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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 08.08.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190908083
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19090808
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19090808
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-08
- Tag 1909-08-08
-
Monat
1909-08
-
Jahr
1909
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Beilage zm Frankeaberger Tageblatt mb Bezilksmzeiger BersntworUtcher Stcdukteur: Ernst Xoßterg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Vertag von L. G. Voßberg in Frankenberg >. Sa. I8Ä Soantag »r» 8. August IvvS Wtibrrrae tan Mor. MaEdnuk oeraotou zwei Bäume — eine Eva seufzte ein klein wenig und sah bii izelnd in das winzige Stückchen blauen Himmels, dessen AubÜck ihr die dichte Lindenkrone gestattete. Ach, sie war ja für gewöhnlich ganz zufrieden, und es lag ihr nicht so viel daran, es schlecht zu haben, um ihre Tugenden in ein Helles Licht setzen zu können. Aber zuweilen wurde das gute Leben langweilig — und dann hatte sie ein Verlangen, fortzu laufen — zu laufen und zu laufen — immer weiter, irgend wohin, in die weite Welt hinein. Es kam wie eine große Sehnsucht über sie — und es war so schmerzlich-süß, sich dieser Sehnsucht hinzugeben, besonders wenn man in einer bequemen Hängematte lag und sich gar nicht anzustrengen brauchte dabei. Ja, die Welt da draußen, die Welt, in der all die Romane spielten, die sie las — wie es da wohl sein mochte l Die Welt, in der die Menschen so stark und treu und heiß liebten, die ganz, erfüllt schien von dem geheimnisreichen Zauber der Liebe. Eva schloß die Augen fest und drehte den Kopf auf die Seite, um sich vor der Helligkeit zu schützen, die rot durch die geschlossenen Lider schimmerte. Dabei löste sich einer ihrer dicken, schwarzen Zöpfe und fiel herab. Sie mußte nicht, wie fchön und lieblich sie war — mit den sanft geröteten Wangen, auf die die dichten Wimpern zarte, feine Schatten warfen, und den ein wenig geöffneten Lippe», wie sie dalag und schwer und bang atmete in der Mittagsglut. Sie träumte von Liebe. Nein, sie kannte es nicht, dieses große, starke, über wältigende Gefühl. Gewiß liebte sie ihren Vater und ihren Bruder sehr. Aber einen fremden Mann? Sich nach der Gegenwart eines fremden Mannes in Sehnsucht verzehren — ihn bewundern, anbeten, in ihm das Höchste verehren —, wie war denn das möglich? Sie mochte ihren Vetter Kurt sehr gern und freute sich auch, wenn er kam, weil er lustig und nett war. Aber wenn er ein mal längere Zeit fortblieb, so verzehrte sie sich deswegen nicht vor Kummer und jauchzte nicht auf, wenn er wieder kam. Sie würde ihn einmal heiraten — vielleicht früher, vielleicht später: die Sidows hatten ja fast alle Vredens geheiratet, hundertfach waren die beiden Familien ver schwägert. Die Güter lagen alle hier in der Gegend bei einander, die Kinder wuchsen miteinander auf, wurden zu sammen unterrichtet — und später heirateten sie. Ja, sie würde Kurt heiraten — das war schon so gut wie abge macht. Deswegen glaubte sie jed ch durchaus nicht blind zu sein, seit sie ihn gesehen. Du lieber Himmel — da wäre sie ja vierzehn Jahre lang blind durch die Welt ge laufen, denn so lange kannten sie sich schon. Sie sah im Gegenteil ganz gut, daß Kurt mancherlei Schwächen uKd Fehler hatte und kein Ausbund von Gelehrsamkeit war, nur ein tüchtiger Landwirt. Wieder seufzte sie schwach. Sie verstand so gar nichts von der Landwirtschaft und interessierte sich durchaus nicht dafür. Und da war sie nun eine Gutstochter und sollte eine Gutsfrau werden! Ihre Gedanken kamen und gingen immer matter und schläfriger. Sie war noch wach, aber ganz sanft glitt sie in jenen Dämmerzustand hinüber, in dem die Dinge der Wirklichkeit ein so traumhaft seltsames Aussehen annehmen', da die Phantasie ihre Herrschaft antritt und sacht die bunten Fäden des Traumteppichs zu knüpfen beginnt, auf dem sich's so leicht und köstlich geht. Sie hörte emen leichten, elastischen Schritt sich auf dem Kiesweg nähern — aber es fiel ihr nicht ein, deswegen den Kopf zu wenden und die Augen zu öffnen. Auch nicht, als sie einen halb unterdrückten Ausruf des Erstaunens oder der Bewunderung vernahm. Aber dann — dann hatte sie ein Gefühl, als neigte sich jemand über sie —, und plötzlich spürte sie den Druck zweier frischer, kühler, junger Lippen auf ihrem Munde. Auch jetzt noch öffnete sie die Augen nicht. Etwas un nennbar Süßes kam über sie — heiß und atemraubend lag es auf ihrer Brust —, eine Seligkeit durchkostete sie in diesen Augenblicken, die sie nie zuvor empfunden. Kein Zweifel regte sich in ihr, daß es nur ihr Vetter Kurt sein könne, der sie da küßte. Und in überströmendem Glücks- invet jauchzte es auf in ihr: Ich liebe ihn doch — ich liebe ihn! — So köstlich mar es — so über alle Beschreibung schön, daß sie zögerte, die Lider zu heben und den be strickenden Zauber zu enden. Sie mußte ja, was dann kommen würde: sie würde sich mit ihm verloben, und sie würden gemeinsam ins Haus gehen, um es dem Vater zu sagen. Aber es konnte nichts mehr kommen, was der Wonne dieses ersten Kusses glich. Und sie wollte sie auskosten — auskosten bis zur Neige! Sie war vielleicht noch immer nicht völlig wach — war noch immer von jener traumhaft süßen Dämmerung umfangen. Aber als sie dann die Augen aufschlug — da wurde sie freilich so rasch munter, als habe man sie un versehens mit einem Eimer eiskalten Wassers überschüttet. Und mit entsetzensstarren Blicken, unfähig, auch nur ein Glied zu rühren im Uebermaß des Schreckens, sah sie in das hübsche, kluge Gesicht des Mannes, der da vor ihr stand — in ein fremdes Gesicht! — Ein wildfremder Mensch — ein Mensch, den sie nie zuvor in ihrem Leben ge- sehen — hatte sie geküßt! _ (zortschung folgt.) 6va. Novelle von Helmuth I». wrqetzrmaq Neben den: Kiesweg standen Eiche und eine Linde. Sie waren beide noch jung — nicht über zwanzigmal mochte es geschehen sein, daß ihre Aeste sich im Lenz mit jungem Grün bekleidet hatten. Aber es war kein weiser Gärtner gewesen, der sie gepflanzt hatte — sie standen einander viel zu nah. Jetzt freilich tat es ihnen noch keinen Schaden, daß ihre Kronen sich so innig einten — daß sie nur ein einziges Blätterhaus zu bilden schienen. Später aber mußten sie sich Licht und Luft nehmen; später, wenn sie wuchsen und größer wurden, würde das Stückchen Erde, das ihre Wurzeln bespannten, nicht mehr Kraft genug haben, sie beide zu erhalten. Und im Kampfe miteinander würden sie beide zugrunde gehen. Um den glatten Stamm der Linde, gerade über einem Vorsprung, an dem einmal ein Ast gesessen haben mochte, war ein Strick geschlungen — und in gleicher Höhe ein gleicher Strick um den rauhen, knorrigen Stamm der Eiche. In der Hängematte, die diese beiden Stricke hielten, lag Eva von Sidow. Vor zwei Stunden war sie mit einem Buche gekommen — sie hatte sich's so schön gedacht, hier zu liegen und „Little Dorrit" zu lesen. Aber das Lesen war durchaus nicht so bequem, wie sie sich s vorgestellt. Es war viel zu anstrengend, das Buch zu halten — wie sie's auch machte, die Arme taten ihr schließlich weh, der Nacken schmerzte vom Hochhalten des Kopfes — und das Ende war, daß sie das Buch mit einem kleinen Seufzer auf den Nasen fallen ließ, die Hände in den Schoß faltete und die Augen schloß. So war's besser. Sie stieß mit dem Fuß ein wenig an den Eichenstamm, daß die Hänge matte leise schaukelte, und begann zu träumen. Zuerst von dem Buch, in dem sie gelesen. Sie war Klein-Dorrit, die durch das düstere Tor des Londoner Schuldgcfängnisses schlüpfte, die einem alten Vater das Leben erleichterte. Dann war sie mit einem Male nicht mehr Klein-Dorrit, sondern Eva von Sidow. Nein — so schlecht wie ihre geliebte, kleine Nomanheldin hatte sie's noch nie gehabt. Sie hatte es sogar recht gut — viel zu gut. Nichts brauchte sie zu tun, als was ihr Vergnügen machte — der Papa verhätschelte das einzige Töchterchen über Gebühr, und Harry war wirklich ein reizend galanter Bruder. Wenn man's aber so sehr gut hatte, dann war's am Ende keine große Kunst, tugendhaft zu sein, und kein großes Verdienst, sondern eine selbstverständliche Sache. Klein-Dorrit dagegen — M^Fahnenweihe der priv. Lcheibenschützen - Gesellschaft M Frankenberg. Vielen an uns gerichteten Wünschen nachkommend, bringen wir hiermit die Weiherede des Herrn Oberpfarrer Ehmer nachträglich zum Abdruck: Hochgeehrte Ehrengäste! Werte Schützenfreunde! In GotteS Namen wollen wir in diese Weihestunde eintrelen: im Aufblick zu ihm und unter dem Segen von ihm, denn in ihm findet all' unser menschliches Tun ewigen Halt. „An Gottes Segen ist alles gelegen" — unS gilt noch der Väter Wort und treudeutsche Art. Aus der Nähe und aus der Ferne sind »vir hier zusammengekommen, eine stattliche Zahl von auserwählten Vertretern im festlichen Schmuck, um diesen Freuden- und Ehrentag der Scheibenschützen-Gesellschaft mit zu begehen. Ein Markstein ist s in der Geschichte Euerer Gilde, und seine Bedeutung reicht — die Anwesenheit dieser Männer hier bezeugt's — noch über den Rahmen Euerer Vereinigung hinaus in das Leben unserer Stadt und unseres Heimatlandes, deren loyale Gesinnung nicht zum Geringsten aus dem guten Geiste ihrer Schützengesellschaften ruht. Es handelt sich um eine besondere Feier. Zwei königliche Fahnen stehen in unserer Mitte, vom Geiste der Geschichte und der Pietät umweht. Mag es auch manchem von Euch schwer werden, die ältere von ihnen, dies ehrwürdige Wahrzeichen säch sischer Tapferkeit, die 170 Jahre lang in Freud' und Leid der Gesellschaft in Ehren voranaetragen wurde, herauszugeben, ist's nicht die schönere Pietät, dem Vaterlande und der Armee zu erhalten, was der Gesellschaft zu zerfallen drohte? Und wenn Ihr heute durch des Königs Huld zum Austausche dies Prächtige Kunstwerk aus des Meisters Hand empfanget, so ist's doch ein rechter Freudentag, der uns hier vereinet, wenn auch die Freude, wie so ost im Leben, aus dem Schmerze des Abschiedes geboren ist. Schützenfahnenweihe — waS hat die Fahne zu be deuten? Sie ist daS hochgetragene sichtbare Vereinszeichen, die Verkörperung Euerer Zusammengehörigkeit, Euerer Vereinsideale, Euerer Veremsehre. Sie ist die Seele Euerer Gesellschaft, Euer Heiligtum. Ihr Anblick läßt kein ehrloses Handeln zu. So oft sie entfaltet wird, ist sie die Geltendmachung Eueres Vereins- Wesens, eine Mahnung auch an Euere Äereinspfltchten. Wohl weht sie Euch nicht voran in blutiger Schlacht, sondern zu fried lichem Wettstreit und zu festlichem Spiel, aber sie sammelt Euch auch zur Teilnahme an den wichtigeren Feiern des öffentlichen Lebens und gibt Euch das Geleit auf dem letzten Gang. So ist Euer Schützenleben in ihr verkörpert und Ihr habt gelobt, sie Hochzubalten für alle Zeiten. Denn, meine Freunde, je aufreibender und einseitiger unser modernes Berufsleben geworden ist, umso mehr braucht der Mann eine Ergänzung, eine Ableitung, um seine übcrangcstrengten Kräfte und Nerven wieder zu entspannen. Mancher findet seine Er holung für sich allein, oder im Kreis der Familie, andere — und es sind wahrlich nicht die schlechtesten — suchen sie im Zusammen schluß von Gleichgesinnten zu irgend welchen Hebungen. Es mögen Auswüchse Vorkommen von Vereinsmeierei; der Mißbrauch, der mit einer guten Sache getrieben wird, darf den rechten Ge brauch nicht eindämmen. Leidet nur der Beruf und die Familie nicht darunter, dann hat jeder das Recht, sich im Rahmen seiner Verhältnisse eine besondere Lebensfreude zu gönnen, die zuletzt doch wieder zu einer Quelle neuer Arbeitskraft wird auch für den Berus. Freilich dürfen solche Vereinsbestrebungen nicht untergehen in bloßen Vergnügungen und im Sinnengenuß. Denn das Irdische ist vergänglich. Der Geist ist's, die Ideen, die das Weltliche überdauern. Darum brauchen wir auch für unsere Erholungs- stunden Ideale. Daß die Schützengesellschaften sie kennen, beweist Euere Jahrhunderte alte Vereinsgeschichte. Immer heben sie sich beachtlich aus dem Strudel der bloßen Vergnü mngsvercine heraus. Was ist ihr Zweck? Das Wesen einer Sache offenbart sich in ihrer Geschichte. Die Entwickelung des Schützenwesens hängt eng zusammen mit der Entwickelung des deutschen Städteiums. Als es galt, die frisch aufgeworfenen Mauern, Wälle und Gräben um die jungen Städte gegen Feinde zu verteidigen, da eilten die Schützenbürger herbei, und übten sich neben ihrem Handwerk in den Waffen. Meist waren die Landesherren selber die Gründer vir krböbung Ser Agamnpreke. Kürzlich tagte in Döbeln eine Versammlung des Ver bandes Sächsischer Zigarrenfabrikanten, welche von Mitgliedern und Gästen zahlreich besucht war. Sie be schäftigte sich nach Erledigung der satzungsgemäß gebotenen Geschäfts- und Kassenberichte und nach Vornahme von Neu wahlen für den Vorstand eingehend mit der Frage der durch die Steuererhöhung notwendig werdenden Preisverschiebnngen und gelangte zu folgendem Beschluß: „Der Verband Sächsischer Zigarrenfabrikanten tritt dem Be schluß des Deutschen Tabakvereins vom 1b. Juli bei. Er hält eS für unumgänglich nötig, daß die durch die Einführung des 40pro- zentiaen Wertzolles und die Erhöhung der Gewichtssteuer auf inländische Tabake erforderlich werdendenPreiserhöhungen allent halben bis zur völligen Abwälzung der Mehrbelastung gehen. Der Verband muß es jedoch als unmöglich bezeichnen, die Preisaufschläge ziffernmäßig und einheitlich sestzulegen, da die dafür maßgebenden Verhältnisse bei den einzelnen Fabrikanten nach Material, Größe, Form, Arbeitslohn u. dgl. m. sehr ver schieden liegen. Er kann deshalb auch weder die von einem Redner in der Hauptversammlung des Deutschen Tabakvereins genannten Prozentzahlen noch die in verschiedenen Aeußerungen der Presse niedergelegten Angaben über die Verteuerung der Fabrikate allenthalben als zutreffend und ausreichend anerkennen. Der Verband richtet an alle Kollegen im Deutschen Tabak- gewerbe in Uebereinstimmung mit dem Arbeitgeberverband der Untermaingegend die dringende Bitte, die durch die Steuer erhöhung bedingten Preiserhöhungen der Kundschaft gegenüber in diesem Sinne zur Durchführung zu bringen. Der Kundschaft der Gilde gewesen. Oft haben sie ihr Interesse durch Geschenke bekundet und sie mit besonderen Privilegien auSgestattet Bor allem sind die sächsischen Fürsten immer wohlwollende Gönner der Schützengesellschaften gewesen und noch König Albert hat ihre Feste persönlich betucht. Wohl haben die Zetten sich geändert, und das Militär hat ihnen jetzt ihre Aufgabe abgenommen, aber die ideale Seite ihres Strebens ist geblieben: Die Pflege der Waffen übung zur Stärkung des Mannesmutes. Was wünschte ich mehr, als daß, wie in den Nachbarländern, auch unsere heereLpflichtige Jugend einträte in die Schützenvereine, um ihre Kräfte zu üben zum Wohle des Vaterlandes, statt sie oft zu schwächen in ent nervenden Vergnügungen. — Zur Waffenübung und zur Pflege von vaterländischer Gesinnung wurden die Schützengesellschaften gegründet. Das Vaterland zu schützen gegen jeden Feind, daS war ihre Aufgabe, und die alte Sachsentreue zu üben, die Liebe zum angestammten Herrscherhaus war ihre Ehre und ihr Ruhm. „Ueb' Äug' und Hand fürs Vaterland." — In einer Zett, wo man an den Fundamenten unseres Volkslebens rüttelt, haben sich da die Schützengesellschaften überlebt? Mit Recht werden sie von den Behörden und der Bürgerschaft als ein Hort nationaler Ge sinnung geschätzt und gestützt. Daneben war das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu pflegen in Freud' und Leid, der kameradschaftliche Sinn, das dritte Ztel, das Euer Verein sich auf die Fahne geschrieben hat. Denn draußen im Leben verficht jeder seine eigenen Interessen, ist gegen den Anderen mit Mißtrauen erfüllt und der Kampf ums Dasein ist zum Lebensprtnzip der modernen Gesellschaft erklärt. Hier aber, auf dem Boden Eueres Vereins, sucht Ihr Zusammenschluß mit gleichen Interessen, zunächst nur im Schießen, zur Ausübung deS Sports, aber sicher wollt Ihr nicht bloß eine Schützengesellschaft, einen Vergnügungsverein bilden, sondern wollt Euch durch die äußere Gemeinschaft auch innerlich näher treten, wollt einen Freundeskreis finden, wo man sich auSsprechen kann und vor urteilsfrei verstanden wird, wo man vertrauen kann und einen Rückhalt Hst auch in Zeiten der Not. Hier soll die Jugend den Rat des Alters ehren und das Alter die Tatkraft der Jugend schätzen. Es soll Disziplin sein, Ordnung und Unterordnung in Ver einsberatung, aber keine sozialen Unterschiede, der Mensch soll dem Menschen nahe sein. Wahre Gemütlichkeit soll herrschen und kameradschaftlicher Sinn, der Geist wahrer Bruderliebe, so wie ihn Euere Vorsteher gepflegt. Daneben habt Ihr immer der rechten Fröhlichkeit gehuldigt, darum sind Euere Feste auch zu Volksfesten geworden; aber Ihr habt auch rechte Christentugenden geübt, der Armen gedacht, Gastfreundschaft gehalten und manchen Akt christlicher Nächsten liebe im stillen getan. So hat Euere Gesellschaft ihre Existenz berechtigung bewiesen, auch in unserer Zeit. Möge die heutige Feier dazu dienen, ihr diese geachtete Stellung zu erhalten und neue Freunde zu erwerben. Was aber die Geschichte als Eueren Vereinszweck heraus hebt, das zeigt die Fahne im Sinnbild im neuen Kleid. Grün und Weiß find ihre Farben auf beiden Seiten. Grün ist die Farbe der Erde. Grün ist die Flur und der deutsche Wald. Grün ist das Symbol irdischer Lebensfreude, die Farbe der Hoffnung. Weiß ist die Farbe der himmlischen, der heiligen Freude. Weiß leuchtet daS Antlitz des Herrn auf dem Berge ver Verklärung, und wenn die Seligen einziehen durch die Perlentore der ewigen Stadt, dann sind ihre Kleider rein wie der Schnee, schneeweiß. -Es ist die Farbe der Herzensreinheit, der Unschuld, der Ehre. Grün und Weiß — irdische und ideale Lebensfreude verkörpern auch ihre Farben. Grün und Weiß, die Landesfarben, wollt Ihr hochhalten. „Hie ist gut Sächsisch allewege!" Sie tragen auf der einen Seite in goldenen Buchstaben die Widmung des Königs für Euere Gesellschaft, auf der anderen in prächtiger Aus führung das Landeswappen mit der Losung: „Dem König treu" und umrankt von Oclzweigen, den Sinnbildern des Friedens, der Fürst und Volk, Vaterland und angestammtes Herrscherhaus um geben soll. Königstreue und Vaterlandsliebe — für den Schützen sind sie untrennbar verbunden. Im Könige sieht er die persönliche Spitze seines Vaterlandes, die Zusammenfassung seiner Einheit, seiner Macht, seines Rechtes und seiner Art, das einigende Haupt, das unersetzbar durch ein anderes die widerstrebenden Interessen zusammenhält. Immer ist die Verbindung von Fürst und Volk , uns zum Segen gewesen. In altersgrauer Vorzeit wird uns von - Sachsenherzögen berichtet, die ihr Volk geführt und unter denen i es glücklich gewesen; und es war das gewaltigste Ereignis des vorigen Jahrhunderts: die gerissenen deutschen Stämme finden sich zusammen unter der deutschen Kaiserkrone! Wo es recht steht, sind König und Vaterland, Kaiser und Reich einander sich deckende Begriffe. DeS Königs NamenSzug leuchtet aus den Ecken, darum das Gold der Treue und Eichenlaub, daS Sinnbild markiger Kraft. So zeigt auch die neueFahne ein Bild, waS Euere Gesellschaft allezeit bochgehalten hat: ManneSmut, KönigStreue und Kamerad schaft. So oft sie Euch bet festlichen Anlässen hoch vorangrtragen wird, will sie Euch daran erinnern, daß Euere Gesellschaft Ziele verfolgt, die über die flüchtigen Aufgaben und Freuden deS Tages hinausgehen. Dazu wollen wir sie weihen in dieser festlichen Stunde. Weihen, d. h. aussondern vom gewöhnlichen Gebrauch und stellen in heiligen Dienst. Zu einem Symbol, zu einem Sinn- und Mahnzeichen von Schutzentugenden wollen wir sie bestimmen und unter Gottes Schutz und Segen stellen. Ein Heiligtum toll sie auch sein, zu dem Ihr voll Begeisterung aufblickt: Deine Ehre ist unsere Ehre und unsere Ehre die Deine — die Fahne hoch! Freunde, wir merkten's vorhin den Worten des Chronisten deutlich an, mit welch' innerer Bewegung er seine Eindrücke beim Etnholen der alten Fahne niedergeschrieben hat; denn geweiht war sie schon früher. Wir sind nüchterner, alltäglicher geworden und können uns nicht gleich so in die Sprache heiliger Symbolik hineinversetzen, aber das fühlen wir doch, diese Stunde hebt etwas aus dem Untergrund unserer Seele heraus, Empfindungen, die nach einer höheren Weihe verlangen. Wohlan denn, in Gottes Namen Wersen wir das Panier auf. Sein Wort gibt unserem Worte Kraft und Weibe: „Fürchtet Gott, ehret den König, habt die Brüder lieb, seid einig, seid männlich und seid stark!! So enthüllt die Fahne und neigt sie zum ersten Male vor dem Herrn aller Herren. — Nach entsprechendem Kommando durch den Hauptmann fuhr der Herr Oberpfarrer fort: Im Namen deS lebendigen GotteS und kraft meines Amtes und Auftrages weihe ich diese Fahne, durch die Huld Sr. Majestät deS Königs der Privilegierten Scheibenschützen-Gesellschaft zu Frankenberg verliehen, zu einem Panier des Mannesmutes, der Sachsentreue und der Kameradschaftlichkeit. Gott schütze und behüte sie und die ihr folgen der Gesellschaft zur Zierde, dem Schützen zur Freude und der Stadt und dem Vaterland zum Heil! DaS walte Gott. Amen.
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