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Ivy» Anzeiger 68, Iahrgong- v^ründet 1842. MM für)« MM MhWlmmM Mft,MW- MM M i>m Mit zu IMMg i. — Druck und Verlag von T. G. Roßberg in Frankenberg 1. Ga. Verantwortlicher Redakteur: Ernsi Roßberg in Frankenberg i. Sa. ^ysditlone«.^ KOoll Aagnrt über clle stelcbrflnanrrekorm. Aus Berlin wird uns geschrieben: Die Adolf Wagner- Versammlung, die am Montag vom nationalliberalen Verein Charlottenburg-Ost veranstaltet wurde, ordnet sich m>t ihrem unmittelbaren Eindruck und ihren Nachwirkungen in die Reihe aller der Unternehmungen ein, deren Endzweck es ist, das Werk der Reichsfinanzreform zu beflügeln und eine über den Kompromiß hinausgrhende, noch befriedigendere Regelung der Besitzbelastung zu finden. Professor Adolf Wagner hat nicht als Liberaler, sondern al» ein Mann gesprochen, der mit seinem Fühlen den konservativen Kreisen nahe steht. Er hat daraus kein Hehl gemacht, sondern sich ausdrücklich zu seinen konservativen Sympathien bekannt. Er hat in seinen Aus führungen die Sache sprechen lassen und dadurch eine starke innerliche Wirkung erzielt. Nur einmal ist er scharf geworden (übrigens auch nur im sachlichen Urteil, nicht persönlich); es war, al» er die Agitationsweise deS Bunde» der Landwirte gegen die Nachlaßsteuer besprach; sie sei, so meinte er, der Agitation ähnlich gewesen, die eine dem Bürgertum feindliche Partei — er dachte offenbar an die Sozialdemokratie — gegen die indirekten Steuern zu entfalten pflege; es sei aber in solchen Fällen nicht die Aufgabe, aufzureizen, sondern auf zuklären. Im übrigen war die Wagner-Versammlung keine parteipolitische Kampfversammlung. Der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Fuhrmann betonte ausdrücklich, daß nicht gegen die Rechte, sondern mit ihr zusammen gearbeitet werden müsse. Geheimrat Kahl ging noch weiter und wollte auch das Zentrum nicht von der Arbeit an der Reichsfinauz- reform fernhalten: nur müsse da» Zentrum sich an den Block bar erklärte Vorschrift im Satz 1 des § 6b fallen zu lassen, um ein Scheitern de» Gesetze» zu verhindern. Abg. Roesicke (kons.) schließt ftch dieser Erkarung an Lba. David (Soz ): Auch seine Freunde seien, damit da» Gesetz nicht scheitere, bereit, ihren Widerspruch gegen die Streichung de» Satzes 1 zurückzuziehen. . Nach weiterer Debatte wird zunächst m 8 1b der Satz 1 gestrichen, Satz 2 angenommen, und sodann § 6» m der Fassung Roeren-Erzberger angenommen. Ohne wesentliche Debatte werden der Rest des Gesetzes und sodann das ganze Weinsesetz inder Gesamtabstimmung angenommen. Debattelos wird die Novelle zum Gesetz wegen Besei tigung der Doppelbesteuerung definitiv in dritter Lesung ^Sodannwird die Etatsberatung fortgesetzt beim Spe zialetat des Reichsmilitärgerichts. Die Kommission hat u a einen zweiten Adjutanten für den Präsidenten gestrichen, und ebenso je 600 M. Zulagen für 11 außeretatsmaßlge militärische Mitglieder. Abg. v. Llern (kons.) beantragt, diese wieder herzustellen. Abg. Semler (natl.) befürwortet diesen Antrag. Mit offenbar ganz schwacher Mehrheit — gegen Zentrum und Sozialdemokraten — wird der Antrag v. Elern und Gen. angenommen. Es folgt der Militäretat. Abg. Häusler (Zentr.): Es ließe sich noch viel sparen und der Etat sich namentlich auch durchsichtiger gestalten. Die Zentralstelle kümmert sich um zu viel Kleinigkeiten. Dan kenswert seien die Vorträge in der Armee über Landwirtschaft, bedauerlich dagegen da» Gewicht, das immer noch auf die Kavallerie al» Waffe für Massenangriffe gelegt werde. Dis ziplin müsse sein, dazu aber bedürfe e« nicht eine» solchen Paradedrills. Das dritte Dienstjahr bei der Kavallerie sei unnötig. Abg. v. Liebert (Rp): Wir stünden in recht ernsten Zeiten. Jeder Augenblick könne den Krieg bringen. Man dürfe in solcher Zeit bei unserer Rüstung nicht an Sparen denken. Redner spricht sich sodann gegen die Idee einer Er setzung der „dritten Leutnants" durch Feldwebelleutnants au». Die Einheitlichkeit unsere« Osfizierkorps, um das uns die ganz« Welt beneide, würde durch Einfügung solcher Feld- wcbelleutnants leiden. Graf Oriola (natl.) erklärt, was Abg. Häusler über die Ausbildung in der Kavallerie gesagt habe, zwinge ihn zu der Frage: teilt man etwa die Ansicht des Herrn Häusler in der bayerischen Kammer? Die Aushilfsmittrl der Feld webelleutnants zur Aushilfe gegen das Manquement im Of fizierkorps sollte man nur im äußersten Notfall unwenden. Bei den Unteroffizieren sei vor allem wichtig die Sicherung der Zivilzukunft für unsere Kapitulanten; daher sei es zu be grüßen, daß die KriegSvrrwallung den Posten für den Kapi tulantenunterricht erheblich vergrößert habe. Generalmajor v. Gebsattel erklärt, daß die bayerische Regierung die Ansicht Häuslers nicht teilt. Anzeigenpreis: Die «-gesp. Petitzeile oder deren Raum 1K bet Lokal- Anzeigen 12 im amtlichen Teil pro Zeile 40 „Eingesandt" i« RedaktionSteile ZK H. Für schwierigen und tabellarischen Satz Aufschlag, für Wiederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Tarif. F« Nachweis und Offerten «Annahme werde» 2K -t Extragebühr berechnet. Vom Reichstag. 2S5. Sitzung am 16. März, mittag» S Uhr. Auf der Tagerordnung steht zunächst bi« dritte Lesung deS Weing «setze». Eine Debatte entsteht bei Z 2». Mit 8 6» wird zugleich ß 6b zur Beratung gestellt. Abg. Heyl v. Hern-Heim (natl.) bittet um Ablehnung de» Antrages Roereo-Hrzberger. Es sei unerläßlich, die Be stimmung au» der zweiten Lesung aufrecht zu erhalten, daß Verschmttweine überhaupt nicht verzuckert werden dürfen. Abg. Erzberger (Zentr.), für seinen Antrag eintretend, erklärte zugleich, daß mit einer Mehrhxjt im Hause auch seine Freunde bereit seien, die von der Regierung für unannehm »rschet«« an jede« Wochentag abend» für den folgenden Tag. Bezugs preis vierteljährlich 1 KO 4, monatlich KO H. Trägrrlohn extra. — Einzelnummern laufenden Monat« b H, Küher» Monate 10 Z. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe stellen sowie von allen Postanstalten Deutschland« und Oesterreichs «ngenommru. Rach dem AuSlande Lersand, Wöchentlich unter kreuzbqnd. Livircben Weg uml prleärn. Einen letzten Bersuch zur Lösung der Krisis gedenkt mau seitens der österreichische« Regierung in den nächsten Tagen zu unternehmen. Wie die Wiener „Neue. Fr. Pr." erfährt, wird die Antwort Oesterreich-Ungarn» auf die serbische Note noch im Laufe dieser Woche erfolgen. In dieser Note Oester reich-Ungarn» wird darauf hingewiesen »erden, daß di« Note der serbischen Regierung die Antwort auf den wichtigsten Punkt vermissen läßt. Die österreichisch-ungarische Regierung wird die serbische Regierung auffordern, sich über diesen Punkt in klarer, unzweideutiger Weise zu äußern. Nach dieser Richtung äußerte sich iu der ersten Lesung der Rekru tenvorlage der österreichische Ministerpräsident Bienerth dahin, daß die serbische Antwortnote den österreichischen Erwartungen nicht entspreche. Wir wollten, so erklärte der Minister, Ser bien in entgegenkommendster Weise die Hand reiche«, um es in die Lage zu versetzen, sich uns gegenüber in entsprechend klarer Welse über die Veränderung seiner Politik hinsichtlich Bosniens, sowie der Fortsetzung der wirtschaftlichen Bezieh- ungrn zu äußern. Auf diese bestimmten Fragen antwortete Serbien ausweichend, wir werden jedenfalls nicht in der Lage sein, vo» einer un» befriedigenden Darstellung der wahren Absichten Serbien» mit demselben in eine Erörterung wirt schaftlicher Fragen einzutreten. Der österreichische Kaiser erschien gestern unerwartet i« der Wiener Hofburg und konferierte von */,12 Uhr ab mit den österreichischen und ungarischen Ministern. Soweit di« Dispositionen bekannt find, wollte der Kaiser den Abend in Schönbrunn zudringen. In der Hofburg wird dir Lage al» sehr ernst erklärt. Au» zuverlässiger Quelle verlautet, daß die Mobilisierung ftr die zunächst in Betracht kommenden Armeekorp« in Bo«, nien, der Herzegowina und Dalmatien noch heute erfolgen werde. Dieser Befehl bedeutet dir sofortige Einberufung der Ergänzungsmannschaftcn unter Annahme de» vollen Krieg»- stände» de» Id. Korps (Serajewo) und beim Militärkom mando Zara. Für die nächsten Tage folgen dann das 7. Armeekorp» (TrmeSvar), da» 12. Korps (Hermannstadt) und da» 13. Korps (Agram). Außerdem dürsten noch das V. Korps (Leitmeritz) und ein Teil de» 8. Korps (Prag) mobilisiert werden. O O G Die neuesten Depeschen lauten: Drespe«. Zahlreiche in Sachsen lebende Oesterreicher find zur Fahne rinberufen worden. Prstg. Von den öS Jnfanterir-Bytaillonen, die in ganz Böhmen stationiert sind, sind 33 nach der Südgrenze der Monarchie bestimmt. Einzelne Tnle sind bereits nach dem Süden abgegangen. Auch die Einberufung von Reservisten ist in verschiedenen Teilen Böhmen» erfolgt. v»tz«p«st. Für Donnerstag ist die Abfahrt von sechs kriegsmäßig ausgerüsteten Donaumonitoren, drei Petroleum- und drei Benzmbooten von hier nach Peter- Wardein oder vemlin unter dem Kommando des Korvetten kapitän» Nauta angesetzt. Wit». Der österreichisch-ungarische Gesandte in Belgrad wird am Sonnabend der serbischen Regierung die Note überreichen, welche Oesterreich al» Antwort auf die Note der serbischen Regierung übermittel« wird. Von der Ant wort Serbiens wird Krieg oher Frieden abhängen. K»»st«»tt»opel. Die Pforte hat dir Durchfahrt von Kriegsmaterial für Serbien verboten und zwar auf Grund von Vorstellungen des deutschen und österreichischen Bot schafters. Sofi«. Bulgarien gestattete auf Drängen Rußlands die Durchfuhr de» für Serbien bestimmten und in Saloniki ein- gehaltcnen Kriegsmaterials über Varna. PetMB-»rg. Per Dumapräsident Thomjqkow forderte sämtliche Dumaabgeordnete auf, ein Rundschreiben an alle Parlamente zu unterzeichnen, da» die Volksvertretungen auf fordert, alle» aufzubieten, den Ausbruch de» Kriege» zu ver hindern. dtk 18 Mkrz Frankenberger Tageblatt anschließen — nicht umgekehrt —, nur dann sei «ine wirklich nationale Reichsfinanzreform gewährleistet. Bemerkenswert ist noch, daß die zu« Schluffe angenommene Resolution eine geschlossene und entschlössest« Regierung wünscht, di« ihre Finanzvvrlagrn mit fester Zügelsührung vertritt. Vst Worm Ser veWoatinneniclnr. * Seit vielen Jahren schön strebt die Lehrerschaft eine Reform de» Religionsunterricht» an und man darf wohl sagen, in allen Kreisen der Bevölkerung bringt man diesem Bestreben Verständnis entgegen. Auf dem sächsischen Lehrer tag Ende September vorigen Jahre» wurden Grundsätze, die sogenannten „Zwickauer Thesen", angenommen, w«lche dfe Wünsche der Lehrerschaft histsicksilich der Erteilung de» Religions unterricht» kennzeichnen. Diese Thesen sind da» Ergebnis jahrelanger Beratung ernster, erfahrener Männer, sie lassen in ihrer Kürze ohne Erläuterungen aber Mißdeutungen zu, die denn auch nicht ausblieben und zu einer ziemlich scharfen Bekämpfung der Thesen durch der Kirche nahestehende Kreise führten. Uni aufzuklären, hätte der Bezitköletzrer- verein Frankenberg für Dienstag, den 16. März, abend» zu einem Elternabend im Saale deS Hotel zum Roß eingeladen, der denn auch durch die ruhigen sachlichen und abgeklärten, von trefflichen Schulbeispielen unterstützten Ausfüh rungen des Referenten und durch dieDarlegungen des Verfertiger» und Verfechter» der Thesen, Schuldirektor Arnold aus Themnitz, den Fernstehenden einmal klarlegte, worum es sich in dem Kampfe überhaupt handelt. Zum besseren Verständnis der Verhandlungen drucken wir die Thesen hier nochmals ab: 1. Religion Ist ein wesentlicher Unterricktsgegenstand und der Religionsunterricht eine selbständige Veranstaltung der Volks schule. 2. Rr Kat die Aufgabe, die Oesinnung fesu im Kinde lebendig ru machen. 3. Oekrplan und Unterrichtskorm müssen dem Wesen der Kindesseele entsprechen, und Festsetzungen darüber sind aus- schliekiich 8ache der schule. Vie kirchliche kuksicht über den Religionsunterricht ist aukrukeben. 4. blur solche vildungsstokke kommen in betracht, in denen dem Kinde religiöses und sittliches Oeben anschaulich entgegen tritt., ver Religionsunterricht ist im wesentlichen Oesckickts- unterricht. Im /Mittelpunkte Kat die Person jesu ru sieben, be sondere veachtung verdienen äuker den entsprechenden biblischen 8tokken auch bebensdilder von Förderern religiöser und sittlicher Kultur auf dem Loden unseres Volkstums mit Berücksichtigung der dleuneit. Io ausgiebiger Weise sind die Erlebnisse des Kindes ru verwerten. 5. Die Volksschule Kat sgstematiscken und dogmatischen Unterricht abruleknen. Lür die Oberstufe können als geeignete Grundlage für eine Zusammenfassung der in der christlichen Religion entkaltenen sittlichen Oedanken die rekn Oebote, die Bergpredigt und das Vaterunser bezeichnet werden. ver Katechismus vutkers kann nicht Orundlage und /lus- gangspunkt der religiösen jugendunterweisung sein. Rr ist als religionsgesckicktlicke Urkunde und evangelisck-iutkerische 6e- kenntnisschrikt ru würdigen. 6. ver religiöse vernstokk ist nach psgchologisck-päda gogischen Orundsätren neueugestalten und wesentlich ru kürzen, der verrmwang ru mildern. 7. ver Religionsunterricht soll vor dem dritten Hcbuljakre nicht als selbständiges Unterrichtsfach auktreten. Vie 2akl der stunden ist, damit das kindliche Interesse nicht erlakme, suk allen Unterrichtsstuken 2U vermindern. Vie disker übliche Zwei teilung des Religionsunterrichts in vibliscke Oeschichte (vibel- erklärungj und Kateckismuslekre, sowie die Unordnung des 8tokkes nach konrientrischen Kreisen ist adruleknen. Ubenso müssen Religionsprükungen und Religionseensuren wegkalien. 8. ver gesamte Religionsunterricht muk im Rinklange sieben mit den gesicherten Ergebnissen der wissenschaftlichen Lorschung und dem gelauterten sittlichen Empfinden unserer Zeit. 0. kleben der Reform des Religionsunterrichts in der Volks schule ist eine entsprechende Umgestaltung des Religionsunter richts im Seminare notwendig. Die gut brsuchte Vrrsamnilung wurde eröffnet und ge leitet vom Vorsitzrnden des Bezirkslehrervereins Herrn Lehrer Hertzsch, der in seiner Begrüßungsansprache darauf hinwics, daß man nicht einen jugendlichen Stürmer und Dränger, sondern eine« erfahrenen Herrn, den Senior drr hiesigen Lehrerschaft, für da» Rrferat gewonnen habe. In der Wahl des Referenten sei zu erkennen, daß die Lehrer nicht für sich, sondern für die Jugend den Kampf ausgenommen haben. Der Vorsitzende brachte dann noch ein Schreiben der König!. Superintendentur Chemnitz II zur Verlesung, in dem gesagt wird, daß die bisherigen Versammlungen in Dresden, Anna- berg, Leipzig den gewünschten Erfolg nicht gehabt, vielmehr Anlaß zu Verstimmungen und Erbitterungen gegeben hätten und es sich deshalb nicht empfehle, diese» wichtige Thema vor der breitesten Oeffentlichkeit zu erörtern. Die Geistlichkeit Garantie nicht übernommen werden. Nachweis und Offerten-Annahme werden 2K -l Extragebühr berechnet ^ann Tageblatt Frank-nhergsachsen. Ynferateu-Alnnffhme auch hurch alle,deMch«N Annoncen -Exysditlone«