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o. Berlin. Die gegen den Legationsrat Hammann sich richtenden Verdächtigungen, die mir neulich kurz erwähnt haben, sinv nunmehr in einer am Mittwoch in einem Berliner Ver lage erschienenen Broschüre weiter ausgebaut worden. Diese Broschüre ist sofort bei ihrem Erscheinen von der Staats- anwaltschast beschlagnahmt worden. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt hierzu: „Wegen mehrerer unter §196 des Straf gesetzbuchs fallender Behauptungen, die in einer gegen den Wirkt. Geh. Legationsrat im Auswärtigen Amt Dr. Hammann veröffentlichten Broschüre enthalten sind, stellte der Staats sekretär v. Schoen gegen den Herausgeber der Broschüre, Werner Steinhoff, und den Mitbeteiligten Bruno Schmitz Strafantrag." — Ehemuitz. Bei einer im nahen Schönau vollzogenen Kind taufe betraten vor den üblichen Paten zwei Messenger- Boys (uniformierte Stadtboten) in ihrem Kostüm die Kirche, um an Stelle der Hebamme das Kind über das Taufbecken zu halten. Der Vater des Täuflings hatte die Boys hierzu engagiert, doch ging der Geistliche auf den „Scherz" nicht ein, sondern weigerte sich, die heilige Handlung zu vollziehen. Die Taufe fand erst statt, als die Kindesmutter selbst mit dem Täufling an das Becken trat. xHg — Dresden. Zu dem Kindesraub, über den vor einigen Tagen auf Grund von Angaben des Vaters berichtet wurde, teilt der Rechtsbeistand der Mutter des Kindes mit, daß die Mutter des Kindes dieses selbst an sich genommen habe, da sie sich im Besitz eines rechtskräftigen Urteils be finde, das ihr das Kind zusprcchc. — Gestern wurde auf dem Pferdemarkt in Eisenberg-Moritzburg ein Zigeuner, namens Wilhelm Steinbach, unter dem Verdacht verhaftet, im vorigen Sommer verschiedene Betrügereien ausgeführt zu haben. Steinbach hatte 27000 und seine Frau 10000 Mk. bei sich. Beide wurden an das Landgericht Dresden ein geliefert und auch nicht freigelassen, nachdem Steinbach eine höhere Kaution angeboten hatte. — Eine besondere Straf ¬ einander geworfen, daß es auch dem erfahrenen Psychologen nicht leicht wird, die Knäuel zu entwirren. Wer mit nichts anderem ausgerüstet als den Aussagen einer Partei in sitt lichen Zorn verfällt und partout der Wahrheit eine Gasse zu brechen geizt, zeigt damit zum mindesten, daß er über ein Kindergemüt verfügt. Kindergemüter aber sollte man von der Politik fern halten. Wer sittliche Forderungen anmeiden Mill, muß zuvor ein umfassendes Weltbild auf der Seele tragen. Kinderbilder bleiben Zerrbilder. Ungefähr auf der nämlichen Höhe stehen die Entrüstungs ausbrüche wegen der „Hausdame". Angenommen: die Dame wäre dem Herrn, der als Gesandter im „kleinen" Orient wirkt, in der Tat mehr al« die treue Schaffnerin seines Hauses. Wen ginge daS etwas an? Wessen Interessen würden dadurch verletzt? Ja, wenn es dabei zum Eclat gekommen wäre. Wenn dem Anstand und der öffentlichen Sittlichkeit ins Gesicht geschlagen wäre. DaS aber hat noch niemand behauptet. Zunächst ist MAN im Orient — auch in Rußland schon — in solchen Stücken erheblich toleranter als im lieben Deutschland, wo nicht selten die gewiegtesten Ty- rannenstürzer und Gottesleugner, bei Licht betrachtet, sich als die fürchterlichsten Spießbürger entpuppen. Sodann aber liegt bisher nur unbeweisbarer Weiberklatsch vor: die Frau eines Legatioasrats hätte sich beschwert gefühlt. Und die Nichte eines fremden Gesandten auch. Vielleicht finden die Herren, die auf diese Dinge Zeit und Lust verwenden, auch noch die Nichte eines Geheimen expedierenden Sekretärs heraus, die chokiert worden wäre. Das enthebt den kundigen Lebenspilgrim nicht der Frage: wodurch, meine Gnädigste, fühlten Sie sich chokiert? Durch Gerüchte, die an Ihre Ohren drangen over durch selbst beobachtete Tatsachen? Bis zum Tatsachenbcweis aber werden honette und erfahrene Leute gut tun, in diesem Kapitel nicht weiter zu lesen. Nebenbei: man sollte wirklich meinen, wir hätten in Deutschland zurzeit andere und ernsthaftere Sorgen. f* Ntlder vom Tage. An unserer Bildertafel brachten wir zum Aushang: Indische Gaukler; — der Grabstein in der Stube; — Professor Begas beim Vierballspiel. Der bekanute Bildhauer ist ein hervorragender Billardspieler, er pflegt mit Vorliebe das Vierballspiel, bei dem der Spielball drei Bälle treffen muß. f AnS dem Lehrerseminar. Um irrigen Meinungen zu begegnen, werden wir ersucht, unseren Lesern mitzuteilen, daß der TanzkursuS der Seminaristen auch im näch sten Jahre und ganz in den bisherigen Formen stattfindet. Die Liste der Einladungen soll nach den Weihnachtsferien in Umlauf gesetzt werden. f Neber eine« Frankenberger Stadtsohv, der seiner Heimat rechte Ehre bereitet, wird uns aus Düsseldorf mit geteilt: „Ein junger Frankenberger Künstler, Herr Gotthold Nestler (Sohn des Herrn Stadtrat Baumeister Nestler), trug bei der Bochumer Bismarckturm-Konkurrenz einen glänzenden Sieg davon. Von insgesamt 580 eingegangenen Entwürfen erhielt er den ersten und den zweiten Preis von zu sammen 1600 Mk. Er studiert gegenwärtig in einem Düssel dorfer Meisteratelier für Architektur." Wir können zu einer solchen Weihnachtsfreude die Eltern des jungen strebsamen Mannes nur beglückwünschen! f* Seflügelausstellung. Der Geflügelzüchterver ein zu Frankenberg veranstaltet vom 12. bis 14. De zember im „Kaisersaal" die 31. Geflügelausstellung, die wieder sehr zahlreich von hiesigen und auch bekannten auswärtigen Züchtern beschickt ist. Der Katalog umfaßt nahezu 300 Nummern Hühner, Tauben und Wassergeflügel. Etwa 500 schöne Tiere der verschiedenen mit Vorliebe hier gezüchteten Rassen sind zur Schau gestellt und werden nicht nur dem Züchter, sondern auch dem Laien einen erfreuenden Anblick gewähren. Die Preisrichter walteten bereits vor der morgen, Sonnabend, stattfindenden Eröffnung der Ausstellung ihres Amtes, sodaß man das Ergebnis der Bewertung, das ja von besonderem Jweresse ist, an Ort und Stelle erfährt. Mit der Ausstellung ist Verlosung und Geflügelmarkt ver bunden. Der Besuch der Schau, auf die wir noch zurück kommen, ist jedem zu empfehlen. Dresdener Pferdezucht-Lotterie. In die durch die Geschäftsstelle des Tageblattes verkauften Losserien fielen kleinere Gewinne nur auf die Nummern 8575 (Gew. 391) und Nr. 45 523 (Gew. 2152). Für die übrigen durch uns verkauften f Lose und deren Inhaber ist die Gewinnliste leider eine „Verlustliste" geworden. f «retsfeuerwehrverbanü für die Kretshauptmaun- schaften Chemnitz, Flöha und Rochlitz. Sonntag, den 13. Dezember, nachmittags 2 Uhr findet eine Versamm lung der Hauptleute im Böcsensaal des „Gasthaus zur Linde", Neustädter Markt, in Chemnitz statt. f Der 1. Sächsische Esperanto-Kongretz wird zu Pfingsten 1909 in Leipzig vom Verband deutscher Espe rantisten abgehalten. vettllcbet uoa ZScbritcdet. Frankenberg, 11. Dezember 1908. -f Verlängerung der Schulferien. Die neue Verord nung über die Schulferien ist in der gestrigen Sitzung der Ersten Kammer des Landtags genehmigt worden. Kultus minister Dr. Beck erklärte, er werde die Verordnung den Lehrern und Schülern noch auf den Weihnachtstisch legen. Danach sollen auch an den Volksschulen die Weihnachtsferien vom 24. Dezember bis 6. Januar dauern. In Zukunft werden also die Ferien für die höheren Lehranstalten Pfing sten und Michaelis je eine Woche, Ostern zwei Wochen, Weih nachten vom 24. Dezember bis 6. Januar und die im Som mer vom 15. Juli bis 14. August dauern, sofern sie nicht schon fünf Wochen umfaßten, lieber die Ferien der Volks schulen bestimmt der Entwurf folgendes: In jeder Schulge meinde, in derem Bezirke sich eine höhere Lehranstalt befin det, fallen die Ferien der Volksschule mit denen jener Anstalt zusammen. Für alle übrigen Schulgemeinden gelten bezüglich der Oster-, Pfingst- und Weihnachtsferien dieselben Bestim mungen wie für die höheren Schulen. Die Somnier- und Herbstferien werden unter Festsetzung auf insgesamt fünf und eine halbe Woche durch die Ortsjchulordnung in einer dem örtliche« Bedürfnisse entsprechenden Welse verteilt. — Am letzten Tage vor den Ferien fällt für alle Schulen der et waige Nachmittagsunterricht aus. Wcbrtsgr-ferlen. Der Deutsche Reichstag geht jetzt in die Weihnachtsferien. Er hat kein tüchtiges Stück angreifender praktischer Arbeit hinter sich, wohl aber rin reichlich bemessenes Quantum Auf regung. Was ihm zu tun übrig bleibt, das ist, dafür zu sorgen, daß sich die unruhigen Tage tunlichst nicht wieder holen. Wlr haben noch keinen Sessionsabschnitt des Reichstags gehabt, der dem verwichenen geglichen hätte. Die Kaiser- Debatten standen ohne Beispiel da in der ganzen deutschen Parlamentsgeschichte. Zu umgehen waren sie nicht, schon deshalb nicht, weil mit ihnen die Kanzler-Krisis verbunden war. Man hat mit Recht vom Fürsten Bülow gesagt, er habe in seiner Laufbahn als erster und allein verantwortlicher Reichsminister viel Glück gehabt; er hat aber in den ver flossenen Wochen so ernste Stunden zu verleben gehabt, daß auch ein einfacher Mann erkennen konnte, wie auch den leitenden Männern in dieser Welt nicht stets ein lieblicher Trank kredenzt wird. Der Kanzler hat das Recht des Reichs tags auf offene Erörterung aller Reichsangelegenheilen bei der später folgenden Beratung der verfassungsrechtlichen An träge noch besonders durch den Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg betonen lassen; nun ist es am Reichstag, in Ruhe und Würde auch seine staatsmännische Ueberlegrnheit dar zutun. Schwanken wir nicht von einem blühenden Optimis mus zum krassen Pessimismus hin und her, sondern halten wir unS an die Wirklichkeit, an das, was ist, was sein muß. Diese Verhandlungen haben zeitweise sogar die neuen Struervorlagen in den Hintergrund treten lassen, aus denen sie' freilich im neuen Jahre schnell wieder hervortreten werden. Daß eine schnelle Vereinbarung darüber erfolgt, ist indessen nicht anzunrhmen, hat doch sogar der konservative Partei führer Graf Kanitz gesagt, bei den nie ruhenden Ansprüchen, bei dieser Forderung von neuen 500 Millionen im Jahre könne auch einem geduldigen Menschen die Galle überlaufen. Allerdings enthebt dieser Mißmut nicht von der Notwendig keit, Ordnung in die Reichsfinanzen hineinzubringen. Die Schuldenlast^ des Deutschen Reiches beläuft sich heute auf 4254 Millionen Mark; die Ausgabe von 600 Millionen Mark Schatzanweisungen ist bereits wieder vorgesehen. Diese Zinsensteigerung ist also für eine fernere unbegrenzte Zukunft unmöglich, denn wir wirtschaften zu teuer. Daß es mit den neuen Steuer-Entwürfen nicht so werden kann, wie es sich der Reichsschatzsekretär gedacht hat, darüber sind alle Parteien einig; wie es werden soll, das haben die Herren in den ver flossenen Wochen noch nicht herausbringen können, das müssen sie in den Weihnachsferien sich überlegen. Die Arbeitslast, welche ihrer Bewältigung durch den Reichstag harrt, ist groß; sie ist umso schwerer, als heute nicht mehr aus dem Vollen geschöpft werden kann und der Nährstand mit steigenden Ausgaben und sinkenden Ein nahmen zu rechnen hat. Die Reichstag-abgeordneten stehen jetzt also wirklich vor einem Befähigungsnachweis über ihre Tüchtigkeit. Hoffentlich gelingt er, zumal damit auch die Erfüllung der schon lange versprochenen Erhöhung der Be- amtenbejoldungen verknüpft ist. ksslserkul« Mill k^ogFmnasium. LU vis »Solist» ^aLi»»H>»i«prSt«»8 ^vird am 18. 1803 von OLK 8 OVtt» 0N adAsdaltsn vordem ^nmolduoKon vsrdsn vom 15. bis 31. dammr an sllon LodultLASn vov 11—12 vdr ollt^o^on^ollommoll. Vor^nls^oll sind Osdurts- odor I'auücouAllis, Impksokoill und dis lotste Zensur, PrullLvuberA, dell 10. Dezember 1908. krokessor -dr. HSrnSx, Direktor. Erscheint an jedem Wochentag abend» für den folgenden Tag. Bezugs- preis vierteljährlich 1 50 H, monatlich 50 H. TrSgerlohn extra. — Einzelnummern laufenden Monats 5 früherer Monate 10 H. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe stellen,. sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Auslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. Anzeigenpreis: Die K-gesp. Petitzeile oder deren Raum 1b H, bei Lokal- Anzeigen 12 H; im amtlichen Teil pro Zeile 40 „Eingesandt" im Redaktionsteile 5 H. Für schwierigen und tabellarischen Satz Ausschlag, sür Wiederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Tarif. FÜI Nachweis und Offerten-Annahme werden 2S <) Extragebahr berechnet. Jnseraten-Annahme auch durch alle deutschen Annoncen - Expeditione». Für Zigarren-Fabriken! j Am 1. Mai a. v. trat die vom Bundesrat unterm 17. Februar 1907 erlassene neue Bekanntmachung, betr. die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Zigarren bestimmten Anlagen, in Kraft und sind Druckexemplare davon, sowie von den nach ZK 10 und 11 dieser Be kanntmachung erforderlichen Souder - Aushänge zu haben in der am Markt» Ankündigungen sind rechtzeitig äufzugeben, und zwar größere Inserate bis 9 Uhr vormittags, kleinere bis spätestens 11 Uhr mittags des jeweiligen Ausgabetages. Für Aufnahme von Anzeigen an bestimmter Stelle kann «ine Garantie nicht üWnommen werden. E-S- 51. Telegramms: TagÄtztt Frankenbergsachsrn. Matrcb. Zu den „politischen Skandalgeschichten", die von einer gewissen Sensationspresse jetzt ausgebeutet werden, schreibt die „Natlib. Korr.": Durch die Blätter wirbelt wieder einmal allerlei böser und gehässiger Klatsch gegen ein paar hohe Beamte. Wie wir gleich hinzusügen wollen: Klatsch auf mehr oder weniger sexueller Grundlage. Da wird gegen den einen eine Ehe- scheidungsaffäre ausgebeutet, von dem andern aber wissen spürfame Federn zu berichten: seine Hausdame sei ihm, dem Garson, zugleich Herzenskönigin und das ginge doch gegen die Ordnung, Sitte und Recht. Es gibt nichts, was wider wärtiger wäre, als dikS Herumschnüffeln an Schlafzimmertüren und Schlüssellöchern. So besonders widerwärtig, weil es zugleich so unendlich kleinbürgerlich ist. Wer das Leben auch nur einigermaßen kennt, weiß, daß es kein widerspruchsvolleres Gebiet' gibt, als das der Ehescheidungen. Pa wird Wahres und" Falsche- — man möchte sagen: instinmv — so durch H S8S Somtove«», d rankenberM Anzeiger Bezirks- begründet 1842. S7. Jahrgang- We Mzmcht und Sm Kadlmt zu IMWerg i. Ku. druck und Verlag von E- G- Roßberg in Franker berg 1. Sa. MW für Sie MM MhauMmW Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg l. Sa.