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Beilage zum Frankenberger Tageblatt unS Bezirlöanzeiger. »crantworUicher Redakteur: Lrnst Robberg in Frankenberg t. va. — Druck und »erlag von L. G. Roßberg in Frankenberg t. Sa. Sounaveno se» LV. Rovemder Ivov Bom Landtag. Die Zweite Kammer hielt am Donnerstag ihre 4. öffentliche Sitzung ad. Aus den Regtstranden-Einaängen ist zu erwähnen, f daß auS dem 23. ländlichen Wahlkreis Einspruch gegen die Wahl des Abg. Heymann (kons.) erhoben wird. Der Präsident nahm sodann die nachträgliche Beleidigung des erkrankt gewesenen und zum ersten Male m der Kammer erscheinenden Abg. Schiebler- f Frankenberg (natl.) vor. Als einziger Punkt stand auf der Tages ordnung die allgemeine Vorberatung über das Dekret Nr. 4, den l Bericht über die Verwaltung und Vermehrung der königlichen Sammlungen in den Jahren 1906 und 1907 betreffend. Vizepräsident Opitz rügte, daß sehr geringe Neuerwerbungen in den Sammlungen, besonders in der Gemäldegalerie, zu ver zeichnen seien. Allerdings gehöre zu einer Vermehrung der Samm lungen ein Neubau. Die Mittel dafür in den Etat einzustellen, empiehle sich in der gegenwärtigen Zeit nicht. Dagegen sei er für einen teilweisen Verkauf des nnlilärfiskalischen Areals in der Neustadt. Aus dem nichtverkauften Teile könne dann das benötigte Museum errichtet werden. Abg. Hettner (natl.) beantragt, den vorliegenden Bericht an die Rechenschafisdeputation zu überweisen. Auch sei er für eine stärkere Vermehrung unserer Sammlungen und erkläre sich mit dem Vorschläge drS Vorredners einverstanden. Nur hege er Zweifel, ob gegenwärtig die richtige Zeit für einen teilweisen Ver kauf des Areals sei. Abg. Rentsch (kons.) trat für eine möglichst weitgehende Verleihung von Bildern in die Provinz ein. Auch verschiedene andere Redner teilten diesen Standpunkt. — Abg. Koch (freis.) äußerte Wünsche hinsichtlich einer Vermehrung der Besuchsstunden und der freien Besuchstage. — Abg. Lange (soz.) gab auch ver schiedene Anregungen wegen der Besuchszeit und erklärte sich be reit, eventl. für dahingehende Forderungen im Etat zu stimmen. Die Summen, die zur Erwerbung von Kunstgegenständen aus gegeben würden, seien für Sachsen beschämend gering. — Abg. Dr. Seyfert (natl.) wünscht eme bessere Anordnung der Ge mälde, um eine genußreichere Besichtigung zu ermöglichen. Finanzminister Dr. v. Rüger erwiderte aus verschiedene, aus dem Hause geäußerte Wünsche und äußerte insbesondere gegen die Anregung, den Erlös eines Teiles des mtlitärfiskalischen Areals in DreSdcn-Neustadt zu einem Museumsneubau zu ver wenden, etatsrechtliche Bedenken. — Abg. Langhammer (natl.) meinte, daß die Ersüllung aller heute geäußerten Wünsche ein Anziehen der Steuerschraube im Gefolge haben müßte, was vom größten Teil des Volkes ledemalls unliebsam empfunden werden würde. — Aba. Hofmann (kons.) wünschte die Verlegung der Porzellansammlung nach Meißen, wo sich doch bereits die Por- zellanmanufaklur befinde. Die dortigen Künstler würden aus einer solchen Zusammenlegung wertvolle Anregungen schöpfen. Nach Schluß der ausgedehnten Debatte, an der sich noch die Abgg. Günther (weis.), Singer (natl.), Rentsch (kons.), Hähnel (kons.) und Spieß (kons.) beteiligten, wurde der Antrag auf Verweisung des Dekrets an die Rechenschaftsdeputation zur Wetterberatung einstimmig angenommen. Nächste Sitzung: Freitag vormittags'/,10 Uhr. Tagesordnung: Allgemeine Vorberatung des GesetzemwursS, betr. die Abänderung deS Pfandlethgesetzes. Lsgrsgetcdime. Deutsches Reich. — Im Schlosse des Fürsten von Fürstenberg, in dem zurzeit der Kaiser a!s Jagdgast des Fürsten weilt, wurde eine Gedenktasel zur Erinnerung au die Fahrt des Grasen Zeppelm mit dem Kronprinzen im „Z. I" am 7. November v. I. angebracht. Die Tafel ist nach einem Ent wurf deS Kaifers hergestellt. Der Aufenthalt des Kaifers im Der voi'fkelä. Novelle von M. Kneschke - Schönau. 2 Horrierunq. -r-- .» uLul-ss- ltvr.'ir -. „Gern, liebe Tantel" erwiderte das Mädchen gab dem Bildhauer ein Zeichen, ihr zu folgen, und glitt geräuschlos ins Nebenzimmer. „O Sie Menschenkennerin!" murmelte Gerwin und sah der Baronin bewundernd in die schönen, klugen Augen. Dann verlief) auch er das Zimmer. Eine Pause entstand. Wie in tiefe Gedanken verloren, schaute die gütige Frau zur Decke empor. Franzius konnte den Blick nicht wenden von den seinen, schmerzgeadelten Zügen der Leidenden. Jetzt winkte sie mit der schmalen Hand. Gehorsam rückte er näher an sie heran. MU vorgebeugtem Haupte lauschte er aufmerksam ihren Worten. Es ist ein trauriges Stück Menschenleben voller Liebe und Haß, Verzweiflung und stiller Heldengröße, das ich da vor Ihnen aufrollen will, und ich muß weit ousholen, um Ihnen die Charaktere der Hauptpersonen verständlich zu machen. Es mag etwa dreißig Jahre her sein, daß Larssen, damals ein Bursch von zwanzig Jahren, mir zuerst begegnete. Er war ein illegitimes Kind. Seine Mutter stammte aus Schlesien, war in jungen Jahren mit einer Herrschaft nach Saßnitz gekommen und hier geblieben. Sie hatte sich in einen Fischerssohn verliebt, der sie wohl auch geheiratet hätte, wenn er nicht vorher ein Opfer der See geworden wäre. Ihr Name, der mir stets wie ein Hohn auf ihr trauriges Geschick erschien, war Beate Fröhlich. Sie war nicht nur eine sehr hübsche, sondern auch fleißige, geschickte Person, die zu jeder Arbeit zu gebrauchen war; nach der Abreise ihrer Herrschaft hatte sie eine Stellung bei einem hiesigen Gastwirt gesunden. Da, in einer stürmischen Novembernacht geschah la» Unglück. Gm Fischerboot war gekentert, die Bemannung ertrunken, darunter auch der junge Larssen, ihr Bräutigam. In ihrer Verzweiflung warf sich Beate seinen Eltern zu Füßen und gestand ihnen ihr Verhältnis zu deren Sohn und die traurige Lage, in die sie sein Tod versetzte. Jene aber, die alteingesessene, angesehene Fischersleute waren, nannten sie eine hergelaufene Dirne und streßen sie erbarmungslos hinaus. Der erschütternden Szene hatte ein Bruder des alten Larssen beigewohnt, der ein kleines Vermögen besaß und auf einem etwas abseits vom Orte gelegenen Hof ein wenig Landwirtschaft betrieb, aber als Trunkenbold bekannt war. Mitleidig erbarmte er sich deS jungen Weibes, für dessen Reize er nicht unempfänglich war, und nahm sie bei sich aus. Acht Wochen später heiraiete er sie, sehr zum Aerger seiner Verwand- ten, die sich gänzlich von ihm lossagtcn und die arme Beate mit Schmähungen überschütteten, wo immer sie sich sehen ließ. Diese litt unsäglich unter der Verachtung, die selbst ihre Ehe nicht zu beseitigen vermochte; aber sie ertrug alles standhaft jn dem Gedanke», daß ihr Kind nun einen Vater und, ! Schloß des Fürsten von Fürstenberg ist bis zum kommenden Dienstag vorgesehen. An diesem Tuge trifft der Kaiser über , Breslau auf Schloß Neudeck ein und ist hier bis zum Don nerstag der Jagdgast deS Fürsten Henckel von Donnersmarck. Von Neudeck begibt sich der Monarch nach Pleß zum Besuch I des Fürsten von Pleß. Ueber Breslau wird sodann die ' Heimreise nach Berlin angetreten. — Der Reichsetat für 1910 ist dem Bundesrat zu- 1 gegangen. Die „Nordd. Allg. Ztg." beginnt wieder prompt mit der amtlichen Veröffentlichung von Auszügen aus dem Etat, wie sie vom Fürsten Bülow zur Verhütung der sogen. Verhökerung eingeführt wurde. Danach schließt der ordent liche Etat in Einnahme und Ausgabe ab mit 2,600,305450 Mark oder mehr 6,858991 Mark. Die Ausgaben des Extra- ordinariums mit 191,319269 Mark übersteigen die Einnahmen um 152;255 928 Mark, die auf Anleihe genommen werden. Die Sparsamkeit im neuen Etat macht sich durch eine erheb liche Beschränkung der einmaligen Ausgaben bemerkbar, wäh- rend die fortdauernden Ausgaben sich in der natürlichen Stei- s gerung befinden. Auf die letzteren entfallen 2,311,747072 ! (mehr 75,517288) Mark, auf die einmaligen 348,558578 Mark oder 68,658297 Mark weniger als im Vorjahr. An den fortdauernden Ausgaben ist das Heer mit rund 709,2, die Flotte mit rund 158 Millionen beteiligt, das ist mehr 13,8 resp. 11,0 Millionen Mark. Von den einmaligen Aus gaben entfallen auf das Heer 75,7 (weniger 41,9 Millionen), auf die Marine 171,7 oder mehr 13,8 Millionen Mark. Die Einnahmen aus den Zöllen, Steuern usw. sind mit 1441,6 Millionen, die aus der Reichspost- und Tclegraphen-Verwal- tung mit rund 693 Millionen Mark veranschlagt. — Der Deutsche Bund der Landwirte ist durch den unerwarteten Tod Edmuno Klappers hart getroffen wor den. Edmund Klapper war jahrzehntelang die Feder des Bundes, sein ebenso gewandter wie unermüdlicher journalisti scher Vertreter. Der Vorstand des Bundes der Landwirte widmet daher dem Verstorbenen einen überaus herzlichen Nachruf, in dem es u. a heißt: „Ein rastloser Arbeiter von seltener Klarheit des Verstandes, von unbedingter Zuverlässig keit des Charakters, unerschrocken, freimütig und vornehm in der Gesinnung ist mit Edmund Klapper dahingegangen, sein Hinscheidcn bedeutet für den Bund einen in Wahrheit unersetz lichen Verlust!" — Die vier Berliner Landtagswahlen sichern wenigstens im 12. Wahlkreis dem freisinnigen Kandidaten ein Mandat, wenn die Aahlmänner aller bürgerlichen Parteien am Tage der Abgeordnetenwahl ihre Schuldigkeit tun. Ge schieht dies, so hat das Bürgertum wenigstens einen kleinen Ersatz gegenüber den allgemeinen Wahlen zu verzeichnen, durch welche die vier Kreise, in denen jetzt Ersatzwahlen statt finden, Sozialdemokraten in den preußischen Landtag ent sandten. — Zum Regierungspräsiden ten in Magdeburg soll an Stelle des nach Minden versetzten Dr. v. Borries, nach der „Magd. Ztg.", Polizeipräsident v. Schenck in Wiesbaden ernannt werden. woran ihr am »leisten lag, einen ehrlichen Namen haben würde, der noch dazu derselbe wie der des wirklichen Vaters war. Kurz nach Neujahr gab sie einem Knaben das Leben, der nach dem ertrunkenen Vater, Friedrich Larssen, getauft wurde. Einige Jahre gingen dahin, ohne daß man viel von dem Familienleben des jungen Paares vernahm. Der Ehemann schien sich unter dem Einfluß seiner allzeit fleißigen Frau gebessert zu haben, leider nicht auf immer. Bald trieb er eS schlimmer denn je, mißhandelte Weib und Kind und drohte öfter, den unnützen Brotesser, den Bastard, an die Luft zn setzen. Seine Verhältnisse wurden immer zerrütteter, und bald stand die Not vor der Tür. AlL die letzte Hufe Land, das letzte Stück Vieh verpfändet war, mußte Beate, so bitter es ihr ankam, um Arbeit ins Dorf gehen. Während sie rastlos arbeitete, trieb sich ihr liederlicher Mann auf den Land straßen umher und kam nur nach Hause, um ihr unter den rohesten Mißhandlungen den sauer verdienten Lohn zu ent reißen und im Wirtshaus zu vertrinken. Beate mußte Höllen qualen erleiden, aber keine Klage kam über ihre Lippen. Sie leistete fast Uebermenschlichcs, um sich, das ziemlich elende Kind und den Trunkenbold zu ernähren; und es war ihr nicht zu verargen, daß sie erleichtert aufatmete, als man ihr rin.s Tags den Mann tot ins Haus brachte. Sinnlos betrunken, halte er auf der Landstraße gelegen und war von einem Fuhrwerk überfahren und sofort getötet worden. Der Lenker d s Fuhr werks war mein Schwiegervater gewesen. Trotzdem ihn keine Schuld traf — das Unglück war in einer dunklen- stürmijchen Nacht passiert — fühlte er sich verpflichtet, für Frau und Kind des Verunglückten zu sorgen. Er nahm beide in sein Haus und übertrug Beate die Oberleitung über das Gesinde. Der kleine Fritz wuchs mit seinem einige Jahre älteren Sohn, meinem späteren Manu, auf und hing sehr bald mit fast hündischer Treue an dem Herren sohn, der das schwächliche, verschüchterte Kind vor den täppischen, ihm körperlich überlegenen Dorfjungcn beschützte, unter deren rohen. Späßen er viel zu leiden hatte. AIS jedoch mein Mann ins Kadettenkorps eintrat, kamen schlimme Zeiten für Fritz. Die Mitschüler verhöhnten ihn und machten ihm das Leben so sauer, daß er wiederholt aus Furcht vor ihnen die Schille schwänzte, was ihm nicht nur Strafen des Lehrers, sondern auch eine harie Behandlung von feiten seiner Mutter eintrug. Bei dieser hatte sich im Laufe der Jahre ein glühender Ehrgeiz ausgebildet, zu dessen Befriedigung sie ihren Sohu auscr>ehen hatte. All die Mißachtung, unter der sie eiust gelitten, sollte Fritz wieder wettmachen, indem er sich zu einer besonderen, feine Alters genossen weit überragenden Stellung emporschwang. Damit hoffte sie über die verhaßte Sippe seines Vaters triumphieren zu können und sich die Achtung zu erzwingen, die man ihr bisher verweigert hatte. Nun erwres sich aber das kränkliche, träumerische Kind als kein brauchbares Werkzeug. Ihr unaushörlicheS Aufstacheln zu vermehrtem Fleiß in der Schule blieb erfolglos, weil Fritzens Furcht vor den rohen Mitschülern immer gröger wurde und — Auch Frankreich hat durch den Konflikt zwischen Geist- lichkeit und weltlicher Macht einen Schulstreik zu verzeichnen. Jn vielen Orten schicken die Eltern, angefeucrt durch die Geist lichen, ihre Kinder nicht in die Staatsschulen, in denen mo derne Schulbücher vorgeschrieben sind. Schweiz. — Der neue deutsch-schweizerische Niederlassungs- Vertrag wird im nächsten Frühjahr der schweizerischen Bundes- Versammlung und dem Deutschen Reichstag zur Genehmigung unterbreitet werden. Kraxtreich. — Die neuen Steuern führten nicht nur zu der zwei tägigen Redeschlacht in der Deputiertenkammer, sondern ent fesselten im ganzen Lande einen Entrüstungssturm. Eine von etwa 7000 Vertretern des Weinhandels und Schankgewerbes in Paris abgehaltene Versammlung nahm scharfe Beschlüsse an gegen die geplanten Getränkesteuern und Schankgewerbe- Abgaben. — Der Justizminister beschloß nach den Erfahrungen im Steinheil-Prozeß, einen Ausschuß zur vollständigen Umgestaltung des Schwurgerichts-Verfahrens einzusetzen. DaS Kreuzverhör soll laut „Voss. Ztg." danach nicht vom Vor sitzenden, sondern von der Anklage und Verteidigung geleitet werden. Die Geschworenen sollen nicht nur die Schuldfrage beantworten, sondern auch beim Strafmaß mitsprechen. Grotzbritaxxiex. — Manuell!, von Portugal findet seine begeisterte Aufnahme in England nicht nur weil er König, sondern weil er Brautwerber ist. Er selbst ist sich dieses Umstandes am besten bewußt, denn er erinnerte in seiner Rede im Stadt parlament an die Worte, die sein Vater vor fünf Jahren an derselben Stelle gesprochen, England und Portugal sind seit ewigen Zeiten ununterbrochen miteinander verschwägert. Die feierliche Verleihung des Hosenbandordens durch König Eduard an seinen portugiesischen Kollegen war selbstverständlich. Die Versicherung in den Trinksprüchen bei der Galatafel, daß Portugal zu den ältesten Verbündeten Englands gehöre, klang schöner, als sie wertvoll ist- Die Bundesgenossenschaft Por tugals ist nicht so sehr gesucht. — Parlamentarische Kriegsstimmung herrscht in England, nachdem das Mitglied des Oberhauses, Lord Lansdowne, eine Resolution eingebracht hat, nach der daS Oberhaus nicht berechtigt sein soll, die Steuergesetze der Regierung, die das Unterhaus gebilligt hat, anzunehmen, bevor nicht das englische Volk seine Meinung über das Gesetz durch eine Neuwahl ausgesprochen hat. Da die Annahme dieser Resolution unzweifelhaft ist, so haben Regierung und liberale Partei nicht gezögert, auf dem Plane zu erscheinen. Beide Interessenten vertraten den Standpunkt, daß das Ober haus gar kein verfassungsmäßiges Recht besitze, Finanz beschlüssen des Unterhauses Schwierigkeiten zu bereiten. Der Unterrichtsminister Runciman sagte in einer zu Hull gehaltenen Rede, der Antrag Lansdowne sei in den letzten 300 Jahren ohne Beispiel. Die Regierung hat auf dem Gebiet der Finanzen mit den Lords nichts zu tun. Zu Kompromissen seine körperliche Kraft zu verdoppelten Anstrengungen nicht ausreichte. Zum Ueberfluß wurde ihm sein scheues Wesen noch als Verstocktheit ungerechnet. Eines TagS war Beate zum Lehrer gegangen. Er bittert kam sie zurück. Er hatte ihr ins Gesicht gelacht, als sie ihre Absicht aussprach, den Fritz studieren zu lassen, und gemeint, sie solle das schwächliche Kind nicht länger quälen, sondern es einen Beruf ergreifen lassen, der ihm Gelegenheit gebe, seine Gesundheit in frischer Lust zu kräftigen. Nun wandte sie sich an ihrcn Herrn, meinen Schwieger vater, bekam aber ähnliches zu hören. Ja, der alte Herr hielt ihr sogar eine ganz gehörige Standpauke über ihren hochtraben den Ehrgeiz und riet ihr, die paar gesparten Taler lieber für ihre alten Tage aufzubewahren, als sie einer so hirn verbrannten Idee zu opfern. Dabei ließ er einfließen, daß er und seine Frau schon seit längerer Zeit mit ihr nicht mehr so zufrieden, und daß ihre Herrschsucht und ihr zanksüchtiges Wesen nicht länger zu dulden seien. Das fuhr der er bitterten, um ihre schönsten Hoffnungen betrogenen Frau in die Krone, sie antwortete heftig, ein Wort gab das andere, und das Ende war ihre Entlassung. Um das schuldlose Kind nicht unter dieser Veränderung leiden zu lassen, erbot sich mein Schniegervater, es bis zur Konfirmation bei sich zu behalten und es dann ein Handwerk lernen zu lassen. Beate «tklärte, das könne er Hallett, wie er wolle, der Junge sei ihr jetzt so zuwider, daß sie Gott danke, wenn sie ihn nicht zu sehen brauche. Sie ging ihrer Wege, mietete sich im abgelegensten Häuschen des Dorfes eine Kammer, wo sie während des Sommers den Fremden die Wäsche besorgte und im Winter Handarbeiten für ein Stettiner Geschäft fertigte. Trotz der lieblosen Behandlung der Matter härmte sich der verlassene Fritz unsäglich nach ihr und lies, so oft er konnte, zu ihrem Häuschen, vor dessen Tür sie ihn oft stunden lang stehen ließ, ehe sie seine Bitten erhörte, zu ihr Hinein kommen zn dürfen. Tat sie es endlich, so regnete es Vorwürfe auf den armen Jungen herab, bis er endlich weinend davonschlich. Jn dieser schweren Zeit, wo ihn die eigene Mutter so von sich stiess Gourde wohl der Keim zu der Liebe für die Tiere in den Knaben gelegt. Bald sah man ihn nur noch in den Ställen, und rührend war eS anzusehcn, wie er seine größte Liebe und Sorgfalt den am wenigsten ge achteten und den leidenden Tieren zu wendete. Dabei kränkelte er selbst unaufhörlich uud der Hausarzt meines Schwiegervaters hatte von ihm als einem Schwindsuchts- kaadidaten gesprochen, der wohl Anfang der zwanziger Jahre eingehen würde. Diese Prognose ließ meinen Schwiegervater davon al sehen, ihn ein Handwerk lernen zu lassen. Er be schloß, ihm daS Gnadenbrot zu geben und ihm die nölige Pflege znlc l werde» zu lassen, wenn es einmal so weit wäre, daß er arl ene-unfähig sei. Fritz blieb im Hanse und machte sich nützlich, wo er konnte, wobei ihm seine Geschicklichkeit, seine Umsicht und sei» stilles, anspruchsloses Wesen sehr zustatten kamen uvd ihn bei den .^au bewohner» beliebt machten.