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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 12.11.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190911129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19091112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19091112
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-11
- Tag 1909-11-12
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Monat
1909-11
-
Jahr
1909
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Nut äem keimerkof. Novelle von Fritz Gantz er. ;10 ßorUNM««. (»kaoiorUL «ii>o«L.> Den ganzen Tag über- war's der Reimerhofbäuerin, als fresse etwas an ihrem Leben, das über kurz oder lang das Sterben bringen mußte. Denn wenn es sich nun zutragen sollte, daß der Sohn das fremde Mädchen fand und heimbrachte, dann wollte sie, Anna Friederike Reimer, die Bauerntochter vom Staudenhof, die einst ihrem Manne selig zehntausend Taler preußisch Kurant mit in dte Ehe gebracht, nicht mehr sein. Ganz gewiß: sie hatte damals die Wegwunde mit offenen Armen und hilfsbereiten Händen ausgenommen. Und auch das war nicht anders: sie hatte das Mädchen gern gehabt, und sein plötzliches Scheiden hatte ihr ein wehes Bedauern ins Herz gegeben. Ganz gewiß! Aber was man dann von ihr verlangt, hatte in seiner Gewährung eine Unmöglichkeit für sie bedeutet. Das Mädchen mochte gut sein. Ja, es war wohl gut, sie hatte ja selbst den Eindruck gehabt. Aber es war arm. Aermer, als die geringste Magd im ganzen Dorfe. Die hatte immer noch ein paar Ellen Leinwand in der Truhe und ein bescheidenes Sümmchen auf der Sparkasse. Wenn nicht drei Röcke, so doch wenigstens zwei, dazu ein Sonntagsmieder und ein seidenes Brusttuch. Aber die Katharina Randow! Die erbärmlichste Armut in Person. Nichts weiter als das fadenscheinige, dünne Kittelchen, das sie auf dem Leibe trug. Und ihr ganzer Reichtum in dem Bündelchen, das sie ihr damals selbst auf den Wagen gereicht. Nein, diese nicht auf den Reimerhof! Es war ihr nicht möglich gewesen, dem Sohne die Erlaubnis zu geben, sie zu seiner Lebensgefährtin zu machen. Ihr ganzer tief gründiger Bauernstolz hatte sich dagegen aufgebäumt. Dazu die Furcht vor dem endlosen Geklatsch, das an gehoben hätte zehn Meilen in der Runde! — Ganz be ruhigt war sie dann schon gewesen, als der Sohn drei Tage lang geschwiegen. Da hatte sie gehofft, daß er seine Torheit ganz vergessen würde. Und nun heute! Da war's von neuem durchgebrochen, was sie fast tot gewähnt, und hatte eine Stärke gezeigt, die ein Sterben nicht vermuten ließ. Er war auf und da von, um sie zu suchen und heimzuholen. Dieser Narr! Dem Reichtum, seinesgleichen, setzte er in unverständlicher Torheit den Stuhl vor die Tür. Und der Armut lief er nach. Dieser dreifache Narr! Wie war es überhaupt nur möglich gewesen, daß er seinen Sinn so vollständig geändert? Bislang immer ein Sträuben mit aller Gewalt, sobald man ihm zur Ehe geraten, und nun plötzlich wie wild und versessen. Und wenn er das Mädchen nun fand und heim» GLuther-Plauen (sreis.) erklärt, daß er an sich auch der Mei- n„»g ser dog der Sozialdemokratie der 2. BizeprSstdentrnposten al- der drittstürksten Fraktion »ukommeu müßte. Seine Fraktion sehe aber nach den Lcklärungen der Sozialdemokratie davon ab, einen sozialdemokratischen Kandidaten für diese» Posten vorzu- ichlaaen. und würde sich, der Rot gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, mit der vorgeschiagenea Wahl eine- Freisinnigen zum 2.- Pi-etzräsidenteu rmverstandeu erklären. Da- Hau- wählte hterausden Abg. Bär (kreis.) mit 37 Stimmenzum 2- Vizeprafi- dentem Abgegeben wurden 80 Stimmen, 18 Stimmzettel waren unbeschrieben. 2d lauteten aus Fräßdorf (soz), die übrigen Stim men waren zersplittert. Da nur 72 Stimmen al» gültig anzusehrn Warrn, hatte der Abg Bär nur eine Stimme über dte absolute Majorität. Unter großer Heiterkeit de- Hauses nahm der Abg. Bär (steif.) die Wahl zum 2. Vizepräsidenten an. «ba. Sindermann (soz.) bittet hierauf zur Geschäftsord nung, die Sitzung um 15 Minuten zu vertagen. Seine Fraktion wolle sich m einer Pause klar »erden, wie sie sich zur Besetzung der Schristsührerposten stelle. Die Unterbrechung findet gegen 12 Uhr statt. Nach Wieder- eröffn»«» der Sitzung empfiehlt Agg. Dr. Spieß-Pirna (kons.) »um ersten Sekretär Herrn Dr Schanz, »um zweiten Sekretär Herrn Anders zu wählen. Abg. Günther-Plauen (Freis. Vp) schlägt dte Herren Fleißner und Anders vor. Abg. Langhammer-Chemnitz (ntl.) macht darauf aufmerk sam daß die Geschäftsordnung nicht zwischen einem ersten und - zweiten Schriftführer unterscheide, sondern derjenige, der dte meisten Stimmen erhält, werde der erste, derjenige, auf welchen sich die zweitmeisten Wähler vereinigen, werde der zweite Schrift führer. Präsident Dr. Bogel stellt fest, daß nach 8 6, 1 der Land- tagSordnung eine eigentliche Scheidung zwischen de« ersten und zweiten Schriftführer nicht besteh«. Abg. Sindermann (soz.): Wir haben unsere Bereitwillig keit, im Direktorium mitzuarbeiteu und praktisch und positiv tätig zu sein, zu erkennen gegeben, aber dte übrige Kammer hat un» gegenüber einen BertrauenSbruch begangen. Nachdem sich die Situation so geändert hat, halten wir eS für unwürdig, unsrer seits einen Kandidaten vorzuschlagen. Abg. Günther-Plauen (Freis. Bp): Demgegenüber stelle ich fest, daß die Sozialdemokraten auSdrücklch abgelehnt haben, wenn auS ihrer Mitte der 2. Vizepräsident gewählt würde, an der Eröffnung und Schließung deS Landtags teilzunehmen. Es han- düt sich durchaus nicht darum, höfische Verpflichtungen zu über nehmen, sondern eS handelt sich um diejenigen Verpflichtungen, welche in Verfassung, LandtagSordnung und Geschäfts ordnung der Ständeversammlung enthalten si»d. Die Vorbe sprechungen haben keinen Zweifel gelassen, daß die Sozialdemo kraten die Verpflichtungen auS 8 117 nicht zu übernehmen gewillt sind. Der Vorwurf Sindermann ist daher ungerechtfertigt. Die volle Schuld liegt auf feiten der sozialdemokratischen Fraktion. (Sehr richtig.) Abg. Langhammer-Chemnitz (ntl.) weist insonderheit den Vorwurf deS Abg. Sindermann zurück, die Nationalltberalen hätte» eine» Vertrauensbruch begangen. Man habe mit den Herren in voller Offenheit verhandelt und, nachdem diese erklärt haben, jene Verpflichtungen auS 8117 nicht erfüllen zu wollen, ihnen gttagt, daß man ihnen den zweiten Vizepräsideutenposte» nunmehr nicht überlassen könne. Abg. Sindermann (soz.): Im Lande wird man eS nicht verstehe», daß wir als drittstärkste Partei im Direktorium un möglich gemacht worden sind. Aog Hettner-DreSden (ntl.): Wir haben der sozialdemokr. Partei die Möglichkeit eingeräumt, jenen Posten zu besetzen, aber da unsere Fraktion darauf hält, daß die Verfassung unbe dingt durchgeführt wird, müssen wir darauf bestehen, daß die Herren deS Präsidiums die verfassungsmäßigen Verpflichtungen erfüllen. ES liegt sonach an den Sozialdemokraten selbst, die das abgelehnt haben, wenn sie im Präsidium vertreten sind. (Sehr richtig! rechts.) Die Wahl der beiden Schriftführer hat tm ersten Wahlgang folgendes Ergebnis: Von 89 Stimmzetteln sind 25 un beschrieben, die absolut« Majorität ist sonach 33. Stimmen erhielten die Abag. Anders 50, Fleißner 35, Dr. Schanz 29, Dr. Schanz 29, Dr. Niethammer 10, Sode 1, Kleinhempel 1. Sonach wären die Abgg. Anders und Fleißner gewählt. Abg. And erS-DreSden (natl.) nimmt dankend die Wahl zum ersten Schriftführer an. Abg. Fleiß»er-Dresden (soz.) bedauert, die Wahl nicht annehmen zu können. Abg. Hettner-Dresden (natl.) bedauert diese Ablehnung MWiMMDMMMBWW' uM . und beantragt, nunmehr durch Zuruf den Abg. Dr. Schanz zu wähle«. Abg. Dr. G cha nz-Oel-nitz (kons.) wird einstimmig durch Zu ruf zum zweiten Schriftführer gewählt und nimmt die Wahl an. Al» stellvertretende Schriftführer empfiehlt Abg. Hettner-DreSden (natl.) dte Abag. Dr. Roth und Hartmann. Abg. Dr. Spitß-Pirna (kous.) empfiehlt namenS seiner Fraktion die Abga. Wittig und Kleinhempel zu wählen. DaS Wahlergebnis ist sodann folgendes: Bon 89 abgegebenen Stimmzetteln sind 28 und-schrieben. 32 sind die absolute Majorität. Stimmen erhielten die Abag. Dr. Roth 35, Hart mann 34, Wittig 28, Kleinhempel 27 und Dr. Niethammer 1. Zu stellvertretenden Schriftführern sind demnach dte Abgg. Dr. Roth-Burgstädt (frets.)und Hartmann-Bautze» (natl.) gewählt. Beide nehmen di« Wahl dankend an. Damit ist daS Präsidium konstituiert. Abg. Hettner (natl.) ersucht noch, dte Frage zur Erledigung zu bringen, welcher von den gewählten Schriftführer» der erste, und weicher der zweite ist. Die Kammer erklärt sich gegen 2 Stimmen einverstanden mit der Auffassung deS Präsidenten, daß die erste Wahl ausschlag gebend sei, weil bei dieser sich beide Herren gegeuüberstanden. Äbg. Anders habe darin 50, Abg. Dr. Schanz nur 29 Stimmen erhalten; jener sei deshalb als erster, dieser alS zweiter Schrift führer zu betrachten. Der neue Präsident der Zweiten Kammer der Ständeversammlung, Abg. Dr. Vogel, ist am 6. August 1845 in Chemnitz als Sohn eines Großindustriellen geboren. Vom 17. bis zum 19. Lebensjahre besuchte er die Fürstenschule St. Afra in Meißen und bezog nach glänzend bestandener Reifeprüfung die Universität Leipzig, wo er sich volkswirtschaftlichen und histori schen Studien widmete und den Doktortitel erwarb. Darauf trat er in daS väterliche Geschäft ein, daS er bi- vor etwa 20 Jahren gemeinsam mit seinem Bruder, Herrn Geh. Kommerzienrat Vogel in Chemnitz, der «och heute die ausgedehnten Fabriken deS HauseS leitet, betrieb. Nachdem er sich inS Privatleben zurückgezogen batte, verlegte er seinen Wohnsitz nach Dresden und gehörte hier von 1894 biS 1898 dem Stadtverordneten-Kollegium und von 1899 bis 1904 dem RatSkollegium als unbesoldeter Stadtrat a«. Seit Anfang deS Jahre- 1906 bekleidet er wiederum daS Ehrenamt eine- Stadtverordneten. Im Kollegium wurde er zu Anfang des Jahres 1908 zum ersten Bizevorsteher gewählt, ein Amt, daS er noch heute innehat. In der Zweiten Kammer hat sich eine Wirtschaftliche Bereinigung gebildet, der sämtliche Mitglieder der kon servativen Fraktion beitraten. Von den übrigen Fraktionen beteiligt sich kein Abgeordneter. Vorsitzender ist Abg. Dr. Spieß, sein Stellvertreter Abg. Biener-Chemnitz, Schriftführer Abg. Schreiber, dessen Stellvertreter Abg. Dr. Böhme. >4. SNrntl. Ziirung äee Zuätvewnlneten. Mittwoch, 10. November 1909, abend- 6 Uhr. (Nichtamtlicher Bericht.) * Eine umfangreiche Tagesordnung lag der heutigen Sitzung zugrunde. Standen auch keine großen Vorlagen zur Beratung, so gab eS doch hin und wieder Debatten, durch die das Kollegium ziemlich lange im Sitzungssaale festgehalten wurde. Von den Beschlüssen hervorgehoben sei die abermalige Ablehnung der Verlegung des Gerichtsweges. Die Sitzung leitete der Vorsteher, Herr AmtsgerichtSrat Dr. Bähr. Er' brachte zunächst den eingegangenen Bericht der FrauenarbettSschule zur Kenntnis. Die Schule wird von 140 Schülerinnen besucht, welche auf 5 Klaffen verteilt wurden. Diese starke Teilnahme ist recht erfreulich. Wetter teilte der Herr Vorsitzende mit, daß über den Ratbauserweiterungsbau wieder eine Vorlage eingegangen ist, diese soll aber erst mit der HauShattptanberatung oder «ach dieser verbandelt werden, damit man erst «in Bild über dir Finanzlage habe. Herr Bizevorsteher Bankdirektor Beyer regte hierbei an, die Mittel zu dem Er weiterungsbau auS dem Sparkaffenreservefonds zu entnehmen, ähnlich wie man es in Mittweida getan habe. Nunmehr wurde in die eigentliche Tagesordnung eingetreten. Der von Herrn Bankdir. Beyer als Referent empfohlene Bei tritt zum Deutschen Versicherten-Berband (Sitz Leipzig) mit einem Beitrag von 25 Mk. jährlich wurde beschlossen. Dem von Herrn Stv. Schramm vertretenen Gesuch deS Berschöne- rungsvereins, auf daS diesem gewährte Darlehn in diesem Jahre nur 100 Mk. abzahlen zu dürfen, wurde entsprochen. Eine länger« Aussprache knüpfte sich an dte RatSvorlagr, bett. Bewilligung von 362 Mk. zur Anschaffung vo» Spreng,«rätschaft«» für den Rralschulturngarten (Berichterstatter Herr Stv. Rahnfeld). Während Herr Stadttat Stephan dir Vorlage verteidigte (die Sprengaerätschatten sollten auch »um Sprengen drr »Straßen mit Verwendung finden) sand diese bei den Mitgliedern dH Kollegium- wenig Sympathie. ES nahmen eine große Anzahl Herr«« da» Wort, dte in der Hauptsache eine Verbilligung wünschten und die doppelte Verwendung de- anzuschaffenden Schlauchwagens auch für di« Straß« nicht billigten. Die Rat-Vorlage wurde schließlich abgelehnt und beschlösse«, in der Mitte deS Schulgartens emen Unterflurhydranten anzubrtngen und von diesem auS mit vor handenem Material (dem Schlauchwagen deS Elektrizität-- und Wasserwerk-) die Sprengung vornehmen zu lassen. Die Gewährung eine- unverzinslichen DarlrhnS von 1000 Mk. a» die Turn erfeu erwehr und Erhöhung der jährlichen Unter stützung von 230 auf 330 Mk. (Berichterstatter Herr Stv. Weiß- bach) wurde einstimmig genehmigt. Die Herren Stadttat Zeidler und Stv. Steiner empfahlen die Vorlage warm, ersterer gab noch Aufklärungen und wie« besonder» darauf hin, daß die Mittel au- dem Reservefonds genommen werden solle»; die Stadthauptkaffe werde, wie biSber, nicht in Anspruch genommen. - Zur Gewöh- runa von S t i l l p r L m i e n und für Beschaffuna einwandfreier Milch »we« Vermtndrrungder Säuglingssterblichkeit wurden ent sprechend der von Herrn Stv. Dr. Költzsch befürworteten RatS- vorlage 500 Mk. bewilligt, ES wurden dann verschiedene Rech nungen auf daS Jahr 1908 richtiggesprochen, und zwar die Rech- nunader GaSanftaltSkasse (Berichterstatter Herr Stv. Bergmann), der Wasserwerk-kaffe ^Berichterstatter Herr SW. Breitfeld), der Sparkasse (Berichterstatter Herr Stv Kattermann), der Kranken- hauSkasse (Berichterstatter Herr SW. Kunz«), der Frtedhofskasse (Berichterstatter Herr Tw. Schweitzer) und der Armenkaffe (Be richterstatter Herr SW. Seifert). Herr Stv. Leipart berichtete empfehlend über die zum dritten Male an da» Kollegium kommende Vorlage wegen Verlegung de- sogen. Gerichtswege-, Die neue Vorlage würde einen Aufwand von 920 Mk. erfordern. Herr Stv. Breitfeld sprach sich gegen die Vorlage au», ihm schloffen sich die Herren Swv. Fiedler, Schramm, Beyer und Schweitzer an, während die Herren AmtS- aerichtLrat Dr. Bähr, Stv. Leipart und Stadttat Stephan ihre Annahme empfahlen. Mit 17 gegen 9 Stimmen wurde jedoch die Vorlage abgelehnt. — Der Umpflasterung der Chemnitzer Straße von Krüger» Hau» bi- zur Fabrikstraße (Berichterstatter Herr Stv. Agsten) wurde zugestimmt, nachdem die Herren AmtS- gerichtSrat Dr. Bähr, Stadttat Stephan, Swv. Steiner und Hunger befürwortend dazu gesprochen hatten. Herr SW. Steiner regte hierbei eine Befestigung de» WegeS vor Hungers Grund stück mit Mosaikpflaster an. — Dem Zweigverein Frankenberg und Umgebung des Landesvereins vom Roten Kreuz bewilligte da» Kollegium nach Vortrag der Ratsvorlage durch Herrn Sw. Eichel berger eine fortlaufende jährliche Beihufe von 25 Mk. DeS wei teren wurde noch zugestimmt dem Anschluß deS Gläsers chen Grundstücks an dtt städtische Wasserleitung (Berichterstatter Herr Stv. Leipart), der Anbringung einer elektrischen Lampe zur Beleuchtung der Neumühlengrabenbrücke (Berichterstatter Herr Stv. Aasten) und der Anschaffung eines PoxtonS mit Anker für das ElektrizitätS- und Wasserwerk (Berichterstatter Herr SW. Köbler). Der Ponton (Brückenschiff, da» dte Pioniere zum Brückenschlägen verwenden) ist vom Pionier-Bataillon Nr. 12 in Dresden zu einem billigen Preise angeboten worden. Die Ratsvorlage wegen Verlängerung der Wasserleitung nach dem Ortsteil Niederlichtenau recht- der Zschopau und Lieferung elektrischen Stromes wurde in geheimer Sitzung erledigt. Die Geschäftsordnung für oaS Stadtverordnetenkollegium soll in einer besonderen Sitzung am nächsten Montag durchberaten werden. Schluß der öffentlichen Sitzung gegen V«11 Uhr. OerMcdet «sä Siicdtircder Frankenberg, 11. November lSVS. ssrj SchMerfeier im Kanfm-nnischen Verein. Zu einer schönen, erhebenden Schillerseier gestaltete sich der ge strige Vortragsabend im Kaufmännischen Verein. Herr Kauf mann Alfred Heinig eröffnete ihn mit einer Begrüßungs ansprache und sodann ergriff der Redner des Abends, Herr Seininaroberlehrer Dr. Mahler, da» Wort. Er zeichnete in seiner von edlem Geiste getragenen Ansprache Schiller als den Dichter des deutschen Volkes, den Dichter der Freiheit und des Nationalgedankens, der, wenn nicht der Tod seinem brachte? Das war die ständig sich wiederholende, sorgenschwere Frage im Gedankengange der Reimerhofbäuerin. Die auch ständig denselben Wunsch zur Folge hatte. Den: daß er sie nicht finden möchte. Es schien auch so. Schon war er über sechs Stunden fort. Er würde die Torheit seines Suchens längst ein gesehen haben und bereits auf dem Rückwege sein. Vielleicht begann er morgen noch einmal. Schließlich auch noch am übernächsten Tage. Endlich würde er's sich doch sagen: Es ist nutzlos. Dann hing er wohl noch eine Woche hindurch den Kopf. Oder auch zwei. Aber dann war's vorüber. Und er wurde wieder der alte, vernünftige Hansjakob Reimer. Und wenn er sie doch fand? Da war es wieder, das graue Fürchten. So grau, wie die Dämmerung des Herbstabends, die schon ins Zimmer kroch und sich in alle Winkel hockte. Es schien von ihren Schatten gespensterhaft auszugehen, war, als wenn dunkle, grause Gewalten sich mit massigen Leibern durch den Raum wälzten. Und das Denken der Reimerhofbäuerin ward immer wirrer und konfuser und fand sich endlich zu dem frevent lichen Wunsche hin: Möchte das Mädchen sich wirklich ein Leid angetan haben und längst, stumm und bleich, auf dem Grunde eines Mühlenweihers liegen .... Es war ungeheuerlich, daß sie dies dachte. Sie sagte es sich selbst und achtete sich fast wie eine Mörderin. Ein eisiges Grauen packte sie, ließ einen Schauer über ihren Leib rinnen und jagte sie aus dem Zimmer .... Keuchend, mit feuchter Stirn, trat sie in den Flur, um in demselben Augenblick gellend aufzuschreien und taumelnd nach einem Halt zu suchen. Im letzten Augenblick fanden ihre zitternden Hände noch den Türpfosten, an den sie sich nun klammerte, daß die Fingernägel in das Holz drangen. Und nun stand sie und starrte mit stieren, aus den Höhlen quellenden Auaen nnd wie im Fieberfrost aufeinanderschlagenden Zähnen nach der geöffneten Haustür, in der, ungewiß umrissen, eine regungslose Gestalt stand, die im grauen Dümmerdunst wie ein Gespenst anmutete, wie ein Geist. Der Geist Katharina Randows, der zum Strafen und Rächen kam. Und abermals schrie die Reimerhofbäuerin auf, und in grauser Furcht erhob sie beide Arme, als wolle sie sich wehren gegen eine dunkle, finstere Macht, gegen «in unabwendbares, entsetzliches Verhängnis. Und danach ein tiefes, erlösendes Aufatmen aus innerster Brust. Denn zage, weiche Laute aus Menschenmund waren an ihr Ohr geklungen. „Habe ich Sie erschreckt, Frau Reimer?" Gott sei Dank! Kein rächender Geist. Ein Wesen von Fleisch und Blut. Daß es das Wesen war, das sie eben noch auf Nimmerwiedertehr fortgewünscht, daran dachte sie im Augenblick gar nicht. Nur das Gefühl der unend lichen Wohltat, von einem entsetzlichen, finsteren Drucke be freit zu sein, machte sich geltend. Die furchtbare Erregung fiel in sich zusammen. „Nein, nein . . . doch ja, . . . nein .. ." stotterte sie auf die Frage, noch halb abwesend. Und dann kam die Sehnsucht nach Licht, nach Helligkeit, die alles spuk- und schattenhaft Erscheinende verdrängte, mit solcher Allgewalt über sie, daß sie mit noch immer zitternden Knien in das Zimmer ging und die Lampe entzündete. Da ward es ganz ruhig in ihr. Als die alte Reimer hofbäuerin ging sie mit der in der Rechten hochgetragenen Lampe auf" den Flur zurück. Das volle Licht fiel auf Katharina Randow» Gestalt, die mit geschlossenen Augen gegen den Türpfosten gelehnt stand. Um des Himmels willen! Wie sah das Mädchen aus! Bleich wie der Tod l Das Haar hmg ihr nebelfeucht und wirr im Gesicht. Und quer über Stirn und linke Wange hinweg lief ein blutunterlaufener, dickgeschwollener Streifen wie von einem Peitschenhieb. Auf nackten Füßen stand sie in der Tür, staubbeschmutzt. Der dürftige Rock hing ihr zerschlissen und zerfetzt am Körper. Ihre ganze Erscheinung mutete an, als wäre sie wochenlang hungernd auf der Landstraße gewandert und als hätte sie im Gebüsch und im dürftigen Schutze von Heu schobern genächtigt. Eine richtige Landstreicherin. — Und der Hunger war wohl das stärkste in ihr. Denn als nun der grelle Lichtschein ihre Augen zum Oeffnen zwang, war das erste Wort, das über ihre Lippen kam, ein Bekenntnis ihres Hungers. „Brot!" stieß sie heiser hervor. „Um Gottes Barmherzig, keit willen, ein Stück Brot!" Ein wehes Mitleid packte das Herz der Bäuerin. Sie legte ihren Arm um die Schultern der Ermatteten und führte sie ins Zimmer. „Komm, Katharina I" sagte sie fast zärtlich. „Ich will dich satt machen." Sie schob ihr einen Stuhl am Tische zurecht, lud zum Setzen ein und trug herbei, was die wohlgefüllte Speise- kammer bot. Katharina hatte ihrem ganzen Beginnen mit apathischer Gleichgültigkeit zugeschaut. Aber als ihr dann eine Schnitte Brot auf den Teller gelegt wurde, kam ein funkelndes Begehren in ihre Augen. Mit zitternden Händen griff sie danach und würgte es mit hungriger Gier hinab. Ein vor ihr stehendes Glas Milch verschlang sie unterdessen fast mit den Blicken. Als sie dann auch dies hinuntergestürzt hatte, lehnte sie sich aufseufzend zurück, schloß sekunden lang die Augen und begann dann ein Erzählen. Mit zitternder, leiser Stimme, stockend und mitunter lange Pausen machend, als fehle es ihr au Kraft zum Weiter reden. IFmästtz«« kslat.)
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