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Freitag »e» 17. April 1908 Frankenberger Tageblatt Begründet 1842. 67. Jahrgang. KMU für -ie MM AnilchPlinmsW MH«, dir MM KMM mid dm Mi«l z« Irmtterg i. Za. Berantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von C G Roßberg in Frankenberg t. Sa. Erscheint an jedem Wochentag abend» für den solgenden Tag. Bezugs, preis Vierteljährlich 1 KO H, monatlich KO Trägerlohn extra. — Einzelnummern laufenden Monats 5 ^, früherer Monate 10 H. vepellnngen werden iu unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe, stellen, sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Nuslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. Ankündigungen sind rechtzeitig aufzugeben, und zwar arößere Inserate bis 9 Uhr vormittags, kleinere bis spätestens 11 Uhr mittags des jeweiligen AusaabetageS. Kür Aufnahme von Anzeigen an bestimmter Stelle kann eine Garantie nicht übernommen werden. Gzch- b1. Telegramme: Tageblatt Frankenbergsachsen. Anzeigeuprei»: Die n-grsp. Petitzeil« oder deren Raum lb H, bei Lokal- Anzeigen 12 im amtlichen Teil pro Zeile 40 4; „Eingesandt" im Redaktionsteil« r H. Für schwierigen und tabellarischen Satz Ausschlag, für Wiederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Taris. Für Nachweis und Offerten-Annahme werden 2K H Extragebühr berechnet- Jnscraten-Annahm« auch durch alle deutschen Annoncen-Expeditionen. Der Uebergang der Freiberg-Chemnitzer Staatsstraße bei Etat 716-4-45 der DreSden-Werdauer Staatseisenbahn am Bahnhof Niederwiesa wird am 16. April dss. I». ab eingezogen und der öffentliche Verkehr auf die hergestellte Ersatzstraße mit An schluß an den Oberwiesa-Eubaer Kommunikationsweg und an den Niederwiesaer Dorsweg hiermit verwiesen. Ebenso wird vom gleichen Tage ab die Unterführung bei Stat. 716 -s- 60 der DreSden-Werdauer Staatseisenbahn in Flur Oberwiesa dem Fuß- und Handwagen- Verkehr überwiesen. Königliche AmtShauptmannschaft Flöha, am 15. April 1908 Die Aufgabe von Inseraten ersuchen wir im Interesse der rechtzeitigen Fertigstellung und Ausgabe unseres Blattes gefälligst so zeitig als möglich erfolgen zu lasten. Größere Inserate erbitten wir bis vormittags A Uhr, mährend kleinere Inserate bis 11 Uhr mittags Aufnahme finden Für später einlaufende Anzeigen können wir eine Garantie des Abdrucks in der bezüglichen Abendnummer nicht übernehmen. lkxpockltla» «Io» Aar «nr nst lut. Die „Soz. Monatshefte" pflegen von bürgerlichen Blättern zitiert zu werden, um den radikalen „unentwegten" Sozialisten vom Schlage LedcbourS Gegenzeugnisse auS dem eigene» Lager entgegenzustellcn. Calwer, Schippel und manche andere erlauben sich hier ein selbständiges Urteil, und das fällt oft anders aus, als das alte marxistische Dogma lautet. Eine Arbeit von Karl Leuthner, mit der die neueste Nummer eröffnet wird, steht — wenn man sich auch nicht mit allem einverstanden erklärt — zu hoch, als daß man sie nur zu einem taktischen Erfolg gegenüber der dogmensesten offiziellen Sozialdemokratie verwerten möchte. Sie hat etwas von einer aus dem Innern hervorbrechenden Ueberzeugung an sich, der man mit Achtung gegenübertreten muß. „Deutschen Jammer" überschreibt Leuthner seinen Aussatz und meint damit das Verhältnis der heutigen Deutschen zur auswärtigen Politik. Daß Leuthner die unerschöpfliche Kunst des diplomatischen Genies Bismarcks anerkennt und die sorgende, behütende Politik des ersten Reichskanzlers wie etwas auch ihm (dem Verfasser) VerehrungSwürdigcs nennt, sei nur nebenbei er wähnt. Auch daß er auf „die Staats- und Weltfremdheit der deutschen Demokratie" im Vergleich zu andern Völkern Hinweisen zu müssen meint. Dabei darf man glauben, daß er unter dem Worte „Demokratie" nicht nur eine unfruchtbare unrcalpolltijche bürgerliche Opposition, sondern auch die So zialdemokratie bcgreist Hier eine Probe, wie Leuthner selbst das Problem der nationalen Gesinnung und ihres Verhält nisses zu dem Fremdnationalen zu fasset, sucht: „Man sicht förmlich die Mühe, die der Deutsche hat, sich zu beweisen, daß er sein Volk lieben dürfe und könne. Was sollte bei dem schlichten Empfinden, daß ich zu meinem Volke stehe wie zu Weib und Kind, weil es eben mein Volk ist, und zu dem tiefen Geistesdrang, in der Kultur, der ich eingeboren bin, alle höchsten Güter liebend zu hegen, alle Tiefen, die meiner Begabung faßbar sind, zu ermessen — was sollte bei dieser klaren und sicheren Stellung zum Eigenen und Mitgrborenen mich hindern, mit freiem und reinem Blick nach dem Fremden zu sehen, den Formenadel der romanischen, die großen Linien der rnglychen, die volkstümliche Tiefe der russischen Literatur und Gesittung zu bewundern?" Die Worte Leuthners kommen manchmal etwas ungefüge zum Vorschein, wie Steine, die aus einem gärenden Krater aus geworfen werden. Und manche der Steine fallen prasselnd nieder auf die Mehrheit der Deutschen und namentlich die deutschen „Demokraten", denen er den Sinn sür auswärtige Politik gänzlich abspricht. Hören wir mehr von ihm! Er „Was erstrebt das deutsche Volk, waS erhofft, was wünscht cs, wie begreift es feine Stellung unter den Nachbarn, wie erträumt cs seine Zukunft im Verhältnis zu ihnen? Für England ließe sich da fast eine genaue Antwort geben, für Frankreich, Italien und Rußland eine ungefähre, unter uns Deutschen erscheint schon die Frage wunderlich . . . Nicht an oberflächlichen, dem Kontrast entstammenden Empfindungen hängt die nationale Jnstinktunsicherheit der Deuttchen und vornehmlich der deutschen Demokraten; sie wächst aus der Wurzel, wo sie mit den letzten Ursachen der Schwäche aller Demokratie in Deutschland verflochten ist. Man könnte es fast als Gesetz aussprcchen, daß in der ruhigen Entwicklung des ge ordneten Staatswesens nur diejenigen Wachtposten und Funkti onen erobert werben können, zu deren Besitz und Ausübung man sich irgendwie im allgemeinsten Sinne intellektuell befähigt er wiesen. Um es immer und immer zu wiederholen: den Staat kann nur leiten, wer lernt, sür das Ganze des Volkes in seinen allgemeinsten, also besonders aus den Beziehungen mit den Nachbarn sich ergebenden Angelegenheiten zu denken und zu sorgen!! Und dazu ist wieder die Vorderbedingung, daß man die Stellung der eigenen unter den anderen Nationen richtig erkenne. Wie sicher führt hierbei die meisten Völker der In stinkt ihrer Liebe und ihres Hasser! Man spottet gern über die Franzosen, weil gelegentlich ein Pariser Journalist Prag nach Ungam und Breslau nach Posen versetzt. Das sind Sünden vor dem Schulmeister. Trotzdem findet die fran zösische, die russische, die englische Presse meist mit intuitiver Sicherheit heraus, wie sich die Völker und Völckchen im Ge fühl zu ihnen verholten; Vorgänge bei dem Nachbar wird der Franzose und der Russe niemals wie der Deutsche als bloßes Schauspiel, bei dem er zum Schluß ethisch zu zischen oder Beifall zu klatschen hat, ansehen, er erhebt immer die Frage des verantwortlichen Sachverwalters feiner Nation: Was nützt, was schadet es uns? . . . Der deutsche Gelehrte und Politiker Gothein hält im Reichstag eine Rede über die Rückwirkungen der Polcnpolitik auf Oesterreich, das er — wie so viele Reichsdeutsche — als eine Einheit des Empfindens und Meinens auffaßt, ohne Ahnung davon, daß die ver schiedene Grundstellung des Gefühls bei Deutschen einerseits, Tschechen und Polen andererseits dem Reiche gegenüber für das Verhältnis beider Staaten viel wichtiger ist als alles, was in Deutschland geschieht, ja, daß dies auch jene Grund stellung kaum merklich ändern kann. Darauf aufmerk sam gemacht, versteht er nicht einmal, was man von thm will; in der Tat hat er offenbar, wie cs in Deutschland und fast nur in Deutschland üblich, die auswärtigen Beziehungen bloß in dem subalternen Sinn einer agitatorischen Ausnutzung zitiert, an sich sind sie ihm fremd und gleichgültig. Während des Sandschakbahnrummels konnte in der erzdemokratischen „Rjelsch" Herr Bojantschaninow Rußlands Interessen in Mazedonien ganz in dem geschichtlich überlieferten Sinne ver treten uud erörtern, unbekümmert darum, daß es in der erz- reaktionären „Nowoje Wremja" Herr Menschikow, dessen bloßer Name auf jeden freiheitlich gesinnten Russen wie ein rotes Tuch wirkt, ungefähr ebenso tut; in Deutschland aber fanden sich einzelne Blätter, die frei nach dem „Matin" und den „Times" die schwarzen Balkanränke der ReichSregie- rung enthüllten, im guten Glauben, daß der Freiheit alles gedeihen müsse, was vom Westen komme, und ohne zu be denken, daß diesmal der Weg über den Westen nur ein Um weg war, und das Gift, das sie in ihrer, nur noch in Deutsch land so rein blühenden Naivetät dem Leser vorsetzen, zueist in der Küche der Herren Suworin und Stolypin Bruder, in der „Nowoje Wremja", dem führenden Organ aller Pansla wisten und. Zarenfrcunde, gekocht worden war. Solche Bei spiele aber ließen sich zu dicken Büchern häufen." Weiter meint Leuthner: „Zwei Grundmotive beherrschen wie die innere so bei dem schwachen Gemeinsinn auch die äußere Politik der Deutschen: das Gegensatzgefühl (Opposi tion» und die rein agitatorische Anschauungs- und Arbeits weise, die hier aus einem Mittel zu dem einzigen Zweck der Politik erhoben ist. Beide verblenden Politiker und Publi zisten nicht selten so sehr, daß sie der Reichsregierung - die immer unrecht haben muß — auch dann unrecht geben, wenn die ausländische Intrige von weitem zu spüren ist." Der Aufsatz Leuthners enthält im übrigen eine scharfe Kritik an der auswärtigen Politik der verantwortlichen Männer der nachbismarckifchen Zeit. Wie es damit auch stehen mag, jedenfalls könnten manche Parteipolitiker von diesem Manne lernen! Wenn sich das lernen läßt, was ihn auszeichnet: die Erfassung der auswärtigen Dinge als einer eigenen Sorge und cigenen Not! Orttücbes «na ZaebMebrr. <H)rr siuchdrurk unserer örtltryeu OrtglnaiDruHK IN nur «llN gen KU» Quellenangabe stattet.» Frankenberg, 1k. April 1908. fr Bon der Mittelmeer-Reise des deutschen Kaiser- Paares sind an unferer Büderlafet einige interessante Zeich nungen des an dieser Reise an Bord der Kaiserjacht „Hohen- zollern" beteiligten Marinemalers Professor Willy Stöwer ausgestellt, worauf wir hiermit aufmerksam machen. fr. Oeffentliche Sitzung des Sta-tveror-ueteu-Kolle- ginms. (Nichtamtlicher Bericht.) Im Anschuß an die Beratungen beider städtischen Kollegien, über die wir in den zwei vorangegangencn Nummern berichtet haben, fand am Montag abend noch eine von Herrn Amtsrichter Or. Bähr geleitete öffentliche Sitzung der Stadtverordneten statt. Von der Tagesordnung wurden mit Rücksicht aus die vorgeschrittene Zeit nur die wichtigsten Punltc, und auch diese im Fluge verabschiedet. Nach der Entgegennahme einiger Mitteilungen, von denen die interessanteste die war, daß lt. Übersicht über den Verkehr bei der Sparkasse im Jahre 1907 von diesem Institut ein Reingewinn von 70893.72 M. erzielt worden ist, genehmigte das Kollegium in drei Fällen den Erlaß v», vefitzverSuderungSabgaben, sowie in zwei Fällen de» Berkaus vo» Baustelle« an der Lerchen- und Winklerstrabe in der vom Rate vorgeschlagenen Weise. Bei der Ratsvorlage über die Erhöhung des WohuuugsgeldzuschuffeS der Realschullehrer handelt cs sich um einen Gesamtbetrag von 1465 M. Wie Herr Vorsteher Amtsrichter vr. Bähr er klärte, muß im vorliegenden Falle ministeriellen Verordnungen Folge gegeben werden. Herr Bürgermeister vr. Irmer be merkte ergänzend, daß wahrscheinlich der Landtag noch Staats beihilfen bereitstellen werde, sodaß die Belastung des Stadt säckels vermindert werde. Zum Schluß erklärte sich das Kollegium mit der Aufnahme eines DarlehuS in Höhe von 16000 Mark durch die Kirchgemeinde einverstanden. Von der Tagesordnung abgesetzt wurden folgende Punkte: Beschaffung eiserner Rohrmasten für die Starkstromleitungen des Elektrizitätswerks, Gewährung von Entschädigung für Unterrichtserteilung an der Frauenarbeitsschule, Gewährung von Zählgcld an einen Beamten. Anstellung einer technischen Hilfskraft für daS Stadtbauamt und Anschluß des nördlichen Flügels des Bürgerschulgcbäudes an die Zentralheizung. — Herr Slv. Hunger bittet uns, festzustellcn, daß er sich in der gemeinschaftlichen Sitzung der städtischen Kollegien nicht gegen die Beseitigung der Heiste ausgesprochen, sondern gesagt habe, daß es zuerst doch die Herren Geschirrbesitzer gewesen seien, die dir Herste als Verkehrshindernis empfunden hätten, und daß er den Standpunkt des Herrn vr. Költzsch: „Entweder neue Häuser hin oder die Heiste stehen lassen!" durchaus nicht teilen könne. Im übrigen sei er dafür eingetreten, daß den betreffenden Hausbesitzern durch die Wegnahme der Heiste keinerlei Kosten entstehen möchten. Diesem Wunsche kommen wir hiermit gern nach. fs. Aus -er Kirchgemeinde. Mit dem Sommerhalbjahr, und zwar vom 1. Osterfeiertag ab, beginnen die VormittagS- GotteSdienste wiederum regelmäßig ^,9 Uhr. Katechismus unterredungen, aller vierzehn Tage, und Kindergottesdienste, aller vier Wochen, finden vormittags '/,11 Uhr statt, Abend mahls- und MissionsgotteSdienste, Bideistunden und zweite Predigten früh 7 Uhr. f§. Einen öffentlichen Familienabend veranstaltet am 1. Osterfeiertag der seit dem Jahre 1885 bestehende hiesige Gesangverein „Liederfreund", der emsig und fleißig den Ge sang, insbesondere das Volkslied, pflegt. Nachdem der Ver ein sich bisher in engerem Rahmen bewegt und wohl kleinere interne Familienabende veranstaltet hat, will er mit der vor erwähnten Darbietung das erste Mal vor die große Oeffcnt- lichkett treten, weshalb auch der „Kaisersaal" als Lokal für den Familienabend gewählt wurde. Das uns vorliegende Programm weist ebenso Sätze für Orchester auf, welche die Stadtkapelle übernommen hat, als auch Solis, Quartette und Chorsätze des „Liederfreund" selbst. Zwei größere, und zwar dramatische Gaben werden überdies geboten: „Das Volkslied in der Spinnstube", eine melodramatische Szene mit Gesang und fünf lebenden Bildern von Or. Franz Fauth, sowie das einaktige Singspiel „Die Wilddiebe" von Pollack, Musik von Th. Cursch-Bühren. Also an Abwechselung fehlt es nicht! Der Verein erhebt 50 Pfg. Eintrittsgeld und hat die löbliche Absicht, den Reinertrag des Abends dem Fonds für das längst geplante Volksbad zuzuführcn. — Wir sind überzeugt, der fleißige und rührige Verein wird um seiner schon bekannten guten Leistungen wie auch des guten Zweckes wegen ein recht volles Haus erzielen und dadurch angeipornt werden, auch in Zukunft mit seiner Sangcskunst derOeffent- lichkeit zu dienen. — Chemnitz. Zum Programm der am 22. und - 23. April d. I. in Cpemmtz stattfindenden Hauptversammlung des Lan-eS-Kirchenchor-Berban-S ist mitzuteilen: Am 22 April findet im Carola-Hotel nachmittags 3 Uhr eine Vorstands- Sitzung statt. Im Laufe des Nachmittags wird die neue Lutherkirche besichtigt. Die Begrüßungsversammlung nach dem Kirchenkonzert in der St. Jakobckirche wird, ebenso wie das gemeinsame Festmahl am Donnerstag, im Kaufmännischen VereinshauS abgchalten. Die Hauptversammlung findet am Donnerstag früh 9 Uhr in der Aula des Realgymnasiums statt. Dabei hält Kantor Biehle-Bautzen einen Vortrag über