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Di««St«g, »r» 23. Ottoder 247 IM« Frankenberger Tageblatt Anzeiger begründet 1842. KmkbN flr die MnigW ZmbßiiHtiillNiiislhiisl MH», da; MWe DkWcht und dm Aadlral z« Imkmkerg i. Ko. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Rotzberg in Frankenberg i. Sa. — Druck, und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i. Sa. Erscheint a« jedem Wochentag abend« für den folgenden Tag. Bezugs, preis vierteljährlich 1 VS 50 H, monatlich 50 H. Trägerloh» extra. — Einzelnummern lausenden Monats 5 früherer Monate 10 H. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe, stellen, sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Auslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. Ankündigungen sind rechtzeitig auszugeben, und zwar größere Inserate bis 9 Uhr vormittags, kleinere bis spätestens 11 Uhr mittags des jeweiligen Ausgabetages. Kür Aufnahme von Anzeigen an bestimmter Stelle kann eine Garantie nicht übernommen werden. tzozs- 51. Telegramme: Tageblatt Frankenbergsachsen. Anzeigenpreis: Di« 5-gesp. Petitzeile oder deren Raum 1b 4, bet Lokal- Anzeigen 12 im amtlichen Teil pro Zeile 40 H; „Eingesandt" im Redaktionsteile 30 H. Für schwierigen und tabellarischen Satz Aufschlag, für Wiederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Taris. Für Nachweis und Offerten-Annahme werden 2b H Extragebühr berechnet. Jnseraten-Annahme auch durch alle deutschen Annoncen-Expeditionen. Gemeindeanlügen. Mit de« im laufenden Jahre bereits fällig gewesene« Gemeinde anlagen befindet sich noch ein großer Teil Steuerzahler im Rückstand. Wir fordern hierdurch nochmals zur Bokonügsn Zahlung mit dem Bemerke» auf, daß nach dem 27. Oktober dieses Jahres mit vsNnsidung verfahren werden wird Frankenberg, am 18. Oktober 1906. Der Stadtrat. MMeiMiliMvoi'sellrMil ter IM- u»a korÄ- «irtreluMelieil SeriisMimsMAHLkt im KesMeied 8stlmi im Wortlaut von 1902 sind vorrätig zum Einzelpreis von 25 Pfg., bei Entnahme von 5 Stück 1 Mark in der von C). L, Das Sieben-Monate-Kabinett. ** Als man im März dieses Jahres das französisch« Kabinett zu Fall bracht« und es in Pari« für das Richtiger« hielt, den tat«nlustigen Ministerpräsidenten in die Wüst« zu senden, statt ihn noch weiter in die Fäden der Politik eingreifen zu lassen, da war es die höchste Zeit, daß dies geschah. An RouvierSdEtelle trat der zwar radikal gesinnte, aber im Grunde seine» Herzens doch sriedsertige Deputierte Sarnen. Es sollte sich bald zeigen, daß dessen hauptsächlichste Rolle nicht darin bestand, der französischen Politik eine andere Richtung zu geben, als vielmehr den Stroh mann zu spielen. Als Sarnen die Regierung übernahm, war di« politisch« Lage ziemlich verwickelt. Di« französischen Politiker waren hinterher auf einmal zu der Einsicht gekommen, daß die Absäqung Rouvier» eine Uebereilung gewesen war, die man bester unterlasten hätte, da Frankreich wohl einen großen Vorrat von Staatsmännern über haupt, aber keinen Uebelfluß an solchen hatte, die schwierigen Lagen gewachsen gewesen wären. Man griff zu Sarrien, weil dieser im allgemeinen recht harmlo» war und voraussichtlich am wenigsten Schaden anrichten konnte. Daß dadurch, daß dieser Mann in solch eine verantwortung-reich« Stellung berufen wurde, über ihn der Größe seiner inneren Mission entsprechend nun auch eine besondere Dosis innerer Erleuchtung gekommen wäre, daß ihm aber der liebe Gott, wie man so sagt, neben dem Amte auch den dazu nötigen Verstand gegeben hätte, wird man nicht behaupten können, wenn man seinen Taten nochspüren will. Denn öffentlich hat Sarrien so gut wie nichts geleistet; er war nur der Kutscher mit der weichen Hand, der die Zügel hübsch zusammenhält, im übrigen aber auf seine Gäule sich verlassen kann. Ihm standen eben tat- kräftige /Männer zur Seite, die ihre Sache verstanden. Einer von diesen war der geistvolle Clemenceau. Diesem fiel in seiner Stellung al« Minister der inneren Angelegenheiten die Bürde zu, im Lande selbst die Ordnung wieder herzustellen. Zunächst hatte Clemenceau die Aufgabe, die Kammerwahlen durchzuführrn, wa» er denn auch glücklich im Sinne de« radikal- sozialistischen Bloc fertig gebracht hat. Seine Stellung war an« gesicht« de» BrrgarbeiterauSstande« nicht leicht. Dazu kam noch die Katastrophe von Courritzre« mit der Erbitterung gegen die Grubenverwaltungen, wodurch die innere Ruhe nicht wenig ge fährdet erschien. Die Verdienste der deutschen Rettungsmann, schasten muhte Clemenceau wohl anerkenne«, aber sie war-n ihm Uater und Sohu. Originalroman vonFreifrau Knif« von Feilitzsch. (U. Sortier»»«.) lNochdnia verbo'en., „Ich selbst habe immer nur bescheidene Einsätze gewagt, sagte Stetten, so daß ich weder viel gewinnen noch verlieren konnte, aber ein besonderer Reiz geht doch von diesem Spiel aus, und deshalb brachte ich es mit. Ich hoffe, wir werden manchen vergnügten Abend dadurch haben, vorausgesetzt daß sich Niemand zu weit fortreißen läßt, und daß vor allen Dingen Schweigen beobachtet wird; denn Sie wissen, meine Herren, daß wir auf Verbotenen Wegen wandeln, fügte er hinzu. „Wollen wir gleich heute Abend die Einweihung vor nehmen?" fragte ein Leutnant. „Mir kann's recht sein, wenn die Herrschaften Lust dazu haben", entgegnete Herr von Stetten. „Aber nicht im Klub lokal; gehen wir in das separirte Zimmer. Es wäre doch fatal, wenn Unbefugte uns störten." Kurze Zeit später saßen die Eingeweihten um den Spiel tisch, aus dem das bekannte, mit Nummern versehene Wachstuch ausgebreitet wurde. Den Bankhalter bestimmte das LooS; es traf den jungen Leutnant. Anfangs amüsirte man sich in harmlosester Art; die Einsätze waren klein und das Vergnügen über den erlangten Gewinn um so größer. Nach und nach wurde aber mehr gewagt, und besonders Horst ließ sich verleiten, größere Beträge zu setzen. Die Leidenschaft erwachte in ihm. Mit den rollenden Geldstücken und dem Schnurren der Kugel, hörte alles Interesse für seine übrige Umgebung auf; er empfand nur den Reiz des Spieles und gab sich demselben voll hin. Horst hatte besonderes Glück, fast jedesmal gewann er. Während einer kurzen Päuse sagte Graf Plenhof, den das Glück ziemlich stiefmütterlich behandelte: „Na, Tolsting, Sie strahlen ja förmlich vor Vergnügen. Werden Sie nur nicht übermüthig, Fortuna ist launisch. Wie steht es denn jetzt mit Ihrem Befinden?" Horst hatte längst vergessen, daß er als Patient den Weg doch etwa» unbequem und paßten nicht recht zu der reservierten Haltung, welche er gegen Deutschland zu beobachten gedachte. Di« deutsch-französischen Beziehungen waren bekanntlich damal» sehr gespannte, in Algeciras bemühte sich die Diplomatie vergeb lich, «inen Au-gleich der widerstrebenden Interessen herbeizuführen. Er ist eine-teil» der Nachgiebigkeit Deutschlands, andernteil» der maßvollen Stellungnahme Bourgeois, de» bedächtigen Ministers de» Aeußeren, zu danken, daß alle» glatt verlief. Von dem Pro gramm de» bisherigen Kabinett» ist ein gewichtiger Teil, die Finanzresorm, unerledigt geblieben. Die nächste Aufgabe der kommenden Regierung muß «» sein, diese Reform durchzusetzen, wozu bekanntlich die in Frankreich sehr verhaßte Einkommensteuer in Aussicht genommen wurde. Der Mann nun, dem abermals «in« besondere Aufgabe zu« fallen soll — man nennt wenigsten» seinen Namen unter drnen der voraussichtlichen Kabinettbildner hartnäckig an erster Stelle —, wird wiederum Clemenceau sein. George» Clemenceau, am 28. September 1841 zu Mouilleron-cn-Pared» in der Bents« ge boren, ließ sich in Pari» al» Arzt nieder und wurde nach dem 4: September 1870 Maire de» 18. Pariser Arrondissement» (Mont- martre). Im November 1871 wurde er in den Gemrinverat und 1878 in die Kammer gewählt. Al» er 1893 nicht wieder gewählt wurde, widmete «sich dem JournaliSmu» und war zuletzt Chef, redakteur der durch Zola» „^'aoonss" bekannt gewordenen „Amore". Wird er wirklich der „neue Mann", so hat man in Deutschland immerhin Ursache, Clemenceau auf die Finger zu paffen. Man weiß, daß er allem, wa» deutsch ist und deutsch heißt, nicht sonderlich grün ist. Er hat das bereit» in Redensarten, die in den letzten Tagen erst wieder fielen, zu zeigen Gelegenheit ge funden, und er wird auS seiner Gesinnung Deutschland gegenüber erst recht kein Hehl machen, wenn er erst einmal da» Ministerium des Innern nicht mehr verwaltet, sondern als Ministerpräsident der Herr ist. Vor allem aber wird si h ein ungefährer Schluß auf Frank reich» politische Absichten ziehen lassen, wenn mit Bestimmtheit di« Namen seiner, künftigen Ministerkollegen genannt unv bekannt jein werden. Im Westen liegt der Berg, von dem un» da« Licht kommen soll. Wir warten darauf. * * */* Pari«. Präsident FalliöreS hat Clemenceau die Bil- duug des KabiaettS übertrage«. Clemenceau hat den Auftrag angenommen. nach dem Kasino angetreren halte, die Nervcnauscegung, der reichlich genossene Wein versetz en ihn in die angenehmste Stimmung, die Mahnung Plenhofs erinnerte ihn erst wieder an seine früheren Beschwerden. „Vorläufig ist mir nur sehr heiß", entgegnete er. „Vielleicht vom Spiel, vielleicht ist es auch etwas Fieber. Das ist aber gleichgiltig; lassen Sie uns wieder anfan^n." Auf s Neue versuchte» die Herren ihr Glück, wieder klirrten die Münzen und häuften sich hier und dort auf. Lebhafter betheiligten sich die Spielenden; merkwürdig blieb Horsts unausgesetztes Gewinnen. Plenhof hatte schon bedeutende Verluste erlitten nnd sing an nervös zu werden. Da plötzlich wandte sich das Glück. Plenhof hatte den Resi seines Geldes auf die Nummer gesetzt, die Horst mit einem Goldstück berührt, aber nicht b setzt hatte. Das Spiel begann, die Nummer wurde aufgerufcn, Plenhof hatte gewonnen. Als sich zum zweiten mal der Decken des Roulette hob, hatte sich abermals sein Gewinn vermehrt, und so gn g es fort. Und in gleichem Maße, verlor jetzt Horst. Dieser Plötzliche Wechsel regte Beide zu neuem W.-gemuthc an. Hoest versuchte durch Wechseln der Nummern das Glück zurück zu zwingen, verlor aber nur nm so schneller. In' knrzer Zeit ver schwand das Häuschen Geld vor ihm. Stetten bemerkte mit Beunruhigung die sich mehr und mehr steigernde Ausregung Horsts und warf plenhof einen vcr- ständnißvollen Blick zu. Dieser ging sofort darauf ein und sagte: „Lassen wir heute das Spiel. Ich meine, Tolsting, Ihnen könnte die Anfregnng schaden; wir wollen uns noch ein wenig unterhalten." Horst fuhr auf. „Das Spiel beschließen! Nimmermehr! Wenn man ge winnt, pflegt man doch nicht aufzuhören," rief er heftig. Der junge Osfizter erbleichte. Stramm richtete er sich aus. „Baron Tolsting, ich muß doch sehr bitten —" Horst kam ein wenig zur Besinnung. Er reichte Plenhos die Hand und sagte entschuldigend: „Sie w'sfcn ja, dan mich der .'lerger gepackt hat; cS war nicht meine Ansicht, S e zu kränstnl!" b. Pari«. Den lmksstthenbrn Republikanern ist der Ge danke, daß Clemeacea« feinen Günstling Pichon zum Minister de» Au«wärtigen machen möchte, ein wenig unbehaglich; si« hab«« dahrr Clemenceau gebeten» Bomgioi» zur Annahme diese« Mi nisterium« zu bewegen. Clemenceau sagt zu, sein Möglichste» zu tun und stattete Bourgeois einen Besuch ab, der aber entschieden oblehntr. ES heißt, Clemenceau habe daS Ministerium fetzt Mil lerand angeboten. 8. Evangelisch-lutherische Landessynode. 13. öffentliche Sitzung am 20. Oktober. In des: Sitzung berichtete zunächst Pfarrer Wvkf-Zschopau über den Antrag des Petitionsausschusses zu der Petition des Predigerkonvents der Evhorie Leipzig 11, den Wesfall "der kirchendienstkichen Leicheubegleitung in größeren Gemeinden betreffend. Er erblickte in der Petition das Schwinden eines alten kirchlichen Brauches und empfahl namens deS Petitionsaus schusses. die Vorlage auf sich beruhen zu lassen. Der Antrag mit dem Zusatz, das Kirchenregiment aber zu ersuchen,! eine Revision der örtlichen Begräbnisordnungen in Erwägung zu ziehen, wurde einstimmig angenommen. Die zweits Beratung über den Erlaß Nr. 18, den Entwurf eines Kircheugesetzes über die Verbindung auswärtiger Kirch gemeinde« u«d Geistliche« mit der evangelisch-lutherische« Landeskirche des Königreichs Sachfe« betr, vollzog sich de- batlelos, ivorauf das ganze Gesetz einstimmig angenommen wurde. Der letzte Gegenstand der Tagesordnung betraf den Antrag des Petitionsausschusses zu den Petitionen der evangelisch-sozialen Vereinigung und der Hausvätervereinigung der Trinitatis- und Andreasparochie in Dresden samt Anschlußpetitionen, die Ge bühren für geistliche Amtshandlungen, sowie die gleich zeitige Trauung betr. Der Berichterstatter, Pfarrer Reichel» Dresden, empfahl namens des Ausschusses, die Syonde wolle be schließen : das Kirchenregiment zu ersuchen, den Kirchenvorständen des Landes Anregung 'zu geben, eine Revision der für kirchliche Amtshandlungen in ihren Gemeinden geltenden B-steucrungen nach folgenden Gesichtspunkten vorzunehmen: a) Alles, was bei kirchlichen Amtshandlungen nicht als äußerer Aufwand oder besonderer Anspruch, sondern als Ver kündigung des göttlichen Wortes anzusehen ist, insbesondere auch die in das Ermessen des Geistlichen zu stellende freie Reds, soll gebührenfrei bleiben, d) können Kirchgemeinden aus finanziellen oder sonstigen besonderen Gründen auf die bisher für Reden erhobenen Ge bühren zurzeit noch nicht verzichten, so sollen doch die Geist lichen hierdurch nicht behindert sein, die Form der freien Rede dann anzuwenden, wenn sie ihnen aus seelsorgerlichen oder sonstigen besonderen Gründen angezcigt erscheint, Der Friede war wieder hergestcllt, aber auch das Spiel auf's Neue in Gang gesetzt zum Unglück Horsts, der unaus- geatzt verlor. Röche und Blässe wechsclteu auf seinen Zügen, die Finger zitterten' ans der Tischplatte. Immerfort war er im Verlust. Bald ivar das letzte Geldstück verschwunden. Horst wurde cw- wechsclud blaß und roth. Dann erhob er sich und stürzte mehrere Glas Wem hinunter. Die Leidenschaft des Spieles hatte ihn mit furchtbarer Gewalt gefaßt. Und gerade jetzt, wo er so stark im Verlust war, muzuhücen, das ging über sein« Kräfte. Er mußte das Glück zwingen, diese wandelbare Dirne — sic mußte sich ihm ja wieder zuwendeu. Schon war er im Begriff, sich von einem der Kameraden Geld leihen zu lassen, da durchzuckte ihu wie ein Blitz der Gedanke au die 3000 Thaler in seiner Tasche. Da hatte er ja das Mittel, sich die Gunst Fortunas wieder zu erringen. Mit einer solchen Summe mußie er sich die Spröde gefügig machen können. Und wenn er auch dicie noch verlor, im Kasscnschrank aus Hochfeld mnßtcu ja Mao Thaler liegen, die erst gestern für Getreide eingegangen waren. Das Geld brauchte ja erst des Morgens um e W Uhr auf dem Regimeutsbureau zu sein, bis dahin kouute er cs also auch für den schlimmsten Fall schaffen. 'Dann hieß es eben mir sofort nach Hochfeld hinreiten und das Geld holen. Aber jctzi aufhören, jetzt, wo sich nach so viel Unglück ihm wieder die Beine kommen mußte — nein. Er riß das Convcrt ans und warf einen Hundertthalerjchein ans das Wachstuch. So hohcS Spiel war bisher nicht gespielt worden, aber da die Mns.nclndcn ihm Revanche schuldig zu sei» glaubicn, wagte Niemand gegen die Höhe dcS Satzes zu opponircu. Die.Kugel rollt — der Schein war verloren. Ein neuer folgt ihm und jetzt begann Horst einen verzweifelten Kampf mit dem Gluck. Aber wenn es auch sür einen Augenblick schien, als ob es ihm sich wieder zuwenden wollte, bald verschwanden Schlag aus Schlag die Scheine vor ihm und nach kaum einer Stunde hatte Horst die 3000 Thaler vmpielt. (Fortsetzung folgt.)