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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 12.05.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190905127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19090512
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19090512
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-05
- Tag 1909-05-12
-
Monat
1909-05
-
Jahr
1909
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deshalb den schon gestern dezent behandelten Fall nicht weiter erörtern. f Z>« BerftS«tz»i» »er Sstree V*»r»t»i-Gdlawt, welche am Mittwoch abend im „Aaisersaal" stattfindet, drucken wir nachstehend eine Besprechung der Soiree in Freiberg ab. Die dortigen „N N." schreiben: „Bourdini, einer der tüch tigsten Zauberkünstler der Gegenwart, bot in schneller Aus einanderfolge Zauberkünste, die nicht allein verblüffend wirkten, sondern geradezu Bewunderung erregten. Der Künstler Hal nebenbei das seltene Talent, seine Zuschauer durch humo ristisch« Bemerkungen für sich zu gewinnen. Von den vielen Vorführungen seien der Originalität wegen folgende erwähnt: Zwei junge Herren aus dem Publikum begaben sich auf die Bühne. Der Künstler gab dem einen eine Flasche mit einer roten Flüssigkeit in rotem Papierumschlag und dem anderen eine solche mit wasserfarbiger Flüssigkeit und in gleichfarbiger Umhüllung in die Hand. Im nächsten Augenblick hatten die Flaschen einen Wechsel erfahren und die beiden Herren ver mochten sich nicht zu erklären, wie die eine Flasche in die Hand deS anderen gekommen war. Man muß Herrn Bour- dini gesehen haben, um sein Talent würdigen zu können. — Herr Edlawi riß die Besucher in einen Strudel von Ueber- raschungen und Bewunderungen durch seine Schnelligkeit als Berwandlungskünstler uni durch die Beherrschung aller mensch lichen Stimmen, von der Jugend bis zum Alter, sei es Weib oder Mann. Fast unglaublich erscheint es, daß er in eigener Person ein Jllusionsspiel inszeniert, in welchem er sechs Per sonen darstellt und diese Rollen dabei tadellos spielt. Mit derselben Fertigkeit arbeitet er als Charakterdarsteller, indem er die Kapelle dirigiert in den Rollen folgender Tondichter und Kapellmeister: Richard Wagner, Donizetti, Bellini, Haydn, Gounod, Brahms, Strauß usw. Mit unvergleichlicher Mi mik wußte er die besonderen Eigenschaften genannter Künstler wiederzugeben." -j Der Postscheck*erkehr hat, wie die „Deutsche Ver- kehrS-Zeitung" meldet, im Monat April eine weitere erheb liche Fortentwicklung genommen. Die Zahl der Konto-In haber im Reichspostgebiet hat Ende April 26030 (gegen 23 786 Ende März) betragen. Davon entfallen auf das Postscheckamt Berlin 5130, Köln 4776, Leipzig 4604, Frank furt 2560, Breslau 2183, Hamburg 2037, Karlsruhe 1969, Hannover 1721, Danzig 1050. Leipzig marschiert also an dritter Stelle. Der Gesamtumsatz hat sich auf 1671,575 651 Mark belaufen; er setzt sich zusammen aus Gutschriften in Höhe von 862,535 739 Mark und Lastschriften im Betrag von 819,039 912 Mark. Ohne Inanspruchnahme von Bar mitteln wurden 41,14 Prozent des Gesamtumsatzes durch den Giroverkehr bewirkt. Das Gesamtguthaben der Konto-In haber hat sich Ende April auf 43,495827 Mark belaufen. — AltsMittloeida. Am Sonntag abend gegen l Uhr verließ der Techniker Stiebler mit 2 Personen das Etablisse ment „Ritterhof" in Altmittweida, um sich nach Hause zu begeben. In der Nähe des Restaurants „Haltestelle" wurden die drei von mehreren Radfahrern überholt. Im Vorbei fahren schlug einer der Radfahrer den Techniker Stiebler auf den Kopf. Hierbei verlor der Radler das Gleichgewicht und kam zum Stürzen, während die andern weiterfuhren. Stiebler versetzte nun dem Radfahrer für fernen Angriff eine Tracht Prügel. Schließlich entwand sich der Radler den Händen seines Gegners und flüchtete in der Richtung nach dem „Ritter- hrff" zu, dabei Rad und Mütze am Kampfplatze zurücklassend. Stiebler setzte dem Flüchtigen nach; plötzlich wandte sich letzterer um und gab einen Revolverschub auf den Tech niker ab. Stiebler wurde in die Brust getroffen — hie Ver letzung ist leichterer Natur — und ist dann mittels Kranken wagens nach seiner Wohnung gebracht worden. Das von dem Revolverhelden benutzte Rad war von einem Mittweidaer Fahrradhändler geliehen. Der Täter wurde verhaftet. Es ist ein beim Bau des städtischen Elektrizitätswerkes beschäftigter 26 Jahre alter Monteur namens Schmidt aus Pirmasens. — DreStze«. Die Freisinnige Volkspartei und die Liberale Vereinigung in Dresden beschlossen, mit den Nationalliberalen über die Besetzung der sieden Dres dener Landtagsmandate zu verhandeln. Die Volkspartei beab sichtigt in zwei Kreisen eigene Kandidaten auszustellen. Die sächsische Landesversammlung der Freisinnigen Bolkspartei wird am 22. und 23. Mai in Leipzig stattfinden. — Dre-tze«. Am PüschenSr Hasen wurde die Leiche des zugleich mit den» Knaben Höhle am 20. März d. I. beim Spielen am Dorfbach zu Loschwitz verunglückten und ertrunkenen Knaben Jentzsch au» der Elbe gezogen und poli zeilich aufgehoben. Die Leiche des kleinen Höhle war schon früher geborgen worden. — Meitze«. Die menschlichen Skelette auf dem Jüdenbergr, die bei den Ausgrabungen im VereinSgrundstücke deS Turnvereins „Frisch auf" gesunden wurden, sind, wie man mit Bestimmtheit annehmen kann, auf das Kriegsjahr 1745 zurückzuführen. Nach der Schlacht bei Kesselsdorf war in Meißen ein großes Lazarett eingerichtet worden, in dem viele Soldaten infolge der schweren Verletzungen verstürben, die dann außerhalb der Stadt in Massengräbern beerdigt wurden. Die Annahme, daß die jetzt gefundenen Skelette Ueberreste von Soldaten sind, wird bestärkt durch die Tat sache, daß die Schädel durchweg von Personen im Alter von etwa 23 bis 27 Jahren stammen. Neben einzelnen Skeletten wurden auch alte Hirschfänger und bei einem Toten gold schimmernde Fransen — von Rangbezeichnungen — gefunden. Das Grab faßte über 150 Tote. — EoSWig bei Meißen. Ein aufregender Vorfall spielte sich auf dem hiesigen Bahnhof vor den Augen zahl reicher Reisenden ab. Bei der Einfahrt des Dresden-Riesaer § Personenzuges Nr. 468 stürzte sich eine unbekannte, etwa 30 Jahre alte Frau vor die Maschine des genannten Zuges. Trotz versuchter sofortiger Hilfeleistung des Bahnperfonals gelang es nicht, sie von den Schienen wegzuziehen, so daß i sie überfahren und getötet wurde. j — Döbel«. Am 26. bis 28. Juni findet hier das zur Feier des 50jährigen Bestehens des Mulden-Zschopau taler Turngaues geplante 22. Gauturnfest statt. Vorsitzender des Hauptausschusses ist Herr Stadtrat Drogist Busch. Den Ehrenvorsitz hat Herr Bürgermeister Müller übernommen. Die Ausschüsse sind schon fleißig bei der'Arbeit, man rechnet damit, daß mindestens 3000 Turner an der Jubelfeier teilnehmen werden. — Borua bei Leipzig. Am Sonntag nachmittag wuri e ein 16jähriger Radfahrer in Kesselshain durch ein Automobil aus Leipzig überfahren und getötet. — Lommatzsch. Bei der Wahl für den durch den Tod Dr. Vents erledigten hiesigen Bürgermeisterposten ging Herr Ratsassessor Ebert-Leipzig als gewählt hervor. — Leipzig. König Friedrich August wird hier am 8. Juni die Parade über die hiesige Garnison abhalten. — Leipzig. Die Frau des Malers Möbius, Wald straße 45, hatte einen Spirituskocher benutzt und dabei jeden falls, während dieser noch brannte, Spiritus aus der Flasche hinzugegossen. Dabei ist die Flasche explodiert und die Frau von den Flammen erfaßt worden. Am'ganzen Leibe brennend, konnte sich die Unglückliche nur bis zum Vor saal schleppen, wo sie bewußtlos zusammenbrach. Sie wurde nach dem Krankenhaus gebracht, wo sie ihren schrecklichen Brandwunden erlag. Das in der Wohnung ausgebrochenc Feuer wurde bald gelöscht. — Schneeberg. Der Tierschutzverein Schneeberg-Ncu- städtel hat bcfchtoffen, Geldprämien in Höhe von je 10 Mk. für solche Polizeibeamte zu gewähren, die sich die Bekämpfung der Tierquälerei nnd des Vogelftekkens besonders angelegen sein lassen. Die Behörden haben das Vorgehen des Vereins dankbar begrüßt und erklärt, es ihrerseits fördern zu wollen. — A«e. Wegen Beleidigung des Bürgermeisters Dr. Kretzschmar in Aue war Redakteur Arnhold vom „Auer Tageblatt" als Verfasser eines Flugblattes bei der letzten Landtagswahl von der Strafkammer des Landgerichts Zwickau zu 200 Mark Geldstrafe und Tragung der Kosten verurteilt worden. Nach eingelegter Revision hob das Reichs gericht das Urteil auf und verwies die Sache an das Land gericht zurück. Die Strafkammer sprach nunmehr den An geklagten frei. Die Kosten werden auf die Staatskasse über nommen. — Crimmitschau. Im nahen Gablenz wurde in einer Düngergrube des Ritterguts der Leichnam eines neugeborenen Kindes gefunden. Die unnatürllche Mutter desselben, eine ledige Arbeiterin mit Namen Wozniak, wurde in das hiesige königliche Amtsgericht eingeliefert. — Mylau. Auf dem hiesigen Kaiserschloß fand die Weihe deS vom Verein der Naturfreunde geschaffenen neuen Zimmers für daS Museum statt. Im Metzsch-Zimmer deS Schlosses war die Begrüßung, der sich die Ueberaabe des neuen MuseumSraumes für die Oeffentlichkeit und Besichtigung anschlvß. - «ab Mster. Die Perlenfischerei in der Weißen Elster und ihren Nebenbächen im Laufe durch da» sächsische Vogtland ist Regal des Staates und wird seit 1621 von Nach kommen der Familie Schmergler in Oelsnitz ausgeführt. Durch da« Hochwasser des letzten Jahres hat der Perlmuschelbestand erklärlicherweise sehr gelitten und ist deshalb die vorjährige Ernte keine hervorragende gewesen. Die Perlen, darunter einige wenige von besonderer Güte, liegen im Kgl. Kurhause in der seit 22 Jahren bestehenden Luxus- und Kunstgewerbehandlung von Leger zur Besichtigung und zum Verkaufe aus. — Plaue«. Durch das Automobil der hiesigen Firma Körner L Rammensee wurden auf der Landstraße vor» Greiz nach Fraureuth die beiden 10 bez. 11 Jahre alten Kinder des Webers Ludwig in Reudnitz bei Greiz überfahren und schwer verletzt. Der Chauffeur Treuter aus Greiz ließ die Kinder liegen und versuchte mit seinem Automobil zu ent kommen. Dabei fuhr er gegen einen Baum, wodurch der Wagen defekt wurde. Der Chauffeur wurde verhaftet. Von einem anderen Automobil wurden die Kinder zu einem Arzte gefahren. — Zittau. Welche Mengen von Nonnenraupen dieses Jahr bringen wird, ersieht man daraus, daß an einer Fichte unter dem Leimringe 2100 dieser Tiere abgelesen wurden. Uebrigens hielten sich noch Hunderte von ihnen des kalten Windes wegen in den Rindenritzen auf, die auch viele Eier, welche noch nicht ausgelaufen waren, bergen. Lagetgetcdtcdte. Deutsche- Reich. — Staatsminister Dr. Graf v. Hohenthal ver bringt den größten Teil deS Tages außerhalb des Bettes, arbeitet täglich mehrere Stunden und nimmt die Mahlzeiten und den Tee mit seiner Familie gemeinschaftlich ein. Ebenso unternimmt Graf Hohenthal fast täglich Ausfahrten, wobei er regelmäßig von seiner Gemahlin begleitet ist. Uebrigens hat der Minister am Freitag die Ausführungsverord nung für das neue Wahlgesetz durchgesehen und unter zeichnet, so daß das Gesetz mit den Ausführungsbestimmungen voraussichtlich bereits in der näch st eu Wocheveröffent licht werden dürfte. Ebenso wird in den nächsten Tagen ein erläuternder Artikel über die Handhabung des neuen Wahlgesetzes für die Behörden, Wahlvorsteher und Wahlkommissare in den beiden Regierungsblättern er scheinen. , * * * — Das Kaiserpaar hat auf der Reise von Korfu nach Malta stürmisches Wetter gehabt. Am Mittwoch ist die „Hohenzollern" mit den Majestäten an Bord in Brindisi eingetroffen. , - - — Reichstags-Jour nali st en und Reichstag. Das offiziöse „W. T. W." versendet folgende Notiz: „Gegen über der Mitteilung hiesiger (Berliner. D. Red.) Blätter, daß den Reichstags-Journalisten dxr Aufenthalt in der Rotunde und in der Wandelhalle des Reichstagsgebäudes untersagt sei, wird festgestellt, daß diese Mitteilung nicht zutrifft. Den Journalisten ist der Verkehr, wie das Platznehme»» in der Wandelhalle und in der Rotunde wie bisher gestattet. Be züglich des Publikums hat jedoch wegen des großen An dranges, der hauptsächlich durch die Beratungen der Finanz- kommission hervorgerufen ist, eine gewisse Einschränkung ein treten müssen." — Das ist wieder einmal ein typisches De menti; denn es steht fest, daß am Donnerstag tatsächlich zwei Journalisten, Korrespondenten großer auswärtiger Blätter, in der Wandelhalle aufgefordert wurden, die Sitze freizugeben für Abgeordnete. — Die preußischen Postbeamten wollen mit ihren französischen Kollegen nichts gemein haben. Das hat der Vorsitzende des Reichspost- und Telegraphistenverbands Zel- litsch dem Berliner Vertreter des „Matin", der ihn um seine Meinung über den Kampf der französischen Postleute fragte, erklärt. Zellitsch erklärte noch, daß er die auf dem Beamtentag gehaltenen aufreizenden Reden ganz entschieden mißbillige, er Iss Deutsche Vied. Eine Geschichte aus den nationalen Verhältnissen Böhmens von Anton Ohorn. »S. Fortlrtzuug.I lkaSdruck verbot«».» Der Mang der Zither verhallte, die süße Mädchenstimme tönte aus, und einen Augenblick war es so stille in der weiten Stube, daß man deutlich den Schlag der alten Wanduhr vernahm. Endlich sagte Robert, wie aus einem Traum erwachend, halblaut: „Das war schön — o, das war schön!" Dem alten Meister leuchteten die Augen und er drückte dem jungen Manne die Hand: „Freut mich, daß unsere alten, guten Lieder Dir wieder ans Herz greisen, 's hat auch Deinen» seligen Vater immer wieder wohlgetan, wenn er hier ein deutsches Volks lied hörte und gar mitsang. Denn wir haben manchmal hier zusammen gesungen, und er hat sich selber ein Liederbuch angelegt und was ihm beionders gefiel, hineingeschrtcben; Deine Mutter wird wohl das alte Heft zerrissen oder in den Ofen geworfen haben. Nun wollen wir aber denken, er säße hier und wollen miteinander eins singen. Sein Letblted war: „Zu Mantua in Banden Der treue Hofer war" — vielleicht ist Dir'S auch noch wcht ganz entfallen." „Wenn mir immer wieder eingeholsen wird, denke ich, daß eS gehen soll." „Dann frisch vorwärts!" Martha schlug einige Töne an und dann erklang dreistimmig das einfach-schöne Lied von der Vaterlandsliebe des schlichten TtrolerS. Der alte Meister hatte einen behaglichen runden Baß und Robert belaß eine schöne kräftige Baritonsttmme, die sich dem Sopran des Mädchens trefflich anschmicgte. Leise klang es aus „Ade, mein Land Tirol!" und nun war es der Meister Hammer, der in Entzücken und Rührung zugleich geriet, da ec deS alten verstorbenen Freundes dachte. Und noch manches Lied wurde von den Dr»len gesungen, und Robert ward es immer wärmer und heimischer ums Herz, so daß er zu später Stunde mit herzlichem Handschlag schied. In der Nähe der Kirche blies der alte Gregor sein „Härt ihr Leut' und laßt euch sagen!" und der junge Meister ging, das Herz erfüllt von einem Geiühl, von dem er sich selber keine Rechen schaft geben konnte, langsam neben dem Wächter her durch die Nacht, in freundlichem Gespräch, bis er vor seinem Hause ankam, au» dessen Fenster im Erdgeschoß noch Licht blinkte. Als er m die Wohnstube trat, sah er seine Mutter und Ludmila, mit Hand- »rdrstrn beschäftigt, an dem Tische sitzen. Da- Mädchen sprang auf, um ihn zu begrüßen und machte ihm scherzhaft Vorwürfe, daß er sie so lange warten ließe, die Mutter aber sah ernst und verstimmt drein. Robert kümmerte sich um beides nicht; wovon ihm das Herz voll war, davon ging ihm der Mund übxr. Er erzählte von dem traulichen Beisammensein mit seinem wackeren alten Paten und mit Martha, sowie von dem gemeinschaftlichen Singen und beachtete es nicht, daß die Mienen seiner beiden Zu hörerinnen immer finsterer wurden, bis Ludmila endlich aufstand i und, ohne ihm „gute Nacht" zu sagen, sich entfernte. Seine l Mutter aber setzte ihm nun in geläufigen Worten auseinander, i daß er durch seinen Verkehr mit Hammer sich nicht bloß geschäftlich, ' sondern auch gesellschaftlich schädigen würve, und sprach die Er wartung aus, daß dieser Besuch bei dem alten Äerbermeister der erste und zugleich der letzte sein werde. So war auf die Freudigkeit Roberts ein kalter Reif gefallen. Auch die folgende»» Tage waren für ihn unerquicklich; Ludmila sah ihn nicht an, aber sie wußte in ihr Wesen und ihr Gewand allen Reiz zu legen, mit dem sie jemals die Männerherzen ent- ! flammt batte, und die Mutter drang immer heftiger in ihn, ihr das Versprechen zu geben, daß er nie wieder das Haus Hammers aussuchen wolle, und da er sich durchaus nicht nachgiebig zeigte, drohte sie sogar, sie würde das Haus ihres Sohnes verlassen, und er habe die Wahl zwischen ihr und seinem Paten. Da hörte Roberts Festigkeit endlich auf; uin Frieden und Annehmlichkeit im eigenen Heim nicht zu entbehren, gab er dem Drängen nach, ii» welchem Frau Barbara von vielen Mitgliedern der Benda, darunter hauptsächlich Deutschen, von Bohuver Sander und vor allem von der Familie V>limek unterstützt wurde; aber trotzdem ihn dafür ein rasch auiflammender Kuß Ludmilas lohnte, fühlte er doch keine innere Befriedigung, sondern eher etwas wie Scham, und er wich, wenn er nach der Fabrik gehen mußte, in einein weiten Bogen dein Hause Hammers aus wie ein Schuldbewußter. Dieser aber sagte nach etwa drei Wochen zu Martha: „Robert Veit ist noch schwächer als sein Vater — wir wollen ihn vergessen!" IV. Der Winter kam zeitig in diesem Jahre, und an einem der letzten Oktobertage waren die Dächer und die Gassen weiß vom ersten Schnee, bei» freilich um die Mittagsstunde die matte Herbst sonne wegküßte. An diesen» Tage führte der jüngere Geselle Roberts den Bücherschrank nach dem Hause Dr. Werners, und der junge Meister schritt neben den» Handwagen her. Die kleine, srcundliche Billa des Doktors lag anmutig inner halb eines wohlgcpflegten Gärtchens und zeugte von dem vornehmen Geschmack ihre» Erbauers. Derselbe war offenbar daheim, denn die Klänge eines volltönigcn, prächtigen PianinoS tönten nach der Straße, und eine kräftige Männerstimme sang: Muttersprache deutschen KlangeS, O, wie hängt mein Sinn an Dtp! Des Gebetes und Gesanges Heil'ge Laute gabst Du mir. Sollt' ich Deine Fülle misten, O mich kränkte der Verlust, Wie ein Kind, daS man gerissen Von der warmen Mutterbrust. Robert war dem Gesellen eine Strecke vorausg«kommen; er stand am Gartengitter und wagte nicht, die Glocke zu ziehen, son dern er lauschte dem Liede, das ihn seltsam ergriff, wie eine er neute Ermahnung ar» sein deutsches Gewissen, und es wurde ihm geradezu bange, vor dem Doktor hinzutreten. Da kam der Geselle und griff nun nach dem Glockenzua, und wie der belle Ton im Hause schrillte, brach daS Lied plötzlich ab, und gleich darauf erschien der Doktor selbst auf der Veranda und eilte herbei, um zu öffnen. Er begrüßte freundlich, fast herzlich den Meister, ließ den Schrank in sein Bibliothekzimmer auf den vorher bestimmten Platz stellen, sprach sich anerkennend über die Arbeit auS und ließ sich die Rechnung vorlegen. Als der Geselle, dem noch ein Trinkgeld zuteil geworden war, das Gemach ver lassen, zahlte Dr. Werner den berechneten, verhältnismäßig nicht hohe»» Betrag aus und forderte Robert auf, noch ein wenig zu verweilen. Dieser folgte der freundlichen Einladung mit einem Zög«rn, aber der Doktor wußte bald das Unbehagen zu bannen. Ec »var selbst eln vielgereister Mann, kannte die Orte, in welchen der junge Meister vordem auf seinen Gesellenfahrten durchgekommen »var, oder wo er gearbeitet hatte, und so war das Gespräch bald in lebhaftem Gange. Unmerklich lenkte der Doktor aber aus der Ferne in die Nähe, und bald war er mitten in den Verhältnissen des Städtchens und ohne jede Erregung, die den alten Wackern Meister Hammer ergriffen, entrollte er seinem Gaste ein Bisd dpv nationalen Zustände, wie sie sich hier seit kaum einem Jahrzehnt entwickelt batten, und zeigte die Gefahr, welche es für den Einzelnen, »nie für das ganze Volk habe, wenn nicht jeder bemüht sei, in seiner Weise ein Hüter der Rechte, der Sitte, der Art und der Sprache der Väter zu sein; er wieS die Notwendigkeit des Zu- sammenhaltcns aller deutschen Elemente nach, angesichts der Be strebungen, welche gerade unter dem Deckmantel der „Versöhnung" von anderer Seite gemacht ivürden, und welche manchen Schwachen, manchen kurzsichtigen Auch-Deutschen nur zu leicht täuschten und einschläferten, und er betonte vor allen den verächtlichen Charakter der nationalen Reiiegaten. welche sich ihrer deutschen Abkunst und ihres deutschen Namen» schämten und geradezu mit ihrem Ueber- läufertum prahlten. (Fortsetzung folgt.) 8 b d n < L a ei d n d si L d o d a S, In m de d« m d« d? w» sei an bi ka g< R te zr kr fr sei dc st K. nn in ha es in di» stl gr da he i» L K r« ft L A L kl w g< Mi ta nn so! de - B lm de de: eir N. fts di, mc br, nu de» dl Bl an V» Le Gc es Na
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