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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 27.09.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190609278
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19060927
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19060927
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-09
- Tag 1906-09-27
-
Monat
1906-09
-
Jahr
1906
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L«- er« cden. Beilage zum Frankenberger Tageblatt und Bezirksanzeiger. Brrantworllicher Rrdatteur: »rnft Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und »«lag von L. ». Roßberg in Frankenberg t. Sa. DonperStag, de» 27. September 22L 1SW irlcher wird, nz er- In äs« » des n. «6. »ft. ür. a, erwal- >en ge- chulen- wissen- u zahl ¬ et den :n zum werden wsolgt NS. schbach. .ll. >er bis wollen asdvn rd. llM ufeln, rlikel nkmerlr- noseren »LMM, a. >me zeigt, Sarenfragc gesetzt, da gut geht, Rußlands Has« lag Ware zu nicht« zu irkt. DaS sehlt voll« ir indische . Oktober Aus dem Evangelischen Bund. Der Sächsische Landesoerein ve» Evangelische» Bunde» hieU in den letzten Tagen in Aue sein Jahre-fest und seine 18. Haupt versammlung ab. Bei dem Feftgotte-dienst predigte Pastor vr. Fleischer von der Ratthäikirch« in Leipzig über 2. Kor. 4, 1S: „Dieweil wir aber drnselben Seist de» Glauben» haben u. s. w." Gr ries der Festgemeindr zu: Evangelischer Bund, bleibe die be redte Stimme de» Evangelium»! 1. Sende au» den Geist de» Glauben»! 2. Rede sür die Sache de» Glauben»! Am Schlüsse de» Gotte»dienste» wurde ebenso wie nach dem abend» */,8 Uqr im Saale de» „Bürgergarten»" abgeholtenen öffentlichen Familien- abend eine Kollekte sür die Zwecke de» Evangelischen Bunde» gesammelt. Der Familienabend war sehr zahlreich besucht. Am Montag versammelten sich von 8 Uhr vorm. an die Abgeord neten der Zweigoereinr zur Hauptversammlung de» Sächsischen LandeS- verrin». Kirchenrat Eup. v. Meyer-Zwickau hielt «ine von echtem Pa triotismus und treuer Liebe gegen da« deutsche Volt getragene Begrü- ßungSansprache. Sowohl diese Begrüßungsansprache al» auch die am ersten Festtag gehaltene Festpredigt werden im Druck erscheinen. Darauf erhielt BundeSdirrttor Illo. Eberling-Halle da» Wort zu einem Vortrage über die Tätigkeit de» Evangelischen Bunde». Dessen Aktionrfähigkeit hänge von der klaren Erkenntni» und rich- tigen Abgrenzung der Ardeitiziele ab. Sein Ideal werde niema!» nur „Kulturbund" sein dürsen. Sr hab« noch vitl höher« Ar- brU»ziel« im Augr zu behalten. Die weiteren interessanten Au«, sührungen de« Redner« brachten eine Schilderung dieser Arbeit»« ziel«. Si« wurde» mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Im Anschluß an den Vortrag wurde von der Versammlung solgende Erklärung abgegeben: „Der Sächsische Lande»v«rein spricht gegenüber der abfälli gen Kritik de» Grafen Horn»brorch über den Evangelischen Bund dem Zentraloorstand zu seiner Tätigkeit überhaupt ein stimmig sein volle» Vertrauen und insbesondere seine Zustim mung zu der vom Zentraloorstand veröffentlichten Erklärung gegen den Grafen HoenSbroech auS." Rach de: Richtigsprechung der JahreSrechnung hielt Pastor R. Müller«Dre»den (Trinitati»kirche) den zweiten Vortrag über daS wichtige und auch schwere Thema: „Die Kirchengesetzgebung Sachsens und der Toleranzantrag." Der Vortragende beantwor tete die Fragen, in welchen Punkten bei der Annahme des Tole- ranzantragr» die kirchliche Gesetzgebung Sachsens geändert werden müßte, welche Folgen sich au» diesen Veränderungen ergeben wür den, und ob diese wünschenswert erscheinen oder nicht. In seinen Auisühmngen lehnte er den ganzen Toleranjantrag entschieden ab. Dre Versammlung stimmte einem Vorschlag zu, daß die Au»süh- rungen des Vortragenden al» Manuskript gedruckt und in den Zweigvereinen de» Lande» während de» kommenden Winterhalb. jahreS besprochen und danach die dabei zutage getretenen Gedan- ken von dem Vorstand de» Lande»oerein» in der nächsten Früh« jahrifitzung verarbeitet werden sollen. Der Vorstand aber möge da» Resultat den sächsischen Landeiständen übergeben. Nach Er. ledigung einiger interner Angelegenheiten machte Kirchenrat O. Reyer einige Mitteilungen über die evangelische Bewegung, be- sonder» in Oesterreich. Mit der eindringlichen Bitte an die Teil nehmer de» Iihre»feste», der Sache de» Evangelischen Bunde» immer neue» Interesse entgegenbringen und e», wo irgend müg. lich, wecken zu wollen, schloß der Herr Vorsitzende die Haupt. Versammlung. Die Teilnehmer vereinigten sich daraus zu einem gemeinsamen Mittag»mahl. Die Zett drängt k Der Quartalswechsel steht wieder einmal vor der Tür, und so muß unsere Leserschaft abermals aus die Erneuerung des Abonnements bedacht sein, will sie das „Frankenberger Tageblatt" Amtsblatt f. b. Kgl. Amtshauptmannfchaft Flöha, daß Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Kraukenberg, am 1. Oktober rechtzeitig und in der gewobuteu Weise weiterbeziehen. Das „Frankenberger Tageblatt" steht auf deutschuationalem Boden, treibt, da es nicht auf ein Partei- Programm eingeschworen ist, keine einseitige Politik, nimmt aber in volkstümlich geschriebenen, zum Teil Original-Leitartikeln Stellung zu den aktuellen Tagesfragen der inneren und äußeren Politik, bringt übersichtlich ausgestaltete Parlamentsberichte und gibt außerdem unter „Tagesgeschichte" ein wenn auch knappes, so aber doch getreues, übersichtlich geordnetes Spiegelbild der bemerkenswerten Geschehnisse im In- und Ausland, die zugleich unter die kritische Lupe genommen werden. Ein Haupt augenmerk richtet die Redaktion' aber aus die interessante Ausge staltung des lokale« und provinziellen Teils. Ferner unter richtet das „Frankenberger Tageblatt" unter besonderer Rubrik über neue interessante Erscheinungen auf dem Gebiet der Kunst, Wissenschaft und Literatur. Der allgemeinen Aussprache auf kommunalpolitischem Gebiet dient die Rubrik „Stimme« aus dem Publikum", wo jedermann unter der Bedingung, daß er der Redaktion seinen Namen nennt, in sachlicher Form zu Worte kommen kann. Im „Briefkasten" finden eingehende Fragen prompt und unentgeltlich Beantwortung. Das „Frankenberger Tageblatt" bringt umgehend die Gewinnliste der Kgl. sächs. Landeslotterie und setzt, da der Redaktion ein ausgebreiteter Depeschendienst zur Verfügung steht, seine Leser in der am Abend erscheinenden Nummer unter „Telegramme und letzte Nach richten" in Kenntnis vom Inhalt der bis nachmittags 4 Uhr ein gehenden Drahtmeldungen. Dem Unterhaltungsbedürfnis dient der täglich erscheinende Romanabschnitt im Feuilletonteil, der ab 1. Oktober noch Wetter ausgebaut wird, ferner interessantes „Ver mischtes", sowie die in eigener Druckerei hergestellte, allwöchentlich erscheinende Sonntagsbeilage, von welcher eine Seite speziell den Interessen der Hausfrau und der Familie gewidmet ist, im übrigen aber bezüglich des Gesamtinhalts der Befriedigung'des Unterhaltungs- wie des Bildungstriebs in sorgsamster Weise Rech nung getragen wird. Im „Frankenberger Tageblatt" erscheinen auch sämtliche amtlichen Bekanntmachungen der städtischen und Staatsbehör den des Bezirks, und Geschäftswelt wie Private benützen den Inseratenteil unseres gut verbreitete« Blattes zu ihren Pu blikationen. So ist das „Frankenberger Tageblatt" ein echtes Familienblatt, von dem redlichen Bestreben geleitet, nur Gutes zu bieten, dem Gemeinwohl zu dienen und dabei einen geraden Weg zu gehen. Wir ersuchen unsere verehel. Leserschaft, das Abonnement rechtzeitig erneuern zu wollen, sei es bei einer örtlichen Ausgabestelle, bei einem Tageblattboten oder bei der kaiserl. Post. Der Bezugspreis bleibt der gewohnte. Siehe am Kopfe unseres „Tageblattes", wo alles weitere zu finden ist. Hochachtungsvoll Oertliches «nd Sächsisches. Frankenberg, 28. September 1806. 1- Beruf «ud Militärtauglichkeit. Zur Feststellung de» Einfluss«» von Herkunft und Beschäftigung auf die Milttärtaug- Kchkeit unserer Bevölkerung sollen zum 1. Dezember d. I. stati. Verlag und Redaktion. stische Erhebungen ungefüllt werden. E» kommt wesentlich daraus an, ob der Geburt»ort zurzeit der Geburt rin ländlicher (Land, gemeinde, Guttbezirk) oder eine Stodtgemeinde war. In Zweifel«, fällen genügt die Angab« d«S Ramen« der Gemeinde oder d«S Gutrbezirk«, und dessen nähere Brzrichnung nach Kreis «sw. Weiter soll so deutlich wie möglich ang«geb«n werden, welchem Berus (Gewerbe) die brtreffenden Personen angehören, sodaß zu ersehen ist, ob st« der Land- oder Forstwirtschaft, dem Grwerbe oder der Industrie, dem Handel oder Verkehr oder welchen ande ren Berufen oder Gewerben zugerrchnet werd«« müssen und ob sie darin selbständig (Gutibefitzer, Administratoren, Hofbesitzer, Stellenbefitzer usw., Fabrikbesitzer, Fabrikdirektoren, Handwerks meister usw.) oder nicht selbständig (Angestellte, Gesellen, Ar beiter usw.) find oder waren. Der hauptsächliche und allgemeine Beruf ist, soweit angängig, genau zu bezeichnen (z. B. Gymna siallehrer, Geistlicher, Arzt, GerichtSsekretär, Volksschullehrer, Hand« lungSreisender, Bäckergeselle, Zigarrrnarbeiter, Fabrikarbeiter, land wirtschaftlicher Tagelöhner usw ). Insbesondere ist bei den Ar beitern und Tagelöhnern derjenige Arbeit»- oder Geschäftszweig anzugeben, in welchem sie ständig oder meisten» arbeiten (ob in Landwirtschaft, bei Forst-, Gartenbau-, Eisenbahn-, Chaussee-, Hafen- und Kanalarbeit, in Fabriken, Bergwerken, Handlung»« und Verkehrgbetrieben usw ). Dabei ist derjenige Beruf anzu geben, welcher seit Verlassen der Schule die längste Zeit hindurch au»g«übt wurde. Wer beispiettweise mehrere Jahre hindurch in der Landwirtschaft beschäftigt und nur da» letzte Jahr oder die letzt«» Monate al» Handwerksgeselle oder Fabrikarbeiter tätig war, ist mit der erstgenannten, nicht mit der letztgenannten Beschäfti gung nachzuweisen. — Freiberg. Die hiefigen Sozialdemokraten beschloss«», sich in diesem Jahre nicht an drn Stadtoerordnetenwahlen zu brteiligen, im nächsten Jahre aber mit der Agitation zur Erwerbung de» Bürgerrechts zu beginnen. — Malda. Durch einen Eiubruchödiebstahl find au» dem Kontor der Weberei Mulda A..G. von einem unbekannten Täter 1263 Mark gestohlen worden. Die geschädigte Firma verspricht für Ermittelung des Täters eine Belohnung von 100 Mark und 10 Proz. de« wieder herbeigeschafften Gelbe«. — Dresdeo. Mit Genehmigung de» Ministeriums de» Innern wird vom 1. Januar 1907 ab von der Verbands« gemeinde Somsdorf mit CoßmannSdorf eine ueae Landgemeinde unter dem Namen CoßmannSdorf abgetrennt, während die Stamm« grmeinde fernerhin nur noch den Namen SomSdorf führt. — Radeberg. Um der trotz aller angrwandten Vorsichts maßregeln ständig weitergreifendrn DiphthrritiS-Epidemie in hiesiger Stadt energisch Einhalt gebiet«» zu könnrn, find auf G und der Vorschläge von ärztlicher Seite nunmehr die Knaben- und Mädchenschulen bis auf weitere« geschloffen worden. Sämt- liche Schulräume werden einer gründlichen Reinigung und De»« insektion unterzogen werden. . — Adorf. Seit Eröffnung der neuen Bahnlinie Adors.Roß« bach ist auch der Verkehr mit der industriereichen Grenzstadt Asch sehr gewachsen. An einen der letzten Abende hat aber die Bahn einer größeren Anzahl Reisender, die zum Teil von hier auS ge kommen waren, einen Streich gespielt, der manchen wohl den Besuch de« Grenzgebiete» verleiden könnte. Annähernd 30 Personen hatten sich abend» 8.31 Uhr in den Wartesälen de» Bahnhof» Roßbach zur Mitfahrt nach Asch rechtzeitig eingefunden. Al» der Zug pünktlich ankam, wurden der »orzunehmenden Zollrevifion wegen die zum Bahnsteig führenden Wartesaattüren geschloffen. Alle» wartet« nun auf da» Wiederöffnen der Türen und auf die Erlaubnis zum Einsteigen zur Abfahrt. Man sah, daß sich der Zug in Bewegung setzte und nahm an, daß er noch zu rangieren habe. Aber — o Schreck! — der Zug dampfte wirklich weg und hatte dir harrenden Passagiere einfach fitzen lassen. Die Er regung war natürlich groß und fiel manche» harte Wort. E» half aber alle» nicht». Der StationSvorstand erklärte, bei drn ungenügrnd vorhandrnrn Hülftkräftrn sri da» Wirderöffnrn drr Tü« rrn vergessen (!) worden. Da Fuhrwerke nicht auszutreiben waren, überdies draußen der Regen in Strömen goß, blieb nicht» weiter Row MchiE^al verfolgt. Die Geschichte eines verfehlten Lebens von L. Guttzeit. (i Sortierung.) - - (»aqsru« verdoten.) „Ich wurde endlich bitter, er verhielt sich auch jetzt kalt, ab weisend, zuckte die Achseln, bedauerte und — bemerkte nur noch, daß er wohl nicht nötig habe, mich darauf hinzuweisen, daß unsre Beziehungen von nun an aushören müßten. Ich schleuderte ihm einen verächtlichen Blick zu und wankte, gebrochen und zugleich erbittert, hinaus. Im Fluge teilte ich Adelina und der Kommerzien- rätin das Ergebnis der gehabten Unterredung mit. Meine Geliebte war trostlos, schluchzte heftig und gelobte, nie einem andern Manne angehören zu wollen als mir, dos werde sie ihrem Vater auis bestimmteste erklären. Die Kommerzienrätin suchte uns zu trösten, sagte, daß sie das Glück ihrer Tochter wolle und versprach, alles aufzubieten, um ihren Gatten umzustimmen. Noch wurde vereinbart, daß wir in brieflicher Verbindung bleiben und diese durch die Kommerzienrätin vermittelt werden sollte. Dann schied ich. Nachdem sich der Aufruhr meiner Gefühle gelegt und die ruhige Erwägung wieder Platz gegriffen hatte, gelangte ich zu der Ansicht, daß meine Sache doch nicht so verzweifelt stehe, als sie mir anfangs erschienen war. Ich sagte mir, daß, wenn Adelina mir nur treu und ihrem Vater gegenüber fest bliebe, dieser am Ende doch seine Zustimmung geben werde. Obwohl ein kalter und selbstsüchtiger Geschästsmensch, liebe er seine Tochter doch zu sehr, um nicht, wenn er sehe, daß ihr Herz wirklich zu brechen drohe, alle stolzen Pläne ihr zu opfern. Solches schrieb ich einige Tage nach der verunglückten Werbung neben vielen Tröstungen und Liebesbeteuerungen Adelina in einem Brief, welchen ich der getroffenen Vereinbarung gemäß an die Kommerzienrätin adressierte. Sehnsüchtig harrte ich der dringlich erbetenen Antwort. Aber ich harrte ein, zwei, drei, vier Tage und erhielt sie nicht. Voller Unruhe schrieb ich einen zweiten Brief, aber auch auf diesen erfolgte keine Antwort. Ein gleiches Schicksal hatte ein dritter. Ein vierter endlich, welchen ich an Adelina unmittelbar richtete, kam mtt dem Vermerk des Postboten zurück: „Annahme verweigert." Halb wahnwitzig schrie ich auf. Was war das? Das war Verrat, schnöder, unerhörter Verrat! „Annahme verweigert." Noch vor kurzem ewige Liebe geschworen und jetzt „Annahme ver weigert". Hahaha! War da« um den Verstand zu verlieren, oder war es nicht? Damals hätte ich ihn beinahe verloren. Ich raste, ich tobte, ich rannte mit dem Kopfe gegen die Wand, daß das Helle Blut niedertroff, ich lief wie toll in den Straßen umher und in Wind und Wetter spät abends vor die Stadt, auf daS freie Feld meilenweit hinaus, bis ich dann total erschöpft, fiebernd und bewußtlos zusammenbrach. Als ich wieder zur Besinnung kam, fand ich mich in einem Krankenbett der Charits. Ein Vorübergehender, der mich liegen gesehen, hatte mich aufgehoben und mit Hille anderer Personen dorthin befördert. Bald aber verlor ich von neuem das Bewußtsein. Die Krankheit, welche in mir wütete, gelangte mit voller Kraft zum Ausbruch und brachte mich an den Rand des Grabes. Wochenlang rang ich mit dem Tode, bis meine kräftige Natur den Sieg davontrug. Weitere Wochen vergingen indes, ehe ich vollständig wieder hergestellt war. Schrecklich war die Seelenqual, die ich in jener Zeit erduldete. Ott glaubte ich dem Wahnsinn verfallen zu müssen. Was mich allein aufrecht erhielt, war der Gedanke, daß Adelina meine Briefe niemals empfangen, die Kom merzienrätin sie vielmehr unterschlagen und auch die Rückkehr des letzten veranlaßt haben könne. Mein erster Gang, als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war nach dem Hause des Kommerzienrates. Ich wollte mir den Zutritt zu Adelina erzwingen, um sie zu fragen, ob es denn wahr sei, daß sie mich preisgegeben. Ein Angestellter des Hauses, welcher mir vor der Tür auf stieß, sagte mir, daß der Kommerzienrat mit Frau und Tochter ins Bad gereist sei. Dabei wies er auf die dicht verschlossenen Fenster der oberen Stockwerke. Bestürzt frug ich nach dem Namen des Badeortes. Der Mann wollte zuerst nickt mit der Sprache heraus, ein reichliches Trinkgeld, daS ich ihm in die Hand drückte, machte ihn jedoch willfährig, er bezeichnete mir den Ort. Sobald ich mich mit dem nötigen Geld versehen und meine Vorbereitungen getroffen hatte, fuhr ich dorthin ab. Die Kurliste, die ich mir vor- icgen ließ, bestätigte die Angabe des Mannes. Der Kommerzien rat weilte in der Tat mit Frau und Tochter in dem Ort. Un schlüssig umschlich ich das Hotel, in welchem er abgestiegen war. Wenn ich Adelina allein sprechen könnte, wäre es natürlich am besten, aber wie dies anstellen, um dies zu erreichen? Während ich. hinter einem Baum versteckt, darüber nachsann, traten mehrere Personen aus dem Hotel und nahmen in dem Garten, welcher daS Hotel von der Straße trennt, an einem Tisch Platz. Deutlich erkannte ich drn Kommerzienrat, seine Gattin und Adelina. Ein zweiter Herr kehrte mir den Rücken zu und sprach eifrig und mit gewissen Bewegungen der Galanterie auf Adelina ein. Letztere hörte nicht eben aufmerksam zu und antwortete beinahe garnicht, was den Herrn jedoch keineswegs aus der Fassung zu bringen schien. Ein Gefühl der Eifersucht bemächtigte sich meiner. Der Mann da, sagte ich mir, müsse ein Nebenbuhler sein. Mein Herz klopfte stürmisch und ich mußte mir Gewalt antun, um nicht auf ihn loszustürzen. Indessen hatte ich meinen Beobachtungsposten hinter dem Baum unwillkürlich verlassen und war einige Schritte näher an den Gartenzaun getreten und sah, wie der Herr sich zu Adelina herabnetgte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Ein kurzer Schrei der Wut entrang sich meiner Brust. So schwach er klang, verriet er mich doch. Der Kommerzienrat blickte nach der Richtung, woher der Schrei erklungen war, herüber und fuhr, da er mich ohne Zweifel entdeckt und erkannt hatte, zusammen. Es entstand eine Bewegung in der Gruppe, namentlich zeigten die Kommerzienrätin und Adelina Spuren großer Aufregung. Nur der unbekannte Herr saß steif und unbewegt auf seinem Stuhl. Nach einigen Augen blicken einer schnellen Beratung zwischen dem Kommerzienrat, seiner Gattin und dem unbekannten Herrn erhob sich die Gesell schaft und zog sich in das Hotel zurück, wobei ich wiederum nur die Rückseite des unbekannten Herrn zu sehen bekam. lieber meine Ungeschicklichkeit mit mir zürnend, entfernte ich mich. Nach einer schlaflos verbrachten Nacht faßte ich den Ent schluß, geradeswegs in das Hotel zu gehen und eine Auseinander- setzuiig Herbcizutühren. Als ich jedoch bei einem Kellner des Ho tels Erkundigungen einzog, wurde mir die Mitteilung, daß der Kommerzienrat und seine Familie mit dem Frühzug, abgereist sei, wohin, wisse man nicht. In stumpfer Ergebenheit vernahm ich diese Mitteilung. Man hatte vor mir die Flucht ergriffen, Adelina hatte sich ihr nicht widersetzt, sie war mir verloren. Mein Sclbst- ge'übl begann wieder auszuleben. Du hast dich in ihr geirrt, sagte ich zu mir, sie ist nicht besser als die andern, sie ist deiner nicht wert. Ich nahm mir vor, sie zu vergessen. Nach der Residenz zurückaekehrt, widmete ich mich rastlos den Arbeiten und Studien und die tiefe Wunde, die mir geschlagen war, begann zu heilen. DaS grausame Schicksal wollte mir jedoch einen letzten und höch sten Schmerz nicht sparen." (Fortsetzung folgt.)
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