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»ar die Fahrt zu Ende. Die vier jungen Leutchen mußten den Zug verlassen und hatten zusammen 24 Mark Strafe zu »atzlen. Al« sie dagegen Opposition machen wollten, riet Ihnen ein anderer Passagier, ja zu bezahlen, da die Sache sonst an die Staatsanwaltschaft gegeben werde und dann mit Geld nickt mehr abzumachrn fei. DaS schlug durch, und so wurde die Strafe erlegt, teilweise gegen vorläufiges Pfand. f* Ntederltchtena». Die Schauspielgesellschaft Breiholz auS Frankenberg gibt morgen, Mittwoch, hier im Gasthof „Erbgericht" eine Vorstellung. Zur Aufführung gelangt daS Schauspiel in 8 Akten „Griseldis, da» Musterbild der Frauen". (Siehe Inserat.) * . — Mittweida. Ein Waldbrand war Sonntag nach mittag auf de« sogenannten Auengelände zwischen Ringethal und Niederrossau entstanden. Von der freiw. Feuerwehr Niederrossau wurde der Brand unterdrückt. — Burgstädt. Auf dem hiesigen Friedhof brannte gestern abend die Leichenhalle nieder. — Freiberg. Unser erst vor wenigen Jahren mit einem Kostenaufwand von 600 000 M. errichtete« Wasserwerk hat sich, wie schon berichtet wurde, bereit» i« vergangenen Jahre al» unzulänglich erwiesen. Während nach den beim Bau vorgelegten Berechnungen da» Werk solange genügend Wasser liefern sollte, bi» die Einwohnerzahl Freiberg» auf 4S000 gestiegen wäre, trat bereit» im vorigen Jahre bei einer Einwohnerzahl von rund 37 500 empfindlicher Wasser mangel ein. Um diesem für die Folge vorzubeugen, brachte der Rat eine Vorlage ein, nach der mit einem Kostenaufwand von 150 000 M. neue Wasserzuläufe (Anschluß neuer Quell gebiete und eine Filtrationsanlage für Teichwasser) erschlossen werden sollten. Die Stadtverordneten nahmen aber an der Rat»vorlage ganz bedeutende Abstriche vor und genehmigten nur 42 800 M. für eine Pumpanlage und Erschließung neuer Quellen im Grinnlitztal, aus dem unser Wasserwerk bisher schon gespeist wurde. Die Filtration-anlage lehnte man ab, da man sich da» gute Quellwasser nicht durch geklärte» Teich wasser beeinträchtigen lassen wollte. — Lresde«. Bei dem Ringkampf am gestrigen Abend im Zirkus Sarrasani fügte der Kosakenringer Michae- loff dem Portugiesen Carlos einen Rippenbruch zu, der ihn auf längere Zeit seinem Berufe entzieht. — Riesa. Mit dem 3. Mai wird hier der 8 Uhr- Ladenschluß für die offenen Verkaufrstellen sämtlicher Ge schäftszweige mit Ausnahme der Fleischer und Barbiere ein- geführt. — Läbtl«. Zu der bereits gemeldeten Erpresser geschichte wird noch geschrieben: Am 13. März wurde ein hiesiger älterer Schriftsetzer, der etwas schüchternen Wesens ist, an seiner Arbeitsstätte von einem fremden Menschen auf gesucht. Dieser verlangte von ihm 50 Mk., andernfalls er ein Vergehen de» Cousin» des Schriftsetzers aufdecken werde. Der Mensch verstand den Schriftsetzer, obgleich dieser gar keinen Cousin hat, so zu ängstigen, daß er sich die SO Mk. bei seinem Chef lieh und sie dem Fremden gab. Die Erpressungen wiederholten sich, und nach und nach gab der Schriftsetzer 200 Mk. her, bis er sich am Sonnabend seinem Chef offenbarte. Nunmehr wurde die Polizei benachrichtigt, und diese nahm den Erpresser nach einer kurzen Jagd fest. Er gibt an, ein 37jähriger Zigarrenarbeiter aus Frankenberg zu sein und stellt sich geisteskrank. — Geithain. Im Anschluß an einen öffentlichen Bor trag, den ReichStagkabg. v. Liebert hier vor seiner Wähler schaft hielt, wurde auf dessen Anregung hin folgende Reso lution einmütig angenommen: „Im Anschluß an die Reso lution de» Konservativen Sächsischen Landesverbandes vom 6. April spricht sich die Vereinigung nationaler Wähler in Geithain nach einer Rede des ReichStagSabg. v. Liebert ein mütig für schleunige Erledigung der Reich»finanzreform aus. Die hier versammelten Wähler sind der Ansicht, daß neben der Besteuerung der Verbrauchsartikel ein Ausbau der Erb schaftssteuer eintreten muß. Auf diesem Wege werden die dem Reiche absolut notwendigen Geldmittel unter Heranziehung de» Besitze» und ohne die Einzelstaaten zu schwer zu belasten, beschafft werden können." — Leipzig. Der von der „Anarchistischen Föderation Deutschland»" (Titz Berlin) veranstaltete diesjährige Anar chisten-Kongreß wird während der Pfingstfeierlage in Leipzig abgehalten werden — Hohe»stet»sGr»sttthal. Nach dem Genuß von Pferdefleisch vom Roßschlächter Herold erkrankten hier viele Personen schwer. Da» 13jährige Mädchen Nadler ist bereit» gestorben. Das noch vorhandene Fleisch wurde sofort beschlagnahmt. — Tre»e«. Am Sonntag früh entstand gegen 4 Uhr im Herrenhaus de» Rittergutes des Herrn Opitz Feuer, wodurch das umfangreiche Gebäude vollständig eingeäschert wurde. DaS Mobiliar konnte zum großen Teil gerettet werden. DaS Feuer ist in der Mädchenkammer durch Un vorsichtigkeit eines Mädchens entstanden, da» ein Licht auf den Teppich fallen ließ. — Adorf i. B. Das Automobil des Fabrikanten Ringk auS Reichenbach i. V. überfuhr den Barbierlehrling Bieber- mann au» Sohl bei Bad Elster, der hier in der Lehre steht. Der Tod trat sofort ein. Den Chauffeur soll keine Schuld treffen. — Glitte» t. V. Wie aus Brambach gemeldet wird, erfolgte Sonntag vormittag 9 Uhr 28 Min. ein ziemlich heftiger Erdstoß. — Ka«e»z. Durch ein Versehen ist eine Partie bei dem früheren Neudrucke von Couponbogen der hiesigen Stadtanleihe übriggebliebener Reservebogen nicht an die Stadtkasse zur Ablieferung gelangt, vielmehr nach dem Tode des Druckers in jüngster Zeit als Makulatur mitverkauft worden! Diese nicht numerierten Couponbogen sind selbst verständlich ungültig und wertlos. Das Publikum wird des halb zur Vorsicht bei Annahme von Kamenzer Stadtanleihe- coupon» gemahnt. csgetgercdicdte. Deutsches Reich. — Zu den Landtagswahlen. Im Plauener Wahlkreise ist die konservative Kandidatur des dortigen Ge werbekammersyndikus Dr. Engelmann zurückgezogen worden. — Im 37. ländlichen Wahlkreise kandidiert der Sozial demokrat Sindermann, im 46. der Sozialdemokrat I. Fraß dorf. — Im 44. ländlichen Wahlkreise kandidiert wieder der langjährige konservative Abgeordnete Rittergutsbesitzer Oekonomierat Zeidler-Oberlosa. » * * — Der Kaiser und die Kaiserin haben auf der schönen Insel das denkbar günstigste Wetter für ihren Früh- lingS-AuSflug angetroffen und fühlen sich also recht wohl dort. An Geselligkeit und Unterhaltung mangelt es nicht. Mit der griechischen Königsfamilie findet ein sehr reger Ver kehr statt, täglich werden Ausfahrten und Spaziergänge unternommen. Kein wahres Wort ist an einem Börsengerücht, nach welchem der Kaiser eine Fischgräte verschluckt haben sollte, die bis in die Lunge gedrungen sei und ihm große Schmerzen bereite. Mehrere Wiener Aerzte sollten angeblich zur Vornahme einer Operation berufen sein. An alledem ist, wie gesagt, kein Wort wahr. — Amtliches Dementi. Die Angabe des Berliner ZentrumSorganS, „Germania", der Reichskanzler habe vor dem Kaiser Tränen vergossen und wie ein Schloßhund ge heult, um die Versöhnung de» Herrschers zu erreichen, erklärt die „Nordd. Allg. Ztg." amtlich für einen gewöhnlichen Schwindel. — Ein merkwürdig weitgehendes Entgegen kommen findet die englische „Pfadfindertruppe" (Boy Scouts), die uns bekanntlich eine neuartige Auffassung der Schul- und Erholungsspiele beibringen soll. Die acht Jungen, im Alter von 15 bis 16 Jahren, kamen vom Schlachtfelde in Waterloo am 16. April zunächst nach Metz, wo ihnen seitens der dortigen Militärverwaltung die Schlachtfelder gezeigt und verschiedenes aus dem deutschen Heerwesen vorgeführt wurde. Sie begeben sich dann nach Heidelberg, um hier den Professoren vorgeführt zu werden. Ihre Führung liegt in den Händen des „Scout- masterS", der sie dann nach Bamberg und Würzburg bringt i hier hat die bayerisch« Staatsregierung dafür gesorgt, daß sich ein Ortsausschuß zum Empfang der englischen Gäste bildete, dessen Leitung die königl. Räte Dr. Michael und Eitzenberger und Stabsarzt Dr. Lion vom 1. Manen-Regi ment übernommen haben. In Bamberg erfolgt die Ankunft am 21. April, und e» soll dann ein gemeinsame» Mahl mit den Vertretern der Stadt und der Lokalverbände im Weinrestaurant Messerschmitt folgen. Von hier aus werden sie zur Altenburg geleitet, wo die Boy Scouts Gäste de« Herrn Reichstagsabgeordneten Manz sind. Der Kommandeur des 5. Infanterieregiment» Oberst Graf Zech hält am 22. eine Felddienstübung des ganzen Regiment» ab, zu welcher die Pfadfindertruppe eingeladen wird. Die Turn vereine halten Turnübungen ab; Turnabteilungen sollen am Abend die Truppe mit Fackeln zur Altenburg geleiten. i Am 23. April erfolgt nachmittag» 3 Uhr die Abfahrt nach .München, von wo au» ein Au»flug in» Gebirge geplant ist. In Bamberg werden alle erwachsenden Kosten durch Private gedeckt. — Wenn die acht englischen Stifte dabei nicht größen wahnsinnig werden, ist es wirklich ein Wunder. Glaubt jemand, daß Halbengland auf dem Bauche Herumrutschen würde, wenn wir ihm eine Zahl halbwüchsiger Jungen hinüberschicken? Niederlande. — In der niederländischen Hauptstadt Haag ist Montag der Geburtstag de» Prinz-Gemahls Heinrich (geb. 1876) gefeiert worden. Die Königin Wilhelmina ist wohlauf und setzt ihre täglichen Spaziergänge im Schloßgarten zu Haag fort. ' Italien. — Papst Piu» hielt gestern in Rom eine längere An sprache «n die von ihm empfangenen französischen Pilger, worin er aber die Benennung Frankreichs sorgfältig vermied und nur im allgemeinen vom Vaterlande sprach, dessen besten Freunde die Katholiken seien. Er dankte den Pilgern für ihre Treue gegen die Kirche und ermahnte sie, daran festzuhalten. Die beste Losung für alle sei Religio« und Vaterland. Die Franzosen kehren in dieser Woche in ihre Heimat zurück. Portugal. — In der Pairskammer drückte Graf Farnoso wiederum sein Bedauern darüber au«, daß über die Vorgeschichte und die Vorbereitungen zum Königs mord keinerlei Aufklärung geschaffen sei. Der Ministerpräsident erwiderte, der Unter suchungsrichter habe seine Pflicht in jeder Weise erfüllt. Rumänien. — König Karl ist au» Anlaß seine» 70. Geburtstage» der Gegenstand zahlreicher Ovationen. Leider ist der Monarch durch eine heftige Erkältung gezwungen, das Zimmer zu hüten, er hat deshalb auch den deutschen Kronprinzen bei dessen Ankunft am Montag in Bukarest nicht persönlich em pfangen können, begrüßte ihn aber auf das Herzlichste im Schlosse. An Stelle des Königs begrüßten dir Königin Elisabeth, die rumänischen Prinzen, Metropolit, Minister und andere Behörden den Kronprinzen auf dem Bahnhofe. Bei der Einfahrt in die festlich geschmückte Stadt ist der deutsche Kaisersohn sehr liebenswürdig willkommen geheißen. Man rechnet ihm da« Hinkommcn als Beweis der Sympathie Kaiser Wilhelm« sehr hoch an. Die Feierlichkeiten nehmen mehrere Tage tn Anspruch. — Dem König Karl von Rumänien widmet zum 70. Geburtstage im Auftrage der deutschen Reichs regierung die „Nordd. Allg. Ztg." einen herzlichen Glückwunsch- Artikel. Es heißt darin: das rumänische Volk darf sich glücklich schätzen, am Dienstag sich um den Fürsten, der der Schöpfer des rumänischen StaateS ist, scharen und dankbar der Stunde gedenken zu können, die vor 70 Jahren der Sigmaringer Fürstenlinie einen Sproß von echter Hohen- zollern-Art bescherte. AuS dem reichbegabten Prinzen erwuchs eine scharf ausgeprägte Herrscher-Persönlichkeit, die in der Blüte der Jugendjahre berufen werden sollte, die Lösung einer Aufgabe voll unabsehbarer Schwierigkeiten auf sich zu nehmen. Durch entschlossene Tatkraft, zielbewußtes Streben, hingebungsvolle Arbeit hat König Karl in wenigen Jahr zehnten daS heutige rumänis he Gemeinwesen geschaffen, für Simion. Eines Künstlers Werdegang. Don Max Kempner-Hochstädt. i». Aortfetzung.j — Machdruü verhoicu Ja, schließlich verwandelte sich ihr überlegener Spott tn ein warmes Mitgefühl für ihn und sie suchte ihm aus zarte Art die Sitten und Gewohnheiten des städtischen Lebens beizubringen, um ihn für die Zukunft vor Schaden freude zu bewahren. Auch Ferdinand fühlte sich zu ihr hingezogen, eine wahrhaft brüderliche Zuneigung beseelte ihn für dieses zierliche, sympathische Geschöpf, dessen Ueberlegenheit, was Gewandtheit und gesellschaftlichen Takt anbetraf, er in stinktiv sofort herausgefühlt hatte. Allmählich traten sie sich näher. Ihr Interesse wuchs für diesen schmächtigen, ungelenken Jungen, der im Begriff stand, in das Jünglingsalter überzutreten, der mit so weltfremden, neugierigen Augen in das rastlose Getriebe der Großstadt hineinschaute und ein bei seiner Jugend merkwürdiges, zielbewußtes Streben mit einem rührenden Kindergemüt und einer geradezu bei spiellosen Unkenntnis des Lebens in sich vereinigte. Und auch er faßte ein ungewöhnliches Vertrauen zu ihr, in ihrer Gegenwart taute er auf, seine sonstige Wort kargheit schwand, und er begann in prächtigen Farben ein glänzendes Bild seiner hochfliegcnden Pläne aufzubauen. Sie pflegte ihm dann andächtig zuzuhören und ihn stumm zu betrachten, denn dann trat seine ganze hoch gestimmte Seele auf seine Lippen und seine Augen strahlten von jugendlicher Begeisterung. Er war in solchen Mo menten unbeschreiblich schön, nnd Melitta, die die ganze Schönheitstrunkenheit von ihrem Vater geerbt hatte, ver mochte kein Auge von ihm abzuwenden. Es waren ihre weihevollsten, genußreichsten Stunden, die ein reiner Hauch unberührter Jugend durchbebte, und beide wünschten wohl im stillen, es möchte immer so bleiben. Doch die Jahre vergingen, unablässig, unaufhaltsam verrann Tag auf Tag und der Augenblick erschien, da Meister Donatus zu ihm sagte: „Nun bist du so weit, wie ich dich haben wollte, jetzt beginnt die eigentliche Arbeit und nun wollen wir sehen, was du leisten kannst. Von morgen ab besuchst du mein Atelier als mein Schüler." Da konnte sich der Ferdel, der nun ein großer Ferdinand geworden war, vor Freude nicht mehr halten, er ergriff die Hand des Meisters und küßte sie mit In brunst. Und wenn ein Schatten auf diese große Freude fiel, so war es wieder nur die abweisende Haltung des Vaters. Drei Jahre war er nun fern von den Seinen und mehrere Male hatte er von seinem Wohltäter während der Ferien die Erlaubnis erhalten, seine Eltern zu besuchen. Doch jedesmal, wenn er ihnen vorher schrieb und seinen Besuch in Aussicht stellte, traf postwendend die Antwort der Mutter ein, er solle lieber dort bleiben. Der Vater habe seinen Kopf für sich und sagte nur immer: „I mag nix wissen davon. Ist der Bua fortgegangen von mir, so mag er halt warten, bis er was is. Bin schon recht begierig darauf." Da krampfte sich sein Herz nor Weh zusammen, be sonders, da er die Tränenspuren der Mutter auf dem Papier bemerkte. So hatte er auch kürzlich wieder den Versuch gemacht, den Vater zu versöhnen und beide Eltern für einige Zeit wiederzusehen, und war wieder abschlägig beschicken worden. „Nun," dachte er bei sich, „so will ich's dem Vater dann zeigen, daß etwas in mir steckt, ein tüchtiger Kerl will ich werden und er soll noch einmal sagen, daß ihm seine Nachgiebigkeit nicht leid tut." Mit brennendem Eifer stürzte er sich in die neue Arbeit. Er war so unermüdlich, als würde er von einem unsichtbaren Geist vorwärts getrieben; er gönnte sich so wenig Ruhe und Abwechslung, daß seine Wangen noch blässer wurden und seine Augen tief in den Höhlen lagen. Gleichsam spielend überwand er die Anfangsgründe der Technik, und es gab schließlich keine Schwierigkeit des Handwerks, die zu groß für ihn gewesen wäre. Mit unverhohlener Bewunderung, aber auch mit tiefer Besorgnis über sein verändertes Aussehen schaute der Professor seinem Treiben zu; doch alle wohlgemeinten Ermahnungen, sich zu mäßigen und seine Kraft zu schonen, scheiterten an dem rastlosen Vorwärtsdrängen dieses Feuer- kopfes. „Ferdinand," sagte er zu ihm eine. Tage», „du reibt» dich unnötig auf; du bist noch so jung und hast da« ganze Leben vor dir, so daß du dein Ziel noch zeitig genug erreichst." „Kann man denn das zeitig genug erreichen, Meister?" entgegnete er. „Muß man nicht seine ganze Kraft ein setzen, wenn man so Großes begehrt? Uno haben Sie mir nicht diese ganze Bildung zuteil werden kaffen und mich die^großen Geister unserer Nation kennen gelehrt, damit ich ihre Lehren befolgen soll? Ich richte mich nach den Worten Schillers: „Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein."" 4. Kapitel. Selten hat wohl ein Künstler in so jungen Jahren das Aufsehen aller Kenner derartig erregt, wie Ferdinand Weitinger. Als seine Rebekka am Brunnen in der Kunstaus stellung erschien, das Erstlingswerk eines noch Namen losen, da waren sowohl das Publikum wie seine Zunft» genossen gleichermaßen verblüfft. Das wunderbare Bildwerk, das schon von weitem die Blicke der Beschauer auf sich zog, war stets von einer ganzen Schar beifallslustiger Enthusiasten umlagert, die ihrer Bewunderung geräuschvollen Ausdruck gaben. Und in der Tat: die Figur der Rebekka strömte einen unsagbar poetischen Reiz aus. In leichtem Flusse bogen sich die anmutigen Linien der zarten, jugendlichen Glieder und über der ganzen Gestalt lag etwas Träumerisches. Doch das Schönste daran war unstreitig der leicht nach unten geneigte Kopf, der an die besten Vorbilder der Antike erinnerte, gemildert durch die süße Anmut eines Canova. In den feinen Gesichtszügen lag etwa« so Keusches und Inniges, daß man sich immer von neuem angezogen fühlte. Es machte Professor Donatus ungeheuren Spaß, sich unter das davor wogende Publikum zu mischen und die verschiedenen Lobhnmnen, die meisten» in Superlativen abgefaßt waren, zu belauschen. Handelte es sich doch um die Erstlingsarbett seines Schützlings, und er empfand berechtigten Stolz darüber, wieder einmal den richtigen Blick bekundet zu haben. lFortfchung folgt.)