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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 11.04.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190904112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19090411
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19090411
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- 2. Beilage/1. Beilage in der falschen Reihenfolge eingebunden.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-04
- Tag 1909-04-11
-
Monat
1909-04
-
Jahr
1909
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Oenwtcbtet. * Zweitavsend Marl Belohn««-. Die Postverwal tung fehle auf die Ergreifung des Verbrechers, der den Raub anfall auf den Geldbriefträger Eulenburg in Berlin verübte, tausend Mark Belohnung aus, sodaß insgesamt zweitausend Mark Belohnung ausgeschrieben sind. * Der Hochwasserschaden t« Bayer« ist, wie aus München gemeldet wird, nunmehr von den Behörden fest- gestellt worden. Der Gefamtschaden beträgt demnach für Privateigentümer über 8 Millionen Mark, dazu kommt noch der ganz bedeutende Schaden an zerstörten Gemeindebauten und Anlagen. * Die Steuerhiuterziehuuge«, die Professor Delbrück aufgedrckt hat, bilden noch immer den Gegenstand lebhafter Erörterungen und Auseinandersetzungen. Der Gelehrte hat berechnet, daß in Preußen ein steuerbares Volksvermögen von 142 Milliarden Mark vorhanden ist, daß aber nur 91,6 Milliarden veranlagt sind. Die 50 Milliarden, die sich so der Besteuerung entziehen, entfallen jedoch keineswegs aus schließlich auf die Landwirtschaft. Im Finanzministerium wurde dem Gelehrten auf feine Anfrage allerdings „nicht eigentlich bestritten, daß die Veranlagungen zur Einkommen steuer auf dem Lande sehr viel zu wünschen übrig lassen"; eS wurde dort andererseits aber auch darauf hingewlesen, daß man in Preußen in einem einzigen Jahre 13 Fälle hatte, wo Millionäre deklarierten, sie hätten kein Einkommen. Und Amerika. — Expräsident C astros Operationswunde hat sich wieder geöffnet; sein Befinden ist ernst. — Wie es heute in Amerika ausfieht, schreibt die sehr deutschfreundliche Newyorker Handelsztg. in bemerkenswerter Weise: „Im allgemeinen wird eine Zunahme der Einwanderung als ein gutes Zeichen befriedigender industrieller Verhältnisse angesehen. Gegenwärtig fehlt e» aber an einer solchen Besserung, die ein Anwachsen der Einwanderung rechtfertigen würde. Man ftagt sich daher, wo die Scharen der zuströmenden Fremdlinge Beschäftigung finden sollen, während doch in den nordamerika nischen Großstädten und Industriezentren schwere Arbeits losigkeit herrscht. Außerdem lauten die Berichte aus der Eisen- und Stahlindustrie wenig tröstlich, und es scheinen hier «icht allein einschneidende Lohnherabsetzungen, sondern auch um fassende Betriebseinstellungen beoorzustehen. Es ist also die »ringende Warnung am Platze, die Abreise nach dem Dollar land« bis zu solcher Zett zu verschieben, wo dort wirklich eine geschäftliche und industrielle Besserung eingelreten ist." Mtser Kaiser bereits von dem neuen Botschafter bei feiner Ankunft in Italien begrüßt zu werden. Während der Amts führung deS Grafen MontS erkalteten die deutfch.italienifchen Beziehungen, die von den Vorgängern des Grafen, dem Herrn v. Keudell und dem jetzigen Reichskanzler Fürsten v. Bülow, erfolgreich gepflegt worden waren Dänemark. — Eine neue dänische Herausforderung liegt in dem Er scheinen einer dänischen Wochenschrift in Odense, die den Litel trägt „Dänisches Zusammenwirken". Der Kopf diese» dänischen Hetzblattes zeicht eine mächtige Eiche, die „unter einer Krone Dach" da» eine recht», da» andere links, die Wappen von Dänemark und Schleswig zeigt. Hinter der Eiche sieht man die Düpprlmühle und den Alsen-Sund mit der Insel Alsen. Als» Schleswig mit Dänemark vereint I A a ft a «. — Der „Asahi" veröffentlicht eine Depesche aus Mulden, denufolae der Vizekönig Hsu den japanischen Konsul davon verständigt hat, daß eS wünschenswert sei, eine Verständigung zwischen den chinesischen und japanischen Behörden über die Frage der Polizeirechte auf der Antung—Mulden-Strecke zu erzielen. Vertragsgemäß gehöre das Polizeirecht in der Mandschurei China, es sei jedoch angebracht, eine Verständi gung vor dem Beginn der Arbeiten zu erzielen, um weiterhin Streitigkeiten zu vermeiden. Der japanische Konsul antwor tete, daß in Chardin bereits ein Präzedenzfall durch die Rus sen geschaffen worden sei, und daß infolgedessen Japan das Recht, Polizeimannschaften zu unterhalten, zustehe. Die Ver handlungen wurden vertagt. Es scheint, daß die Chinesen gegen die Ausdehnung der Bahn nach Chientao Protest er heben wollen. da» war ganz richtig. Ls handelte sich um große Geschäfts leute und SpekulationZfirmen, die aus ihren Büchern nach wiesen, daß sie tatsächlich im Durchschnitt während der drei letzten Jahre mit Verlust gearbeitet hatten. Das kommt auch bei Landwirten vor. * Boa Wölfe« belagert. In Saint-Sauveur im De partement Haute«-PyreneeS unternahmen drei Einwohner einen längeren Jagdausflug, um Keiler zu erlegen. Am Abend des ersten Jagdtages beschlossen sie, in einer Blockhütte zu übernachten, die in dichtem Buchenwald nahe der französisch spanischen Grenze gelegen ist. Sie bereiteten gerade an lustig prasselndem Feuer auf der Schncefläche vor der Hütte ihre Abendmahlzeit, als sie von einer Meute hungriger Wölfe an gegriffen wurden. Nach heftigem Kampfe gelang eS den Jä gern, sich mit einem Teil ihrer Hunde, von denen drei den wütenden Bestien zum Opfer fielen, in die Hütte zu retten. Letztere verrammelten sie, soweit ihnen dies mit den vorhan denen Materialien möglich war. Die Wölfe gingen nunmehr zu einer regelrechten Belagerung des Platzes über. Bei den wiederholten Sturmangriffen drangen mehrfach einige von ihnen in das Innere der belagerten Hütte und mußten mit Kolbenschlägen wieder daraus vertrieben werden. Schon waren nach achtstündiger Berennung die tapferen Verteidiger am Ende ihrer Kräfte angelangt, als nach Anbruch des Tages Schüsse erschollen, die von einer anderen Jagdpartie abge- fcuert wurden, die sich in der gleichen Gegend ebenfalls auf der Eberjagd befand. Ihre Schüsse verscheuchten die hungrigen Bestien. * 25 Tote bei« Leicheasch«a«S. Aus Warschau wird folgendes unglaubliche Vorkon mnis mitaeteilt, von dem der Pastor Dietrich aus Lodz in seiner Wochenschrift „Unsere Kirche" erzählt. In Rußland besteht noch in ausgeprägtestem Maße der Brauch, nach einer Beerdigung einen Leichenschmaus abzuhalten, der desto größer und andauernder ausfällt, je angesehener der Verstorbene war. Bei solchen Leichenschmäusen werden gewöhnlich beträchtliche Mengen Branntwein vertilgt. Das Unmöglichste darin hat aber eine Gesellschaft geleistet, die bei» Leichenschmaus des Landwirts Ssogiejewitjch an wesend war. Der Landmann war bei seinen Nachbarn sehr beliebt, daher kamen auch große Scharen zu seinem Begräbnis. Nach der Leichenfeier wurden im Hanse des Verstorbenen fünfzig Verwandte und Bekannte „gastfreundlich" ausgenommen. Es gab dort ein großes, gutes Abendessen, bei dem der Schnaps selbstverständlich nicht fehlen durste. Um sich nun recht zu „trösten", hatte man zwei Faß Branntwein ange zapft. In kleinen Gläschen den Schnaps zu trinken, war aber den Leuten zu umständlich, daher trank man denselben auS großen Gläsern und verharrte im Gelage die ganze Nacht bis in die frühen Morgenstunden hinein. Die Folgen dieses unsinnigen Trinkens waren fürchterlich. Von den 50 Per sonen, die an dem Gelage teilgenommen hatten, waren 40 schwer betrunken. Von diesen Schwerbetrunkenen starben innerhalb weniger Stunden 25 Mann infolge Alkoholvergif tung. Unter den Toten befindet sich auch die „tiefbetrübte" Witwe des Verstorbenen. Nach Ansicht der Aerzte ist der Zustand der anderen Personen besorgniserregend. * Schwere Explosiv«. In einem in der Nähe de» Va tikans gelegenen Gasthaus in Rom ereignete sich durch Zufall eine heftige Explosion von Sprengmitteln. Außer schweren Be schädigungen des Hauses wurden drei Personen, darunter der Verfertiger der Sprengstoffe, verletzt. * Barbarischer Abergtaabe. Aus der oberungarischen Gemeinde Vagas wird em Vorfall mitgeteilt, der ein trau riges Zeugnis von dem in der ländlichen Bevölkerung herr schenden krassen Aberglauben ablegt. Ein junger Bauern- burschr namens Georg Serafi wurde irrsinnig. Sein Vater wendete sich an einige Wewer aus dem Dorfe, die in dem Rufe stehen, allerlei Krankheiten kurieren zu können. Sie sagten nun, der Bursche sei vom Teufel besessen und dieser könne durch feuriges Eisen ausgetrieben werden. Der Vater folgte pünktlich dieser Weisung und röstete seinen Sohn buch stäblich auf glühendem Eisen, so daß der Bedauernswerte unter den unsäglichsten Qualen den erlittenen Brandwunden erlag. * Geschichte« voa der verstorbene« Kaiserin-Witwe von China. Die Kaiserin-Witwe von China, die längst, wenige Stunden nach dem Ableben des Kaisers Kwang-su, unter geheimnisvollen Umständen gestorben ist, war eine der merkwürdigsten Frauengestalten, die je einen Thron bestiegen waschen hat! Ja, aber sehe ich das Mädel, kruzifixen, warum auch nicht? Dann um so besser. Dann weiß ich, was die Glocken ge schlagen haben — es war ohnedies nicht mehr auszuhallen, durch , die Tage zu stapfen wie durch eine Nebelwand. Brost, ja, ja, aber schämst du dich nicht, wegen eines dummen Mädels ?" Und da fing das Gespräch wieder an der Stelle an, von der eS den Ausgang genommen hatte, und es wurde nach demselben strengen System weitergeführt, bis cs wieder da war, wo es von vorn losgehen konnte. Es war eine harte Arbeit, die Gedanken auf so beschwerlichem Pfad fortzuschieben, und der Brost mochte erst beim vierten Ver such halten, auf der Befahrung dieses Kreisweges eine Stelle zu entdecken, in die man hätte hmeinlluchten können mit der Hoff nung, den Ausweg zu finden — als er nach dreiviertelstündigem Marsch am Fuße des Bergpsads angelangt war. Die Nacht Halle sich langsam zu der Einsicht bekehrt, da sie sich dem siegreichen Auszug des jungen Tags doch wieder nicht enlgegenstellen konnte, ihr Gcsichl war in diesem Gefühl der Ohnm acht innner bleicher geworden, und wie der Ambros den ersten Schritt aus den ge wundenen Weg setzte, der die Berghöhe hinauf und an der Bu ve vorbersührte, da schoß <s üver den vöuen nn Osten golden hervor und trai akkurat den G'pnl des Bonisaziusderg'S, daß er in stol zem Gelbrol hochau' stammle. .Ja, Brost," sagte der Ambros zu sich, „das paßt. Wenn du dich dazuhältst, dann bist du gerade mit den erilen Sonnenstrahlen oben der den Buchen." Und er griff mächtig aus. Zwei Wegwindungen hatte er zu nehmen. So, da war der Krispinsbrunnen, nun wird's gleich geschafft sein. Der Ambros schaut auf zur Buche, wie weit's noch sein mag. Ja — >a — — „Jesmarandjoses!" schreit er und bleibt dann starr mit weit aufgerissenen Augen stehen. Da schallt von oben her ein Kreischer, und im selben Augen blick kommt s wie ein Sturzbach über ihn her, daß er naß ist wie ein Pudel. Aber der Himmel weiß, hat das kalte Master die Nebelwand, durch die er die letzten Tage gestiegen war, rem weggespült, oder hat ihn daS Bad so zuiammensahren lasten, daß er mit seinen Gliedern auch seine sämtlichen Gedanken zusammenriß und dabei noch gleich ein beträchtliches Stück Mut mitnahm — im nächsten Augenblick steht man den Ambros hinauf zur Buche stürzen, aber picht auf dem gewundenen Pfad, nein, geradeswegs über Stein und Geröll, den steilen Hang hinauf, und wieder einen Augenblick später sieht man ihn unter der Bontsaziusduche und neben einem umgestürzten Wasserschaff ein dunkelhaariges Menschenkind in braunen, lustig im Morgenwind flatternden Röcken im Arme halten, und man hört ibn schreien: „Zenz!" und einen Juchzer tun, daß man weiß: die Sache hat ihre Richtigkeit. Besonders weil das braunberockie Menschenkind absolut keine Anstalten macht, dieser neuartigen Situation ein Ende zu machen. Ja, ihre Richtigkeit hatte die Sache. Und mit natürlichen Dingen ging's zu. Wieso? hat die Zenz dem Ambros noch selbigen TageS erzählt. Dabei erfuhr er. daß er aus dem ganzen Dorfe mit Einschluß des Großb iuernhofs drüben der schmuckste Kerl sei, nach dem die Zenz schon lange ihre Augen ausgeschickt hätte und den sie hätte kriegen müssen auf alle Fälle, das hätte sie sich nun einmal in den Kopf gesetzt Und wie der sonderbare Mensch — so berichtete sie weiter — ihr, der die Burschen gleich mandelweise hinterher schaumuzelten, nur immer aus dem Wege lief, da hätte sie schon gar nicht sich zu raten gewußt, und da sei sie zum Kiäulerweible gelaustn — hur schmunzelte der Annros, aber die Zenz ließ sich nicht beirren, sondern fuhr fort: Das Weible habe nicht lange ge zaudert und habe ihr ein altes Rezept gegeben. Ganz früh, noch ehe die Mädels zum Osterwasser gingen, sollte sie unter andäch tigem Zauderspruch ein großes Wasserschaff am Krispinsbrunnen vollschöpren und damit hinauf zur Buche gehen, und wenn die ersten Strahlen der Ostersonne tn das Wasser fielen, da würde sie den Liebsten zu schauen bekommen. „Und stehst du, Brost", schloß sie „das Weible hat recht ge habt. Dich hat das Sankt-Krisplns-Wasser zum BonisazmSberg gezwungen." Der Brost hütete sich, was dagegen zu sagen, aber die Zenz hatte noch einen guten Gedanken: „Und aufs Weible sage mir nichts. Ämdros, wir machen ihm ein Geschenk, es hat's um uns verdient." Der Ambros schmunzelte wieder und noch viel mehr, als vor hin, und er war damit zu'rteden. Als er den Taler, den er und die Zenz zusammen aufgebracht hatten, bei dem Kräuterweible adlieferte und diese Belohnung mit der Erzählung feiner Geschichte begründete, legte er noch extra eine Marl drauf. Und damit mußte das Weible ewiges Schweigen geloben üoer den „Zauber", mit dem eS den AmvroS auf den BonisaziuSberg und tn die Arme der Zenz gelockt hatte. haben. M-t einem eisernen Willen und mit außerordentlicher Klugheit und Schlauheit ausgestattet, lenkte sie mit fester Hand fast ein halbes Jahrhund .t lang eines der größten Reiche der Welt. Einen Mann im Unterrock nannten sie die europäischen Diplomaten. Aber dieser „Mann im Unterrock" war — wer würde daS für-möglich gehalten haben? — abergläubischer als zehn andere Weiber zusammengenommen. Ihr ganzes Leben wurde beherrscht und beeinflußt von ihrem Glauben an ein mysteriöses Schicksal, an Zaubereien, an gute und böse Geister, an Amulette usw. Alle ihre Gewänder waren bestickt oder bemalt mit Hieroglyphen, die Glück und langes Leben bedeuteten. In allen Räumen ihres Palastes standen zahlreiche goldene Schüsseln mit Aepseln, weil in China Aepfel das Symbol des Friedens und des Glückes sind; an anderen Stellen standen Teller mit Pfirsichen, weil diese Früchte die Langlebigkeit versinnbildlichen. Am Hals und an den Armen trug sie immer mehrere Amulette, und sie duldete nie, daß sich ihr irgend jemand in Trauerkleidern näherte. Die Prinzessin Tschirn wurde wenige Stunden nach dem Tode ihres Vaters von der Kaiserin zu einem Plauder stündchen eingeladen. Sie erschien im Palast mit blauen Schuhen: dunkelblau ist nämllch die Trauerfarbe für die zweite Periode der Trauer. „Weshalb trägst du blaue Schuhe?" fragte, finster blickend, die Kaiserin. — „Weil mein Vater gestorben ist", erwiderte die Prinzessin. — „Die Trauer um deinen Vater ist dir also mehr als die Freude darüber, daß du mit deiner Kaiserin zusammen sein darfst?" sagte Tiu-Hsi in drohendem Tone. Die arme Prinzessin mußte, um nicht in Ungnade zu fallen, rasch rote Schuhe anziehen und die blauen ins Feuer werfen. Der Artikel des „Century Magazine", dem wir diese Einzelheiten entnehmen, erinnert ferner daran, daß man zur Zeit der Weltausstellung von St. Louis der Kaiserin den Vorschlag machte, sich malen zu lassen und das Bild auf die Ausstellung zu schicken. Zuerst war Tsu-Hsi über diesen Vorschlag ganz entsetzt; nachdem sie jedoch den Prinzen Tsching um Rat gefragt hatte, erklärte sie sich mit der Sache einverstanden. Das Bild mußte jedoch 'an einem „Glückstage" begonnen werden, und man mußte zwischen dem kaiserlichen Palaste und dem Bahnhof von Peking eine besondere Eisenbahn bauen, weil das Bild der Kaiserin unter keinen Umständen von Lastträgern oder Dienst männern zur Bahn gebracht werden durfte: das wäre näm lich von schlechter Vorbedeutung, weil man in China auf solche Weise auch die Leichen fortschafft. * Der euttünschte Erbprinz. Ein niedliches Histörchen, das den Vorzug hat, wahr zu sein, wird wie folgt mitgeteilt: Lebte da in einer süddeutschen Residenz ein Erbprinz, blut jung und lebenslustig; der hatte die Leute viel von einem amüsanten, aber arg frivolen Stücke reden hören, das in allen größeren Theaterstädten Repertoirestück war, an einem Hof theater aber, dessen Bretter wohl die Welt, niemals aber die Halbwelt bedeuten dürfen, natürlich nicht gegeben werden konnte. Nun lag aber nur eine ganz kurze Bahnstrecke von der Residenz entfernt eine große Theaterstadt, deren Haupt bühne sich des erfolgreichen Schlagers skrupellos angenommen und alle seine sonstigen „Maxime" unbekümmert über Bord geworfen hatte. Was war einfacher, als inkognito hinüber zufahren und sich einmal einen lustigen Abend zu machen? Gedacht — getan. Der junge Fürstenfohn benutzte die nächste Gelegenheit und kniff aus, um sich das verbotene Stück an zusehen. Aber bei Hose kann so leicht nichts geschehen, ohne daß es bemerkt wird. So hatte denn irgend ein freiwilliger Sittenwächter auch von der Reise des Thronfolgers Wind bekommen und nichts Eiligeres zu tun gehabt, als den be freundeten Theater-Intendanten der Nachbarstadt drahtlich zu benachrichtigen, welch hoher Besuch am Abend sein Theater beehren wolle. Bleicher Schrecken fuhr dem Intendanten in die Glieder; denn er war ein Mann, der höfischen Brauch kannte und darum bei Hofe wohlgelitten war. Aber er faßte sich und kam schnell zu einem befreienden Entschluß. . . . Und da nun der junge Erbprinz voll froher Erwartung all dem Zuge stieg, da harrte seiner eine Ueberraschung; denn als er sich an der nächsten Anschlagsäule über den Beginn der Vorstellung orientieren wollte, erstarrte sein Blick auf einem grünen Zettel, der besagte, daß „plötzlich eingetretener Hindernisse halber" eine Repertoire-Aenderung nötig geworden sei und statt der „Dame von Maxim" am Abend im Schau spielhaus — „Nathan der Weise!" gegeben werde. . . . Der Prinz soll bereits den nächsten Zug zur Heimreise benutzt haben. * Ei« wertvolles Lebe«, das wertvollste in der ganzen Welt, hat Mr. Taft, der Vereinigten Staaten neuer Präsident. Er gehört zu den besten Kunden der großen amerikanischen Versicherungsgesellschaften. Wenn auch andere Größen der neuen Welt ihr Leben mit — nach europäischen Begriffen — ungeheuren Summen versichert haben, so kommt doch dem jetzigen Präsidenten keiner gleich. Taft hat sein Leben mit 15 Millionen versichert. Ein Zeichen dafür, daß er auch für seine Familie ein vorsorglicher Vater ist. * AaS -em ferne« Galizien erhielt dieser Tage ein Einwohner eines Dorfes bei Plauen i. V. einen Brief von einem nur notdürftig des Deutschen mächtigen Galizier, der vor fünf Jahren tm Vogtlande gearbeitet und seitdem nicht» von sich hat hören lassen. Es heißt in dem Briefe u. a.: „Ich schreibe ntch zu Dir so lang was war ich nicht zu Hause. Aber jezt bin ich schon zu Hause bin ich von Militär frei und suchen ich wider Arbeit in Deutschland. Jetzt bitte Ich Dich ltber Kamerad aussuchen mir gute Arbeit. Ich wollte noch ein mal in Sachsen sain besonders wil Ich beser sich deutsch belernen. Dammals werde ich Par scheine Medchen nehmen und dann faßte jibaty (Sympathie). Die Medchen, welche waren dort, sind schon alle verhairaten. Wen werde noch ein mal nach dort Vahren und gefinven ich gute stelle dan werde ich nicht nach Hause kehren ich werde sich hairaten mitt eines medchen ich kann nicht leben in die ärmste Galizien in Fremde Lande ist iberal beser wie in Unsere Kaiserreich, wen werde ich dort ankomen dann werden wir ein viertel Bier austrinken. Friher warsl Du noch zu schwach zum viel dir trinken aber jezt ich denken bist Du schon viel schterker. Jezt ende ich meine schrrft und begriese Dich aus volle Herz Dein Kamerad I. N." * Et« Fra«eadorf. Die „LectureS pour touS" machen in einer ihrer letzten Nummern mit ihren Lesern eine Reise nach dem kleinen Dorfe Froissy bei Paris. Wenn der Reisend« au» dem Zug« steigt, sieht er eine „Diensthabende" im
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