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sodaß Mitteilungen darüber nicht gemacht werden könnten. Die Meldungen über ein m»rs dausuw seien unzutreffend. Diese Ab sicht sei von Deutschland auch niemals gebegt worden. Was die Nordkee anlanae, so sei der Grund der Verhandlungen lediglich der cewelen, den «r.iu, guo zu garantieren, und zwar sollten die Ver handlungen der allgemeinen Beruhigung und der Beseitigung de» Frieden» dienen. Die Anregung sei nicht von England au»ge- rangen. */* Berit». Die Kommission drS Reichstag- für die Ab- .mdmm« de- G «» de- Handelsgesetzbuch- -hm gestern ! ie RegternngSvoilage in der Fassung deS ursprünglichen Antrag- ljaffermann-Ablaß an, durch den sie veranlagt worden ist. Da nach mutz im Krankheit-sali den Handluna-aedilken da- Gehalt iortgezahlt werden, uud ein Abzug de- Krankengeld- ist unzulässig ')ie Regierung hatte bekanntlich vorgeichlagen, neben der Fort» Zahlung deS Gehalt- auch den Abzug de« Krankengeld» für obli» notorisch zu erNären. Trotz de- lebhaften Widerspruch» der Re- ierung stellte dir Kommission gestern unter Zustimmung aller Karteien den ursprünglichen Reich»tag«deschluh wieder her. Bom Landtag. Erste Kammer. Die Erste Kammer faßte in der heutigen Sitzung ihre Be schlüsse sämtlich in Uebereinstimmung mit dem Vorgehen der Zweiten Kammer diesen Gegenständen oegenüber. Sie nenebmigte > om Rechenschaftsbericht aus die Jahre 1904/05 die Kapitel 5 bl» 10, 47-59«, 62—64, 66 —69, 73 —75, 88 90 und stimmte den larin vorg'kommenen Etatüderschreitungen und außeretatmäßigen Ausgaben nachträglich zu. Oberbürgermeister Keil-Zwickau ging in längeren Ausführungen aus den Rechenschaftsbericht der Oberrechnungskammer ein. der einige Unstimmigkeilen ausweise. Wahrscheinlich habe die Ober- rechnungSkammer den 6. Nachtragsetat zum Etat 1902/03 un- beachtrt gelaffen. Finanzminister v. Rüger bestätigte die Angaben de» Re ferenten, soweit der Bericht der OberrrchnungSkammer auf 1902 03 in Frage komme. Offenbar sei der Betrag des 6. Nach- rragsrtats nicht dabei berücksichtigt worden. Die JstauSgabe 1902 03 habe 29,8 Millionen weniger betragen, als der Etatvor anschlag Im RechrnschastSbericht 1904/05 spiele das Kapttel 104, GachseoS finanzielle- Verhältnis zum Reich, eine große Rolle. Die Veranschlagung bei diesem Kapitel sei von jeder sehr schwierig gewesen, diesmal seien noch besondere Veränderungen durch die Uer Stengel von 1904 herbeigeführt worden. Die Uer »Stengel habe den Zweck gehabt, größere Uebersichtlichkeit in die Reichsfinanzen zu bringen. Dieser Zweck sei in der Hauptsache erreicht wo« den, dagegen lei der Gedanke leider stark in den Hinter grund getreten, daß den Einzelstaaten eine Entschädigung gebühre dafür, daß idnen das Gemet der indirekten Steuern verschlossen worden sei. Die Ausführungen des Berichts brr Oberrechnungs kammer zum Kap. 104 der Finanzperiode 1904/05 seien richtig. Doch seien bei den Minderausgaden die Mindereinnahmen nicht berücksichtigt worden. Oberbürgermeister Beutler-DreSden war durch die AuS- sührunaen dc» Finanzministers insofern enttäuscht, alS sei« ««- bedingte- Vertraue« zu der Oberrechnungskammer, die «Ine« ganzen Nachtragsetat nnberückfichtigt gelassen habe, erschüttert worden sei. Es sei wünschenswert, daß die allge meinen Betrachtungen der R chenschastsdeputation in einem Bor- lericht den Kammermitgliedern gedruckt zugingen. Auf weitere Anträge verzichte er. Finanzminister ». Rüger nahm die OberrrchnungSkammer in Schutz, die durchauSVei trauen verdiene. Es wäre wünschens wert gewesen, daß die Oderrechnung-kammer ihren Bericht au»- sührlicher gefaßt und erläutert hätte, wie sie zu ihren Zahlen ge kommen sei. Kammerherr v. Arege-Weltzie« sprach sich gegen den Wunsch Beutler» au». Der Schwerpunkt liege in den heutigen Ausfüh rungen drS Finanzministers über die Veränderung in der ReichS- finanzlage. Die verbündeten Regierungen verdienten Dank dafür, laß sie durch die U« Stengel die Mißstände beseitigt hätten, die sich bei der Franckensteinichen Klausel kerausgestrllt hätten. Es fei zu bedauern, daß durch die ReichstagSbeschluffe vom Dezember 1902 auch den großen Kommunen die Einnahmen au» den in direkten Abgaben verschlossen würden. Die Deputationsanträge wurden hierauf angenommen. Nächste Sitzung: Freitag; Tagesordnung: Petitionen. * * Zweite Kammer. 28. öffentliche Sitzung am 12. Februar vormittag» 10 Ubr. V. DaS Haus erledigte zunächst die Kapitel 63 und 67 des urdentlichen Etats und genehmigte einstimmig unh^ohne De- I atte bet Köpftet 63, .Landwirtschaftliche Versuchsstation zu Möckern", die Einnahmen mit 40530 und die Ausgaben mit '.'4175 Mk., sowie bei Kapitel 67, .Technische Deputation", die Einnahmen mft 900 und die Ausgaben mit 15000 M. Ebenfalls wurden bei Kapitel 29, .Landlagskosten", die Ausgaben mit c 06242 M., bei Kapitel 30, .Stenographisches Land samt", die Einnahmen mit 2420 und die Ausgaben mit 59l80 M. bewilligt. Bei Kap. 34, „Ordeuekanzlei", g-nehmigte das H ius gegen die (Stimmen der Freisinnigen und deS Sozialdemokraten die Aus- saben mit 4020 M., einstimmig dagegen bei Kap. 37, .Gesetz- u d Verordnungsblatt", die Ausgaben mit 6560 M. Ueber die letzten Vier Kapitel berichtet'Aba. Facius'(freikons.). Schließlich werden noch die Kapitel 44 und 44» de» Rechenschaftsbericht», betr die .Akademie der bildenden Künste" zu Dresden, sowie Kunstzwecke im allgemeinen nach einem kurzen Bericht de- Abg. Händel (natl.) glatt erledigt. Nächste Sitzung: Donnerstag vormittag 10 Uhr: Kirchen- und Schulsteuergesetz. vmittber und ZScdtkcder. NachdruS unsrcer SrNlchen OrigUiaidrrtqa Ist nur mtt ,«»aurr Ou«ltroLU,obe,<»attrt.t Frankenberg, 13. Februar 1908. Bilder vom Tage. An den Plakattafeln unserer Geschäftsstelle, Markt Nr. 8, sind die soeben eingetroffenen Illustrationen der jüngsten Tagesereignisse zur Schau ge bracht. Drei davon haben Bezug auf den Regierungswechsel im Herzogtum Sachsen-Altenburg; rS sind die Photographien des jetzigen Herzogs Ernst II. und seiner Gemahlin Adelheid, geb. Prinzessin von Schaumburg-Lippe, sowie eine Gesamt ansicht des burgartigrn alten ResidenzschlosseS in Altenburg. Ferner ist eingrgangen und ausgestellt eine Aufnahme aus dem französischen Interessengebiet in Marokko. Sie führt den Stab des dort stationierten französischen Oberkomman dierenden, Generals d'Amade, vor Augen, der da« Gefecht französischer Truppen gegen Eingeborene bei Mkul beobachtet. fiu. Zahlt Steuer»! Die Frist zur Bezahlung des ersten Termins der diesjährigen Grundsteuer laust am 15. d. M. ab. Wir machen unsere Leser hierauf aufmerksam mit dem Bemerken, daß alle diejenigen, die noch im Rückstand sind, sich mit der Bezahlung beeilen mögen, da alsbald nach Fristablauf mit BeitreibungSmaßregeln begonnen werden muß, wodurch den Säumigen noch Kosten entstehen. fr. Der Ratiovalliberale Berri« z« Frankenberg ladet im Inseratenteil der vorliegenden Nummer seine Mit glieder zur Teilnahme an der nächsten Sonntag im Börsen saal der .Linde" in Chemnitz (Neustädter Markt) vom dorti gen Nationallibcralen Verein einbcrufenen öffentlichen Ver sammlung ein. In dieser wird Herr Reichstagsabgevrdnetcr vr. Weber-Löbau einen Bortrag über „Die allgemeine poli tische Lage" halten. Wie uns außerdem mitgeteilt wird, findet am gleichen Tage vormittags 11 Uhr in Chemnitz eine Zusammenkunft nationalliberaler Vertrauensleute aller jener Reichstagswahlkreise statt, die sich zur Finanzierung des Chemnitzer Partei-Sekretariats zusammengetan haben. Es soll dabei Bericht über die Arbeit der Geschäftsstelle erstattet, sowie eine allgemeine Aussprache über Organisationsfragcn herbeigeführt werden. Die an dieser Versammlung teilneh menden nationalliberalen Vertrauensmänner komme» aus dem 9., 15., 16., 17., 19., 20. und 21. sächsischen Reichstags wahlkreis. fr. I« die neue Welt, nach Nordamerika und Kali fornien insbesondere, führt in dieser Woche das „Kaiser- ( Panorama" seine Besucher. Es sind eigenartige Bilder, die dem Beschauer vor Augen treten. Urwaldpartien mit den Riesen der Wälder — Baumstämme von ungeheuren Dimen sionen —, eigenartige Gebirgsformationen, öde Stätten, See- und Flußmotive wechseln mit Szenerien vom gewaltigen Niagarasall und fruchtbaren Talpartien ab. Und was die gegenwärtig gezeigte Serie besonders interessant macht, ist, daß Aufnahmen darunter sind, die aus dem letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts stammen. Dem Fachmann auf photographischem Gebiet bietet sich dadurch Gelegenheit zu Studien über die Entwicklung der JllustrationStcchnik durch Jahrzehnte; wen dies aber weniger fesselt, sieht bei Vergleichen der alten mit den neuen Bildern auf den ersten Blick den fabelhaften Aufschwung, den Nordamerika auf allen Gebieten in verhältnismäßig kurzer Zeit genommen hat. Man ver gleiche nur einige Straßenbilder aus dem alten und dem neuen Nordamerika, man verfolge an der Hand der Photo plastiken aus neuerer Zeit die Fortschritte der Baukunst und Jngrnieurwissenschaft, wie sie an „Wolkenkratzern" der Riesen stadt New-Iork-Brooklyn und den staunenswerten Brücken anlagen ihren äußeren Ausdruck finden, und man vergleiche > damit die primitiven Holzhütten der Ansiedler an Flüssen j und Seen und die ebenso einfachen Brücken alten Systems. Auch die gegenwärtige Serie ist sehenswert und schließt sich ! den bisher zur Schau gestellten würdig an. f Einführ««- der vierte« Vi-e«tl«ffe «« E»««- ««d Festtagen. Eine wichtige Mitteilung machte Seh. Kommerzienrat Preibisch in der gestrigen Sitzung der Zittauer Handelskammer. Er erklärte, daß in der am 4. Februar in Dresden stattgefundenen sächsischen Eisenbahnratssitzung, an der er teilnahm, in bestimmte Aussicht genommen worden ist, ab' 1. Oktober d. I. im inneren sächsischen Eisenbahnverkehr die vierte Wagenklasse an Sonn- und Festtagen einzuführen. f Zur Erleichterung de» Reiseverkehr» tu Sachse« werden seit dem 10 d. M. direkte Fahrkarten 2. bi» 4. Klasse (zum Teil auch 1. Klasse) sür Eil- oder Personenzüge zwischen zahlreichen Stationen neu eingeführt. Außerdem sind jetzt verschiedene Stationen mit neuen direkten Fahrkarten 4. Klasse sür zahlreiche Verkehrsbeziehungen ausgerüstet worden. Die Fahrkartenausgaben sind in der Lage, hierüber, sowie über die Preise und über die zu benutzenden Reisewege weitere Auskunft zu erteilen. f A«S der sächsische« WahlrechtSde-ntatto« weiß da» Zwickauer sozialdemokratische „Sächs VolkSbl." andeutungs weise ewiges mitzuteilen. ES meldet, daß bei den gegenwär tigen Erörterungen über die Wahlreform die Frage der Wie dereinführung des alten Zensuswahlrechts unter Heraufsetzung des Zensus und Schaffung einer besonderen Arbeitertheorie in den Vordergrund getreten sei. Das sozialdemokratische Blatt gibt näheres darüber nicht an, erinnert aber an die vor zwei Jahren in ähnlichem Sinn gemachten Wahlrechts vorschläge konservativer ländlicher Abgeordneter, nämlich die der Abgg. Bahner, Heymann und Trüber. Alle drei verlang ten Aufrechterhaltung der Wahlkreise nach Stadt und Land. Uebercinstimmung herrschte ferner über die Höhe des neue» Zensus, der nach dem Vorschlag Bahner für die exemten Städte 10 M., für die übrigen Städte und Landgemeinden 7 M, nach dem Vorschlag Heymann 13 M. Einkommensteuer, nach dem Antrag Trüber aber 8 M. (Einkommen-, Ergün- zungs- und Grundsteuer) betrug. Gemeinsam war diesen Vor schlägen endlich, daß in den fünf Kreishauptmannschaften be sondere Arbeiterwahlkreise gebildet werden sollen. Der Vor schlag Bahner sah für die Arbeiterkurie 4 M., der Antrag Trüber bis zu 8 M. Staatseinkommensteuer vor, sodaß auch nach den Vorschlägen dieser Abgeordneten zwei Arten von Wählern: Zensus- und Unterzensuswähler künftig in Betracht kämen. — Ob nun wirklich in dieser Richtung jetzt wieder die Wahlrechtsreform gefordert wird und welche Gruppen sich für sie erwärmen, verrät das dem Abg. Goldstein, einem Mit glied der Wahlrechtsdeputation, sehr nahe stehende Blatt nicht. Möglich ist, daß diese Vorschläge nur neben anderen erörtert wurden. Bis darüber nicht Klarheit herrscht, ist eine Dis- .kussion wohl kaum am Platze. Bon den Jungvtehweide«. 753 Stück Rindvieh Md 18 Fohlen waren im Jahre 1907 auf den Jungvieh weiden der Weidegenossenschasten im Bezirk des Landwirt schaftlichen Kreisvereins im Erzgebirge aufgetrieben worden. Beim Austrieb betrug das Gesamtgewicht der Rinder der Genossenschaften zu Crottendorf, Elterlein, Frankenberg-Lan- genstricgis, Schwarzenberg und Zschopauthal 2880 Zentner, beim Abtrieb 3573 Zentner --- 693 Zentner Zunahme, pro Stück 92,02 Pfund. 1 Pfund Lebendgewicht mit 45 Psg. angesetzt ergibt pro Tier und Wcidesaison 41,41 Mk. Die Produktion von 1 Pfund Lebendgewicht kostete den Genossen 34 Pfg. — Dresden. Die auf nationalem Boden stehenden or ganisierten Gasthausangestellten haben die Gründung eine» das ganze Reichsgebiet umfassenden Kartell» beschlossen. Diesem gehören zurzur an der Deutsche Kellnerbund mit 8000 Mitgliedern, der Genfer Verband mit 10150 Mitgliedern, der christliche Kellnerbund mit 585 Mitgliedern, der Reichs verband mit 1050 Mitgliedern, der Verband Deutscher Köche mit 1700 Mitgliedern und der Internationale Verband der Koche mit 5800 Mitgliedern. Es sind also an der großen Organisation 27 285 Mitglieder beteiligt. — Dresden. Der ArbeitSavSschutz «atioualer Ar beiter- uud Gehilfeuorzautsatwue» hat sich jetzt endgül tig konstituiert. Diesem Ausschuß gehören zurzeit schon 12 Vereinigungen mit einer Mitgliederzahl von zirka 12 000 an Dornenwege. Roman von T. Dressel. L-». Fortsetzung) (Nachdruck verboten. „Tas tue ich schon heut. Tante Geheimrat kommt auch hin, sie hat es mir versprochen." Es ging ein Leuchten über das kleine blasse Gesicht und die matten Augen hingen ehnsüchtig an dem Stück Himmelblau, welches durch die oberen Scheiben des breiten Fensters hereinglänzte. „Sobald werden Sie das Bild vollendet haben, gnädige Han'? Ihnen müssen Heinzelmännchen zur Verfügung stehen." Westerot sprach es in lächelnder Verwunderung und doch nicht ohne einen leisen Klang des Bedauerns. Fiel doch mit dem fertigen Bild die öftere Gelegenheit einer zwanglosen Plaud erstünde mit Miß Daisy fort um deretwillen er allein auf die Idee verfallen war, sein häßliches Leidenslind Analen zu lassen. Er trat vor das Bild und fühlte sich dann doch so hin gerissen, ergriffen von der großen Kunst, die sich in ihm offen barte, daß er in ehrlicher Bewunderung rief: „Es ist zwiefach vollendet. Sie haben n ch dem kümmerlichen Vorbild ein Neiflerwerk geschaffen, Frau Nardeck." Frida gehörte freilich nicht zu jenen, die nur die Natur lbzuschreiben verstehen, sondern ließ immer ihre eigene chöpserifche Seele Mitwirken und gab so ein von individueller traft getragenes Leben. So war auch dieses Bild kein photo graphischer 'Abklatsch, sondern eine geniale Kunslichöpfung, in welcher der Geist über der Materie schwebte. Man sah das iefe liebevolle Erfassen nnd höhere Gestalten einer Aufgabe, die gerade keine sonderlich dankbare gewesen und doch mit dem gropen Können des echten Künstlers auf das glücklichste gelöst war. Ans diesem abgezehrten durchsichtigen Kin^ergcsicht sprach lerzbcwcgcnd eilte engelhafte Leidensgcduld, die seine Häßlich- eit geradezu verklärte. „Ein liebes Bild!" sagte Westerot nochmals, wie in leiser Rührung. „Sie sollten ein wenig Freude daran haben," meinte sie schlicht. „Ich mußte die Arbeit beschleunigen," sprach sie achlich und rnhig weiter, „weil mich nämlich ein anderer Auftrag drängt, den ich nicht gilt ablehnen konnte, obschon ich es gerne getan, denn bei dieser so früh kommenden Sommer wärme läßt sich nicht leicht arbeiten. Große Hiße vertrage ich überhaupt nicht sonderlich und müßte jetzt eigentlich mit meiner Daisy an die See oder ins Gebirge. Da ist aber nichts zu machen. Wir scheinbar so freien Künstler sind mit unter die wahren Sklaven." Sie wies ans ein angefangenes Knabenporträt in voller Figur. „Der Schlingel dort gibt mich nicht los. Ter Sohn eines mir befreundeten Herrn aus der amerikanischen Ge sandtschaft, der nächstens zurückgcht. Daher die dringende Eile." Westerot betrachtete interessiert das bereits in breiten flotten Zügen skizzierte Bildnis. Der Junge mochte dem seinen gleichaltrig sein, aber ein krasserer Gegensatz dieser beiden Knabengcstaltcn war kaum denkbar. Welche Frische und Ursprünglichkeit, welche überqucllende Lebenskraft in dem ge sunden, kernigen Amerikaner, dessen kecke Jnngenaugcn ihn mit verblüffendem Unternehmungsgeist cntgegenblitztem Westerot unterdrückte nur schwer einen Seufzer, als er jetzt anerkennend sagte: „Ein prächtiger kleiner Kerl, der mußte Sie freilich fesseln." „Vinn ja, es ist ein frischer munterer Junge. Natürlich auch ein schrecklicher Unband. Von der wilden Ausgelassen heit der amerikanischen männlichen Jugend kann sich der gesittete Europäer schwer einen Begriff machen. Man laßt sie aufwachscn wie die Fohlen. Mit dieser Schattenseite der amerikanischen freien Erziehung habe ich mich nie befreunden können. Der da, süß wie er aussieht, gibt mir weidlich zu schaffen, das können Sie glauben, und ich ging jetzt wirtlich lieber aufs Land. Auch Sie werden vermutlich dem jetzt keineswegs angenehmen heißen Berlin bald den Rücken wenden, Herr Oberbürgermeister?" „Mit großen, Bedauern, gnädige Frau," nickte er. Ich liebe die schöne interessante Stadt und habe namentlich meinen dieszcitigen Aufenthalt sehr genossen." Wieder schweiften seine 'Augen zu dem frischen mutwilligen Knabengesichte hinüber, um dann verlangend auf Daisy zn haften, die ihre schwellenden jungen Glieder in einen, Schankelstuhl wippte. Die Vorstellung eines schwindelnden Glücks durchzuckte sein Hirn. „Solch einen schönen Kraftjungen würde sie mir schenken," mußte er denken. Während Frida jetzt mit ungeteilter Aufmerksamkeit malte, schritt er jenem durch Palmen und Blumcnbüsche laubcn- artig abgegrenzten Winkel zu, den Daisy bei ihren gelegent lichen Atelierbesuchen zum Lieblingsplatze erkoren hatte. Aus dieser gemütlichen Ecke schwirrte alsbald viel lustiges Geplauder und leises Lachen durch die Stille des großen Raumes. Frida kannte da». Ost hatte eS sie geärgert, denn sie begünstigte Westerot» eifriges Kurmachen ebensowenig, als sie Daisys heraussordernde Koketterien billigte, heute indes hörte sie den heiteren Krieg dahinten mit großer Ruhe an. Ja, ein eigentümlich zufriedenes, zuversichtliches Lächeln zuckte mitunter um ihren Mund. Der laute Schlag einer Atelieruhr übertönte jetzt da» Schwatzen und Kichern in der Blumenecke, nnd Daisy ries erschrocken: „Auntie äoar, es ist schon elf und Mr. Westread noch immer nicht da. Ich muß jetzt schnell fort." „Setz' lieber die Stunde mal aus." „Auf keinen Fall, wir haben gerade eine entzückende Novelle von Fräulein Hagen vor und dann so interessante Verbs. Ich liebe nimmer, aber ich werde ewig geliebt und gelobt — äiküoult dut intersstinL;." — Sie lachte schalkhast zu Westerot hinüber. „Lerne daneben nur auch das Lied von der Treue," sagte Frida mit Betonung. Daisy wurde glutrot. „Das kenne ich längst," entgegnete sie rasch, es ist nicht bloß ein deutsches Lied, es sitzt hier tief in meinem amerikanischen Herzen. Sie stand wie ein Engel der Unschuld da, als sie mit dem rosigen Zeigefinger, an dem ein kostbarer Brillant funkelte — der Verlobungsring der Amerikanerinnen — lächelnd auf die linke Brustseite ihrer Batistblouse tippte. „Und nun, — Herr Westerot wird mich umbringen." „Hoffentlich geht's gelinder für Dich ab, Du Deutsch- vcrderberin," lachte Frida. „Was nur unseren sonst so pünkt lichen Freund heute zurückhalten mag." „Er wird lieber auf dem kühlen Rosenbalkon sitzen, als nach der heißen Bülowstraße gehen. Ich laufe jetzt auch, daß ich hinkomme," meinte Daisy und eilte davon, um sich straßen fertig zu machen. Zwei Minuten später schritt sie mit Westerot auS dem Hause. Eine sengende Glut schlug ihnen entgegen. Die Spreng wagen waren an diesem Morgen schon wiederholt in Tätigkeit gewesen, aber der heiße Asphalt hatte die Fluten aufgesogen, als seien es einzelne Tropfen gewesen, und die nie abreißende Kette der Passanten, der Fuhrwerke wirbelten einen Kehle und Lungen irretierenden Staub auf.