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201 DounerStAg, ve« 30. August 1000 Frankenberger Tageblatt ^^1842. Bezirks- Anzeiger Dkvliilt für die MMe AmtrhmptmWslhlist MH», da; MiMk AmlMiG imd dm Ktrdkat zii Iranktndtrz i. Sa. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von E G- Roßberg in Frankenberg t. Sa. Erscheint an jedem Wochentag abends für den folgenden Tag. Bezugs preis vierteljährlich 1 .X 50 monatlich 50 H. Trägerlohn extra. — Einzelnummern lausenden Monats 5 H, früherer Monate 10 H Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe stellen, sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Auslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. Ankündigungen sind rechtzeitig auszugeben, und zwar größere Inserate bis 9 Uhr vormittags, kleinere bis spätestens 11 Uhr mittags des jeweiligen Ausgabetages. Für Aufnahme von Anzeigen an bestimmter Stelle kann eine Garantie nicht übernommen werden. tz-ch- 51. Telegramme: Tageblatt Frankenbergsachsen. Anzeigenpreis: Die b-gesp. Petitzeile oder deren Raum 15 bei Lokal- Anzeigen 12 im amtlichen Teil pro Zeile 40 „Eingesandt" im Redaktionsteile 30 H. Für schwierigen und tabellarischen Satz Ausschlag, für Wtederholunasabdruck Ermäßigung nach feststehendem Tarts. Für Nachweis und Offerten-Annahme werden 25 H Extragebühr berechnet. Jnseraten-Annahme auch durch alle deutschen Annoncen-Expeditionen. Die Einwohnerschaft Da» deutsche Ratioualsest soll hier in diesem Jahre in fol. gender Weise öffentlich gefeiert werden: Sonnabend, den 1. September: Abend» */,8 Uhr Gedächtnisfeier am Siegetdenkmal im Friedenkpark durch die hiesigen Militärvereine. Sonntag, den 2. September: Mitta, 12—1 Uhr Mufikaufsüh ung im FriederSpark. Hierüber Beleuchtung de» Denkmal» im Friedenspark an den Aben den de» 1. und 2. September. wird gebeten, ihre Teilnahme an der Feier durch Schmückung der Häuser mit Flaggen zu betätigen. Frankenberg, den 2V. August 1906. Der Stadlrat. Souuabeud, den 1. September 1VV6, vormittag» 10 Uhr sollen im Restau rant „Deutscher Krug" hier rin Sofa und 19 Bände Mey r» Konversation-lexikon meist bietend gegen Barzahlung versteigert werden. Frankenberg, am 27. August 1906. Der Gerichtsvollzieher des Kgl. Amtsgericht». Ur Wckn» Hameister md MmtMhmr! Bauanschlags-Tabellen, Lohnlisten in Bogen (Folioformat), Lohnlisten in Form von Taschenbüchern hält bestens empfohlen die LiLvkckruvlLvrvI VOM O. Lr. NationaleMirtschaftspolitik der Deutsch-Oesterreicher. In diesen Tagen la» man einige» über die nationale Wirt schaftspolitik der Tschechen, die in der Tat dem ganzen Wirtschaft- lichen Tun und Lassen der Tschechen Ziel und Richtung gibt und überdies e» noch versteht, in nur allzu vielen Fällen auch Deutsche für ihre Zweckt auSzubeuten. Die „Mitt. d. Allg. Dtsch. Schulv." weisen nun daraus hin, daß auf deutscher Seite erfreulicherweise eine entsprechende Tätigkeit eingesetzt hat, um wenigstens zu ver hindern, daß aus so viel deutschen Quellen den Tschechen Wasser aus ihre Mühle geleitet wird. Freilich bestehen aus deutscher Seite nicht, wie bei den Tschechen so und so viele Institute und Verbände, die mit ihren weitverzweigten Organisationen nach den entlegensten Oertchen hinwirken. Aus deutscher Seite konzentriert sich bis jetzt alles Bestreben nach dieser Richtung in der Zentralbank der deutschen Sparkaffen, daneben in den einzelnen Landesverbänden deutscher Sparkaffen und seit kurzem im ReichSverband deutscher Sparkaffen in Oester, reich, die aber alle insgesamt einen Organismus darstellen und in einer Richtung wirken. Bei der in Prag abgehaltenen sünften ordentlichen Hauptversammlung waren 118 deutsche Sparkassen vertreten.' Bei dieser Gelegenheit kam e» zu einer höchst ersreu» lichen Kundgebung für »ine entschieden national« Wirtschaftspolitik der Zentralbank, umso erfreulicher, als diese bisher mit allzu gro. ßer Zurückhaltung geübt wurde und gar nicht verglichen werden konnte mit der lediglich schärfster nationalistischer Propaganda die. nrnden Tätigkeit der entsprechenden tschechischen Institut«, dir böh. mischen LandrSbank, der böhmischen Jndustrialbank, der Gewerbe, bank für Böhmen und Mähren und der Zentralbank der tschechi schen Sparkaffen. Der Vorsitzende der deutschen Zentralbank» Sobitschka, erklärte nämlich aus der Prager tzauptoersammlung: „Die Deutschen haben sich viel zu wenig um die Volkswirtschaft, lichen und finanziellen Bedürfnisse ihres Volkes bekümmert und mit ihrem Geld slawische Anlagewert« gekauft, mit anderen Worten: ihr Geld dazu hergegeben, um ihre nationalen Trgner wirtschaft lich h«b«n und kräftigen zu Helsen. Wenn mit dem JnSleben- treten der Zentralbank der deutschen Sparkassen auch den kleinen deutschen Städten und Bezirken Gelegenheit gegeben worden sei, dies« Rückständigkeit autzugleichen, so sei aus dem Geschäftsbericht der Bank und auS den Zohlen ihrer Statistik leicht zu «sehen, daß diese wirtschaftliche Befreiung deutscher Städte und Bezirke von freilich oft hinter deutscher MaSk« verstecktem slavischen Ein fluß in der Tat eine Notwendigkeit gewesen sei. Sehr richtig bemerkte der Vorsitzende bei derselben Gelegenheit gegenüber dem gelegentlich erhobenen törichten Vorwurf der Verknüpfung wirt schaftlicher Interessen und nationaler Politik, durch dir von Böh men aus di« Politik in die Volkswirtschaft getragen werde, wer einen solchen Vorwurf gerade gegen di« Deusschrn «hebe, müsse — fall« «r nicht wissentlich lügt — dein öffentlich«» L«b«n Otsterrrich» während der letzten drei Jahrzehnte sehr serne gestan den haben, sonst würde er sich mit seiner Anklage an eine andere Adresse wenden. „Waren rS etwa die Deutschen, die die natio- nale ProskriptionSlist« ins Wirtschaftsleben eing«führt haben? Waren «S die Deutschen, die die „„8onj k 8uewu"-Theorie in einer solchen Weise öffentlich zur Geltung brachten, daß heute ge rade die Sudetenländer von diesen wirtschaftlichen Eroberung«. zügen heimgrsucht find? Und letzthin erst nahm auch «Ine sächsische Grenzzeitung, die in Neugersdorf erscheinende „Oberlaus. Dorfztg.", unter Bezug, nähme aus die Schaustellung im Pavillon der deutschen Sparkaffen Böhmens in der Reichenberger Ausstellung da» Wort zum gleichen Thema. Dort habe man, schrieb da» Blatt, den verblüffendsten Beweis vor Augen, daß die Bareinlagen von ganz Oesterreich mit einem ganzen Viertel auf das kleine Deulschböhmen fallen. Hier sieht man «S deutlich, die wirtschaftliche Großmacht liegt im deutschen Volk. Unwillkürlich drängt sich da ein Gedanke vor: Wie gewaltig, wie herrlich müßte sich da» deutsche Volk in Oesterreich entwickeln, wenn man ihm di« nölige Ellenbogenfreiheit gönnte, wrnn man ihm dir Pflege und die Betätigung seiner Eigenart nicht al» Hoch, verrat annchnete, und wenn man ihm nicht die Ouevr seiner Kraft, sein Volkrbewußtsein nicht mit dem Popanz der „Gleich, berrchtigung" verstopfen und seine Arbeitsfreude nicht hemmen würde, wenn man diesem Volke da» Leben im Staate nicht mit allen möglichen Schikanen sauer machen und vergällen wü de. E» find ja böse, schwere Zeiten über die Deutschösterrricher ge- kommen. E» kränkte sie tief, daß ihr freudige« Bekennen zum großen Bruderstamme ihnen al« Vat«rland«orrcat angerechnet wurde; aber mochten die Zeiten noch so düster sein, eine« Verrat« waren sie nie fähig gewesen. Mögen immer die offenen od« verkappten Feinde de» d«ut- schen Element« die Machtelique in Oligarchie und Regierung bil« den, die natürliche Kraft ein«» höherstehenden Volk«stammeS in da« Gegenteil umzulügen, wird ihnen niemals gelingen, wenigsten» so lange nicht, al» diese» Volk im Kerne nicht römisch angesault ist und im stillen Richt« in d« eigenen Brust die Stimm« seine» Gotte» hört. So lange Oesterreich Oesterreich bleibt, wird kein Slavenvölklein die geistige deutsche Vorherrschaft abzuschütteln ver mögen! Nie ««den sie au» dem Bann« der deutschen lieber« legenheit entfliehen, ni« aus den Bildung-impul» und die Arbeits gelegenheit verzichten können, die ihnen die deutsch« Kultur und der deutsch« Untern«hmungSg«ist schafft! Doch auch die Deutschen selbst mögen die Parteipolitik dem hehren Tesamtzweck unterord. nrn! Mit einem Wort: die Deutschösterrricher müssen sür ihre bedeutende wirtschaftliche Macht den einheitlichen politischen Aus druck finden und in den Dienst ihres Volkstum» stellen! «ertliches «od Sächsisches N°<vdn«t unlerer örtlichen vrigiULlberichtr IS uur mit genauer Ouelienan,»t« gestatt«!.» Frankenberg, 29. August 1906. -sv. Za Geschworene« ««»gelost wurden gtstern für die voraussichtlich in der zweiten Hälfte deS September beginnende diesjährige dritte Sitzungsperiode de« Kgl. Schwurgerichts Chem nitz di« Herren Kaufleute Alfred Heinig und Hermann Anton Hoppe au» Frankenbrrg. Ein Justrumrutal- und Vvkalkouzert, veranstaltet von der Bereinigung d« Bauerschen Gesangvereine au» Chemnitz und der Frankenberg« Stadtkapelle, sand am verflossenen Sonn» tag im starkbesucht«» Saal« drS „Schützrnhause»" statt. Da» hirrsür zusammrngrsttllte Programm entsprach in seiner Zusammen setzung sowohl, wie auch bezüglich der Auswahl der Nummern weitgehenden Anforderungen. Vor allem hinterließen die folisti- schen Darbietungen bei den Hörern einen tiefen Eindruck infolge der vollendeten Vortragsweise, wie der geschmackvollen Art» zu Magelone. Roman von B. v. d. Lanken. (M. s-rtse»ung.) . - (Nachdruck orrboUn.) Am Abend waren keine Gäste im Palais Bartuch, selbst Frau von Glesbrecht fehlte beim Tee, mit dessen Bereitung Magelone beschäftigt war. Sascha Edelsberg saß dicht neben ihr und sah zu, wie ihre ' kleinen weißen Hände alles so zierlich und geschickt anfaßten. Xenia war im Musikzimmer, die Türen standen auf, sie probierte mit Heller Stimme einige neue Lieder. „Gnädiges Fräulein," sagte der Prinz plötzlich, „reiten Sie?" „So etwas. Als wir auf dem Gute waren, habe ich's in den zwei letzten Sommern manchmal getan." „Mochten Sie es nicht einmal versuchen?" - „So wollen wir morgen vormittag mit Xenia im Tiergarten spazieren reiten. Ich habe ein lammfrommes Damenpferd, einen allerliebsten milchweißen Araber." Lonas Augen leuchteten vor Vergnügen, aber die ver schiedensten Gedanken kreuzten sich in ihrem Kopf; - blitzschnell erwog sic das „Für und „Wider" des Vorschlages. „Durchlaucht sind sehr gütig; indessen ich glaube - ich fürchte — ich möchte es doch lieber nicht tun." „Mein Gott, warum denn nicht? Fühlen Sie sich nicht sicher? Gul, io reiten Sie erst mal in der Bahn." Er stand auf, ohne ihre Antwort abzuwarten, und trat in die Tür des Musikzimmers. ^Xcnia!" Die Gräfin wandte sich halb zu ihm um. „Xenia, Fräulein Dyrsurt reitet; sie möchte die schöne Kunst morgen einmal bei mir in der Bahn ausüben, wann paßt cs Dir?" „Sie reitet?" rief Gräfin Bartuch, „wie charmant, und daS erfährt man so gelegentlich. Ich bin morgen den ganzen Vor mittag frei; wir werden also um 12 Uhr dort sein." „Aber teuerste Frau Gräfin," rief Lona dazwischen, „ich habe ja kein Reitkleid." „DaS schadet nicht; ich habe vier — eins davon macht Marie Ferrier sür Sie passend," gab Xenia lachend zurück. Marie Ferrier war ihre langjährige, gut geschulte Kammerfrau. „Kommen Sie, wir wollen gleich Anprobe halten: es ist noch nicht so spät und sie ist so geschickt. Süperbe, daß Sie reiten, Elfchen, süperbe" Mit diesen Worten sprang sie auf, legte den Arm uni Lonas Schulter und wollte die nur sanft Widerstrebende fortziehen. „Halt, meine Damen," rief Prinz Alexander, ihnen den Weg vertretend, „muß ich mich nun schon eine Stunde ohne ihre, liebens würdige Gesellschaft zufrieden geben, so lassen Sie doch wenigstens mein armes „Ich" nicht verhungern und verdursten. Eine Tasse Tee, gnädiges Fräulein — bitte schön". Er faltete mit komischer Gebärde die Hände und hob sie gegen Magelone auf. „Erhören Sie dies kindliche Flehen, Magelone," lachte Gräfin Bartnch; das junge Mädchen trat an den Samovar, füllte eine der großen, runden Tassen mit dem duftenden Pecco und reichte sie dem Prinzen; dann gingen sie und ließen ihn mit seinem Tee und einem zierlichen Butterbrot auf dem Teller allein. In der Garderobe der Gräfin fand sich ein tiefgrünes Tuch kleid, noch ans Gräfin Xenias Mädchentagen. und die Französin versprach, mit Hilfe ihres geschickten Nähmädchens bis zum näch sten Tage mittags 12 Uhr ein „Kostüm" sür Mademoiselle Dyr surt zu fertigen, tont oomms ll kaut. 11. Kapitel. Rolf von Velten saß in seinem mäßig erwärmten, durch die Lampe auf dem Schreibtisch nur spärlich erleuchteten Zimmer und schrieb an Magelone. Er hatte gerade heute abend mit einer fast unbezwinglichen Sehnsucht zu kämpfen, und es war ihm daher nichts weniger als angenehm, als er durch ein leises Klopsen an der Tür gestört wurde. Man merkte seinen Unmut dem Ton an, mit dem er „herein" rief. Baron von Preuß trat über di« Schwelle, und Rolf war nun doch angenehm überrascht durch dem gänzlich unerwarteten Besuch des Freundes. „Ah, Du bists, Gaston I Willkommen." Er stand auf, nahm die Lampe und trug sie nach dem Sofa tisch. Herr von Preuß warf den Mantel ab, und Rolf sah, daß er im Gesellschaftsanzug war. „Wir haben auch nicht mehr lange Zeit, Rolf," sagte er, sich i in einer Sofaecke niederlassend, aber mein Gott, Du stehst ja noch ! ganz und gar als Hausmensch vor mir! Eile Dich nur." „Weshalb?" lächelte der andere. „Du weißt, die Zeiten sind vorüber, wo man mich zu Festen lud, endlich wissen es alle, daß ich keine mehr besuche." „Nun. ich glaubte, bei der Bartuch machtest Du eine Aus nahme, und schon deshalb, weil Deine Cousine heute abend dort ist." „Meine Cousine Magelone?" „Ja freilich; was ist da so Sonderbares dabei? Gräfin Xenia hat ein kuldla sür daS reizende Mädchen, sie ist ja schon seit gestern in der Stadt." „Seit gestern? Ah — ich wußte es nicht." Er bemühte sich, ruhig zu sein, aber eS entging dem Legations sekretär nicht, daß er innerlich erregt war, und seine längst gehegte Vermutung bestätigte sich. «Gräfin Xenia läßt ja nie einen Menschen aus ihrer nächsten Umgebung zur Ruhe kommen," sagte er; „so wird auch Deine Cousine keine Zeit gefunden haben, an Dich zu schreiben." „Möglich." „Ich werde ihr ihr Unrecht heute abend Vorhalten." „O bitte, nein, sprich nicht darüber." Der Baron hängte sich den Mantel um und reichte Rolf die Hand. „Leb wohl, alteS Haus — die Droschke wartet, ich fahre dann noch bei Köckeritz vor." Als des Freundes Schritt auf der Treppe verklungen war, schloß Rolf seine Tür und trat ins Zimmer zurück. Dem ersten raschen Impuls folgend, ging er an seinen Schreibtisch, nahm den angefongenen Brief heraus, zerriß ihn und schleuderte die Stückchen mit einer heftigen Bewegung zur Erde — er war gekränkt, tief gekränkt. „O Magelone," murmelte er, „daß Du mir das antun konntest! Seit gestern hier, heute abend auf einem Tanzsest, und ich, Dein Verlobter, erfahre alles durch einen Dritten." ES duldete ihn nicht länger im Zimmer: er griff nach Hut und Paletot, löschte die Lampe auS und eilte inS Freie. (Fortsetzung folgt.)