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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 20.10.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190610202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19061020
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19061020
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-10
- Tag 1906-10-20
-
Monat
1906-10
-
Jahr
1906
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-Uh«, hi« bestehenden E»a»gekisch«M JingttngSderrftlS statt, »aa ihm vor allem deshalb veranstaltet, um denen, welchen der Kerem nach ein Fremdling war, einen Einblick zu gewähren in sein« Zweck» und Arbeit. Nach gemeinsamem Gesang und der Begrünung der Gäste durch den Sekretär folgten in reicher Ab- wechSttmg die Darbietungen der Mitglieder: eine tiefempfundene Deklamation, ansprechend« Klavier» und Bwlinoorlräge, zwei flott- tzefpielte und Wirkung«volle Dettamatorien: „Wal für uni spricht" »oa Eckhardt und „Wir find Deutsche- von Loesche, sowie im Mittelpunkt der ganzen Veranstaltung ein interessanter Vortrag über Ludwig Richter» Leben und Schaffen, illustriert von 50 fchLnea Lichtbildern nach Originalzrichnungen de» Künstler», deren Vorführung von Herrn Dirigent Lehrer Lhuß freundlicherweise übernommen worden war und vorzüglich vonftatten ging. Alle Darbietungen gelangen aus« beste, sodaß der Verein mit seinem ersten Schritt an die Oeffentlichkeit wohl zufrieden sein kann. Daß aber auch die zahlreich« Zuhörerschaft hochbefriedigt war, b«. wie» der klingend« Erfolg d«» humorvollen Schlußworte», welchr» der den Verein leitend« Orttpftrrer an dir Erschienenen richtete. Dem jungen Verein ist in Anbetracht stinrr löblichen Zwecke und feine» bisher brwirstnen Eifer» ein fernere» kräftige» Wachsen und Gedeihen herzlichst zu wünschen. — Mittweida. Dre seit einigen Wochen verschwundene Ar» Leiterin Glade wurd« gestern mittag al« Leiche i« Zschopanfluß, «ah« der Lauenharner Mühle, aufgefunden. — Eheuuiitz. Am Körnerplatz stürzte gestern nachmittag ein »ierjährrger Knabe au» einem Fenster der in der zweiten Etage b» kindlichen elterlichen Wohnung aus den asphaltierten Fuß weg. Erfreulicherweise ist da» Kind, da» in einem unbewachten Augenblick aus da» Fensterbrett geklettert war, da» Fenster geöff« net und sodann da» Gleichgewicht verlöre« hatte, ohne beson deren Schaden, wie ärztlich feftgestellt wurde, davongekommen. — Ein AntomodU-Unfall ereignete sich grstern nachmittag auf der Wettmrrstraße. Ein Automobil, da» nur von dem 23jähr. Chauffeur Bischoff au» Grüna besetzt war, fuhr in der Richtung oom Wettinerplatz nach einer Fabrik, al» der Chauffeur, um zwei vor ihm herfahrend« Lastgeschirre zu überholen, seinen Wagen plötzlich nach lmk» auf da» Straßenbahnglri» lenkte. Im selben Augenblick kam jedoch ein Straßenbahnwagen angefahren. An- geficht» der Gefahr de» Zusammenstöße» sprang der Chauffeur au» dem Wagen, kam dabei zu Falle und geriet unter den Straßenbahnwagen, sodaß er erst, nachdem etwa 40 Mann den Wagen in die Höhe gehoben hatten, au» seiner gefährlichen Lage befreit «erden konnte. Außer bedeutenden Hautabschürfungen konstatierte «in hinzugrzogener Arzt einen komplizierten Bruch de» linken Unterarme». — AngnstuSburg. Gestern abend in der 12. Stund« brach im Restaurant „Waldfrieden" Feuer au», wodurch der Dachstuhl vernichtet wurde. E« wird Brandstiftung vermutet. — Freiberg. Grstern stand vor dem Königl. Schwurgericht der Fabrikarbeiter Schirrmeister au» Nossen, um sich Wege« ver- s«chte« Mordes zu verantworten. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, am 31. Juli d. I. seine zweijährige Tochter Anna Martha mit einem T.schm zu erschießen versucht zu Haden. Sch. gibt da» ihm zur Last gelegte zu, behauptet aber, daß er zu dieser schrecklichen Tat durch immerwährenden ehelichen Zwist und fort gesetzt« schlicht« Behandlung durch seine Ehesrau getrieben worden fei. Die Geschworenen bejahten dir Schuldfrage nach versuchtem Totschlag und nach mildernden Umständen. Da» Urteil lautete auf zwei Jahre Gefängni». — Dre«deu. Emr reiche Speade für Kinder von Arbei tern und Handwerkern der Stabt Dresden ist durch letztwillige Verfügung der verstorbenen Rentnerin Frl. Blunck gestistet wor den. Du Testament«klausel bestimmt, daß 120000 Mark für solche Kinder der arbeitenden Klassen auigesetzt werden sollen, die würdig find, eine höher« wissenschaftliche oorr technische Aurbil» düng zu erlangen. — Dresden. Obgleich hier schon etwa 1000 Elbschiff» «Leiter im A««pa«d sich befinden, herrscht an den Elbkar«, im „König Alberlhasen" und an den KohlrnauSladeplätzen noch rege» Leden. Der Ausstand macht sich also äußerlich noch nicht bemerkbar, e» wird aber befürchtet, daß auch die Dresdener Hafen arbeiter fich der Bewegung anschließen. — Leipzig. Der Verein Leipziger Gastwirte, welcher die Wirt« der großen bürgerlichen Restaurants im Gegensatz zu denen der kleineren sozialdemokratischen umfaßt, beschäftigte fich in einer Versammlung m»t dem FrievenSschluß, durch ven der Bierkrieg be endet wurde. E« wurde darauf hingewiesen, daß der ganze Frieden über de» Kops der Wirte hinweg -wischen den Brauereien und dem sozialdemokratischen AgUanonrtomitrr geschloffen worden sei Der Brauereivrrrin, der immer betont hätte, daß er von dem 2 Mark-Ausschlag nicht heruntergehen werde, hätte fich mit dem Komitee aus einen Aufschlag von 1,30 Mark schließlich geeinigt und wolle nun den Wüten vorschrerdrn, für ein Glas Bier nicht mehr als 14 Pfg. zu nehmen. Eme Vorschrift, wie jeder feine Ware verkaufen solle, sei in der Zeit der Gewerb-freiheit aber geradezu eine Schmach und Schanoe für die Gastwirte. Die Stimmung der Versammlung ging dahm, trotz aller gegenteiligen Beschlusse an den erhöhten Brerprersen feftzuyalten. In diesem Sinne hoben denn auch die bürgerlichen Gastwirt-oereine dem Lrauerelverein ein Ultimatum zur «rnderung seine« Beschlusses g,stellt. Große Versammlungen sollen einberufen werden. Somit scheint der Bierkrieg wieder aufzuteben. — Leipzig. Unerfahren und tödlich verletzt wurde am Mittwoch abend die 49 Jahre alte Arveuerseheflau Unzu. Ein Krastwagen war au« dem Georgenring in die Schütze,istiaße ein- grbogen und dort an einen am Faßweg stehenden Handwagen angesahren. Durch den heftigen Anprall wurde die an dem Wagen stehende Frau aus die Straße geschleudert und kam unter VaS Automobil zu liegen, aus welcher Lage sie erst nach BeijeitehNrn des Automovil« befielt werden konnte. Zwar wurde die Unglück liche noch lebend h-rvorgezogen, doch paro sie auf dem T an poil nach dem Krankenhaus. Der Führer de« Wagen«, der 30jahr>ge Chauffeur Poeschel aus Würsch itz, wurde in Hast genommen, da ihn vir Schuld an dem Unfall infolge übermäßig schnellen Fahrens trifft. — Breiteohof. Zur Auffindung des Handarbeiters Oeser wird noch bekannt, daß er am Abend vorher von seinen Schwieger» söhnen oom Wirtshaus adgeholt und m der Durchfahrt einer Fabrik liegengelaffen 0) wurde. Am nächsten Vormittag wurde er von do nach seinem Schlasraum gebracht, wo er einen vollen Tag ohne jev« Hilfe gelegen 0). bis man ihn tot auffanv. Die Seiten brr Leche ergib al« Todesuljache Schädrldruch mit Gehirnblutung JnwlrweU Personen wegrn fahrlaipger Tötung in Frag« kommen können» wird die weitere Untrrsuchung rrgeden. — GttmchaL Bet Ler hiessen Sparkasse «mH« gestern rin falsche« Zweimarkstück angehalten und beschlagnahmt. Da« Falschftück ist gut geprägt, trägt da» Bildnis Kaiser Wilhelm» II., da» Münzzeichen und die Jahreszahl 187S. Neber den Handstreich in Köpenick liegt heute auch die Aussage der Ara« Bürgermeister vr. Langerhaus über die Begebenheit vor. „Als ich im RathauS erschien-, erzählt sie, „ging mein Mann mit großen Schritten in der höchsten Aufregung im Zimmer auf und nieder. Zwei Grena diere hielten mit blanker Waffe neben ihm Wache, während der falsche Hauptmann im Lehnsessel meines Mannes saß, sich bei meinem Eintritt jedoch sofort erhob. Mein Gatte sagte mir, er sei verhaftet worden, wisse jedoch nicht, weshalb. Er fragte in meinem Beisein nochmals den Offizier nach seiner Legitimation, dieser Wune jedoch sofort brüsk und drohte mit Anwendung von Zwangsmaßregeln. Ich beschwor meinen Mann, der rohen Ge walt zu weichen und sich keiner Unüberlegtheit schuldig zu machen. „Welche Wertschätzung man der Angelegenheit und der Person Ihres Gatten beimißt, ersehen Sie daraus, gnädige Frau, daß man einen Hauptmann zu der Verhaftung abkommandiert", er klärte der Gauner. Er benahm sich in seinem ganzen Auftreten nicht anders, wie man es von einem Offizier hätte erwarten kön nen. Er war höflich; sowie er sah, daß man seinen Anordnungen Folge leistete, wurde icdoch sofort militärisch brüsk mit dem Augen blick, wo man Legitimation zu sehen wünschte. In der höflichsten Weise — erzählt Frau Dr. Langerhans Wetter — machte er mich darauf aufmerksam, daß er ein Coupö am Hinteren Eingang des Hauses bestellt habe, damit ich und mein Gatte vor etwaigen Be lästigungen durch die Volksmenge, die sich vor dem Rathaus an gesammelt hatte, geschützt seien ... Kurz vor Berlin erfuhren wir erst von dem Magistratsdiener, daß auch der Kassenrendant v. Wiltberg verhaftet und die Kasse beschlagnahmt worden sei. Jetzt fing eS an, unS furchtbar zu dämmern. Mein Mann war in der größten Erregung, da er nicht wußte, wie groß der Betrag war, der dem Schwindler, denn als solchen sahen wir den Hauptmann nun an, in die Hände gefallen war." Weiter wird mitgeteilt, daß die erbeutete Summe 3559,12 Mik. betrug, während der Täter über 4000,70 Mk. quittiert hat. Bei der Uebernahme des Kassenbestandes trat er mit der Sicher heit eines alten Revisionsbeamten auf. Er erklärte dem Rendan ten, daß er die Kasse beschlagnahme hauptsächlich wegen Unregel mäßigkeiten bei den Kanalisationsarbeiten, die zurzeit in Köpenick ausaeführt werden. Er verlangte nur den Bestand der Haupt»» kaffe und ließ die Gelder, die für andere Zwecke bestimmt waren, mit Absicht liegen, um keinen Verdacht zu erwecken. Beim Fort gehen nahm er die Schlüssel zu dem einen Geldschrank mit, in dem für zwei Millionen Staatspapiere lagen- Die von ihm ge fertigten Bescheinigungen für die Kasse sind jetzt photographiert worden. Hiernach lautet die Unterschrift unter dem Text des Stadtkassenrendanten ziemlich deutlich „v. Alassam, H. im 1. G--R". Für das dreiste Auftrete« des Spitzbuben zeugt auch folgender Vorgang: Dem Stadtrat vr. Göring erklärte der „Hauptmann", er lasse ihn nicht aus dem Hause heraus; daqegen wolle er ihm gestatten, im RathauS selbst eine Kommissionssitzung abzuhalten!! Die Verwaltung der Kommune sei jetzt in seine, des Hauptmanns, Hände übergegangen, und er sei nunmehr Herr der Stadt! Der Wirt des Rathauskellers war zur Zeit der „Amtshand lungen" gerade abwesend. Als er später dem Posten zum Trotz in den Keller dringen wollte, drohte der Soldat, ihn «ieder- zusteche«. Auch dies ist ein Beweis, daß die Stadtväter von Köpenick an Widerstand nicht denken durften. Von Einzelheiten sind noch bemerkenswert: Bei dem Verhör bekundeten die Soldaten: „Wir haben ein gewisses Bedenken gegen die Person des uns fremden Hauptmanns wohl gehabt. Der Gefreite hatte daher befohlen, daß wir unterwegs aus dem Coupafenster sehen sollten, ob der Offizier sich nicht entferne. Dieses Mißtrauen ist aber in dem Augenblick geschwunden, als die Gendarmerie vor dem Hauptmann Honneur machte und auch die Polizei seinen getroffenen Anordnungen Folge leistete." — Auf dem Wege vom Bahnhof Köpenick nach dem Rathaus hatte der „Herr Hauptmann" das Pech, einen Sporen vom Absatz zu verlieren. Gelassen winkte er den Gefreiten vom 4. Garde-Regi ment heran und ließ sich von ihm auch den anderen noch abziehen. Dann marschierte er ohne Sporen Wetter. * * * Eine Untersuchung durch den Regierungspräsidenten in Potsdam in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde der Stadt Köpenick ist eingeleitet worden. Zweck und Ziel der Ermittelungen sind, festzustellen, ob die Köpenicker städtische Beamtenschaft, zu welcher auch die Polizei gehört, die Ausführung des Schelmen stückes, durch welches das Ansehen der Behörde arg geschädigt wird, nicht hätte bei pflichtgemäßer Sorgfalt verhindern können. Es soll insbesondere ermittelt werden, ob den Drohungen des Schwindlers zu glauben war, sodaß er diesen im Weigerungsfall Nachdruck mit der Waffe gegeben hätte. Lediglich durch eine außerordentliche Kopflosigkeit aller Faktoren, die unfreiwillig bei diesem Skandal mitgewirkt haben, konnte der Schwindler seinen Erfolg erzielen. Dem Gauner ist man jetzt übrigens auf der Spur insofern, als man geringe Anhaltspunkte für seine Verfolgung hat. Außer dem Degen und der Mütze ist auch die Hose gefunden worden. Sie ist alt, abgetragen und glänzend, eine Offiziers-Extrahose, wahrscheinlich bei einem Trödler gekauft; die Mütze dagegen ist neu. Diese kaufte der Gauner am Freitag voriger Woche in einem Spezialgeschäft in der Prinz Louis Ferdinand-Straße. Dem Fabri kanten, der ihn selbst bediente, kam der Kunde etwas herunter gekommen vor. Er dachte, es werde ein Mann sein, der die ver langte Offiziersmütze für einen Offizier kaufe, um den üblichen Rabatt, den er auch verlangte, in seine Tasche zu stecken. Auf die Frage, welche Kopfweite die Mütze haben sollte, antwortete der Mann, „sie solle auf seinen Kopf passen". Bemerkenswert ist, daß der Räuber die Kokarden falsch angesteckt hatte, die deutsche Nationalkokarde auf den roten Rand der Mütze und die preußische oben an den Deckel. Das ist weder den Soldaten und dem Bür germeister, noch den Gendarmen und Polizisten aufgefallen. Ein weiterer Anhaltspunkt, den die Kriminalpolizei besitzt, um die weiteren Spuren des Kassenräubers zu verfolgen, ist der Kleider einkauf in einem großen Herren-Konfektionsgeschäft in der Fried richstraße, in der Nähe der Leipziger Straße. Der Unbekannte war in Uniform vor dem Geschäft erschienen, hatte eine Droschke heranrufen lassen, dem Kutscher Weisung erteilt, einstweilen zu warten, und sich dann in den Laden begeben. Dort kaufte er einen schwarzen Anzug nebst Ueberzieher und Hut und ließ sich die Sachen von einem Hausdiener in die Droschke legen, die der „Herr Hauptmann" dann selbst bestieg und nach dem Bahnhof fuhr. Das „Hamb. Fremdenbl." meldet: Die Hamburger Polizei behörde stellte gestern früh bei Versuchen, den Köpenicker Schwindler zu identifizieren, fest, daß dieser mit einem ge wissen Adolf Milner idennich ist, über welchen die Hamburger Polizei schon unuangreiche Strafakten besitzt. Weiter ist fest gestellt, daß kürzlich in Hannover ein Unbekannter Oifürersuni- form für Garde-Infanterie machen ließ, dessen Signalement mit dem Milners bis aus kleine Abweichungen übereinstimmt. Und aus Frankfurt meldet dem „L. T." ein Privattelegramm: Nach dem „Franks. Gen.-Anz." ist gestern mittag bei der Frankfurter Polizei eine Anzeige eingegangen, wonach der Köpenicker Pseudo- Hauptmann vermutlich identisch sei mit einem seit Jahren verfolgten Frankfurter Friseur. Sofort angestellte Ermittelungen der Polizei bestätigen, daß das Signalement des Pseudohauptmanns genau mu dem Signalement des Friseurs übereinstimmt, und daß der verfolgte Friseur vor einigen Jahren in kleineren und mittleren Städten Bayerns dieselben „militärischen Manöver" im Kleinen verübt hat. * * Des Gaunerstreichs sofort bemächtigt hat sich die Postkarten« Industrie; und sie macht glänzende Geschäfte Die Phantasie- larten, die mit einem Spottgedicht, zu singen nach der Weise: „Studio auf einer Reis'", versehen sind, zeigen ein RathauS, das auSsieht, wie «tue kleine Dorfklrch«. Ferner im ersten Bild« den Herrn Hauptmann im Uniform rock mit ^ehn Grenadieren, die zu« ausgepflanzten Seitengewehr die Feldmütze tragen, tm zweiten die Bürgermeisterei, in welcher der Bürgermeister vor Lem Haupt mann auf deu Knien liegt, tm dritten die Abfahrt nach Berlin, im vierten deu Abzug d«S Herrn Hauptmann», dem Gendarmen und Polizeibeamten, die sich-die Hand reichen und Ketten bilden, den Weg durch die Menge frethalten, während ein Grenadier präsentiert. (Eine solche Karte, die nur heute früh zugesandt er hielten, ist in unserem Besitz. D. Red.) Daß hiermit die „Pu blikationen" nicht erschöpft sind, lehrt folgende Anzeige, die auf roten Zetteln verbreitet wird: „Freitag vormittag 10 Uhr erscheint in unserem Verlag: „Der Räuberhauptmann von Köpenick" oder: „Der geschundene Bürgermeister". Schleyer, Ltndenstraße 8." Ob ein Roman oder was sonst erscheinen soll, sagt der Zettel nicht. */* Berlin. Wie verlautet*soll der Kaiser, der sich eingehend die Taten des Köpenicker KassenräuberS schildern ließ, beabsichtigen, bei der nächsten Rekrutenvereidigung eine Kabtnett-ordre zu er lassen, durch die Vorgänge, wie sie sich jetzt in Köpenick ereigneten, unmöglich gemacht (?) werden sollen. d. Berlin. Die umfangreichen Nachforschungen der Kri minalpolizei «ach dem Köpenicker Stadtkafieuränber haben bisher noch keinen greifbaren Erfolg gehabt. Gestern hat man auf dem Tempelhofer Felde, und zwar wiederum auf Rixdorfer Gebiet, die Schärpe deS falschen Hauptmanns gefunden. Zu wei teren Ermittelungen sind noch Gendarmerieaufgebote von anderen Vororten hinzugezogen worden. In Düffeldorf erschien vor einigen Tagen ein Mann in Offiziersuniform und erbat von den Besitzern mehrerer Hotels für einen Bekannten 150 Mark, die ihm auch in drei Fällen ausgehändigt wurden. Die Düsseldorfer Polizei ver mutet, daß eS sich um denselben Mann handelt, der tn Köpenick den Raub ausführte. Dagegen ist man im Polizeipräsidium in Frankfurt a. M. der Ansicht, daß ein verschwundener Friseur, den man mit dem Manne tn Verbindung brachte, nicht mit dem Gauner identisch fei. Tagesgeschichte. Deutsch«» Reich. — Die Fleischuvt »ud tzie agrar-konserdatide „Dtfch. Tgsztg.". Die offiziöse Ankündigung von Maßnahmen zur Be hebung der Fleischnot, die wir kürzlich erwähnten, hat da« Organ ve« Bunde« der Landwirte stark beunruhigt. Tag für Log sucht e» die leitenden Staat«männer im Reich« und in Preuß«» ab wechselnd durch gönnerhaft wohlwollend« Ermahnungen und durch zornig« Drohungen von dem Gedanken abznbringen. Da« Reuest« in dieser Art ist ein EinschüchterungSoersuch gegen den nach Berlin zurückgekehrten Reich«kanzler. Ihm droht da» Blatt, daß er fich mit fich selbst in Widerspruch setzen und dadurch seine Stellung gefährden würde, wenn er e» wagen sollte, „den Grenzschutz gegen die Viehsrucheneinschleppung auch nur ein wenig abzuschwächen*. Daß Fürst Bülow da» vertrauen „der landwirtschaftlichen Kreise" — soll heißen: der Bündler — verlieren würde, wird nur n«b«nbei erwähnt. Und damit er ja nicht etwa auf den Gedanken komme, er hätte durch die fortgesetzte Begünstigung der Landwirtschaft di« Agrarier von der Richtung de» Bunde» zufriedengestellt, fährt da« Blatt fort: „Wir haben dem Fürsten Bülow bereitwillig zugestanden und wiederholen e« heute, daß er für die Bedürfniffe der Land wirtschaft mehr Interesse, mehr Verständnis und auch ein wärmere« Herz bekundet, al» sein« beiden letzten Vorgänger; aber ein Reichskanzler, der die Bezeichnung agrarisch verdiente, würde doch noch ganz ander« au»sehen müssen al« er. Er hat ja den ersten zagen und zögernden Schritt nach dem Ziele der Parität zwischen Industrie und Landwirtschaft getan. Da« ist anerkennen«wert, aber auch selbstverständlich und notwendig." Den „ersten zagen und zögernden Schritt"! Da« ist der Dank der Bündler für Zolltarif, Handelsverträge und Grenzsperre! DaS Oetor-um osnsso de« Agrarierblatte« aber ist die Sorge um oaS Schicksal de« Herm v. Podbielrki, die heute mit der Adresse de» Fürsten Bülow in folgende Form gekleidet wird: „In der Angelegenheit de« LandwirtschafttministerS vermag, wie die Dinge augenblicklich liegen, Fürst Bülow nicht» zu tun, um den Wunsch der demokratisch-gefinntrn Kreis« zu er füllen, selbst wenn er dazu, wie wir bezweifeln möchten, ge neigt wäre." Zu berichtigen ist hier zunächst, meint dazu der „Dr. Anz.", daß nicht nur di« demokratisch-gesinnten Kreise" den baldigen Rück tritt Podbielrki« wünschen; e« wird vielmehr von allen Parteien — mit alleiniger Ausnahme de« Bunde« der Landwirte — be tont, daß da« Ansehen der Regierung im Reich« und in Preußen einen schweren Schlag erleiden würde, wenn Podbielgki nach allem, wa« vorgefallen, und besonder« nachdem fich da Reichskanzler vor der Oeffentlichkeit sür seine Entlassung engagiert hat, wieda vor dem Reichstag erschien«. D«Shalb wär« «S auch höchst sonderbar, wenn Fürst Bülow, „wie die Dinge augenblicklich liegen", wirk lich nicht« zu tun vermöchte, um den Standpunkt, den er in der Sache einmal eingenommen und durch di« „Rordd. Allg. Ztg." hat vertreten lassen, zur Anakennung zu bringen. Ganz unver ständlich aber ist endlich, wie da« Bündlerblatt bezweifeln kann, daß Fürst Bülow überhaupt geneigt ist, im Fall PodbielSki seine Pflicht al« Hüt« der Staat«autorstL1 zu tun. Oder glaubt eS etwa, daß die Drohung mit der Ungnade de« Bundes da Land wirte aus den Reichskanzler einen so tieft» Eindruck machen werd«? Bülow sürchtet fich bloß vor dem Zentrum, auf da« — wie er oor kurzem erst dem Kaiser sagte — man fich verlassen kann. — Di« braunschweigische Frage vor de» Laudtag. Die braunschweigische LandeSoersammlung begann am Mittwoch di« Beratung der Vorlagen de« Regentschafttrat««. Zurrst wurden di« bereits bekannten Eingänge verlesen. Außerdem lagen noch zwei Petitionen zur Thronsolgesrag« vor: ein Schreiben von Ein wohnern von König«luttrr, worin ersucht wird, der Regentschaft«- rat möge die Regierung noch ein Jahr beibehalten, da nach ihrer Ansicht während dieser Zeit die Gegensätze, die zwischen dem Herzog von Cumberland und der Kron« Preußen bestehen, sich abgeschwächt haben würden; ferner ein Schreiben, unterzeichnet Bornemann, worin die Resolution einer sozialdemokratischen Ver sammlung mitgeteilt wird, die da wünscht, Braunschweig solle zu einem „freien deutschen Staate" erklärt werden. (Ironische Bravo« und Heiterkeit bei den Abgeordneten.) Der Präfivent erklärte, er werde beide Schreiben zu den Akten legen. Dann trat die Ver sammlung in die Tagesordnung ein und genehmigt« die Vorlage wegen Weiterzahlung eine« Zuschüsse« zur Zivillist«. An di« öffentliche schloß fich eine geheime Sitzung, in der die bereit« be kannte Regierung«oorlage besprochen wurde. Di« Vorlage soll am nächsten Dienstag beraten werden. Man erwartet heftig« De batten, da fich ein Teil der Abgeordneten ablehnend zur Regierungs vorlage verhält und wünscht, daß di« Landesversammlung den BundeSrat noch einmal anruft. — Au« der Arbeiterbewegung. Die oberelbisch«n Reedereien haben jegliche Verhandlung mit der Organisation der Binnenj
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