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rauen-Zcitun — —— — Ein Ergan für -ic Iiü'I)rrcn weiblichen Interessen. Preis: 15 Zgr. vierteljährlich. 3. Jakrgnng. Begründet und fortgesetzt vc» Inserate: 2Vs Sgr. die Zeile. 3. Quartal. Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlags-Handlung. Ä)?otto: Wen, Reich der Freiheit merk' ich Durgerinnen. 2?. Lottnabcnd, ?cn LS. Juli» 1851. Nciftbriefe aus -cr Scluvciz im Sommer S848, von N. (Fortsetzung und Schluß aus Nr. 26.) Bei jedem ruhlichcn Vorsprung ladet mich mein Führer zur Rückschau ei», über die cr mich aber so bochdüisch belehrt, daß ich ihm eher alles andre, denn die Aussicht iu's Simmenthal, auf's Stock- Horn, nach Wimmis, Thun und den See ab- gehorcht hätte, wenn ich die ganze Gegend nicht schon von der Ebene her gekannt. Herrlicher wohl habe ich sie noch nicht gesehen, als heute von solch erhabenem Standorte, in den Glanzwellen des zitternden AbendlichteS, das bänglich vor der Nacht zurückbcbt. Rach zweistündigen Klimmen breitet sich's ein wenig vor uns anS und das Auge trifft alsbald aut eine Sennhütte: wir sind auf dem Stalden, wo die Sonne eben (7 Uhr) ihren letzten Pfeil verschießt, dessen Glulh ein kühler Tannendnft von der nahen Felsenhalbe löscht. — Aus der Hütte qualmt uns ein dicker Rauck entgegen, der nach der edlen Einfachheit des Baues, die keine Abson derung kennt, alle und jede Oeffnung, die Tbürcn und Fenster so gut als daS Loch im Dach in An- svruch nimmt, so daß das ganze „Hüsll" einem Rauchfang gleicht. Der freundliche Wirth, Wiß- müller von Wimmis, heißt die unerwarteten Gäste herzlich willkommen zu der Milch, die eben in einem großen Kessel über dem Feuer dampft, wozu nun noch ein Gericht Erdäpfel abgckocht wird; ein seltener Leckerbissen da oben, so gesucht wie in andern Gegenden die Lraubcnpflanzung. Von allen Seiten wird Milch zugctragen; von den nahen Alpen durch Küher in hölzerner Butten, von den tiefer gelegenen durch Maulesel. Ich mache mich heimisch in dem Rauchstall, welcher aus der Hausflur, zugleich Küche, dem Milchbehältniß und einer Stube besteht, die ausgestattet ist mit einem Tisch, zwei Bänken, zwei strohgefüllten Bettstellen, unter denen eine dritte hervorgeschoben werden kann, einemWeißlhonofen und einem Wandbrett mit Brod- und KäS-Vorrärhen, offne Tafel für die fliegenden Gäste. Ich verschwöre mich, hier weder den Kühern nachzuschlafen, noch den Mücken nachzuspeisen, was mir jedoch so wenig hilft, daß man gleich darauf meinem Hunger daö angeschnittene Brod und den halben schier vertrockneten Sckwcizerkäs auf den Tisch herunterrollt. Wißmüller entschuldigt sein irdues Geschirr mit der frühen Jahreszeit und der Abwesenheit der Frauen, mit denen später erst di« feinere Einrichtung Nachkomme. Ich räume bald den Tisch, denn es wimmelt in und außer der Hütte von hungrigen Männern, 13 an der Zahl, lbetts Küher, lheils Zimmerer und sonst Arbeils- leute, die zur Ausbesserung der Hütte auf Pfingsten mit aufgesahren. Man setzt ihnen Geismilch in den beliebten runden Holzgefäßen, nach alt deutschem Brauch für je zwei Mann einen Napf, sammt Käse vor, wozu alle die Hände falten nnd ein Dankgcbet sprechen; eine rührende Sitte da oben in der Bergeinsamkeit. Auf mein Ansuchen um eine Ruhestätte besinnt sich endlich der Wirth, mich noch eine halbe Stunde höher zu schicken auf die obere Sennerci. Sobald mein Führer und sein Schnsfilgenosse auSgclöffelt, verfolgen wir, reichlich mit Milch nnd Brod ver sehen, den schwarzen Punel am Abendhimmel, der um 9 Uhr als Hütte vor uns liegt. Ein fern-