß der gesamte Telegraphen- und Fernsprechverkehr in einigen Tagen wieder ordnungsmäßig durchgeführt werden kann. Auf dir Erwiderung de- Herrn Werkmeister Herwig hier in meiner Patrntsache hake ich folgende- zu erklären: Die Behaup tungen, die das .Eingesandt" enthält, strotzen vor Unwahrheit. Erstens wird behauptet, daß der Apparat, womit ich arbeite und welcher mir patentiert wurde, schon seit ca. 10 Jahren in Schle sien Verwendung fand. DieseS ist Unwahrheit, denn ich bin bereits bei der letzten Gerichtsverhandlung 5 Tage in Schlesien gewesen und habe alle die Zeugen besucht, welche den Apparat verwendet haben sollen. Auch andere Webereien, die für mich zugänglich waren, suchte ich aut, um mich zu überzeugen, ob vielleicht doch schon ähn liche Einrichtungen vorhanden sein könnten. Aber ich behaupte, daß in ganz Schlesien auch nicht ein einziger Webstuhl steht, an dem meine Einrichtung angebracht ist. Ferner behauptet Herr Herwig, daß Zeugen beschworen hätten, eine Einrichtung sei ihnen bekannt, wie seine Zeichnung besagt. Auch dieses ist Unwahrheit; denn die Zeugen haben unter Eid auSgesagt, daß ihnen derartige Einrich tungen an einem Webstuhl nicht bekannt seien. Was nun die Zeichnung selbst anbetrifft, welche dem Einspruch beigelegt ist, so erkläre ich, daß dieselbe nicht der Skizze entspricht, die sich Herr Herwig von Schlesien verschafft hat. Ferner wird behauptet, daß meine Erfindung doch gar nicht von Belang sei, da es sich doch nur um Zusammenlegung zweier bekannter Einrichtungen handle. Demgegenüber muß ich erwidern, daß der Stoff, welchen ich fabri ziere, wohl schon früher ähnlich hergestellt, aber nie lebensfähig wurde, weil der ganze Webegang mit der Hand besorgt und die verwebenden Roßhaare auch einzeln mit der Hand eingezogen wurden. Eben diese zeitraubende Webart hat mich veranlaßt, diese Fabrikation vorteilhafter zu gestalten, um den Artikel verkäuflich und lebensfähig zu machen. Selbst die Sächsische Webstuhlfabrik LouiS Schönherr in Chemnitz erblickte in der Anordnung und Zu sammenstellung dieses Webstuhls eine große Neuheit und erklärte mir, sie hätten schon früher viele Versuche in dieser Weise anae- stellt, diese hätten aber nie zu einem Resultat geführt. Dies alles hat wohl auch das Kaiserliche Patentamt geprüft und anerkannt, daß diese Erfindung wohl patentberechtigt ist. Nach all meinen Ausführungen glaube ich nun annehmen zu dürfen, daß Herr Werkmeister Adolf Herwig die Lücken in unserem Patentgesrtz, wie er betonte, wohl nicht mehr für so groß erachtet. Sollte sich nun der Herr Werkmeister mit meinen Erklärungen nicht zufrieden- steilen, so ersuche ich denselben, den gerichtlichen Weg zu be schreiten. S. S. 17. -flinrisn- r mskl 'flpanken- kost. fiervonsgenä bewsticte Nsknung. Vie Kinäengeä-stien voerbgücn äsdei u. Isiäsn nicht sn Vekasuungsslömng. Kirchennachrichte». Donnerstag, den 2b. Novbr. Vorm, v Uhr Wochen kommunion. Lügst mä ÜLIW ksüü einem «erileü, wenn man daran denkt, wie vielen Gefahren die Kinder mittel« bar durch die Schule ausgesetzt sind. Bei jedem Wetter müssen sie früh hinaus. Dann sind die Schulstuben immer überheizt, und in den kurzen Pausen gehen die Kinder meist ohne warMe Umhüllung in den Hof hinab. Der jähe Temperaturwechsel muß schwer nachteilig aus die Gesundheit wirken. Darum lassen Sie sich raten: Geben Sie Ihren Kindern immer Sodener Mineral- Pastillen, aber nur Fays ächte, mit. Zwei für jeden Weg, eine ilill' für jede Pause genügen, alle Gefahren leicht zu überwinden. Fay» Iilll ächte Sodener kaufen Sie für 85 Pfg. die Schachtel in allen » " Apotheken, Drogen- und Mineralwaflcrhandlungen. : weisse u. bunte Ober*Lenrolen, z r * bunte Llar'nitu^sn, /klagen, : : Gänsefetten, TÄssfentüsLst': ! «np/SoLlk nr »u ötttr-atow Heeren wir häufig von den Arbeiten für den nächsten Tag, besprechen den Saateustaud und die Ernieaussichten, oder ich Helse die Wirtschaftsbücher führen. Und im Hause ist unsere alte Mamsell meine Lehrmeisterin. Dann geht's durch Küche und Keller, Hof und Garten. — Uebrigens, denke dir, Heinz, gestern nachmittag sind die ersten Küken ausgekommen, vierzehn allerliebste gelbe Dingerchen, die mußt du dir nachher ansehen." Heinz nickte zerstreut und zerkaute ein Veilchen. Dabei sah er Lieselotte verwundert an. „Das alles tust du, Lieselotte von Kerkow?" fragte er schließlich mit grenzenlosem Staunen. „Ja, ick, Lieselotte von Kerkow," gab sie lachend zu. ,>Und noch viel mehr! Ich hole die Eier manchmal höchst eigenhändig aus dem Hühnerstall, sahne die Milch ab, habe neulich den ersten Kuchen gebacken, famos geraten, sage ich dir, — nicht eine Idee, klitichig, daß mir sogar unsere gestrenge Mamsell ein Belobiguugszeugnis erster Güte ausgestellt hat, — und ich werde immer noch mehr tun; Venn ich will eine tüchtige, umsichtige Hausfrau werden, die sich einmal nicht auf andere Verlassen muß, sondern ihre Sache lelbst versteht." Bei ihren letzten Worten nickte sie sehr energisch und betrachtete Heinz mit einem Blick, der zu sagen schien: Nun rede du! „Das ist ja alles ganz schön und gut," begann er nach längerem gedankenvollen Vorsichhinstarren, ,aber sage mal das hast du doch alles gar nicht nötig." „Du bist gut, Heinz," entgegnete sie mit der Miene deS Besscrwisstnden- „Freilich hab' ich's nötig! Als letzte unseres Stammes muß ich doch einmal auf Driebusch das Regiment führen. Wenn man aber regieren will, muß man es lernen. Folglich lerne ich und stecke meine Nase in alles." „Und wenn nun einer kommt und dich heiraten will, Lieselotte, was wird dann aus Driebusch?" „Mit dem Heiraten hat's noch gute Weile, Heinz. Sieh mal, dieser Kattnnkiitel ist außer meinem Konfirmationskleid daS erste lange Kleid, das ich trage." Und als sie an dem Rock hinabsah und daS Dreieck erblickte, fuhr sie mit komischem Entsetzen fort: „Und da hat's schon einen Rißi O Weh! Na, daS wird nachher gleich zngenäht; denn die Mamsell darf's nicht sehen, sonst gibt's ein Zctermordio. Alio, wie gesagt, das ist mein zwcitlanges Kleid, und du sprichst schon vom Heiraten. Vorläufig bin ich noch viel zu dumm und jung, um überhaupt davon zn reden. Nach funk, sechs Jahren könnte man schon eher daran denken. Jetzt laß nur die dummen Heirats gedanken und beantworte mir lieber klar und rund meine iä on vorhin gestellte Frage, was anS eurem Lindencck werden ftU, wenn du ewig den bunten Rock tragen willst. Denn was du von dem „Nichtinteressieren" sagtest, ist ja dummes Zeug." Heinz zuckte mit den Schulten: und lächelte leise. „Alles, nur das nicht," entgegnete er dann. „Ich hänge mit Leib und Seele an meinem Berufe." „So sehr, daß du die Scholle, die über zweihundert Jahre im Besitz eurer Familie ist, leichten Herzens aufgibst, daß du jahraus, jahrein lieber Rekruten drillst, als auf deinem Stamm gut den Samen streust?" „Erlaube einmal, Lieselotte," fuhr Heinz ärgerlich auf und wischte mit dem Aermel über die blinde Stelle eines Knopfes am Waffenrock, „der Beruf eines Offiziers läuft nicht nur aufs Rekrutcndrillen h naus. Er hat wahrlich schönere Auf gaben und verfolgt höhere Ziele." „Und welche?" „Das verstehst du nicht." „Bitte sehr!" sagte sie mit vielem Selbstbewußtsein. „Das verstehe ich sehr gut. Soll ich es dir sagen? Also neben dem Nckeuteudrill ein bißchen Rennbahn und ein bißchen Liebes mähler/' „Pfui, Lieselotte, du bist abscheulich!" Sie lachte. „Nie bin ich das! Meine Bemerkung war nur die Quittung für die Absage an mein Verständnis. Frag los ist der Offizier nicht nur Drillmcister. Streiten wir uns also nicht! Ich kann nur nicht verstehen, daß du über dem Offizier euer Liudeneck vergißt. Du mußtest doch eigentlich mit jeder Faser deines Seins an diesem Stückchen Erde hängen." „Hänge ich ja auch, nur bewirtschaften möchte ich das Gut einmal nicht." „Das sind Widersprüche, Heinz. Wenn dein ganzes Herz der Scholle gehörte, müßte es dein sehnlichster Wunsch sein, einst deinem Erbe deine ganze Kraft widmen zu können. Doch weshalb bemühe ich mich, dir den rechten Weg zu weisen! Meinetwegen verkaufe Lindeneck oder laß es durch einen Ver walter bewirtschaften. Gewiß geht im letzteren Fall alles drunter und drüber. Aber du bleibst doch dann Offizier, wirst Oberst, General, Feldmarschall und — was weiß ich." „Wollen wir nicht lieber Veilchen pflücken, kleine Kratz bürste ?" lenkte Heinz lachend ab, als er in die zornsprühenden Augen seiner Jugendgefährtin sah. Lieselotte antwortete nicht, wand einen Faden grüner Wolle um ihren Strauß und legte ihn neben sich. „Kleine Kratzbürste," sagte Heinz noch einmal und bcngte sich dicht zu ihr hinüber. Er-ergriff einen der beiden langen Zöpfe und zupfte leise daran. Und das entwaffnete ihren Zorn. Sie lachte hell auf, entwand ihren Zopf seiner Hand mit einer geschickten Be wegung und sagte: . „ „ „Ja, nun aber feste, Heinz, damit es recht viele werden. Und meine Zöpfe werde ich äufftecken, solange du hier bist. Sie sind für dich fremdes Gebiet." „Mit einem Male fremdes Gebiet! ? Früher waren's doch meine Leinen, wenn wir Pferd spielten." „Ein Herr Leutnant ist doch aber auch kein Kutscher mehr, nicht wahr ? ' Und ich bin die sechzehnjährige Lieselotte von Kerkow. Das bitte ich zu respektieren!" Heinz legte die Rechte salutierend an dm Mützenschirm und sagte mit einem strengen Dienstgesicht: „Zu Befehl, gnädiges Aäulein!" Beide pflückten dann eine ganze Zeit, ohne zu sprechen. Heinz beobachtete nur hin und wieder verstohlen LieielottenS Profil und bedachte, daß sie in den beiden letzten Jahren aus dem ungelenken, eckigen Backfisch zu einem allerliebsten jungen Mädchen sich entwickelt habe. Jede Linie im Gesicht war weich und zart, von der hohen, reinm Stirn abwärts, bis zu dem schön geformten Kinn mit dem Grübchen in der Mitte. Und wie verlockend die schwellenden, purpurnen Lippen des feingefchnittenen Mundes ihn anlachten! Wie rote Kirschen. — „Lieselotte," sagte er plötzlich, „weißt du auch, daß du mir noch einen Kuß schuldig bist?" Sie sah in seine lachenden Augen und schüttelte, lieblich er glühend, nur den Kopf. „Dann hast du ein schlechtes Gedächtnis. Weißt du denn wenigstens noch, wann ich zum letzten Male als Kadett hier war?" Sie nickte. „Im vorigen Herbst." „An: letzten Urlaubstage gingen wir zusammen ein Stück von Lindeneck nach Driebusch." »Ja." „An der Hörselbrücke schieden wir, und ich bat dich um einen Kuß. Stimmt's?" ^Und was sagtest du damals?" Sie schwieg hartnäckig. „Nun, Lieselotte?" drängte er. Sie ordnete verwirrt die Veilchen in ihrer Hand und sagte: „Ach Heinz, laß doch die alten Geschichten, pflücke nur lieber Veilchen, sieh, ich habe schon weit mehr als du." „Davon ist jetzt keine Rede, liebes Kindchen. Also waS sagtest du damals?" »Wenn du's denn durchaus von mir hören willst, werde ich s wiederhole,:. Damals sagte ich: Heute nicht, Heinz, wenn du als Leutnant wiedrrkommst . . . ." „Tann? — Was dann?" „Na .... dann solltest du eine» —- . .. . Kuß von mir haben! Aber bllde dir nichts ein! Dn bekommst schon lange keinen. Heute erst recht nicht!"