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S41 «mtt«k »a, 15. ONovrr 1W« Frankenberger Tageblatt 65. jahrgäng. Wtril zu ImkeMz i. §L Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von C- G. Roßberg in Frankenberg 1. Sa. Erscheint an jedem Wochentag abends für den folgenden Tag. Bezugs preis vierteljährlich 1 50 monatlich 5V H. Trägerlöhn extra. — Einzelnummern laufenden Monats 5 H, früherer Monate 10 Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe stellen, sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Auslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. Ankündigungen sind rechtzeitig aufzugeben, und zwar größere Inserate bis 9 Uhr vormittags, kleinere bis spätestens 11 Uhr mittags des jeweiligen Ausgabetages. Für Aufnahme von Anzeigen an bestimmter Stelle kann eine Garantie nicht übernommen werden. ßms- 51. Telegramme: Tageblatt Frankenbergsachsen. Anzeigenpreis: Die 5-gesp. Petitzeile oder deren Raum 15 H, bei Lokal» Anzeigen 12 tm amtlichen Teil pro Kile 40 Z; „Eingesandt" im Redaktionsteile 30 H. Für schwierigen uttd tabellarischen Satz Aufschlag, für Wiederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Tarrs. .Für Nachweis und Offerten--Annahme Werder? 25 H Extragebühr berechnet. Juserateu-Annahme auch durch alle deutschen Annoncen - ^xpedittonen. Bekanntmachung. Die Geschäftszeit der Königlichen Amtshauptmannschaft Flöha an den Sonnabenden ist bis auf weiteres auf die ununterbrochene Zeit von 8 Uhr vor mittags bi- 3 Uhr nachmittags festgesetzt worden. Flöha, am 12. Oktober 1906. Die Königliche Amt-Hauptmannfchaft. WMrrliSlllMssrsclirMii ter IM- M kmt- mrtsrliMikdM SeriilMiMMnIM im MMeieli im Wortlaut von 1902 sind vorrätig zum Einzelpreis von 25 Pfg., bei Entnahme von 5 Stück 1 Mark in der , ..... 4oi» E). EN. Rach Jena. „Dat Ergebnis der gestrigen Schlacht ist hie Eroberung aller dem Könige von Preußen gehörigen und dieSsrit» der Weichsel ge< lrgenen Länder«, da» waren am Morgen de» 15. Oktober 180« die ersten Worte, die Napoleon seinem Marschall Berthier diktierte. 150 Mill. R. KrieglentschSdigung wurden in demselben Augen« blick dem preußischen Staate auserlegt. Maßlo» die Grausamkeit, mit der sie eingezogen wurden, maßlo» die Erpressungen, die da rüber hinautgingen. Der Historiker Pertz hat ausgerechnet, daß nicht 150, sondern 514 Mill. M. „Kriegtentschädigung" von Napoleon au» dem armen Preußen gesogen wurden. Dazu die Plünderungen. Die Franzosen hausten wie di« Vandalen im Lande. „O Vaterland, selbstgrwählte» Vaterland!" rief Gneisen»» inmitten dieser fürchterlichen Zustande. Die heutige Zeit ist einsichtig genug, um nach den Tagen von Belle«A8iance und Leipzig r» nicht abzuleugnen, daß diese Niederlagen die Nation nicht schuldlo» getroffen haben. Die Kö nigin Luise hat sür die Entwickelung dieser Tragödie da» rechte Wort gefunden: „Wir haben die Zeit auf den Lorbeeren Fried rich« de» Großen verschlafen." Entschlußlofigkeit im Kabinett, Zerfahrenheit in der Verwaltung, Starrheit in der Ausbildung der Armee, da» waren die Gründe, die Preußen vor dem An prall Napoleons, der persönlichsten Persönlichkeit, welche di« Welt geschichte je gesehen hat, nicht standhalten ließen. Von vornherein war schon die Zeit sür diesen Krieg verpaßt. Ein Jahr früher, als Oesterreich und Rußland sich di« Hände gegen Napoleon reichten, hätten wir mit einschlagen sollen in den Bund, und ein Austerlitz und Jena hätte es nicht gegeben. Im Herbst 1806 aber hatte e» Napoleon durch die Gründung de» „Rheinbundes" und die Aufhetzung England» gegen Preußen so eingerichtet, daß Preußen isoliert dastand. Napoleon wußte nach dieser furchtbaren Einleitung der Tragödie schon, daß hier viele» verdorben worden war, wa» garnicht wieder gut gemacht werden konnte. „8tvs, Votrs Llafostä ssr» vainoas!" antwortete er am v. Oktober auf die Krieg»erklärüng Friedrich Wilhelm« III. „Sire, Eure Majestät werden besiegt werden!" Räch fünf Tagen war da« Unglück geschehen. Den Rest der Schuld trüg da» ganz« Volk. Ein «inzelntt Teil einer Nation versagt ni« allein. Beispiellose Niederlagen: Gottlob, wir haben sie seitdem nicht wieder erlebt. „Niederlagen", sagt Heinrich v. Treitschke von diesem Kriege- „allen kommenden Geschlechtern unvergessen, wie selbsterlrbteS Leid, alltn eine Mahnung zur Wachsamkeit, De mut und Treue." Die Zahltage kamen, und wir habe« un» zürückgeholt, wa» un» genommen war. Sedan hat Jena sieben fach wettgemacht. I», heute im Lichte einer hundertjährigen ruhm reichen Vergangenheit will e» unS scheinen, al» hätten wir dem Schicksal sür Jena eher zu danken, denn zu zümen. Der Mann, der un» de« Reiche» Herrlichkeit vor reichlich 35 Jahren zurück gegeben hat: Bi»marck, hat e» «n» selber gesagt. Al» im Jahre 1892 die Julisonne über dem Marktplatz von Jena leuchtete, da hat er stolz erhobenen Haupte» di« schön«« Worte «»»gesprochen: „Der Name Jena hatte sür mich att Sohn einer preußischen Militärsamilie einen schmerzlichen und nirderdrückenden Klang. ES war da» natürlich, und ich habe erst in reiferen Jahren ein- sehe« gelernt, welchen Ring in der Kette der göttlichen Vorsehung für die Entwicklung unsere» deutschen Vaterland» die Schlacht von Jena gebildet hat. Mein Herz kann sich nicht darüber freuen, mtin Verstand sagt mir aber, wenn Jena nicht gewesen wäre, wäre vielleicht Sedan auch nicht gewesen. Die sriderieianische preußische Monarchie war «ine großartige, in sich einige Schöpfung, aber sie hatte ihre Zeit «»«gelebt. Und ich glaube nicht, wenn sie bei Jena siegreich gewesen wäre, daß wir in einen gedeihlichen Weg nationaler deutscher Entwicklung geleitet sein würden. Ich weiß eS nicht. Aber die Zertrümmerung de» morsch gewordenen Baur» — morsch, wie die Kapitulationen unserer ältesten und achtbarsten Generale au« jener Zett bewiesen haben — schuf «inen freien Platz zum Neubau, und da« zerschlagene Eisen der alt- preußischen Monarchie wurde unter dem schweren und schmerzlichen Hammer zu dem Stahl geschmiedet, der 1813 di« Fremdherrschaft mit scharfer Elastizität zurückschleuderte. Ohne Zusammenbruch der Vergangenheit wär« daS Erwachen deS deutschen nationalen Ge fühl« im preußischen Lande, da« aus der Zeit der tiefsten Schmach und Fremdherrschaft seine ersten Ursprünge zieht, kaum möglich gewesen." In ähnlichem Sinne spricht sich auch Professor vr. Lamprecht, der bekannte Historiker der Universität Leipzig, aus, indem er über da« Jena von 1806 schreibt: „Die Niederlage von 1806 hat im eigentlichen Sinne de« Wortes niemand verschuldet. Sie müßt« kommen, mochte Napoleon oder rin anderer der Gegner sein, mochte König Friedrich Wilhelm III. ein schüchterner oder ein dreinsahrendrr Herrscher sein. Wa» zutage drängte, war die allmählich eingetretene Unvereinbarkeit der Grundelemente der natio nalen Entwicklung. Und die Folgen? Sie konnte« nur im Sieg« der neuen, vorwärt«weisenden Gcundrlemente bestehen: de» Bür gertum«, der Demokratie im heutigen englischen Sinne de« Wortes. ES ist di« staatsmännische Größe deS Freiherrn o. Stein, die» weniger begriffen, als innig gefühlt zu haben, e» ist die sittliche Größe Friedrich Wilhelmi HI., diesem Zuge der Ding« und dem Rate «in«» großen Manne» wmigftenS eia« Zeitlang gefolgt zü sein. Wa» man demnach hätte erwarte« soll««, da» wäre d« mo dern« deutsche Staat gewesen. Hat man ihn erreicht? Dama!»l Heute! Für die Bergangenhrit wird sich leicht fefistellen lassen, daß die Entwicklung diese« deutschen Staate» durch di« Einführung fremder, namentlicher französischer StaatSideale gefährdet worden ist; die ganz« L«hr« von drr Teilung der Gewalten, noch mehr vom allgemeinen Wahlrecht, ist undeutsch. Für die Gegenwart mag jeder Leser die Antwort sich selbst überlegen. Er mag auch überlegen, wa» au» dem Fall 1806 überhaupt zu lernen ist. Schlacht«» können verloren gehen, ohne da» Herz einer nationalen Entwicklung zu treffen; sie find ein Unglück. Innerer Zwiespalt der nationalen Entfaltung wird sich immer bitter rächeU: e» ist l «in Schicksal!" * * * Gestern, am hundertsten Jahrertage der Schlachten von Jena und Auerstädt, fand in MerzehnheUigrn und in Hassenhausen hi« Enthüllung vo« Deukmiileru für die nt' beiden Schlachten Ge fallenen statt. OertlicheS and SSchsisch-S. <Drr Nachdruck uulerer örtliche» OrkMalderichtr ist nur mit zenauer 0uell»ua»«»d« irftaürt.) Frankenberg- 14. Oktober 1906. -j-r. Der Jahrmarkt' zeigte am gestrigen ersten Tage ein Bild recht lebhasten Verkehr». Durch dir Budenreihtn wogt« «in« dicht« Menschrnmrnge, namentlich in den Nachmittag»stunden war der Andrang am stärksten. Nicht nur die Einheimische« bevöl. ketten d«n Markt, auch' von auswärts, namentlich au» Chemnitz und Hainichen, war der Zuzug sehr stark. Da« sah man am besten in den Abend- und Nachtstunden auf hem Bahnhof. So mußt« z. L. der 6,51 Uhr nach Chemnitz verkehrende Personenzug mit großer Achsenzahl und Vorspannmaschine fahren, um all die Paffagiere mitzunehmen, die den Bahnsteig bevölkerten. Der An sturm auf die Wagenabteil« hatte manchmal etwa» geradezu Leben»« gefährliche» an sich. Und ungefähr in demselben Maße wickelte sich der Verkehr dan« auch bei den anderen Zügen ab. Auf dem Dammplatz hatte man etwa daS gleiche Bild. Für die Troßen wie für die Kleinen gab'« da etwa« zu sehen, hier da» „Theater der gelehrten Hunde", dessen vierbeinige Akteure in der Tat da» leisten, was bereit« im „Eingesandt" der vorigen Nummer al» Kater «ad Saha» Originalroman von Freifrau Kuts« van Feilitzsch. <»S Fortsetzung.) — Machdruck verdo'en.) Horst überlegte^ eine Weile; die Mutter verstand es. ihn in die Enge zu treiben. Ganz unrecht hatte sie eigentlich nicht. Allgemein würde man erwarten, daß. er sich nach einer Ge mahlin umsehe, und welche Zeit stand ihut bevor, wenn sämmt- liche Mütter der Gesellschaft und des Bekanntenkreises sich ver pflichtet fühlten, ihm dabei zu helfen. Wie viele Töchter gab es nicht in dem Bekanntenkreise seiner Mutier! Sie alle würden sich bemühen, ihm zu gefallen, und das Ende vom Liede würde sein, daß er doch zuletzt eine von ihnen wählte, nur um Ruhe zu bekommen. War es dann nicht eben so klug, wenn er der Mutter Wunsch erfüllte? Auf Liebe rechnete Erna sicher nicht bei ihm, und er verlangte auch nicht danach. Die sand er anderswo; jedoch zur Herrin seines Hauses würde sie vorzüg lich passen. Ihr kühles Wesen behagte ihm zwar nicht röcht, aber mit der Zeit konnte doch wohl ein angenehmes Zu sammenleben sich ergeben. Frau von Tolsting unterbrach den Gedankeugaug des Sohnes nicht: aus seiner Schweigsamkeit zog sie für ihren Plan günstige Schlüsse. Endlich sagte sie: „Nun, mein Sohn, ich warte noch immer auf Deine Antwort." „Pardon, liebe Mama, ich war sehr unhöflich, Dich so lange warten zu lassen." „Um so neugieriger bin ich, zu erfahren, was Du be schlossen hast." „Ich sehe schon, es wird mir nicht viel nützen, mich »och länger zu weigern; deshalb gebe ich meinen Widerstand aus, und füge mich Demen Wünschen," erklärte Horst. „Recht so, mein Sohn!" sprach die Baronin erfreut, „glaube mir, ich habe Dein Bestes im Auge." „Bist Du aber auch sicher, daß Erna meine Werbung an- nimmt?" fragte Horst nachdenklich. „Ohne Zweifel, sie wird em solches Glück zu schätzen wissen. Uebrigeus glaube ich auch, daß Erna längst daraus wartet; ich habe sie schon ein wenig vorbereitet." „Wirklich? sehr liebenswürdig von Dir, liebe Mama," scherzte Horst. „Aber ich kann mich doch nicht Knall und Fall mit Erna verloben, es ist dazu doch eine passende Gelegen heit nöthig." „Diese findest Du morgen Abend. Im Gewächshaus giebt es genug lauschige Plätzchen, dorthin begleite sie und er kläre Dich. Es sollte mich freuen, wenn gleichzeitig mit Irenes auch Ernas Verlobung bekannt würde." „Deinen Plan hast Du sorgfältig ausgearbeitet, theuerst« Mama; nun muß ich Wohl als gehorsamer Sohn daS Programm innehalten," spöttelte dieser. Die Baronin überhörte den Spott. Ihm die Hand ent gegenreichend sagte sie: „Ich danke Dir Horst. Gehe jetzt den Damen in den Park entgegen und sei so liebenswürdig wie möglich." Horst befolgte gern den Nath der Mutter; hatte er doch noch eine andere Angelegenheit zu erledigen. Sich höflich verabschiedend, lenkte er seine Schritte nach dem Park, aber nur eine kurze Strecke verfolgte er den breiten Weg, dann bog er seitwärts nach einem kleinen Pavillon ab. Vom Fenster aus hatte er vorhin Lisette bemerkt, wie sie von dort kommend Vasen und Etageren nach dem Schlosse trug: um dann wieder zurück zu gehen. Jedenfalls wurden die Sachen zum Feste gebraucht. Vorsichtig spähte Horst durch eines der Fenster des Gartenhauses. Richtig, Lisette stäubte und bürstete eben eine zierliche Konsole ab und war so in diese Arbeit vertieft, daß sie ihn nicht bemerkte. Deshalb ver hielt er sich noch einen Augenblick still um die Kleine zu beobachten. Lisette war in trüber Stimmung. Ihr Ver lobter, der Koch, war unfreundlich, ja verletzend zu ihr ge wesen, er Wich ihr sichtlich auS, nnd schien es gar nicht zu bemerken, wenn sie in die Küche trat. Warum, das wär ihr ein Räthsel. Thräne um Thräne tropfte während der Arbeit auf ihre fleißigen Hände. Da hörte sie leise Schritte, vor dem Fenster erschien Horsts Gestalt. Einen Moment später stand er im Zimmer. Rasch trocknete Lisette mit dem feinen Battistschürzchcn die Spuren ihres Schmerzes und erwiderte knixend den Gruß des , Barons. „Nun, mein schönes Kind, schon wieder so fleißig? thätig vom frühsten Morgen, bis zur sinkenden Nacht," sagte Horst. , Lisette wurde roth. „Ach, 'es ist nicht so schlimm mit der Arbeit," wehrte sie ab, „und das frühe Ausstichen schadet mir auch nicht." Horst lachte. „Im Gegentheil, besonders wenn man als rettender Engel auftritt." „Ach, Herr Baron," stotterte das Mädchen, „wie können Sie einer solchen Geringfügigkeit Werth beimessen." „Nun, jedenfalls war mir dieselbe sehr angenehm; übrigens bin ich nicht undankbar." „Aber, ich habe doch gewiß nicht " „Aus Eigennutz gehandelt, wollten Sie sagen?" fiel Horst dem Mädchen in's Wort, „nein, das weiß ich, aber deshalb kann ich mich doch erkenntlich zeigen. Kommen Sie morgen Abend um 6 Uhr, wenn Mama das Boudoir verlassen hat, aus die Terrasse, dort werde ich Ihnen etwas schenken. Aber versprechen Sie mir auch, kleines Fräulein, reinen Mund zu halten über das Geschehniß von heute früh und Niemand etwas zu sagen." Horst hielt Lisette seine Hand hin, und diese ichlug lächelnd ein. „Mein Wort darauf, Herr Baron, ich würde auch ohne Ihre Bitte nicht geplaudert haben." „Das ist schön von Ihnen. Also morgen Abend." Freundlich nickend, entfernte er sich nach dem Parke zu. Keiner von Beiden hatte während des Gesprächs bemerkt, daß ein Mann, aus dem Küchcngarten kommend, vor dem Häuschen vorüber schreiten wollte. Als er die Stimmen hörte, blieb er unter dem Fenster stehen und vernahm den letzten Theil des Gesprächs. Zitternd vor Eifersucht entfernte er sich, kurz ehe Horst Lisette verließ. (Fortsetzung folgt.)