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— Chemnitz. In der landwirtschaftlichen Schule zu Chemnitz ist am Montag, 18. Oktober, an Stelle des bis herigen Leiters, Prof. Dr. Roth, der als OberregierungSrat in daS Ministerium des Innern berufen wurde, Direktor Dr. Stockhausen aus Annaburg in Ostpreußen eingewiesen worden. — Am Dienstag abend gegen s/«6 Uhr versagte plötzlich die elektrische Leitung in der Stadt, die Lichter erloschen, und alles wurde in Dunkelheit gehüllt. So weit nicht die Gasleitung vorhanden war, wurde versucht, mit Aerzen oder Petroleumlicht sich zu behelfen. Gegen 7 Uhr kehrte der Strom zurück, und die meisten Geschäfte strahlten wieder in altem Glanze. An einzelnen Stellen versagte gegen */,8 Uhr jedoch die Leitung nochmals. Auch die Theater^ wurden durch diese Lichtmisere stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Ursache der Störung ist darin zu suchen, daß bei Aus- grabnngSarbeiten an der Annaberger Straße am Montag ein Kabel angehackt wurde, wodurch am Dienstag in diesem Kabel Kurzschluß entstand, der auf mehrere Hauptleitungen über sprang. Als man mit der Beseitigung der Schäden beschäftigt war, erfolgten wiederum mehrere Kurzschlüsse. An der Ahorn- und Kaiserstraße geriet ein Transformator in Brand, wobei viele Sicherungen durchbrannten. Um ^9 Uhr war die Stadt wieder in allen Tellen mit Licht versorgt. Ein Konzert abend im Kaufmännischen Vereinshaus, zu dem gegen 900 Karlen ausgegeben waren, mußte überhaupt ausfallen. — Chemnitz. Der Chemnitzer Hausbesitzervein hatte für die Mittelstands-Kandidatur des Obermeisters Biener einen Wahlfonds von 2500 Mark bewilligt. Diese Verwendung von Vereinsmitteln zu Landtagswahlzwecken für eine be- Erinnrruug ans Schätzele und Spinnerliedchen), sowie durch zwei weitere Lieder, das tiesempsundene „Allerseelen" von Richard Strauß und das gemütvolle „Sommerlied" von Oskar Hoffmann, die die geschätzte Konzert- und Oratoriensängerin Fräulein Eva Uhlmann, von Herrn Hoffmann aus dem Klavier zartfinaig begleitet, mit ihrer weichen, sympathischen Stimme in vollendeter Weife fang. Stürmischer Beifall be- kündete die Dankbarkeit der Zuhörer für den genußreichen Abend. f Westlicher Veztrk-deret». Die von der Ritterguts. Herrschaft beabsichtigte Einziehung des sog. Bauberg weg e-, welcher eine recht bequeme und vielbenutzte Verbin dung zwischen Dammweg und der Mittweida-Hainichener Straße gibt, war Veranlassung, daß der Westliche Bezirks- Verein für gestrigen Abend in „Stadt Dresden" eine öffent- liehe Versammlung einberufen hatte. Der Vorsitzende, Herr Fabrikant L. Männel, leitete die Sitzung und wünschte, daß eS dem Verein gelingen möchte, den allgemein beliebten und starken Verkehr aufweisenden Verbindungsweg für die Oeffentlichkeit auch weiter zu erhalten. Herr Stadtverordneter Rentner R. Schramm gab in einem ausführlichen Referat seiner Ansicht Ausdruck, auf welche Weise wohl die Möglich keit vorhanden sei, der geplanten Einziehung zu begegnen. In der Debatte wurde anerkannt, daß zwar dem Besitzer einiger Schaden zugesügt wurde, aber keinesfalls in der Weise, daß der schon seit Jahrzehnten bestehende Weg nun zur Ein ziehung kommen sollte. Die Versammlung machte sich dahin schlüssig, doch zunächst mit dem Herrn Besitzer des Ritterguts Frankenberg nochmals Rücksprache zu nehmen, auch den hiesigen Stadtrat zu bitten, für Erhaltung des fraglichen Weges sich zu verwenden, aber auch eine Eingabe an die Königliche Amtshauptmannfchaft vorzubrreiten. s Oberwiesa. Die Freiwillige Feuerwehr hält ihre dies jährige Alarmübung in der Zeit vom 19. bis einschließ lich 26. d. M. ab. stimmte Partei hat viel böses Blut auch unter den Hausbe sitzern selbst gemacht, und aus den Kreisen der Hausbesitzer heraus, von Fabrikant Bernstein, wurde Beschwerde beim Amtsgericht dagegen erhoben. DaS Kgl. Amtsgericht erkannte in dem Herrn Bernstein zugegangenen Beschluß wie folgt: „Aus Ihre Eingabe vom 14. Oktober wird Ihnen mit geteilt, daß dem Vorsteher des Allgemeinen Hausbesitzer vereins und dem Verein zur Vermeidung einer Geldstrafe von je 50 Mark verboten worden ist, weiterhin Ver« einSmittel zur Agitation für die Landtag«. Wahl zu verwenden." — Aalkeua». Beim Spielen stürzte gestern der 5 Jahr« alte Sohn des Feuermanns Weigel in den Liebermannschen Teich und ertrank darin. — DreSdeu. Nach dem hiesigen sozialdemokratischen Blatte sind infolge der Tabaksteuererhöhung in Dresden ins gesamt 71 Arbeiter entlassen worden, während 657 Arbeiter mit verkürzter Arbeitszeit arbeiten. Für 11220 verlorene Arbeitstage wird der Verdienstausfall auf etwa 33086 Mk. angegeben. x — Schandau. In den Schrammsteinen ist ein deutscher Tourist namens HSitte 40 Meter tief abgestürzt. Die Wucht des Falles schwächte sich ab, weil er in den Wipfel einer Fichte fiel. Man brachte den Verletzten alsbald nach Schandau. — Königsbrück. Südlich von dem nach Neukirch füh renden Kommunikationswege wurde die Lumpensammlerin Magdalene verw. Koch aus Radeberg an der Bahnstrecke tot aufgefunden. Ihr Begleiter, ein gewisser Friedrich Wilhelm Weigelt, gab an, daß beide auf der Bahnstrecke mit einem kleinen Handwagen gefahren seien und in ihrer Be trunkenheit nicht den nach Schwepnitz fahrenden Zug bemerkt hätten. Sie wären dann von diesem zur Seite geschleudert worden. Ob ein Verbrechen oder ein Unglücksfall vorliegt, konnte noch nicht festgestellt werden. — Auuaberg. Im großen Saale des hiesigen Amts gerichts hat eine von etwa 80 Personen besuchte Versamm lung von Damen und Herren aus dem Annaberger Gerichts bezirk stattgefunden, die sich dem Jugendgericht als freiwillige Fürsorger und Fürsorgerinnen zur Verfügung gestellt hatten. In dieser Versammlung hat der Jugendrichter des Annaberger Amtsgerichts, Amtsrichter Heinzmann, einen Vor trag über gerichtliche Jugendfürsorge gehalten. — Oberwiesenthal. Ueberfahren und getötet durch ein Lastgeschirr wurde in Schmiedeberg ein Kind. — Schwarzenberg. Die Betriebs-Aktiengesellschaft deut scher Elektrizitätswerke, Besitzerin des Elektrizitätswerkes zu Oberlungwitz, gedenkt für den Bezirk der Amtshauptmannfchaft Schwarzenberg eine elektrische Ueberlandzentrale zu errichten. Die vom Bezirksausschuß eingesetzte Kommission zur Prüfung und Abänderung des Vertrages empfahl der hier stattgefundenen Gemeindevertreterversammlung die För derung des Unternehmens. , — RnppertSgrü« bei Werdau. Ein trauriges Ende hat hier ein 60 Jqhre alter Handwerksbursche gefunden, der sein Leben auf freiem Felde enden mußte: Man fand ihn tot in einem Feim- Er hatte schon einige Tage dort gelegen, so daß sein Leichnam sich bereits in Verwesung befand und so fort begraben werden mußte. — OelSuttz. Der Bergarbeiter Pierer aus dem nahen Dorfe Heinrichsort stürzte am Dienstag auf dem Steinkohlen werk „Deutschland" 200 Meter tief in den Schacht hinab. Er war sofort tot. — Tatttteuberg. Einen „Scherz" leistete sich am Kir messonnabend hier die 72jährige Witwe eines vor kurzem gestorbenen Zigarrenhäudlers. Sie zog die Kleider det Brr- storbenen an, um diese, wie sie sagte, an die Luft zu bringen, und ging al« Mann verkleidet von Hau« zu Hau», Zigarren feilbietend, wie rS ehedem ihr Mann getan. Dieser Vorgang erregte natürlich Heiterkeit. — Bon Pietät gegenüber dem Verstorbenen legt da« — sagen wir geschmacklose — Ver halten der Witwe aber jedenfalls kein Zeugnis ab. — V«b Elster. In dem Adorfer Staatsforstrevier und den Wäldern an der böhmischen Grenze trieb sich ein Bär herum, der einem Bärentreiber entsprungen war. Die Be völkerung war infolgedessen in begreiflicher Aufregung. Jetzt ist da« Tier von einem Bankbeamten au« Asch in den Wäl dern von FriedrichSreuth erschossen worden. — Au» Thüringen. In Romschütz bei Altenburg wurde am Dienstag abend gegen 7 Uhr an der Material- warenhändlers-Witw« Quaa« ein Raubmordvrrsuch ver übt. Der Täter, der vorgab, sich Zigarren kaufen zu wollen, schloß die Tür hinter sich ab und überfiel die Frau, indem er sie öfter« mit großer Wucht mit dem Kopfe auf den stei nernen Fußboden aufschlug. Auf da« Geschrei der Ange fallenen eilten Nachbarn herbei, umstellten das Haus und nahmen den Burschen fest. Es ist ein Arbeiter, der diesen Sommer beim Straßenbau die Dampfwalze als Heizer be dient hat. Die Verletzungen der Frau sind schwerer Natur. Sie wurde bewußtlos, in einer großen Blutlache liegmd, auf gefunden. csgergetcblcble. Deutsche» «eich. — König Friedrich August ist, von Schwerin kommend, im Hoflager zu Pillnitz wieder eingetroffen und nahm Mittwoch vormittag die Borträge der Staatsminister entgegen. Der König hat den Herzögen Paul Friedrich und Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin den Hausorden der Rautenkrone verliehen. — Eine offiziöse Erklärung. DaS „Dresdner Journal" schreibt: „Ein auswärtiges Tageblatt (gemeint ist das von der sozialdemokratischen Presse sich nur wenig unter scheidende „Berl. Tgbl." D. Red.) nehme an, daß die am 18. d. M. in einer Besprechung mit Verwaltungsbeamten projektierten Grundsätze des Ministerium« des Innern nur aufgestellt wurden, weil die neuen Wahlen vor der Tür ständen. Demgegenüber ist darauf hinzuwrisen, daß der Minister des Innern, Graf Vitzthum, alsbald nach seinem Dienstantritt das Bedürfnis empfunden hat, zur Wahrung der Einheitlichkeit in der LandeSverwaltung säne Auffassung von den Aufgaben der Behörden der inneren Verwaltung den in Frage kommenden Stellen darzulegen. Die zu diesem Zwecke vorgesehene Besprechung mußte wegen der Beurlaubung verschiedener Herren verschoben werden, bis die Anwesenheit aller in dieser Besprechung BeteUigten ge sichert wäre. Die Unterstellung, eine derartige Besprechung solle Wahlzwecken dienen und die aufgestellten Grundsätze könnten vergessen werden, sobald die Wahlen vorüber seien, geht völlig fehl. Die Verwaltungsstellen verfolgten bei Bekanntgabe der allgemeinen Richtlinien nicht besondere Zwecke, sondern die Wahrung de« allgemeinen Lan- deSwohleS, der Bedürfnisse der Bevölkerung und Sorge für dauernde Handhabung der Durchführung der von ihnen vertretenen Auffassung." — Fürst Bülow beim Kaiser. Fürst Bülow nahm auf Einladung des Kaisers am Mittwoch an der Frühstücks tafel im Neuen Palais bei Potsdam teil. Dieses PalaiS hatte der Fürst seit dem 17. November vorigen Jahres nicht Die letzten VsMS. Roman von Albert Graf von Schlippenbach. W, Fortsetzung. ----- «ktllv-ornL oeroo«».) „Wie geht es Rosemarie?" fragte Kurt hastig. „Gut, Herr Baron, gut. Sie schläft jetzt ganz ruhig. Der Arzt meinte, als er vor einer Stunde nach Oberrankin weiterfuhr, es wäre der Schlaf, der die Genesung brächte." „Und — meine Cousine?" Franz zuckte die Achseln, er konnte nicht sprechen, stumm schaute er zur Seite und wischte die Tränen aus den Augen. Still stieg Kurt die Treppe hinauf und trat leise in das Zimmer seines Lieblings ein. Im tiefen, festen Schlaf lag das Kind in seinem Bett. Gleichmäßig gingen die Atemzüge. Recht schmal war das Gesichtchen geworden, doch es lag schon wieder ein leichter, rosa Schein auf den eingefallenen Bäckchen. Kurt kniete nieder und barg das Gesicht in den Kissen; seine Hände falteten sich zum Gebet. Mit heißem Dank für die Errettung seines Kindes flehte er gleichzeitig Gott an, ihm auch die zu lassen, die seinem Liebling eine treue Mutter werden, ihm ein neues Lebensglück bringen wollte. Wie im Fluge zogen dann Bilder aus den letzten zehn Jahren an seinem geistigen Auge vorüber. Froh und glücklich waren die Monate vor der Geburt Rosemaries verlaufen. Welche Pläne schmiedete er damals mit seiner treuen Gattin! Der ersten, drückendsten Sorgen waren sie gerade ledig und bauten Luftschlösser für die Zukunft, bei denen das Kind schon die Hauptrolle spielte. Ihnen sollte es gleich sein, ob Gott ihnen einen Knaben oderein Mädchen schenken würde. Ein Kind! ihr Kind! Welche Seligkeit lag für sie in dem Wort! — Und dann kam das Leid. Seine geliebte Frau, die treue Gehilfin der Arbeit, sein tapferer Mitkämpfer, sein Kamerad in der Fremde, starb. Doch sie ließ ihm das heiß ersehnte Kind. — Alle jene schweren Stunden, die er durchleben mußte, aller Kummer, alles Herzeleid standen wieder deutlich vor ihm. - Wie oft hatte ihn die Verzweiflung gepackt, wie oft war er in Versuchung gekommen, dem Leben, das ihm schier unerträglich schien, ein Ende zu machen I Das kleine Wesen in der Wiege, dessen Geburt ihm das Liebste in der Welt raubte, konnte er anfangs ohne heim- lichen Groll nicht anschauen. Es hatte zum dauernden Sonnenschein seiner Ehe werden, das Glück an sie fesseln sollen — und wurde ihr Vernichter. Trotzdem, seine Frau hatte es unter dem Herzen getragen, ihr letztes Wort galt ihm. Erst war es das Pflichtgefühl, für das Kind sorgen zu müssen, dessen Besitz für seine Erna der Inbegriff des Glücks gewesen war, damit es nicht mutter- und vaterlos in der Welt herumgestoßen würde. Dann hielt ihn die ganz allmählich erwachende Liebe zu dem Töchterchen ab, den letzten, verzweifelten Schritt zu tun. Nach und nach, je mehr Rosemarie heranwuchs, kam mit der Freude an ihrem Gedeihen auch die Lust am Leben wieder. Ihr fröhliches Lachen gab seinem einsamen Leben Sonnenschein, beim Spielen mit ihr vergaß er das bittere Herzeleid; wenn sie ihre Aermchen zärtlich um seinen Hals legte, fühlte er sich plötzlich reich. Bot sie ihm die roten Lippen, dann preßte er das Kind innig an sich und ging gestärkt an seine Arbeit. Ihre Augen schauten ihn mit dem Blick der Gattin an. Mit dem Gedanken an sein heimgegangenes Lieb, an ihr Kind, schaffte und sorgte er Tag und Nacht, Für Rose marie lebte er weiter im Exil und entbehrte gern alles, was einem Manne seines Standes sonst unentbehrlich er scheint. Immer und immer war der Gedanke an sein Kind das Leitmotiv seines Lebens und Wirkens. — Dann kam er nach Schwarzhof. Im Sturm gewann Rosemarie das Herz der Cousine, die in ihm einen Gegner gesehen hatte. Aus Liebe zu seinem Töchterchen überwand Agnes den Stolz, um des Kindes willen blieb sie in Schwarzhof, lernte ihn schätzen, ihm vertrauen. Durch Rosemarie gewann er Agnes' Herz. Was er durch Rosemarie ohne ihre Schuld einmal verlor, wäre ihm durch sie wieder beschert worden. Nun rang Agnes, die dem Kinde eine treue Mutter sein, ihm ein neues Lebensglück schenken wollte, wenige Zimmer weiter, mit dem Tode. Das Werk seiner Sorgen, die Früchte jahrelanger Arbeit aber waren unter Trümmern, unter Schutt und Asche begraben. Noch vor wenigen Tagen war er sich so reich vorgekommen, daß er mit keinem Könige getauscht hätte, und heute?! — Ein Schluchzen ließ ihn aufschauen. An dem Tür pfosten zu ihrem Zimmer lehnte die Schweizerin. Fast hätte er sie nicht wiedererkannt, Das Gesicht war toten bleich, der Mund qualvoll verzogen, Die unnatürlich großen Augen lagen tief in den Höhlen. Sie zitterte und bebte wie im Fieber. Kurt stand auf und ging langsam auf sie zu. Er wollte ihr die Hand reichen, aber sie sank plötzlich vor ihm auf die Knie und streckte wie abwehrend die Hände aus. „Ich — ich — Herr Baron — ich —I" „Ich weiß, Mademoiselle, ich weiß. Sie trifft keine Schuld, daß mein Kind fast der tödlichen Krankheit erlegen wäre," versuchte er die Fassungslose zu trösten. „Sie haben in all den Jahren in seltener Treue über sein Wohl gewacht und nun in aufopfernder Pflege geholfen, es den Armen des Todes zu entreißen. Gott möge es Ihnen lohnen. — Stehen Sie auf." Wie unter Peitschenhieben zuckte die Erzieherin bei Kurts milden Worten zusammen. Doch er merkte es nicht. Er hatte sich wieder über seinen schlafenden Liebling ge beugt und hauchte einen leisen Kuß auf seine Stirn. Langsam und mühsam, als ruhte eine schwere Bürde auf ihren Schultern, hatte sich die Schweizerin erhoben, Kurt trat auf sie zu und legte ihr die Rechte sanft auf die Schulter. „Des Herrn Hand liegt schwer auf uns allen. Wir müssen versuchen, es mit Demut zu tragen. Wie er uns das teure Leben meines Kindes wiederschenkte, müssen wir hoffen, daß er uns auch das Leben meiner Cousine er hält. — Wie geht es ihr?" „Das gnädige Fräulein ist noch immer ohne Besinnung. Das Fieber hatte etwas nachgelassen, als ich sie eben verließ/' „Gott gebe, daß es bald zur Besserung geht." „Ja, Gott gebe es!" - „Und wer pflegt meine Cousine?* „Ich, Herr Baron." „Sie? — Aber Sie können doch unmöglich allein dl« beiden Patienten besorgen!" Der Arzt hat streng verboten, daß ein anderer wie ich zunächst das Zimmer der Baronesse betritt. Ich habe seine ganz bestimmten Anweisungen; ein geringfügige» Versehen könnte verhängnisvoll werden.* „Dann übernehme ich natürlich die Pflege Rosemarie».* „Zunächst ist es nicht nötig. Wenn Bpronesse Agnes Erst wieder bei Besinnung und Rosemarie in der Reköm valeszenz fortgeschritten ist, dann freilich wird es gut sein, wenn Sie sich mit ihr tagsüber beschäftigen werden. Jetzt möchte ich bitten, daß der Herr Baron sich von der an strengenden Reise erst erholen und etwas ruhen." „Da Rosemarie fest schläft, werde ich schnell mit Franz meinen Koffer auspacken. Ich eile, um so bald wie möglich wieder hier zu sein." Kurt nickte der Schweizerin freundlich zu und ging dann auf sein Zimmer. 19. Kapitel. Rosemaries Freude, als sie aus langem, erquickendem Schlaf erwachte, den Vater zu sehen, war groß, Sie streckt? dis Aermchen aqs, ihn zu umhalsen, aber ihre erste Frage galt Agnes. Es wurde Kurt unendlich schwer, das Ksnd mst der Notlüge zu trösten, die Tante hätte eine Rsise antreten müssen, würde aber wohl bald wieder daheim sein. Von Tag zu Tag schritt dann die Besserung fort, und am Ende der Woche erklärte der Arzt sie völlig außer Gefahr. Agnes' Zustand dagegen war immer noch höchst besorgniserregend, obgleich dqs Fieber nachgelassen hatte. Nur für Minuten erwachte sie aus dem schlafähnlichen Zu stand, doch es schien guch dann zweifelhaft, ob sie ganz htzi Besinnung war. Gewöhnlich lag sie mit geschlossenen Augen, apathisch und ohne sich zu bewegen. Kurt war tief bekümmert. So oft er von Rosemarie abkommsn konnte, schlich er in den Salon seiner Braut und lugte durch die Türspalte zu ihrem Krankenzimmer. Der Arzt hatte ihm streng untersagt, hineinzugehen. Jede Bewegung könnte tödlich wirken, und sje wäre unvermeidlich, wenn Agnes ihn erkennen würde, Mademoiselle Benoit pflegte, von der Jungfer unter- stützt, die Kranke mit aufopfernder Treue. Sie war nicht zu bewegen, das Zimmer der Patientin zu verlassen, schlief dort auf dem Sofa und kam Tag und Nacht nicht au» den Kleidern. tS-rtsitzuna k-V.)