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157 So«««»«», »t, 1« Z,I» 1S0» ßrankenberger Tageblatt ZMsM für die KönigWe Imtrhu-laiMiisW Mßr, dar MM Awtrzmchl Md dm Wtmt zu ImKmkag i. Si. Berantwortllcher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von E B. Roßberg in Frankenberg 1. Sa. Erscheint an jedem Wochentag abends für den folgenden Tag. Bezugs, preis vierteljährlich I .st bO A monatlich bt) H. Trägerlohn extra. — Einzelnummern laufenden Monats 5 früherer Monate 10 BeRellnngen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe, stellen sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Auslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. slvkitndigungen sind rechtzeitig aufzugeben, und zwar größere Inserate bis 9 Uhr vormittags, kleiner« bis spätestens ll Uhr mittags des jeweiligen Ausgabetages. Kür Aufnahme von Anzeigen an bestimmter Stelle kann eine Garantie nicht übernommen werden. D»^>b1. Telegramme: Tageblatt Frankenbergsachsen. Anzeigenpreis: Die 8-gesp. Pctitzeile oder deren Raum 1b bei Lokal- Anzeigen 12 im amtlichen Teil pro Zeile 40 4; -Eingesandt" i» Redaktionsteile 3b H. Für schwierigen und tabellarischen Satz Ausschlag, für Wiederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Tarif. K« Nachweis und Offerten. Annahme werden Sb § Sxtragrbühr berechnet. Jnseraten-Annahme auch durch alle deutschen Annoncen-»Expeditione». Die Aufgabe von Inseraten ersuchen wir im Interesse der rechtzeitigen Fertigstellung und Ausgabe unseres Blattes gefälligst sp zeitig als möglich erfolgen zu lasten. Größere Inserate erbitten wir bis vormittags s Uhr, während kleinere Inserate bis 11 Uhr mittags Aufnahme finden Für später einlaufende Anzeigen können wir eine Garantie des Abdrucks in der bezüglichen Abendnummer nicht übernehmen. Im hiesigen Handelsregister sind die Firmen: a) Heino Roeutsch (Blatt 321), d) Alfred Tchiebler (Blatt 279), s I o) JulinS Hnnger (Blatt 221), ' 6) Lißner L Slutter (Blatt 78) gelöscht worden. Frankenberg, am 7. Juli 1909. (^. kog. 132, 203, 264, 272/09.) «öniglicheS Amtsgericht. den Willen der konservativ-klerikaleu Mehrheit ist, nicht verantwortlich sei« will. Berlin. In der gestrigen Abeadfitzung des Reich-« tages wurde daS Jiuauzgesei» nach den Be« schlösse« der Mehrheit angenommen. Serner wurde beschlossen, die Sahrkartensteuer beizude« halten, und zwar in der bisherigen Norm, und das» der Zeitpunkt für die Herabsetzung der Zuckersteuer -iS zum Jahre 1S14 hinausgeschobeu wird. Damit ist die zweite Lesung erledigt. Schlust gegen '/.I Uhr. Nächste Sitzung heute vormittag 11 Uhr. Tagesordnung: Verbrauchssteuern, dritte Lesung. Berlin. Einem in politischen Kreisen verbreiteten Ge rücht zufolge wird der Kaiser Anfang oder Mitte nächst« Woche nach Berlin kommen, um hier die Entscheidung über die Neubesetzung des Kanzlerpostens zu treffen. Einiges rum kulendurg-proreh. Die Oeffentlichkeit unseres Gerichtsverfahrens gebar die widerliche Erscheinung der Sensationswüt und der Prozeß- lüsternheit. Das ist bedauerlich, es darf aber nicht den' An laß geben, den hohen ethischen Wert der öffentlichen Ver handlung herabzumindern, die Gerechtigkeit braucht kein Licht zu scheuen, und im Lichte treten manche Dinge, die bis dahin zweifelhaft blieben, mit Deutlichkeit Und Zuverlässigkeit Por. Aus der „Ferien-Lektüre", zu der der neue Eulenburg-Prozeß werden sollte, ist eine ernste Ferien-Bettachtung geworden. Die Verhandlung im Alt - Moabiter Jüstizpalast, während welcher der Fürst einen so schweren Herzkrämpfe-Anfall «litt, daß man das Schlimmste befürchtete, ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Unbestimmt heißt hier vielleicht auf immer. Denn der Zustand des Fürsten ist ein solcher, daß man Genesung kaum erwarten kann, dafür aber bestimmt an- nehmen muß, daß jede wiederholte Aufregung dieselbe Er scheinung nach sich zieht. Nicht nur die Menschlichkeit, wie sie der Vorsitzende de- 2ur Lage. Mit Riesenschritten geht es im Reichstage dem Ende ent gegen, mit Windeseile wird gearbeitet, um zum Schluß zu kommen. Präzise wie das Räderwerk einer Maschine arbeitet die neue Mehrheit, als wolle sie zeigen, daß das Werk der Finanzreform schon längst unter Dach und Fach gebracht wor den wäre, wenn man von Anfang an sich nicht auf den Block verlassen hätte, sondern sich der jetzigen Parteikonstellation bedient haben würde. Die zweite Lesung ist beendet, ihr Ver lauf hat keinerlei Ueberraschungen gebracht, denn es ließ sich nach den bestimmten Erklärungen der Regierung voraussehen, daß der Kohlenausfuhrzoll fallen würde und ebenso die Müh lenumsatzsteuer, denn die zu letzterer gestellten Abänderungs anträge der Herren Speck und Roesicke waren wohl in der Hauptsache nur dazu bestimmt, das Rückzugsgefecht zu decken. Beide Steuervorschläge sind gänzlich gefallen, so daß die dritte Lesung der Finanzrcform eine nicht unwesentliche Ab kürzung dadurch erfahren wird. An erregten Momenten in der Debatte fehlt es ja nicht, indessen, zu wirklich stürmischen Szenen, wie man sie ver schiedentlich befürchtet hatte, ist es bisher nicht gekommen. Zwischen Regierung und Mehrheit herrscht vollstes Einver nehmen, eine Versammlung der bundesstaatlichen Minister und Stimmführer im Bundesrat hat ihr Plazet zu dem Kompromiß erteilt, welches unter Wegfall der Kotierungs steuer eine Talonsteuer vorsieht und mit dieser und den übri gen Steuern den notwendigen Bedarf von 500 Millionen nicht auf dem Wege einer wirklich gerechten Verteilung der Lasten erfolgt, darüber ist man sich wohl auch in den Kreisen der Mehrheit durchaus klar, stellt sich aber auf den Stand punkt, daß es unter den obwaltenden Umständen eben nicht anders gegangen sei, da das Geld unbedingt aufgebracht wer den mußte. Gleichzeitig mit dem Kompromiß über die Finanzreform ist auch in der Besoldungsfrage eine Verständigung zwischen Regierung und Mehrheit erzielt worden, so daß eine glatte Erledigung im Reichstag möglich sein wird; 17 Millionen sind gestrichen worden, die Leidtragenden sind bedauerlicher weise überwiegend die unteren und mittleren Beamten, speziell diejenigen der Reichspost, was zweifellos Verdruß nach sich ziehen dürfte. Kommenden Mittwoch glaubt man das Par lament vertagen zu können, da man von einer Schließung des Hauses mit Rücksicht auf eine Reihe nicht erledigter, be deutsamer Fragen gern absehen möchte. Andererseits soll es Kreise geben, die eine Schließung aus dem Grunde wünschen, daß bei Beginn der neuen Session auch ein neues Präsidium gewählt werden könnte, das die neue Konstellation zum Aus druck bringen soll; eine derartige Erwägung dürfte kaum maß gebend sein, überdies ist es ja auch nicht ausgeschlossen, daß die Herren Paasche und Kämpf mit Rücksicht auf die Lage ihre Aemter als Vizepräsidenten sowieso niederlegen. Frankfurt a. M. Wie der „Franks. Ztg." aus Berliu gemeldet wird, find bei manchen Mitglieder« der neue« Mehrheit und bei manchen Herren deS Bundes rats Gefühle der Reue und Scham ausgetreten, die aber schweigen, weil nun einmal die verbündeten Re gierungen unter allen Umständen das Geld haben wollen und Steuergesetze mitmachen müssen, gegen die sich ihre wirtschaftliche Ansicht und politische Ueberzeugung sträubt. Fürst Bülow wird bis nach ihrer Erledigung im Amte bleiben, und zwar gegen seinen Willen, nur auf Wunsch des Kaisers. Er hat geglaubt, auch dem Wunsche : des Kaisers entsprechend, bei den sogenannten Besitzsteuer« , noch Schlimmeres verhüten zu können, das ist ihm aber, > wie die Dinge lagen, nur in geringem Maste gelungen, i Er beteiligt sich auch an deu Beratungen über die neuen Besitzsteuern nicht. Wer es aber mit ihm gut meint, must wünschen, dast er über sein Schweigen und seinen stillen Abgang hinaus noch eine Form findet, aus der hervor- geht, dast er für das sogenannte Steuerkom- p'romist, das eine Unterwerfung der Regierung unter Twei Testamente. Roman »»« F. Stolze. pW. Fortsetzung —— (NachdrnS oerooten.) Endlich kam der Brief, und in ihm nicht nur die Mitteilung über die Vorgänge bei Persepolis durch Dr. Wilson, sondern auch das Schreiben des lieben Vaters aus Shiraz und, was wichtiger war, seine stenographische Mit teilung über die Absperrung seines Weges durch Jennings und die Vaharlus und über bas Versteck der Dokumente. Alles erschien jetzt in neuem Lichte. Es war den Räubern nicht gelungen, Werner die Dokumente abzu nehmen oder sie wenigstens zu vernichten. Sie hatten also keinen Nutzen davon, wenn sie ihn töteten, sondern im Gegenteil, sie mußten ihn am Leben erhalten, bis er, um sich zu befreien, ihnen das Versteck verriet. Es schien also eine neue Bürgschaft für das Leben und die gute Behand lung des Gefangenen gegeben, und man konnte in aller Ruhe die Vorbereitungen zu seiner Befreiung treffen. Mit fieberhaftem Eifer ging man an die Prüfung aller Möglichkeiten. Niemand beteiligtes) eifriger an dieser Be ratung als Frau Helen. Daß man sich nicht auf die persischen Behörden dabei verlassen durfte, war zweifellos. Man mußte eine Art Expedition, womöglich unter dem Deckmantel einer Forschungsreise, nach Persien senden. Dazu konnte man, wenn man nur keine Geldansprüche stellte, zweifellos auf die Unterstützung der Negierung rechnen. Aber wer sollte der Expedition persönlich an gehören? Selbstverständlich Ewald und Achim. Das war aber nicht genügend. Es gehörten noch andere, womöglich auch militärisch geschulte, jedenfalls mit der Waffe vertraute Leute dazu, damit man der Gewalt im Notfall Gewalt entgegensetzen konnte. Erst die späte Nacht machte der Besprechung ein Ende, und als sie das Lager bereits ausgesucht hatten, hielt die Erregung sie noch lange wach. » Die Sonne schien schon hell in Frau Werners Schlaf zimmer hinein, als Alice, die es mit ihr teilte, durch einen entsetzlichen Schrei geweckt wurde. Sic fuhr aus tiefem Schlummer empor und traute ihren Augen kaum, als sie die Mutter auf dem Bette sitzen sah, die Blicke starr mit dem Ausdruck höchsten Entsetzens auf einen Fleck gerichtet, die Hände abwehrend ausgeftreckt. „Mutter, Mutter," rief das junge Mädchen angstvoll, „was ist dir, um Gottes willen, sprich!" »Hilfe, zu Hilfe," kreischte Frau Werner, „rettet ihn! Die Unglückliche brach zuckend zusammen. Alice warf die notwendigsten Kleider um und öffnete unter lauten Hilferufen die Tür. Wenige Minuten später waren Ewald, der Oberst, seine Kinder herbeigeeilt, man hatte einen Boten zum Arzt geschickt und wendete bis zu seiner Ankunft die zu Gebote stehenden Hausmittel an. Es konnte nicht zweifelhaft sein: die Unglückliche hatte im Traume, erregt durch die Besprechungen des vorher gehenden Abends, ihrer überreizten Phantasie freien Spiel raum gelassen und hatte die erhaltenen Nachrichten mit den Mitteilungen verwoben, die ihr ihr Mann über die bei den Persern zur Erpressung von Geständnissen üblichen Folterqualen nach seiner ersten Reise durch das Land ge macht hatte. Als der Arzt anlangte, konnte er nur wenig Hoffnung geben, daß der geschwächte Körper der Armen der furcht baren seelischen Erregung würde widerstehen können. In der Tat versank die Kranke nach Ueberwindung des heftigen Fieberanfalles in dumpfe Teilnahmlosigkeit, die Schwäche wuchs in beängstigender Weise, und am nächsten Morgen hauchte die Dulderin, ohne wieder zum Bewußtsein gelangt zu sein, den letzten Atemzug aus. * * * Alle Verhältnisse waren durch dies Ereignis mit einem Schlage völlig geändert. Als Kurt von Dorn einen kost baren Blumenschmuck für den Sarg sandte, als er seinen Trauerbesuch machte und sich endlich als Leidtragender dem Trauergefolge anschloß, konnte man ihn unmöglich zurück weisen, ohne ihn direkt der gegen seinen Vetter nnd dessen Familie unternommenen Machenschaften zu beschuldigen. Dafür fehlte aber, wie selbst Oberst von Leppel zugeben mußte, jeder direkte Beweis. lind wenn auch gewichtige Verdachtsgründe gegen ihn Vorlagen, die bisher den Be teiligten fast unerschütterlich erschienen waren, so sprach doch das Verhalten des Hauptmanns seit den Vorgängen in Abbeville und besonders sein offenes, ihm von niemandem abverlangtes Anerkenntnis der Wernerschen Ansprüche so sehr für seine Aufrichtigkeit, daß selbst der Oberst schwankend geworden war. Wozu sollte dieser Mann eine Reihe der unerhörtesten Verbrechen angestiftet haben, wenn er jetzt aus freien Stücken auf alles verzichtete, was er dadurch hätte erreichen können, und das zu einer Zeit, wo Werner wirklich in der Gewalt seiner Feinde war und wo Kurt unmöglich etwas davon wissen konnte, daß die Familie von dem Versteck des zweiten Testamentes unterrichtet war. Wäre Frau Werner unter gewöhnlichen Verhältnissen gestorben, so würde ihr Tod bei ihren Kindern einen weit andauernderen Eindruck hervorgerufen haben, als unter den obwaltenden Umständen. Jetzt, wo der Gedanke an die Gefahr, in der der Vater schwebte, sie erfüllte, und eben dieser Umstand das Dahinsche den der Mutter horbei geführt hatte, wurde ihr Verlangen, dem einen, der ihnen noch geblieben war, zu Hilfe zu eilen, nur um so heißer. Dazu kam, daß die Schwierigkeiten, die ihren Wünschen bisher durch den leidenden Zustand der Mutter in den Weg gelegt worden waren, jetzt plätzl ch weggeräumt er schienen, und daß sich die Geschwister ganz dem einen großen Zweck widmen konnten. Hier erhob sich aber sogleich ein Bedenken. Solange Frau Helen am Leben gewesen mar, Hütte Alice sie unter keiner Bedingung verlassen können. Jetzt aber bestand sie aufs lebhafteste darauf, sich dem Bruder bei seiner Reise nach Persien anzuschließen. Sie würde von marternder Angst um die beide n ihr noch gebliebenen Lieben verzehrt werden, wenn sie tatenlos auf Eichkamp Zurückbleiben sollte. Auf den dagegen erhobenen Einwand, daß sie als Dame ihrem Bruder nur beschwerlich fallen werde, entgeg nete sie, daß sie ebensogut, wießrau Jeanne Dieulafog, ihren Mann, den Professor Auguste Marcel Dieulnfw) aus seinen Forschungsreisen in Persien als Knabe »er leidet begleitet nnd ihm dort die größten Dienste ge.eistet habe, sich ihrem Bruder in ähnlicher Tracht anschließen könne. Sie ließ den Einwurf des Oberst gar nicht gelten, daß es zweierlei sei, wenn eine verheiratete Fra» oder ein junges Mädchen etwas Derartiges tue. Da sowieso eine größere Anzahl von Männern sich der Erpedilion anschließen müsse, sei sie ganz sicher und betrachte den Wechsel der Kleidung mehr als eine Maßregel der Nützlichkeit nnd Bequemlich keit, nicht als eine eigentliche Ber lcidiing. Ihr Bruder und ebenso Achim, der von vornherein erklärt halt', sich als erfahrener Forschungsreisen»«» dem Zuge anschließen zu wollen, seien ihr genügende Gewähr dafür, daß nie mand es wagen werde, ihr ungebührlich zn begegnen.