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1908 H IW Sonntag, den 23 August »«Md« una Ritdtttcd«. Frankenberg, 22. August 1S08 f Bom sächsische» Laudtag. Ueber die Dauer der Nachsession des sächsischen Landtags bestehen verschiedenerlei Lesarten. Die erste S'tzung der Zweiten Kammer in der Nachsession ist auf den 28. Oktober vormittags 1t Uhr an gesetzt worden. Es ist nach Informationen der „L. N. N." der feste Wille der Regierung, daß der Landtag keinesfalls über das Neujahr hinaus tagen soll, vielmehr noch vor dem Weihnachtssest — voraussichtlich am 18. Dezember — zu schließen ist. f Auf dem Gsperauto-Kongrek tu Dresden führte gestern im Anschluß an die Plenarsitzung der Dresdener Lehrer Schönherr eine von ihm in Esperanto ausgebildete Schulklasse vor. Der Kursus mit den 10—13jährigen Ge meindeschulkindern, Knaben und Mädchen, hat bisher sieben Wochen gedauert. Trotz dieser kurzen Unterrichtszeit gelang die Probe vorzüglich. Ein Anschauungsbild einer Familie aus Vater, Mutter, den Großeltern und fünf Kindern wurde esperantisch auf das Genaueste durchgesprochen und Kleidung und Tätigkeit der Personen beschrieben, ohne daß ein deut sches Wort gesprochen wurde. Die Unterrichtsmethode ist die im modernen Sprachunterricht allgemein übliche. Nach der Lektion sprach ein französischer Lehrer mit den Kindern noch einmal das Gelernte durch und auch hier war die Verständi gung gut, die Aussprache ziemlich gleich und vor allem der Eiser der Kinder, denen das Esperanto augenscheinlich viel Vergnügen macht, außerordentlich lebhaft. Die Versammlung dankte dem Lehrer durch jubelnden Beifall. Allgemein wurde der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß in den obersten Klassen der Gemeindeschulcn Esperanto-Unterricht an Stelle der aus sichtslosen Versuche mit ein paar englischen oder französischen Stunden eingeführt werde. Zwei Stunden pro Woche im i letzten Schuljahr würden vollkommen genügen, um aus den I Schülern und Schülerinnen tüchtige Esperantisten zu machen. f Die Abgabe bau Heilmittel» burch «rankellkasse». Auch im Königreich Sachsen sind neuerdings Krankenkassen dazu übergegangen, gewisse häufig gebrauchte Heilmittel im ganzen zu beziehen und im einzelnen nach Bedarf an die er krankten Kassenmitglieder abzugeben. Nach einer Verordnung des Ministeriums des Innern vermag letzteres dies nicht zu billigen. Abgesehen von den Rücksichten auf die Apotheker, gefährde dieses Verfahren auch die Juteressen der Kassen- mitglieder. Denn bei den Verwaltungen der Krankenkassen können die Kenntnisse, Erfahrungen und die Uebung nicht vorausgesetzt werden, die dazu erforderlich seien, um die Heil mittel beim Einkauf auf die vorschriftsmäßige Beschaffenheit zu prüfen, sie ihrer Eigenart entsprechend aufzubewahren und mangelhaft gewordene rechtzeitig von der Verwendung aus- zuschlicßen. Auch sonst böten die Kassenvcrwaltungen natur gemäß bei Ausführung der ärztlichen Verordnungen nicht die Gewähr, wie die Apotheken. Wenn sich nun auch die Ab gabe von Heilmitteln durch die Krankenkassenverwaltungen nach Lage der Gesetzgebung überhaupt nicht verhindern lasse, so sei dabei doch die genaue Beachtung der Vorschriften der kaiserlichen Verordnung vom 22. Oktober 1901 in Verbin dung mit § 367,3 des Strafgesetzbuchs zu fordern. Das Ministerium des Innern hat nun angeordnet, daß die Auf sichtsbehörden der Krankenkassen und Gemeindeversicherungen anzuweisen sind, bei den regelmäßigen Kassenrevisionen und bei sonst sich bietender Gelegenheit auf das Bedenkliche der eigenen Abgabe von Heilmitteln durch die Krankenkassenver waltungen hinzuweisen und, da nötig unter Mitwirkung des Bezirksarztes, streng darauf zu achten, daß die Kassen jeden falls nur solche Heilmittel an ihre Mitglieder abgrben, die nach der angezogenen kaiserlichen Verordnung auch außer halb der Apotheken feilgehalten und verkauft werden dürfen. — Rosst». Im nahen Reinsberg drückte sich der 18 Jahre alte Schmiedegehilfe Langgemach aus Burkersdorf ein Blütchen im Gesicht auf und zog sich dabei eine Blutvers giftuvg zu, die seinen Tod herbeiführte. — Leipzig. Gegen die lange Dauer der Leipziger Messen macht sich schon seit längerer Zeit eine Mißstimmung geltend, namentlich seit die Messen aus der inneren Stadt an die äußere westliche, dem Verkehr fern liegende Stadtgrenze ver legt worden sind und neuerdings die zahlreichen Restaurants und Sehenswürdigkeiten einen großen Teil des kaufenden Publikums drei Wochen lang an sich ziehen. Während dieser Zeit wird der Mrßplatz täglich von vielen Tausend Menschen besucht, während die Geschäfte und Gastwirtschaften der Alt stadt leer sind und Schaden erleiden. Jetzt hat sich der Ver band Leipziger Gastwirtsvereine der Angelegenheit angenommen und beschlossen, gemeinsam mit allen von den Schädigungen betroffenen Gewerbetreibenden gegen die lauge Dauer der Messe Front zu machen und möglichst geschlossen bei dem Rat der Stadt Leipzig und eventuell bis zur höchsten Instanz vorzugehen. Es wird nicht leicht sein, in der Sache einen alle Teile befriedigenden Ausgleich zu finden. — Hohenstein-Erastthal. Tödlich vernnglückt ist hier der 44jährige Webermeister Müller. Er zog sich durch kcbo «ur am Mttenvaw. Die Heuer etwas zahm verlaufene Zeutrumsparade Volt Düffeldorf hat trützdem allgemeines Aufsehen erregt und zu mancherlei Preßkommentaren Anlaß gegeben. Be sonders über die Anerkennung des LourdeS-„Wunders" hielt sich die freisinnige „Weser-Ztg." in folgenden Sätzen auf: Mit der ganzen, schon auS dem Mittelalter überkommenen Last unfehlbarer, ledoch mit der Vernunft in Widerspruch stehen der Auslassungen hat die Kirche in unserer Zeit einen schweren Klotz am Bein. Bindet sie sich nun durch den Kultus des LourbcS- Wunders einen neuen dazu, so hat der Gegner keine Ursache, das zu beklagen. Mehr die allgemeinen Gesichtspunkte griffen die deutsch nationalen „Hamb. Nachr." heraus, indem sie sich über die Regie der Zentrumstagung wie folgt vernehmen ließen: Daß es sich bei den „Generalversammlungen der Katholiken Deutschlands" — so lautet der offizielle Titel — heute im wesent lichen um Parteitage des Zentrums handelt, kann letzteres ernst lich nicht bestreiten, so sehr es sich auch bemüht, die ZentrumS- politik mehr oder weniger in den Hintergrund treten zu lassen. Das gelingt aber immer nur unvollkommen, und auch diesmal iu Düsseldorf sind bereits gedämpft die Grundakkorde der gegen wärtigen Zentrumsstimmungen zu vernehmen gewesen. Wenn mehrere Redner mit auffälligem Eifer und Nachdruck die Bater- latioSliebe der Katholiken hervorheben und sogar, waS wohl seither auf Katholikentagen noch niemals der Fall gewesen ist, „Deutsch land, Deutschland über alles" gesungen wird, so erhält ein solches Unterstreichen deS Selbstverständlichen und Unbestrittenen ein klein wenig einen demonstrativen Beigeschmack. Man kann sich deS Eindrucks nicht ganz erwehren, als sollte mit der energischen Betonung der nationalen Treue der Katholiken oder vielmehr deS Zentrum« dagegen Einspruch erhoben werden, daß das Zentrum als eine so durch und durch nationale und loyale Partei unschuldig in tue Opposition gedrängt worden ist. Auch das nationalliberale „Leipz. Tgbl." war der An sicht, daß in Düsseldorf die Schaustellung die Hauptsache war: Der Parademarsch der Arbeiterbataillone beweist, daß die Kirche ihren Einfluß auf daS Volk noch nicht eingebüßt hat, und diese Demonstration kann gar nicht eindrucksvoll genug herauS- gearbeitet werden, wenn sie ihren Nebenzweck, auf die höchste Stelle des Staates zu wirken, erreichen soll. Es wird auf jeder dieser Veranstaltungen die Loyalität betont, mit der man den herrschenden Gewalten gegenüberstebe, und niemals fehlt es an Reden, die darauf hinwiesen, daß die Kirche daS stärkste Bollwerk gegen den Materialismus der Zeit und gegen ihre destruktiven Tendenzen sei. Angesichts der stets wiederholten, stark unter strichenen Loyalitätskundgebungen wirkt es dann freilich fast wie eine Entgleisung, wenn einer der Redner (Abg. Graf Praschina, der Präsident der Versammlung) emphatisch ausrust: „Der Thron Petri erhebt sich über alle Throne der Welt I" Rechnen läßt sich mit einer so ganz subjektiven, exakten Betrachtungen unzugäng lichen Anschauung überhaupt nicht. Alle diese Anschauungen, der Muttergotteskult, die Anbetung der Wunder von Lourdes sind vom Gefühl eingegeben, und die Gläubigen können den Kritikern zurufen: „Wenn Jhr's nicht fühlt, Ihr werdet's nicht erjagen!" Der Pfarrer Müller hat dann auch erklärt: „Wir deutschen Ka tholiken werden fest und treu an der schönen Üourdessache halte», mögen die Freidenker Gist und Galle speien!" Nun, ein Frei denker, der wirklich diesen Namen verdient, speit überhaupt nicht Gift und Galle, er meidet jeden Fanatismus, der ja von jeher die Sache der Gläubigen, Allzugläubigen war, und wird zu der Ver herrlichung des LourdeskulteS nur betrübt den Kopf schütteln und an der Aufklärung der Massen arbeiten. Wie nicht anders zu erwarten, gefiel sich das klerikale Hauptorgan Deutschlands, die „Germania", ausnahmsweise einmal in übergroßer Bescheidenheit, indem sie folgenden Standpunkt vertrat: Wir wissen recht gut, daß wir di« katholische Weltanschauung nicht in dem Sinne zur „Herrschaft" bringen können, wie die Gegner „Roms" und des „Ultramontanlsmus" daS verstehen. Man braucht nnS also gar nicht mutig und siegesbewußt zu er klären, daß man sich dagegen zu wehren wissen werde. Was wir iu unserm öffentlichen Leben — soweit eS die Gesamtheit und nicht die einzelne Konfession für sich anaeht — zur Herrschaft zu bringen wünschen, daS ist die christliche Weltanschauung, und zwar müssen wir daS tun im Verein mit den christlich gesinnten Pro testanten. Schade nur, daß man in nichtultramontanen Kreisen für diese Sorte Bescheidenheit recht wenig übrig hat, sondern ihr auf den Grund zu kommen weiß. So sagt der nationallibe rale „Schwab. Kurier": Das xrentsr Zentrum des Herrn Bachem ist unmöglich, weil das Zentrum nicht aus seiner Haut heraus kann. Die Katholiken tage sind der beste Beweis dafür. Warum veranstaltet daS Zen trum diese katholisch-konfessionellen Demonstrationen? Werl es sich den festen Boden unter seinen Füßen immer von neuem sichern will. Damit verlegt es sich aber immer von neuem selbst den Weg zu größerer Ausdehnung. Die Katholikentage sind für das Zentrum ein Moment des Glanzes ebenso sehr aber auch der Schwäche. Sie zeigen es als ausschließlich katholische Partei und stempeln es damit auf die Dauer zur „geborenen Minderheit". Beilage W UmkenbekM Tageblatt «ad BeMaajtiger Brrantwcrtllcher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Lerlag von L. <8. Roßberg in Frankenberg i. Sa. Tansendfäkttg Unglück. Roman von H. Hill. iM. gorNeriing). —- (Nachdruck «erboten.) Rivington hatte große Mühe, ein ruhiges Gesicht zu zeigen, während Frau Krance in weitschweifiger Weise den In halt des Telegramms wiedergab: er empfand zugleich Er leichterung und Enttäuschung. Das Telegramm bewies, daß Janet von Roger Marske keine Unbill erlitten hatte, aber es bewies auch, daß ihre Anstrengungen, ihn mit dem Danvers Crane, den Klara Rivington gekannt hatte, zu identifizieren, mißglückt waren. Wenn er zwischen den Zeilen las, so mußte er ihr verlängertes Wohnungssuchen als einen bloßen Vor wand ansehen, um in London zu bleiben, bis sie bessere Erfolge aufweisen konnte. Vielleicht hatte sie sogar einen Faden gesunden, dem sie nun, folgen wollte. Herzog tat, als nähme er wenig Anteil an Frau Krance's Geklatsche, und schnitt ihren Vortrag über des Obersten Ein samkeit rundweg ab, indem er den Vorschlag machte, Caris- brook-Castle zu besichtigen, den Zug auf der Rückfahrt zu verlaffen und mit dem Nachmittagsdampfer nach Totland Bay zurückzukehren, wo derselbe auf seinem Wege von Lymington hielt. Da er nicht der Mann war, ein akademisches Interesse an historischen Ruinen zu nehmen, argwöhnte Rivington, daß er irgend einen Grund hatte, an diesem Tage auswärts zu verweilen; wahrscheinlich wünschte er, daß sein Schützling nicht mit Lady Muriel oder Ralph Carden zu sammenträfe. Es war Rivington einerlei, wohin er ging, nachdem er Nachricht von Janet erhalten hatte, und er willigte sorglos ein. Von dem Augenblicke ihres Aufbruches an, als sie durch die Felder zum Bahnhose von Freshmater gingen, veränderte sich Herzogs Laune, und er geriet in jene heitere Stimmung, die charakteristisch für feine freundlicheren Momente war. Und dennoch täuschte das alles Rivington nicht: fünf Tage in seiner Gesellschaft hatten ihn gelehrt, daß, wenn seine Sonne im Zenith zu sein schien, Sturmwolken am Horizont lauerten. Sie besichtigten das altertümliche Schloß wie richtige Touristen, durchwanderten die Gärten, erklommen den bröckligen Schloßturm und ließen sich dann von der grausamen Eisen bahn der Insel bis nach Aarmouth rütteln, wo sie Herzogs Programm gemäß den Zug verließen und zur Landungsbrücke gingen. Sie hatten nicht viel Zeit zu verlieren, denn das Dampf schiff hatte bereits angelegt und diejenigen der Passagiere, die nach Jarmouth und Freshwater wollten, stiegen aus; die nach Totland fahrenden, die kn Bord blieben, waren in ver hältnismäßig geringer Anzahl, so daß sie sich aus das Verdeck begaben. Der letzte, auf den Rivingtons Blick fiel, war Roger Marske, der sich, ihnen den Rücken zuwendend, über das Ge länder neigte. Herzog mußte ihn ebenfalls bemerkt haben, denn er stieß Rivington mit dem Ellbogen an und flüsterte: „Lassen Sie uns zum Buffet hinuntergehen, ich bin der Haltung dieses Burschen keineswegs sicher; er sah uns wahr scheinlich an Bord kommen, und je weiter wir von ihm ent fernt sind, desto besser." Rivington zweifelte nicht, daß Marskes Haltung gegen ihn eine feindselige war; sein Benehmen an jenem Tage, als er sie in die Fichtenwälder von Branksome verfolgt hatte und aus so unerklärliche Weise durch Herzog beruhigt worden war, war eine offene Kriegserklärung gewesen, aber gerade in diesem Augenblick lag ihm wenig daran, was er sagen oder tun könne, um ihn zu vernichten. Er freute sich, ihn hier auf diesem Dampfboot zu sehen, als wäre er sein teuerster Freund gewesen. Seine Anwesenheit auf dem Schiffe beruhigte ihn vollends über Janets Geschick. Er mußte London verlassen haben, um auf die Insel Wight zurückzukehren, und zwar einige Stunden, nachdem sie das Telegramm an ihren Vater abgesandt hatte, daraus folgerte Rivington, daß sein etwaiger Versuch, sie zu belästigen, mißglückt war und sie ihre Nach, forschungen jetzt frei von jeder Gefahr oder Einmischung von dieser Seite fortsetzen konnte. Er war so verwundert über Herzogs veränderte Haltung in Bezug auf Marske, daß er sich nicht enthalten konnte, dies gegen ihn zu erwähnen, als sie nuten angelangt waren. Statt seine Bemerkung übel zu nehmen, sah ihn der andere ganz wohlwollend an. „Dies Geschäft, mein Freund, lehrt mich etwas, woran ich niemals gedacht hätte: nämlich, daß ich nicht unfehlbar bin; da geht etwas vor, was ich nicht verstehe und worauf ich nicht gefaßt war, und Herr Roger Marske ist der Urheber davon." Herzog zündete sich eine Zigarre an, blies das Zünd hölzchen aus und sah Rivington fragend an. Dieser begegnete seinem Blick mit starrer Gleichgültigkeit; eS war nicht an ihm, diesen Mann, der ihn in seinem Netz hatte, zum Vertrauten und zum Bundesgenossen zu machen, aus keinem besseren Grunde, als weil er im Kampf mit einem ebenso großen Schurken lag, wie er selbst einer war. Wenn dieser stumme Appell eine Bitte um Aufklärung über die Intervention Janets und über Roger Marskes Feindseligkert war — nun — dann hatte er sich an die falsche Adresse gewendet. Rivington setzte seine Hoffnungen auf Janet allein, und daher antwortete er ihm mit einem Achselzucken. Als das Dampfschiff geräuschvoll an der Landungsbrücke von Totland anlegte, blieben Rivington und Herzog unten, bis alle Passagiere ausgestiegen waren, und als sie dann den Damm entlang gingen, hatten sie die Genugtuung, Roger Marskes große Gestalt ein beträchtliches Stück vor sich zu sehen. Rivington war froh, daß Lady Muriel nicht herunter gekommen war, um ihn zu erwarten, denn selbst mitten in seinem Elend nahm er warmen Anteil an den Wünschen des jungen Ralph Carden, und wäre er frei gewesen, so würde er sein bestes getan haben, um die Angelegenheit des guten Jungen zu unterstützen. Aber die Liebesgeschichten von Lady Muriel und Ralph Carden wurden bald aus seinen Gedanken durch Angelegen heiten verdrängt, die ihn selbst näher betrafen. Sie hatten ihre Wohnung erreicht und ihr Wohnzimmer betreten, als Frau Krance wichtigtuerisch hereiukam und die Tür schloß. „Na, dort ist was Schönes los," sagte sie, mit dem Finger auf Oberst Chilmarks Wohnuug deutend. „Er hat heute nachmittag ein Telegramm von den Leuten, bei denen Fräulein Janet gewohnt hat, erhalten, worin sie ihm mitteilen, daß die junge Dame seit gestern früh nicht dort gewesen ist. Sie hatte angeordnet, daß das Essen abends für sie bereit sein solle, wenn sie vom Lande zurückkäme... aber sie ist nicht zurückgekommen." 21. Kapitel. Rivingtons längst gehegter Verdacht, Herzog habe sein Interesse an Janet erraten, wurde durch sein Betragen be stätigt, als der unglückliche Hauptmann jetzt den Dolchstoß empfing, den die Nachrichten von Frau Krance für ihn be deuteten. Er konnte es fühlen, daß Herzog die Ursache seiner Ver störtheit vollkommen begriff. Seltsam genug lag iu seiner Prüfung, so forschend sie auch war, eher Mitleid als Trohuug. Und nun war er es, der sich zuerst au die geschwätzige Hausfrau wandte: „Ich vermute, der Oberst glaubt, daß das erste Telegramm ein fingiertes war, welches irgend ein Nichts würdiger in Fräulein Chilmarks Namen abgeschickt hat?" „Das ist es eben, was der arme alte Herr glaubt," gab Frau Krance zur Antwort. „Man kann sie in dieser gottlosen Stadt beiseite geschafft haben, und derjenige, der es getan, schickte das Telegramm ab, um deu Oberst zu beruhigen und während einiger Tage Nachforschungen zu verhindern." „Hm, das märe eine Möglichkeit . . . aber es gibt noch eine andere," knurrte Herzog. Und dann fügte er nach einer Pause hinzu: „Sehen Sie, Fran Krance, cs gehört sich, daß man Leuten hilft, die sich nicht selbst helfen können: über- bringen Sie Oberst Chilmark meine Empfehlungen und sagen Sie ihm, daß ich einige Erfahrungen in solchen Fällen besitze und mich ihm mit Vergnügen zur Verfügung stelle, wenn er mit mir svrechen will." V Fortsetzuna folgt.)