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Beilage zm FraskeabeMTaseblatt mi> BeMaazeiger. -verantwortlicher Redakteur: Trust Roßierg in Frcuiknberg t. Ta. -- Druck und Verlag von T. G. Roßderg in Frankenberg t. Sa. .He 232 Sonntag, »e» 4 Oktober LM8 kcbs s«t aem SlSnrmaia. Der Awische«fr»ll vo« Casablanca hat viel Staub aufgewirbelt und Anlaß zu verschiedenen Preßkommentaren gegeben, dir das Vorgehen der Franzosen beleuchten, vielfach auch die Verwendung der Fremdenlegion in Marokko und die Einrichtung der Fremdenlegion überhaupt verurteilen. Die „Münch. Reuest. Nachr." schreiben: Wie die deutsche Regierung sich zu der Fremdenlegion, die die Franzosen als Kanonenfutter in Kolonialkriegen verwenden, Wittlich stellt, ist eine Frage für sich: wie sie sich dazu stellen sollte, ist kür jeden klar Urtellenden nicht zweifelhaft. Der Deutsche rrägt in Kolonialkriegen seine eigene Haut zu Markte, soweit nicht die Verwendung farbiger Soldaten geboten erscheint, und erdenkt über die Anwerbung weißer Landsknechte recht geringschätzig. Der Platz eines kriegetüchtigen Deutschen ist in Deutschland, nicht in Frankreich oder Holland. Mit anderen Worten, Deutschland muß grundsätzlich den Standpunkt vertreten, daß es die Einstel lung deutscher Staatsangehöriger in französische Heere-körper als nicht zu Recht bestehend» ja als eine Verletzung internationaler Pflichten ansieht. Daraus folgt, daß der Deutsche, der seinerseits diesem widerrechtlichen Verhältnis entflieht, Anspruch auf den Schutz der heimatlichen Regierung hat. Alle anderen Folgen für den vorliegenden Fall ergehen sich von selbst. Die deutsch-nationalen „Leipz. Reuest, Nachr.": ... Das ist klar, daß man auf deutscher Seite sich nicht mit ein paar Worten der Entschuldigung begnügen kann, nicht nur, weil d'Amade die Verantwortung für die lüngsten Vorgänge trägt, sondern weil er auch den Protest des deutschen Konsuls mit voller Nichtachtung behandelt, die Freigabe der deutschen Untertanen ab- gelehnt und jede Antwort verweigert hat. Schickt man aber das Lügenmärchen vor, wie es bereits geschehen ist, daß nämlich in Casablanca eine deutsche Agentur bestehe, die gewerbsmäßig deutsche Legionäre zur Desertion verleitete, so setzt man sich abermals nur in« Unrecht, indem man an dem ungeheuren Skandal rührt, den schor: die Existenz dieser Legion in den Augen jedes anständigen Menschen bedeutet. Wir sprechen schon jetzt die Erwartung aus, daß die deutsche Regierung nicht wieder, wie in den Tagen, als die deutschen Postschiffe beschlagnahmt wurden, ängstlich zur Hirten flöte greift. Es nmß auch noch andere Instrumente im Musik salon geben. Die deutschnationalen „Hamb. Nachr." ermahnen zur Besonnenheit: Die Bewahrung von ruhigem Blut hat die Ueberzeugung zur Voraussetzung, daß die deutsche Regierung mit aller Festigkeit auf ausreichende Genugtuung dringt, sobald der Tatbestand mit genügender Sicherheit festgestellt ist. Sehr wesentlich wird es sein, daß das bald geschieht, und daß die französische Regierung keine Versuche unternimmt, die Sache zu verdunkeln oder auf die lange Bank zu schieben. Als während des Karolinen-Streites mit Spanien der Madrider Pöbel am 4. September 1885 auf die Nachricht von der deutschen Flaggenhissung auf Bap hin das deutsche Gesandtschastsgebäude in Madrid angriff, das deutsche Wappen abriß und öffentlich verbrannte, ging binnen wenigen Tagen eine Eutschuldigunasnote der spanischen Regierung ein, die Deutschland im vollsten Maße Genugtuung gewährte. Die nationalliberale Braunschw. Landesztg." schreibt: An der „Entschiedenheit", mit der der Zwischenfall ver folgt werden soll, darf man umsomehr zweifeln, als diese bisher in dem ganzen Marokkohandel niemals lange vorhielt, sondern stets mit einem schrittweisen Zurückweichen endete, und auch die vorliegende offiziöse Forderung einer Sühne mit der hier sehr wenig am Platze befindlichen harmlosen Erklärung schließt: Es seien ja nur untergeordnete Personen gewesen, die sich den Ueber- griff erlaubt hätten, und man sei wett entfernt, die französische Regierung dafür verantwortlich zu machen, sofern diese nur ihr Bedauern darüber ausspricht — was die Herren Clemenceau und Pichon natürlich leichten HerzenS tun werden. Bei weitem heftiger wird die ebenfalls nationalliberale „Rhein.-Westf. Ztg.": Seitdem bei unS der neue KurS gesteuert wird, haben wir viele Fälle von Mißachtung und Mißhandlung Deutscher im Aus land beklagen müssen. WaS aber in Casablanca am verflossenen Freitag geschehen ist, das übersteigt doch alles, was uns bisher geboten worden ist. Es ist ein Zeichen dafür, wie tief unser Ansehen in der Welt gesunken ist, was man heute glaubt, einem Deutschen bieten zu dürfen. Es mutet doch recht Vorslkeas Liebe. c, , Rovsllk von Fritz G,gntzer. i». Fortsetzung.) —— ,, (Nachdruck verboten. 6. Kapitel. Erich Feldern schrieb schon wenige Tage später an Dorothea und erzählte ihr viel von seinem neuen Leben. Er hatte zunächst eine Stellung als Assistenzarzt bei einem vielbeschäftigten Sanitätsrat in einer kleinen märkischen Stadt angenommen, wollte aber, das hatte er Dorothea bereits bei dem Abschiede gesagt, und das schrieb er auch nun wieder, sich möglichst bald einen Wirkungskreis schaffen, in dem er selbständig praktizieren könne. Dorothea las diesen Brief immer wieder. Las ihn mit dem wonnigen, seligglücklichen Empfinden, das das Herz jeder jungen Braut durchbebt, wenn ihre Augen auf einem Briefblatt ruhen, das mit den Schriftzügen des Ge liebten bedeckt ist. Sie las auch zwischen den Zeilen und verstand es, sich das Leben ihres Verlobten bis in seine kleinsten Einzelheiten auszumalen. Ob es nicht ganz gut wäre, wenn Onkel Klaus und Tante Barbara diesen Brief lesen würden? Oder doch wenigstens Tante Barbara? Gewiß. Denn dann mußten ihre letzten Zweifel zerstreut werden. Dennoch zauderte Dorothea lange, ehe sie sich dazu entschloß, andere Augen auf diesem Briefe ruhen zu lassen. Alle jungen Bräute behandeln solch einen ersten Brief wie ein Heiligtum, erachten es als eine Entweihung, wenn fremde Hände ihn berühren, wenn fremde Blicke über seine Zeilen gleiten. Sie möchten ihm ein Kästlein aus Gold und Edelsteinen als Schrein geben, hüten ihn mit eifer süchtiger Besorgnis und träumen süße Träume von ihrem kostbaren Schatze. So erging es auch Dorothea. Sie betrachtete diesen Brief als ihr größtes Kleinod. Und ihr Schatzkästlein war ein altes Gebetbuch von ihrer Mutter. Zwischen dessen ver gilbten und zermürbten Blättern lag das treue Liebe und frisches Leben atmende Schreiben des jungen Arztes. Und oft während des Tages schlüpfte Dorothea in ihre Schlaf kammer, schloß die wurmstichige, mit Feuerlilien und Rosen bemalte Truhe, die einst Frau Barbara als Erbstück von ihrer Mutter selig Klaus Hardt mit in die Ehe gebracht eigentümlich an, wenn von deutscher Seite offiziös der Vorfall gewissermaßen bereits entschuldigt wird. Es ist allerdings richtig, daß seit der Besetzung Casablanca- zahlreiche Deutsche die Frem denlegion verlaffen und mit Hilfe von Landsleuten auf ein deut sches Schiff gebracht worden sind. Deserteure kann man diese Leute nicht nennen, denn sie leisten keinen Fahneneid, sondern haben mit der französisches Regierung nur einen zivilrechtlichen Vertrag abgeschlossen. Diesen Vertrag zu breche«, sind sie mo ralisch vollständig berechtigt, weil die französische Regierum, WaS Verpflegung und Behandlung anbetrifft, ebenfalls ihren Vertrag nicht hält. Viele von den Flüchtlingen kommen in der Wildnis um, andere werden wieder eingefangen und furchtbar bestraft. Der deutsche Konsul ist vollständig in seinem Recht, wenn er solchen Reichsangehörigen den Schutz deS Reiche« angedeihen läßt und sie auf ein deutsches Schiff bringt. Die Franzosen haben daS Recht ruchlos gebrochen. Die konservative „Kreuz-Ztg." kann den Franzosen wegen des Zwischenfalles einige bittere Bemerkungen nicht ersparen: Deutschland verschmäht eS, fremde Staatsangehörige in sein Heer einzustellen, es ist vielmehr ängstlich bemüht, fremde Staats angehörige seinem Heere fernzuhalten. Ein Zwischenfall, wie ihn der französische General bervorgerufen hat, kann in Deutschland nicht Vorkommen. Letzte Ursache des Zwischenfalls war die Ein richtung der Fremdenlegion, deren Abschaffung von patriotischen Franzosen schon wiederholt, jedoch vergeblich, beantragt worden ist. Wie auch immer der Zwischenfall von Casablanca beigelegt werden mag, das Vorgehen des französischen Generals daselbst hat wieder einmal recht anschaulich gezeigt, welche überaus feind selige und gehässige Stimmung unter den Franzosen zunächst in Marokko gegen Deutschland herrscht und gelegentlich zum Ausbrnch kommt. Die Betrachtungen über den türktschrbulgarischev Streit stellen sich meist auf die Seite der Türken. Die deutsch nationalen „Hamb. Nachr." schreiben: Schon jetzt wird man die Hoffnung auSsprechen dürfen, daß irgend ein Modus gefunden werde, der den bulgarischen Gelüsten nach Störung des Friedens ein für allemal einen Riegel vor schiebt und der Koburgerei, die weiter nichts als Unheil anrichtet, wenigstens in Bulgarien die Hände bindet. Die klerikale „Köln. Volksztg." schreibt: Das konfliktlüsterne Bulgarien will eS auf eine Machtprobe ankommen lassen — vorderhand auf eine moralische, aber da sein Verhalten ein bedenkliches Spiel mit dem Feuer beim Pulverfaß ist, kann eS Sturm ernten, nachdem es einmal Wind gesäet hat. Die Regierer in Sofia wollen nur möglichst viel Vorwände schaffen, um ihren Souveränitätskitzel zu befriedigen. Dadurch wird, wie selbst die Offiziere sagen, eine unerfreuliche und beunruhigende Lage geschaffen, und eS ist höchlich an der Zeit, die Bulgaren zur Räson zu rufen. Diejenigen Mächte haben dazu an erster Stelle die Pflicht, welche die nunmehr losgelaffenen bulgarischen Geister gerufen haben. Deutschland gehört nicht dazu. Das Unglück auf der Berliner Hochbahn gibt den „Hamburger Nachrichten" Anlaß, den Berlinern „amerika nische Hast" vorzuwerfen: Die von dem Unglück betroffene Berliner Hochbahn bildet sozusagen den Clou der ungeheuren Steigerung deS großstädtischen Verkehrs. Sie ist gleichsam daS Symbol des Amerikanismus, der namentlich in Berlin sich in Hetze und Ueberstürzung ausdrückt. Der englische Grundsatz »Zeit ist Geld!" scheint dort schon längst überflügelt zu sein, und man hat den Eindruck, daß dort gehetzt wird, weil man gar nicht mehr anders kann, und die nervöse Un geduld bemächtigt sich deS Publikums in demselben Maße stärker, in der die Verkehrseinrichtungen ihr Rechnung zu tragen suchen. Die Hochbahn aber ist das Spiegelbild dieses weltstädtischen Ge- hasteS. In der „Magdeburgischen Zeitung" liest man Zweifel, daß die Berliner auf der Höhe der Technik stehen. An technischen Hilfsmitteln, Unfälle dieser Art vollkommen auszuschließen, fehlt es nämlich einer elektrisch betriebenen Bahn durchaus nicht. Bei Ueberfahren deS Blocksignals den Strom zu unterbrechen und den Wagen automatisch zu bremsen, ist eine Aufgabe, die jeder Bauführer in der Klausur binnen zwei Stun den löst. Selbst wenn die Sache noch nicht irgendwo im Aus land ausgesührt wäre — waS sie zweifellos ist —, so wäre es für die Ingenieure von Siemens u. Halske eine Kleinigkeit, sic zu machen, Menschenleben zu sichern und ihrer Gesellschaft ungeheure hatte, auf und überzeugte sich, daß das Briefblatt zwischen seinen altmodischen Genossen in dem Gebetbuche lag. Und oft war sie auch im Traume bei ihm. Und dann war er von roten Rosen und den lieblichen Gesichtern zärt licher Vergißmeinnicht umrahmt. Ja, Dorothea zauderte lange. Aber endlich wies sie Frau Barbara diesen Brief doch. Und die las ihn und nickte mit dem Kopfe und meinte am Ende, daß Erich Feldern wohl ganz gewiß von ihnen verkannt worden sei. Und freute sich. Da war Dorothea glücklich-zufrieden und trug den Brief wieder an seinen Ort. Bald durfte sie einen zweiten in das alte Gebetbuch legen und acht Tage später einen dritten. Und nun sperrte sich der schwarze Lederband schon und klaffte mit seinen Deckeln weit auseinander. Sintemalen Erich Felderns Briefe immer mehr als acht Seiten umfaßten. — Als der Mai kam, hatte Dorothea während des Tages nicht mehr Zeit, in die Schlafkammer zu schlüpfen. Denn es war ein wonniger Mai, der dem Waldkruge viele Gäste und seinen Bewohnern tüchtige Arbeit brachte. Besonders häufig und zahlreich stellten sich die Studenten ein. Sie schienen ganz vergessen zu haben, daß es auch Hörsäle auf der Welt gab, und huldigten offenbar der Ansicht, es lebe sich im wundersamen Maien unter den schattenden, blütengeschmückten Kastanien des Waldkrug gartens besser, als drunten in der Stadt zwischen engen Mauern und weisheitdurchschwängerten Studierstuben an foliantenbeschmerten Tischen. Dorotheas Schönheit fand unter den allzeit lustigen und ausgelassenen Musensöhnen viele Bewunderer. Heim liche und solche, die es frei und offen taten. Das junge Mädchen hatte oft seine Not, alle Huldigung in die ge bührenden Schranken zu weisen. Auch Heinz Buchmann, von dem die böse Fama be hauptete,daß sein Name die reine Ironie sei, da er Bücher mit konstanter Bosheit verabscheue/ der lustige Be- grühungsredner von einst, liebte jetzt den Waldkrug mehr als sonst. Er gehörte zu den wenigen, die Erich Feldern während seiner Studienzeit näher gestanden. Als ihm Dorothea eines Tages ein frisches Glas brachte, bemerkte er an ihrer Linken einen schmalen Gold Summen zu ersparen. Hat aber die Hochbahnaesellschaft diese Vorsicht für überflüssig gehalten, so hatte der Minister sie im öffentlichen Interesse dazu anhalten sollen. Warum ist daS nicht geschehen? . . . Daß die Schuld mit ihrer vollen Wucht auf den unglücklichen Fahrer abaeladen wird, verschiebt die Verantwort lichkeiten. Die Gesellschaft und die Aufsichtsbehörde müssen sich mit ihm ehrlich darin teilen, wenn man hoffen soll, daß dasselbe Unglück sich nicht noch öfters wiederholt. Vie Mdlretbtmkom. * Die Erfüllung der Hoffnung, daß die Beratungen über die Wahlrechtsreform bald zu einem gedeihlichen Abschluß gelangen werden, scheint wieder in weite Ferne gerückt. Seit dem neuerlichen Wiederzusammentritt der außerordentlichen Wahlrechtsdeputalion sind eine Anzahl Erklärungen abgegeben - worden, die ja die Wege zeigen, die zur Weiterbehandlung der Reformfrage führen sollen, ob sich die verschiedenen Wege aber zu einer großen Straße vereinigen lassen werden, auf der die beiden in Frage kommenden Fraktionen vereint mar schieren können, muß einstweilen stark bezweifelt werden. Die wichtigste der Erklärungen ist die, welche der nationalliberale Abg. vr. Vogel in der gestrigen Sitzung der Deputation im Namen seiner Fraktion abgab und die wir in gestriger Nummer bereits veröffentlichen konnten: Danach lehnt die national liberale Fraktion, wie vorauszusehen war, den von unS schon besprochenen Heinkschen Entwurf einer Wahlkreiseintcilung ab. Die Fraktion wird nun eine vom Abg. Hettner aus gearbeitete Wahlkreiseinteilung vorlegen. Ueber die gestrige Sitzung d.er außerordentlichen Wahl rechtsdeputation liegt uns heute folgender Bericht vor: Zu Beginn der Sitzung wies der Vorsitzende, Vizepräsi dent Opitz (kons.) darauf hin, daß die Bestrebungen, zu einem Einvernehmen zu gelangen, von den beiden ausschlaggebenden Parteien fortgesetzt würden, daß man aber noch zu keinem Abschluß gelangt sei. Er gab hierauf folgende Erklärung ab: Von einer gewissen Presse (gemeint ist jedenfalls die sozialdemokratische Presse) werde geradezu mit Raffinement darauf hingearbeitet, die beiden großen Parteien der Kammer in der Wahlrechtsfrage auseinander und damit das Wahl- rechtskompromiß zu Fall zu bringen. Dies sei umso un verantwortlicher, als von dieser Seite noch nie ein beacht licher positiver Vorschlag zur Lösung der Wahlrechtsfrage gemacht worden sei. Das ganze Vorgehen dieser. Presse könne daher nur mit der Freude am Konflikt und mit dem Bestreben erklärt werden, die Wirrnisse, in die daS Land durch die Wahlrechtssrage geraten sei, geflissentlich zu ver mehren und zu verlängern. Dieser Teil der Presse wolle das Land nicht zur Ruhe kommen lassen, weil ihm damit ein willkommener Stoff zur Schürung des Parteihaders und der Aufreizung der öffentlichen Stimmung entgeht. Er beschwöre alle, die es mit der Sache und dem Lande wohl meinen, sich durch solch sich selbst richtendes und geradezu verwerfliches Vorgehen nicht irre machen zu lassen. Das Gegenteil würde umso bedauerlicher sein, als die Kom promißparteien sich nicht bloß über die Grundlagen deS neuen Gesetzes geeinigt, sondern den erforderlichen Gesetz entwurf in allen seinen Einzelheiten bereits aufgestellt haben, als ferner aller Grund zu der Annahme vorliege, daß auch die Regierung unter gewissen Voraussetzungen zu dem aus gestellten Entwurf ihre Genehmigung nicht versagen werde, und als endlich auch gerade in den letzten Tagen neue ge wichtige Stimmen und Ereignisse aufgetreten seien, die deutlich erkennen lassen, daß die Deputation mit ihrem Vor schlag auf dem richtigen Wege sei. So habe in diesen reif, der ihm merkwürdig bekannt vorkam. Er ergriff Dorotheas Hand und betrachtete den Ring genauer. Wirklich, er hatte sich nicht getäuscht! Es war Erich Felderns Ring, von dem er ihm einst erzählt hatte, daß er seiner verstorbenen Mutter gehört und von ihm als teuerstes Kleinod bewahrt würde. „Ei, sieh da, unsere vielliebe Jungfer Dorothea schmück! sich mit fremden Federn," scherzte er, als ihm das junge Mädchen die Hand errötend entzogen hatte. „O nein," entgegnete sie dann, „dieser Ring gehört mir." „Es ist aber doch Erich Felderns Ring," meinte Heinz Buchmann hartnäckig und lächelte verschmitzt. „Es war sein Ring und ist es auch eigentlich noch. Aber im Grunde genommen gehört er jetzt mir," stam melte Dorothea verwirrt. Heinz Buchmann legte den Zeigefinger an seine große rote Nase und wiederholte mit zwinkernden Augen und gekrauster Stirn Dorotheas Worte. „Diese Philosophie versteh' einer! Sie sieht beinahe wie Liebe aus. Nächstens bestellen Sie mir einen schönen Gruß an meinen alten Feldern, nicht wahr, Fräulein Dorothea?" Die Gefragte wandte sich erglühend ab und eilte nach einem bejahenden Nicken davon. Von dem Tage an bestand eine heimliche Freundschaft zwischen den beiden, und Heinz Buchmann warf sich alle mal zum Beschützer Dorotheas auf, wenn ihr ein junger Heißsporn in die Wangen kneifen oder seinen Arm um sie legen wollte. Und die Zurechtgewiesenen spöttelten hinter Heinz Buchmanns.Rücken: „Die Dorothea ist sein Schatz." Warnitz war seit jenem Tage, als er von Dorothea abgewiesen worden, nicht wieder im Waldkrug gewesen. Dorothea dachte selten an ihn. Häufiger beschäftigten sich ihre Gedanken mit seine nKindern, die sie bei ihren beiden Besuchen sehr liebgewonnen hatte. Ende Mai erzählte ihr Frau Barbara, daß die alte Meischen gestorben sei und daß sich Warnitz eine neue Haushälterin genommen habe. Sie sei eine tüchtige Person und verstünde etwas. Hoffentlich würde es im Forsthause nun wieder geordnete Verhältnisse geben. Dorothea wünschte das von Herzen. Sie war glücklich, baß die Kinder nun eine sorgfältigere Pflege haben