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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 22.07.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190807224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19080722
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19080722
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-07
- Tag 1908-07-22
-
Monat
1908-07
-
Jahr
1908
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lang dieS leider. Besonder- batten di« Festjungfrauen, die In sassen der Triumphwagen zu leiden, die standhaft bi» zum Aus bruch de» furchtbaren Unwetter» auSgrhalten hatte». Hunderte wurden im Nu btS auf die Haut durchnäßt. Lebensgefährliche Formen nahmen die Anstände im hiesigen Bahnhof an. Hierher, in die kleine Halle, ellten in wilder Flucht di« meisten. Obgleich die Halle schon nach weniaen Sekunden bis auf daS letzte Steh- Plätzchen gefüllt war, drängten von draußen her immer neue Schwärme heran, sodaß, zumal für die Sinder, die Lebensgefahr vo« Minute zu Minute wuchs. WaS halfen da alle Warnungen, alle Hilferufe! Sie verhallten ungehört in dem Toben deS gräß lichen Unwetter», da» mit seiner Hauptkraft über den Festort dahinstürmte. Die Wassermassen wurden so dicht dahergeveitscht, daß die graenüberliegenden Häuser den Blicken völlig entschwan den. Die Fluten drangen selbst von den Bahnsteigen her in den Bahnhof ein, sie stürzten sich vom Oberlicht herunter auf die Kopf an Kopf wie eine Mauer stehende Menschenmenge. Eine wahre Sint flut ging über die eben noch so freundlich im Frstschmuck glänzende Gegend nicker. Und unauthörltch grollte der Donner. Den Blitzen mit ihrem verhängnisvoll fahlen Schein folgte unmittelbar der knatternde, kreischende Donnrrschlag — daS typische Zeichen, daß eS ringsum einkchlua. Eine Finsternis legte sich auf den Ort, auS dem daS grelle Blau der Blitze nur noch intensiver leuchtete. Ein grandiose» Schauspiel, fürwahr! Der Festzug war natürlich völliger Auslösung verfallen. Welche Wasserfluten in wenigen Stunden niedergingen, davon legt die Tatsache Zeugnis ab, daß Sänger, die soeben mit einem CoSwiger Zuge angekommen waren, auf ihrem kurzen Wege über den Bahnsteig völlig durchnäßt wurden. AIS nach knapp dreiviertel Stunden die Macht deS Ge witters gebrochen schien, traten die Versprengten den Zug nach der Halle an. Ein ungemein trauriges Bild der Verwüstung bot sich überall. Die Ehrenpforten waren eingestürzt, die Fahnen zerfetzt, die" Girlanden zerrissen, die Blumenketten lagen im Kot ver Straße. Man erzählte sich einander seine Erlebmsse, und da hörte man denn, daß die Pferde des ersten Triumphwagens wegen deS mit Schloßen vermischten Wolkenbruchs scheu geworden, die darstellenden Damen heruntergesprungen und in den Girlanden verstrickt ein Stück geschleift worden waren. Vom Wagen des Bundesausschusses mit dem prächtigen Bundesbanner hatte keiner etwa» gesehen. Die Herren fanden sich später total durchnäßt in der Halle ein. Der Sturm hatte Dachpappe in großen Fetzen von der Halle gerissen, Bretter gelockert, sodaß der Regen unge hindert in die Halle eindringen konnte. Ein Bild trostloser Ver wüstung boten die Zelte und Buden in der Nähe der Halle. Die Buden deS auf allen Volksfesten bekannten „Fisch-Götze" und eine große Würstelbude bildeten einen einzigen Trümmerhaufen, ein Chao», in besten Tümpeln und Pfützen Heringssalat und durch weichte Semmeln und Würstchen und Anchovis durcheinander schwammen. . . . In dieser Tonart geht das weiter. Es wird weiter be richtet über die Verheerungen, die Orkan und Blitzschläge in Anlagen, auf Feldern und in den elektrischen Leitungen ange richtet haben. In den Kellern der Häuser stand das Wasser stellenweise einen halben Meter hoch. Der Morast auf dem Festplatz war unbeschreiblich. Trotzdem nahm später das Fest seinen Fortgang. Natürlich litten die Veranstaltungen sämt lich unter den Einwirkungen der vorangegangenen Katastrophe. Statt des elektrischen Lichts mußte man sich beispielsweise in der Festhallc stundenlang mit Talglichtern behelfen. — Boraa bei Leipzig. Bei einem vorgestern nachmittag hier niedergegangenen schwere» Gewitter, das mit stunden langen heftigen Regengüssen verbunden war, fuhr im nahen Eula ein Blitzstrahl in einen Baum, spaltete diesen und sprang dann, ohne zu zünden, auf das Stallgebäude des Guts besitzers Wilhelm über und tötete dort drei Kühe und einen Bullen. — Joharmzeor-exstadt. Der als Sommerfrische be kannte Gasthof im benachbarten Steinbach, ist abgebrannt. Nicht nur der Besitzer Ernst, der für seine'Sommergäste erst am Freitag neue Möbel, Betten, Matratzen u. v. a. bekommen hatte, erleidet, da des schnellen Umsichgreifens des Feuers wegen nur sehr wenig gerettet werden konnte, außerordentlich großen Schaden, sondern auch Sommerfrischler, die im Gast hof wohnten, sind von dem Brande empfindlich betroffen worden. Das Feuer hat ein 19jähriger, aus Böhmen stam mender Hausbursche durch Wegwerfen eines brennenden Streich hölzchens in seiner auf dem Boden gelegenen Schlafkammer verursacht. — Lichteastei«-L. Die Ehefrau des Lageristen Heinze riß, als sie Feuer anfachen wollte, den Petroleumbchälter von seinem Standort herab. Das Petroleum ergoß sich über die Frau und die Flamme schlug aus der offenstehenden Feuerung zurück, die Oelkanne explodierte, und die unglückliche Frau glich im Nu einer Aeversaul«. Sie hatte noch die Geistesgegenwart, ihrem sechsjährigen Töchterchen zuzurufen, über die wirtschaftlich« Lage aufzunehmen, wurde in Verbin dung mit d«m Antrag Leipzig auf Schaffung eines Gemeinde beamtengesetzes wie in Preußen einer Kommission überwiesen. In Sachen der Landespensionskasse beschloß man auf Vor schlag deS Direktorium», die Gemeinden möchten die Grün dung dieser Kaffen selbst bewirken. Weiter fand der Anttag des B«»irk»vereinS Leipzig, bett, die Schaffung von Beamten- auSschüssen, ebenso derjenige, bett, die Abschaffung der Uebel- stände im Lehrlingswesen, einstimmige Annahme. Der LouiS Schneider-Stiftung wurden 3000 M. zugewiesen und zu Un- terstützungSzwecken 1000 M. ausgeworsen. Der nächste Ver- bandStag des jetzt rund 7300 Mitglieder zählenden Vereins findet in Lichtenstein-Callnbrrg statt. f Lretwerdex. Gestern nachmittag in der fünften Stunde ereignete sich in der hiesigen Papierfabrik von Weidenmüller ein schwerer Unfall. Ein schweres Antriebs rad zersprang unter weithin hörbarem dumpfen Knall auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise. DaS Dach und Mauer werk deS neuerrichteten Maschinenhauses wurden zertrümmert. Der Materialwarenhändler Weißbach aus Altmittweida, der damit beschäftigt war, im Hofe Holzspäne auf einen Wagen zu ladm, wurde von einem Eisenteil getroffen und sofort getötet. Ob irgend jemand eine Schuld an dem Unglücksfall trifft, muß die Untersuchung ergeben. Als ein Glücksumstand kann eS bezeichnet werden, daß nicht noch mehr Menschenleben zum Opfer fielen. In 14 Tagen ist da« der zweite derartige UnglückSfall. — Ehemuttz. Gestern nachmittag nach 5 Uhr wurde die Feuerwehr nach dem städtischen Realgymnasium alarmiert. Dort waren in mehreren großen Zimmern durch Klempner sämtliche Beleuchtungskörper weggenommen worden, doch hatte man vergessen, in einem Zimmer den GaSzuleitungShahn zu schließen. Der entstandene Gasgeruch veranlaßte einen Arbeiter, die Gasleitung abzuleuchten, wobei in dem fraglichen Zimmer eine heftige Explosiv« erfolgte. Durch die Stichflamme wurde ein Maler im Gesicht, an« Hals und an den Armen erheblich verletzt. In einigen Klassenzimmern wurden Zer störungen angerichtet. — A»ß«st»-b«rg. Gestern nachmittag erschotz sich in seiner Wohnung der Rechtsanwalt Haase hier. Das Motiv zum Selbstmord ist unbekannt. — Freiberg. Von Berlin und Dresden aus wird die Meldung verbreitet, daß die Hinrichtung der vor kurzem vom hiesigen Schwurgericht wegen Ermordung ihres Bräutigams verurteilten Bürgermeisterstochter Grete Beier auS Brand am Mittwoch früh 6 Uhr im Hofe deS hiesigen Landgerichts- gefängniffeS stattfinden werde. Es wird hinzugefügt, daß die amtliche Bestätigung dieser Meldung noch ausstehe, eS aber sicher sei, daß das Todesurteil die Bestätigung deS Königs gefimden habe. Wir haben Erkundigungen in Freiberg ein gezogen und hierbei erfahren, daß der Nachricht über die be vorstehende Hinrichtung vorläufig noch jede tatsächliche Grund lage fehle. — Dre-be«. Bei der Firma Seidel u. Naumann wurden 300 Arbeiter, die zum Teil verheiratet sind, Wege« Arbeit-- «m««l e«u«ffe«. Auch die übrigen größeren Fabrik- etablissementS haben sehr unter der allgemeinen Geschäfts- krisiS zu leiden. — KStzscheubroda. Welch verheerende Folgen das am Sonntag über das Elbtal niedergegangene Kuweiter für das um diese Zeit begonnene 14. Elbgau-Sängerfest im hiesigen Orte hatte, lehrt ein Bericht der „Dr. Nachr.", dem wir folgende Schilderung entnehmen: Der anderthalb Stunden lange Festzug hatte sich gerade in Bewegung gesetzt, als sich im Südosten der Himmel immer mehr verdunkelte. Immer näher grollte der Donner. Weiße Wolken stürmten daher. Und als sich die Spitze de» Zuges durch die Bahnhofsstraße der Festhalle nahte, brach das Unwetter loS. Ein toller Wirbelwind wühlte den Staub zu haushohen Wolken auf. Panikartig ergriffe» die Tausende von Zuschauern, darunter natür lich viele Frauen und Kinder, die Flucht in die benachbarten Häuser, deren Fluren, Läden und Erdgeschosse im Nu von einer dichtgedrängten Menge gefüllt waren. Man war froh, noch irgendwo einen geschützten Unterschlupf zu finden. Nicht allen ge- Tausen-fäNg Unglück. Roman von H. Hill. t>. zoryktzung) . (Nachdruck vtibotm.» „Aber die Sache ist doch unmöglich," stammelte der Ge fangene in höchster Erregung. „Müssen Sie mich denn nicht dem Nachtwärter übergeben?" „Der ist auch in die Sache eingeweiht," war die kurze Antwort. „Sie werden beide entlassen werden." „Und wenn schon!" grinste er, „die Bezahlung ist gut genug, um uns schadlos dafür zu halten." Noch vermochte Arthur Nlvington kaum an die Wirk lichkeit dessen zu glauben, was er da vernahm. Vergebens zerbrach er sich den Kopf, um die Persönlichkeit dessen zu er raten, der seinetwegen solche Opfer bringen und sich in so große Gefahr begeben konnte. Die einzige Person auf Erden, die von seiner Unschuld überzeugt war und die gewiß alles getan hätte, was in ihren Kräften stand, um dies fürchter liche Schicksal von ihm abzuwenden, wäre seine Verlobte Janet Chilmark gewesen. Aber sie besaß weder die Mittel, um jemand zu bestechen, noch die Verbindungen, die ihr gestattet hätten, einen so sein angelegten Plan zur Ausführung zu bringen. Er drang mit Fragen nach der Persönlichkeit des unbe kannten Gönners in den Ansscher, der aber schüttelte den Kopf, und cs war nichts anderes aus ihm herausznbringen als die Mitteilung, daß der Freund im „Piloten", einem bescheidenen Hotel in Southampton, auf ihn warten würde. Dann, in dem er ihm nochmals einschärfte, sich bei einem etwaigen Be such durch andere Gesängnisbeamte nicht zu verraten, zog sich der Aufseher wieder zurück. Tie nächsten Stnnden waren die aufregendsten und fürchterlichsten, die Nivington seit dem Augenblick seiner Ver haftung durchlebt hatte. Beständig peinigte ihn die Furcht, daß alles, was der Wärter gesagt, nur ein grausamer Scherz gewesen sei. Und diese Zweifel wurden mehr und mehr zu einer fast unerträglichen Qual. Aber mit dem Schlag der neunten Stunde kam wirklich die Befreiung in Gestalt des Aufsehers, der mit dem Geuossen erschien, der ihn ablösen sollte. Der eine von ihnen trug zwei Uniformröcke, der andere zwei Paar Beinkleider über einander, und rasch hatten sie die überflüssigen dieser Kleidungs stücke abgelegt. „Schnell! Schlüpfen Sie hinein," mahnte der Tagauf seher. „Da ist eine Mütze! Und nun vorwärts — wir haben keine Minute zu erlieren." Tie waghalsige Flucht verlief wie die einfachste und harmloseste Sache von der Welt. In der Verkleidung, die in den ihnen begegnenden Beamten keinen Verdacht auf kommen ließ, schritt Rivingtou an der Seite seines Befreiers über die Gänge und Treppen seines Gefängnisses. In der Wohnung des Mannes vertauschte er die Uniform wieder mit einem bereitliegendem einfachen Zivilanzug. Dann über gab ihm der Aufseher ein Goldstück und empfahl ihm, den um neun Uhr dreißig Minuten nach Southampton abgehenden Zug zu benützen. „Sie können ganz unbesorgt sein," sagte er. „Bis morgen früh sind Sie vollkommen sicher. Am Morgen erst wird mein Kamerad Lärm schlagen, und bis dahin haben Sie Ihren Freund bereits getroffen, der für alles Weitere Sorge tragen wird. Aber vergessen Sie die Adresse nicht: „Zum Piloten", Backwaterstreet, Southampton. Geben Sie den Namen Tennant an und fragen Sie nach Herrn Herzog." Die Aufforderung, keine Verfolgung zu fürchten, war zwar wohlgemeint, aber sie vermochte die Gefühle der Furcht in Rivingtvn nicht zu ersticken. Als er den Weg zur Stadt einschlug, hatte er die instinktive Empfindung, daß in der belebten, hell erleuchteten Straße die Augen aller Vorüber gehenden nur auf ihn gerichtet seien. Jeder, so meinte er, müsse den berüchtigten Mörder in ihm erkennen. Wohl sagte er sich, daß dies eine lächerliche Sorge sei. Denn keiner dieser eiligen Menschen hatte ihn je zuvor gesehen, und es war denn doch sehr unwahrscheinlich, daß ihn jemand nach den schlechten Bildern erkennen sollte, die während der Verhandlung m den Zeitungen von ihm erschienen waren. Aber er wurde der beklemmenden Furcht trotzdem nicht ledig und warf wohl hundertmal ängstliche Blicke hinter sich, um sich zu ver gewissern, daß ihn niemand verfolgte. Erst als er ein leeres Koupee des Zuges bestiegen hatte, atmete er freier auf. In der Hoffnung, allein zu bleiben, hatte er eine Fahr karte erster Klasse gelöst, und um so unangenehmer war seine Enttäuschung, als gerade in dem Moment, da der Zug sich in Bewegung setzte, die Tür aufgerissen wurde. Ein gut ge kleideter Herr sprang herein und sank anscheinend erschöpft auf den Platz ihm gegenüber. Aber er schien kein Interesse ihr fern zu bleiben, dann stürzt« sie die Treppe herab. ZHr im Parterre wohnender Schwiegervater empfing die Brennende und löschte die Flammen im Hofe durch Urbergießen von Wasser und Herabreißen der Kleider. Er hat hierbei selbst schwere Brandwunden an der rechten Hand davongetragen. Die Frau ist an den Armen, im Nacken, Gesicht usw. furcht bar verbrannt, sie liegt schwer darnieder. Ihrem schlafenden Gatten, der durch den Lärm erwacht war, gelang eS, die züngelnden Flammen in der Stube zu dämpfen und so das Haus vor einer Brandkataskophr zu bewahren. — Lichte«stet«sL. Der ledige, schon einmal in der Irrenanstalt untrrgebracht gewesene OSkar Orser von hier war gestern vormittag beim Arzt Or. Wagner in Callnbrrg und hatte sich die Hand verbinden lassen. Dabei soll er ge äußert haben: „Du hast mich vergiftet, Dich erschieß' ich!" Daraufhin begab sich vr. W. in dir Wohnung der Eltern Oe.S, um diese auf die Geistesverfassung ihres Sohnes auf merksam zu machen. In der Wohnung zog der Geistes gestörte den Revolver, um auf vr. W. zu schießen. Der be jahrte Vater des Täter« wollte die Tat verhindern und er hielt dadurch selbst zwei Schüsse in die Brust, wodurch er sehr schwer verletzt wurde. ES wird gezweifelt, daß er mit dem Leben davonkommt. Nach der Tat ging der Wahn sinnige in die Wohnung deS DiakonuS v. Kienbusch, ver langte den Herrn Pastor zu sprechen und schoß diesen bei seinem Eintritt nieder. Der Getroffene war noch in der Lage, einige Treppenstufen hinaufzugehen und brach dann tot zusammen. — AaS dem beaachbartea Thüringen. Für Zeitz ist eine besondere Poltzetverordavng für Gast- und Schank wirtschaften ergangen, in denen zur Bedienung der Gäste Kellnerinnen verwendet werden. Danach ist es u. a. ver boten, in öffentlichen Ankündigungen mit ausdrücklichen Worten oder durch Abbildungen auf die Bedienung von „zarter Hand" hinzuweisen oder einen solchen Hinweis durch andere Art zu veranlassen. Die Polizeistunde ist auf 10 Uhr abends festgesetzt!!! — Zeitz soll wohl mit Gewalt zu einem Vorbild bürgerlicher Moral gemacht werden? Zwang tut selten gut! Und auch in Zeitz wird der von der Polizei in recht selt samer Weise in seiner Bewegungsfreiheit behinderte Bürger sich zu helfen wissen: Je enger die Grenzen gezogen werden, desto eifriger wird hinter verschlossenen Türen und Fenster läden „geknippen" werden. cagetgrrcdicdte. Deutsche» Reich. — Mit Borficht avfza«ehme« ist unsere« Erachtens eine vom „L. T." verbreitete Privatmeldung auS München, in der gesagt wird, dem Prinzregenten von Bayern sei ein herzliches Handschreiben Kaiser Wilhelms zugegangen, in dem die angeblichen Behauptungen Eulenburgs über seine anti katholische Mission als preußischer Gesandter in München als absolute Lügen gestrast werden und das aufrichtige Bedauern des Kaisers über die Unwahrheit und die ihr zugrunde liegende konfessionelle Tendenz dem greisen Herrscher Bayerns aus gesprochen werde. - Der Vorlüvfer für de« Rücktritt. Mit der Ver tretung des erkrankten Chefs des Zivilkabinetts, v. Lucanu«, ist Regierungspräsident v. Valentin in Frankfurt a. O. vom Kaiser beauftragt worden. — Ein sonderbarer „Vorschlag zvr Güte", dem man die Tendenz auf den ersten Blick anmerkt, geht von England aus. Ein Berliner Telegramm des „Daily Graphic" besagt nämlich, die Geheimhaltungspolitik, die die deutsche Marine verwaltung seit der Adoptierung des „Dreadnought"-TypS in bezug auf alle deutschen Flottenangelegenheiten befolge, könne nur Verdacht und Mißtrauen erwecken und müsse einer poli tischen Annäherung beider Nationen hinderlich sein. Auch in deutschen Kreisen herrsche diese Auffassung vor. — Hierzu bemerkt der „B. L.-Anz>, daß Deutschland wie beim Bau an der Person de» Mitreisenden zu nehmen, sondern ver tiefte sich sogleich in die Lektüre eitler Zeitung. Um seine Nerven zu beruhigen und seine Gedanken auf gleichgültige Dinge zu bringen, begann Rivingtvn das Ge- sicht seines Gegenübers zu studieren. Und er fand, daß es ein recht interessantes, wenn auch keineswegs sympathisches Gesicht sei. Die Nase war breit und fleischig, und die Wangen zeigten jene blühende Fülle, wie man sie gewöhnlich bei jovialen, gutmütigen Menschen findet. Di« dünnen geraden Lippen aber sprachen von Härte und eiserner Energie. Und die grauen Augen blickten, als ste zufällig einmal von der Zeitung aufschauten, kalt wie Stahl. Die Reise nach Southampton war bald zurückgelegt, und Rivingtons Reisegefährte, der unterwegs nicht ein einziges Wort mit ihm gewechselt hatte, verschwand alsbald in der Menschenmenge auf dem Bahn steig. Der Flüchtling wagte nicht, einen Wagen zu nehmen oder in der Nähe des Bahnhofes sich nach dem Ziel seines Weges zu erkundigen. Erst nachdem er aus's Geratewohl durch eine Reihe von Straßen gegangen war, faßte er sich da» Herz, einen Vor übergehenden nach der Backwater-Street zu fragen. Glück licherweise war sie nicht sehr weit entfernt, und der „Pilot" machte sich durch sein erleuchtetes Aushängeschild leicht kenntlich. Tas Hotel schien zu jener Gattung zu gehören, die von untergeordneten Offizieren der Handelsmarine frequentiert wird. Die schmutzige Halle war mangelhast erhellt, und aus der einen Seite befand sich ein Ladentisch, der zugleich als Schank und als Bureau diente. Ein ältliches Frauenzimmer, das eben damit beschäftigt war, der etivas lebhaften Ausein andersetzung zwischen zwei Mattosen zu lauschen, beantwortete ziemlich zerstreut die Frage deS Neuangekommenen. „Herr Herzog? Ja, er ist hier. Seit einer halben Stunde. Wenn Sie Herr Tennant sind, so gehen Sie «ine Treppe hoch und klopfen Sie an die zweite Tür links. Sie werden erwartet." „Ist eine Dame in seiner Gesellschaft?" fragte Rivington, denn er hegte noch immer die vermessene Hoffnung, daß Janct irgendwie an seiner Flucht beteiligt sei. Aber ein verdrieß liches Kopsschütteln der alten Person zerstörte seine Illusion. Mit pochendem Herzen stieg er, iyrer Anweisung folgend, in das erste Stockwerk empor. lMrtfetzrma folgt.)
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