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Publikum und seinen Beamten außerordentlich loyal und ent« gegcnkommend ist. Wohl selten erfreute sich ein Verwaltung», beamter in dem ihm übertragenen Bezirk so großer Sympathien in allen Kreisen der Bevölkerung, wie Graf Vitzthum von Eckstädt al» Amtrhauptmann in Annaberg. Die Red.) ornlicder mW Zlirdtircder. Frankenberg, 19. April 1909. 's* Bo« der MMttrredolNttou in der Türkei brachten wir einige Bilder zum Aushang und zwar: eine Abteilung Saloniki-Jäger in Konstantinopel und jungtürkische Offiziere bei einer Beratung in Saloniki. Ein weiteres Bild stellt eine neue Volksbelustigung im Wiener Prater dar. f* Der April hat sich am gestrigen Sonntag wieder einmal darauf besonnen, daß er ein Frühlingsmonat ist. Recht warm strahlte die Sonne hernieder und brach die Blattknospen auf, so daß das grüne Gewand, das die Natur anzulegen sich anschickt, in der Fertigstellung tüchtig vorschritt. Die große Wärme rief aber auch Gewitter herbei, die am Nach mittag und Abend über die hiesige Gegend zogen, ohne all zusehr aufzutreffen, am Nachmittag hier jedoch einen außer ordentlich heftigen Platzregen verursachten, der trotz seiner Kürze manchen hinderte, den 4,14 in der Richtung nach Chemnitz fahrenden Zug zu erreichen. In anderen Orten, selbst in nächster Umgebung, ist nachmittag nur wenig oder gar kein Regen nirdergegangen. Bei dem abends aufgetretenen Gewitter schlug gegen 9 Uhr der Blitz in Chemnitz in der Wettiner Straße in die elektrische Straßenbahnleitung ein, so daß dadurch eine Betriebsstörung auf den Linien Schönau- Neue Kasernen und Bahnübergang—Hilbersdorf hervorgerusen wurde. — Weiter schlug der Blitz gestern nachmittag in der 4. Stunde in Mühlau bei Burgstädt in das Fritschesche Tut ein. Das Stallgebäude brannte bis auf dir Umfassungs mauern nieder. Das Vieh konnte gerettet werden. Ein Chursdorfer Feuerwehrmann kam auf der Fahrt nach dem Brandplatz unter die Spritze und brach ein Bein. — In Flöha wurde das Haus des Zahnarztes Boin von einem Blitzstrahl getroffen. Der Essenkopf wurde herabgeschleudert und die Dachschalung in Brand gesetzt. Weiterer Schaden wurde durch die heibeieilenden Feuerwehren verhütet. -fx. B«« -er Post. Es ist mit dem 15. April beim hiesigen Postamt nicht nur die amtlich bekannt gegebene Aen- derung eingetreten, daß der Schalterschluß an Werktagen abends */,8 Uhr (statt bisher 8 Uhr) stattfindet, sondern eS beginnt vom gleichen Termin an an Sonntagen des Sommer« halbjahrS der Schalterdienst nicht mehr um 7 Uhr, sondern um 8 Uhr früh. Es ist demnach der Sonntagsdienst im Sommer- und Winterhalbjahr der gleiche: früh 8—9 Uhr, mittag» 11—12 Uhr. — Wir haben noch hinzuzusetzen, daß an Wochentagen die Schließfächer trotz des neuen Schalter- schlusses bis 8 Uhr zugängig bleiben und daß weiter im Sommerhalbjahr die Sonntags-Morgenstunde 7—8 Uhr für den Telephondienst nicht verändert wird. s* Herr Kommerzienrat Arthur Schieck wird in einer vom hiesigen Nationalliberalen Verein veranstalteten öffentlichen Versammlung im Saale des Hotels „zumRoß" am Mittwoch, den 21. April, einen Bericht über die Tätig keit des letzten Landtags geben und über das neue Wahlgesetz sprechen. In dieser Versammlung wird sich Herr Kom merzienrat Schieck als Landtagsabgeordneter von den Wählern verabschieden, da er ja leider die Wiederannahme der Kandi datur abgrlehnt hat. Der Vorstand des Nationalliberalen Verein» erwartet, daß die Wähler durch starken Besuch der Versammlung ihre Dankbarkeit dem bewährten bisherigen Ab geordneten für die vortreffliche Vertretung des 10. städtischen Wahlkreises gegenüber bekunden. — Kandidat für die nächste Landtagswahl ist, wie bekannt, Herr Amtsrichter Pausch in Mittweida, der auf alle Herren, mit denen er hier bisher zusammenkam, einen recht sympathischen Eindruck machte, und von dem man erwarten darf, daß er die Interessen des Wahl kreises in nationalem und liberalem Sinne in rechter Weise vertreten wird, falls ihn das Vertrauen der Wähler als Nachfolger des Herrn Kommerzienrat Schieck beruft. fx Ha«-el<sch«lt Frankenberg. In weiteren Kreisel» ist durch frühere Notizen bekannt, daß der verdienstvolle Leiter der hiesigen Handelsschule, Herr Prof. Stadttat A. Schulze, Ritter PP-, mit Ende September d. I. daS von ihm seit 1863 bekleidete Amt al» Direktor der genannten Anstalt nieder zulegen gedenkt. Auf die von ihm eingereichte formelle Kün digung hin hat d^r Vorstand des Handelsschulvereins die Stellung ausgeschrieben und es haben sich zahlreiche Bewerber gemeldet. Gestern konnte nach reiflichem Erwogen zur end gültigen Wahl des künftigen Leiters der Anstalt ver- schritten werden, sie fiel auf den derzeitigen Direktor der Handelsschule zu Schneeberg, Herrn Paul Berthold. Vor her an der Handelsschule zu Leipzig wirkend, wurde der Ge nannte 1905 an der Handelsschule zu Annaberg angestellt, und alsdann 1907 an die Spitze der Handelsschule zu Schnee berg berufen. Ihm geht der Ruf eines tüchtigen praktischen Lehrers und Direktor» voran, der geeignet sein wird, die bisher unter Herrn Prof. Schulzes Leitung anerkannterweise so vorzüglich wirkende.Anstalt mit gutem Erfolg weiter zu führen. j-R. Sachse«b«rg. Gestern wurde durch die hiesige Feuerwehr die von einer Oederaner Firma hergestellte und von der Gemeinde Sachsenburg beschaffte Schiebeleiter übungsweise erstmalig in Benutzung genommen. Das neue Gerät erwies sich als sehr nützlich und praktisch. * * — Chemnitz. Der Rat beschloß die Errichtung eines Hauser für geistig Sieche auf dem Grundstück der Nerven heilanstalt und bewilligte hierfür 658000 Mark. — Dresden. In Zitzschewig in der Lößnitz starb der Fabrikbesitzer und Landtagsabgeordnete Kretzschmar nach langem Leiden im Alter von 56 Jahren. Er gehörte dem Landtag als Vertreter des 24. ländlichen Wahlkreises und als Mitglied der nationalliberalen Fraktion seit 1903 an, und entwickelte besonders in der Finsnzdeputation eine erfolg reiche Tätigkeit. Die Leiche wird in Chemnitz eingeäschert. — Rotzwein. In diesem Jahre kann die Schützen- gilde auf ein 400jähriges Bestehen zurückblicken. Mit diesem Jubelfeste fällt auch das 175jährige Fahnenjubiläum zusammen. Die Fahne ist ein Geschenk des Kurfürsten August des Starken. AuS Anlaß dieser Jubiläen hat die Gilde be schlossen, das diesjährige Schützenfest (3.-7. Juli) in größerem Maßstabe abzuhalten. — Döbel«. Von der Kriminalpolizei wurde ein Er presser festgenommen, der einem hiesigen Einwohner nach und nach 200 Mark abgenommen hat. Der Verbrecher gibt an, aus Frankenberg zu stammen und geisteskrank zu sein. — Grotzeuhat«. Das 175jährige Bestehen des königl. sächsischen 1. Husaren-Regiments Nr. 18 wurde am Sonnabend in der Garnison Großenhain in festlicher Weise begangen. Das gesamte Jubiläums-Regiment durch schritt in Paradeuniform, die Stadt, begrüßt von einer zahl reichen Menschenmenge. Auf dem Marktplatze schlossen sich dem Regiment die hiesigen und auswärtigen Vereine der Ka meraden, die sämtlichen hiesigen Militärvcreine und die Schii- tzengesellschasten an. Nun ging es weiter durch die Stadt nach dem Kasernement an der Albertstraße, wo das Regiment mit seinen Gästen Paradeaufstellung nahm. Um 11 Uhr 52 Min. kam der Sonderzug mit König Friedrich Au gust an. In Begleitung des Königs befanden sich der Her zog von Koburg-Gotha, ferner Kronprinz Georg und Prinz Friedrich Christian, außerdem die Generalität u. s. w. Die Herrschaften stiegen vor dem Bahnhofe zu Pferde, be geistert begrüßt von einer tausendköpfigen Menschenmenge, und ritten nach der Kaserne, woselbst der König die Parade über das Jubelregiment abnahm. Vor der Parade brachte der Kommandeur des Regiments Oberstleutnant v. d. Decken ein dreifaches Hurra auf das Jubelregiment aus. — Viele alte ordengeschmückte Veteranen wurden durch Anspra chen ausgezeichnet. Alsdann ließ der König sämtliche Militär« und Schützenvereine und die alten Regimentskameraden an sich vorüberziehen. Nach der Parade fand im Offizierskasino ein Frühstück statt. Während des Frühstücks erfolgte die Ueberreichung eines Bildes des Königs an das Regiment. Simson. Eines Künstlers Werdegang. Bon Max Kempner-Hochstädt. ». F-rtschuug.i - «Nachdruck verbot,«) „Ach was," meinte nun der Schreiner mißmutig, „wer bürgt Ihnen denn dafür?" „Ich !" versetzte der Künstler mit starker Stimme. „Ich bürge dafür I Herr Weitinger, Sie sollen mal sehen, was ich aus dem Jungen mache. Stolz werden Sie auf Ihn sein und Ihr Alter wird er verschönern und sorgenlos gestalten. Nicht wahr, Ferdel?" Der drückte nur seine Hand und blickte mit leuchtenden Augen zu ihm auf. »Ja, ja, das wäre ja alles schon recht," sagte der Schreiner, der doch etwas kleinlaut geworden war, „aber — schon recht — das heißt" — doch dann spielte er seinen Trumpf aus: „Aberi hab kein Geld für solche Sachen." „Das ist auch nicht nötig," sagte der Professor lächelnd, „ich nehme den Jungen mit mir und was es kostet, be zahle ich." Da sperrte der Weitinger Mund und Augen auf. „Das is aber gespaßig l" meinte er endlich, „Sie wollen s zahlen für fremder Leute Kind?" „Der Ferdel ist mir nicht mehr fremd!" Jetzt Mischte sich der Schwiegervater ein. „Oos potto cki Laeoo! Weitinger!" schrie er, „sei ka Ochs und greif zu!" Doch als ihm gar seine Floria seine Backe streichelte und der Ferdel mit flehender Miene vor ihm niederfiel, sagte er endlich: l „Na meinetwegen; nehmt den Bua mit, Herr Pro- 3. Kapitel. Professor Donatus hatte Ferdel sofort nach seiner An kunft bei einer Künstlerwitwe, Frau Eberhard, in Pension gegeben, die in einer kleinen Wohnung Charlottenburgs zusammen mit ihrer jungen Tochter in ziemlich beschränkten Verhältnissen lebte. Ihr Gatte war bei Lebzeiten ein befreundeter Kollege des Herrn Donatus gewesen und hatte seine Familie in not dürftiger Lage zurückgelassen. Daher war der menschenfreundliche Künstler auf die Idee verfallen, ihr auf diese feine Weise eine Unterstützung zukommen zu lassen und zugleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Der Ferdel hatte ein hübsches Zimmer zu seinem Aufenthalt bekommen. Dabei war ihm immer zumute, als müßte er träumen und plötzlich aus seinem Zaubermärchen erwachen und am alten Platze in der niedrigen Werkstatt des Vaters stehen. Es drängten tausend Eindrücke mit solcher Macht auf seine Sinne und sein Gemüt ein, daß er sich eine ganze Weile selbst verloren hatte. Doch wenn er glaubte, daß er sich nun kopfüber in die von ihm heißgeliebte Kunst stürzen konnte, von der er bis jetzt noch so wenig kannte, dann hatte er sich sehr geirrt. „Erst wirst du noch ein paar Jahre eine gute Schule besuchen," sagte der Professor in väterlichem Tone zu ihm. „Doch deine Mußestunden in meinem Atelier zu verbringen, soll dir jederzeit freistehen!" Das ließ er sich natürlich nicht zweimal sagen. Um sich der Wohltaten seines Gönners würdig zu zeigen, tat er alles, um seinen Lehrer zufriedenzustellen, und suchte mit unermüdlichem Eifer die Schwierigkeiten dieses un gewohnten Unterrichtes zu überwältigen, was ihm bei seinem aufgeweckten Wesen nicht einmal schwerfiel. Aber am liebsten saß er doch in dem weiten Atelier seines Freundes und beobachtete, ohne ein Wort zu sprechen, aber mit um so größerer Aufmerksamkeit, die Handgriffe des Meisters und sah neugierig zu, wie geschickt jener mit Spatel und Modellierring umzugehen verstand. Und mit maßloser Bewunderung, aber auch mit ge heimer Sehnsucht, einst etwas Aehnliches leisten zu können, bemerkte er, wie aus dem feuchten Ton sich allmählich Figuren heraushoben mit menschlichen Formen und Stel lungen, so lebenswahr, als wenn sie wirklich atmeten. Sonntags war er stets bei Donatus zu Tisch geladen. Weit draußen in einer vornehmen, von einem Park um gebenen Villa, ruhte der Meister von seiner Arbeit aus, gehegt und gepflegt von seiner trotz grauen Haares an mutigen Gattin, die ihm leider keine Erben geschenkt hatte. Gewöhnlich hatte er ein paar gute Freunde bei sich und dann konnte der sonst so ernste Meister auch einmal recht ausgelassen sein. War aber seine animierte Stimmung auf der Spitze, dann winkte er zwei seiner Gäste und spielte mit ihnen Den Trinkspruch auf den König brachte der Kommandeur de» Regiments, Oberstleutnant v. d. Decken, au», worauf der Kö nig „auf sein liebes Husarenregiment" toastete. Ferner brachte der Kommandeur einen Trinkspruch auf Exzellenz von Kirch bach aus, der die Uniform des Großenhainer Husaren-Regi ments verliehen erhalten hatte. General v. Werlhof erhielt ein Bild des Königs Friedrich August mit eigenhändiger Unterschrift. — Ghrexfrie-ers-orf. Vorgestern entstand in dem am Markte gelegenen Wohn« und Geschäftshaus des Bäckermeisters Emil Feig Feuer, wobei eine Hausbewohnerin, die 40jährige Ehefrau des Schuhmachers Maja, einen jähen Tod fand. Infolge erlittenen Schreckes und Aufregung über den Brand wurde sie von einem Herzschlag getroffen, so daß sie bald darauf starb. Das Feuer wurde auf den Dachstuhl beschränkt. — Breite«bach. Um recht schnell Feuer anzumachen, goß in Johanngeorgenstadt die Gattin des Schlossermeisters Bleyer aus einer Flasche Petroleum auf die glimmenden Kohlen des Ofens. Die Flasche explodierte und das brennende Petroleum ergoß sich über die unglückliche Frau und tibrr das neben ihr stehende 3 Jahre alte Söhnchen Fritz. Mutter und Kind starben nach kurzer Zeit. — Eibenstock. Zu dem bereits gemeldeten Großfeuer in Muldenhammer werden noch entsetzliche Einzelheiten ge meldet. Das Schadenfeuer, das in der noch ziemlich neuen Schleiferei ausbrach, ist durch einen achtjährigen Kna ben, der auf dem Boden mit Streichhölzern gespielt hatte, verursacht worden. Die Schleiferei brannte mit ihren Maschinen bis auf die Umfassungsmauern nieder. Das Feuer griff gierig auf die Scheune und auf das gegenüberliegende Rittergut über, und auch dieses fiel dem verheerenden Element zum Opfer, wobei fast sämtliche Ackergeräte und Maschinen, viel Futtervorräte und zahlreiches Mobiliar mit vernichtet wurden. Leider ist, wie bereits berichtet, bei dem Feuer auch ein Menschenleben zugrunde gegangen. In der Holzschleiferei wohnte der etwa 70 Jahre alte E. Georgi mit seiner 30 Jahre alten Tochter, bei welcher der aus Eiben stock stammende acht Jahre alte Knabe zum Besuch weilte. Georgi hat sich, nachdem er bereits geflohen war, noch ein mal in seine Wohnung begeben, ist aber nicht wieder zurück gekommen. Man sah den Greis am Fenster stehen und jammernd um Hilfe rufen. Jedoch Rettung konnte ihm nicht gebracht werden, denn niemand konnte mehr in das über und über brennende Gebäude eindringen. Der Greis mußte elendig lich verbrennen. Man rief Georgi zu, er möge herunter springen. Der Greis aber leistete der Aufforderung keine Folge, weil die Wohnung zu hoch lag. Er mußte, am Fen sterstehend, umkommen und verschwand vor den Augen der vor dem Hause stehenden entsetzten Leute im Flammen meer. Als unförmliche Masse wurde er später aus dem Schutt gezogen und in die Leichenhalle gebracht. Das Besitz tum gehörte der Papierfabrik Neidhardtstal. — GerSdorf b. Hohenstein-E. Ein Unglücksfall trug sich gestern hier zu. Während die Mutter nur für kurze Zeit das Kind unbeaufsichtigt ließ, stürzte das dreijährige Söhnchen des Bergarbeiters Stehlik in die Jauchengrube eines Nachbargrundstücks Und erlitt darin den Erstickungstod. — Langenbernsdorf bei Werdau. Der hiesige Ge meinderat hatte die Wahl eines Tierarztes angenommen, der zugleich die Funktionen als Fleischbeschauer mit ausüben sollte. Die Wahl fand aber nicht die Bestätigung der Ober behörde, vielmehr ordnete diese eine anderweite Wahl an, der zweite Wahlgang hatte aber nunmehr daS Ergebnis, daß der genannte Tierarzt mit allen Stimmen des Gemeinderats gewählt wurde. Auch diesmal blieb die oberbehördliche Be stätigung aus. Der Gemeinderat will deshalb Rekurs einlegen. — Ta»»e«bergSthal. Auf unserem neuangelegten Fried- Hofe, wo erst zwei Tote ruhen, wurden unter großer Betei ligung die irdischen Ueberreste des ermordeten Reinhard Meine! zur letzten Ruhe bestattet. Die Familie Meinel, ruhige, stille, brave Leute, wohnten bis vor Jahresfrist in Friedrichsgrün. Dann zogen sie nach dem einen Büchsenschuß südlich von hier im Walde gelegenen, aus zwei Anwesen be stehenden Boda. Der Vater, eine Tochter und der 32 Jahre ein Trio, wobei er sein Violoncello ebenso meisterhaft hand habte, wie Modellierring und Spatel. Ueber diese neue Welt, die im Gegensatz zu dem, was er bisher erlebt und geschaut hatte, fast nur höherem Streben und edleren Zielen geweiht schien, vergaß Ferdinand doch nicht die Berge seiner Heimat und das elterliche Haus. Briefe voll flammender Begeisterung sandte er heim und auch den guten Großvater vergaß er nicht, obgleich er wußte, daß dieser seinen Brief doch nur mit Hilfe seiner Tochter ent ziffern konnte. Die Mutter schrieb ihm dann wohl zurück; sie freute sich über das Wohlergehen ihres einzigen Jungen und flehte heiße Segenswünsche vom Himmel auf ihn herab. Auch von den beiden Männern schrieb sie ihm: der Großvater werde schon recht wackelig und nur der Stolz über das Glück seines Enkels erhalte ihn aufrecht. Der Vater dagegen habe sich immer noch nicht mit seinem Schicksal ausgesöhnt; er sei mißlauniger als je und könne sich durchaus nicht mit dem Gedanken befreunden, daß die Werkstatt nach seinem Tode in andere Hände übergehe. Ferdinand war nach jedem dieser Briefe eine ganze Weile niedergedrückt und von Gewissensskrupeln geplagt. Seine Wirtin hatte das bald heraus, was es mit diesen Briefen für eine Bewandtnis habe, und suchte ihn dann bei der Mittags- oder Abendzeit durch das Erzählen lustiger Schwänke aus der Lehrzeit ihres Gatten auf andere Ge danken zu bringen. Und wenn das alles nicht fruchtete — etwas war doch imstande, sein seelisches Gleichgewicht herzustellen — der Anblick Melittas; trotz ihrer eckigen Formen, die dieheran wachsende Jungfrau verrieten, und trotz ihrer unregel mäßigen Züge war über das ganze Wesen seiner Wirts tochter eine solche Lieblichkeit ausgegossen, die reizvoll und erfrischend wirkte. Das Schönste an ihr war aber jedenfalls das reiche Haar von einem unbestimmten Blond, das, wenn die Sonnenstrahlen darauf fielen, ganz goldig glänzte. An fangs, die erste Zeit nach seiner Ankunft, wenn er manch mal trotz eines gewissen angeborenen Taktes einen ge sellschaftlichen Schnitzer machte, der ihm bei seiner auf dein Dorfe verlebten Jugend nicht zu verargen war, er schien wohl ab und zu ein schnippisches Lächeln auf ihrem lieblichen Gesichtchen. Doch bald verging ihr das, als sie bemerken mußte, wie rasch sich der junge Mensch in sein» neue Position einlebte. —