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Einwohner und der industrielle» Bedeutung die erste Stelle ein. — Die an der Leiche der verehrt. Günther in Tünsdorf vorgenommene Sektion hat sicherem Ver nehmen nach soviel ergeben, daß Selbstmord sogut Mi« au-geschloffe» erscheint. Such ist da» in der Abteilung der Selbstmörder für die Verstorbene be reits fertiggemacht gewesene Brab wieder zuzufüllen ongeordnet und zugleich verfügt worden, die Gün ther in einem Reihengrabe zu beerdigen. Man hat «S sonach mit einem Verbrechen zu thun, zu wel chem die weitere Ausklärung die gerichtlichen Erhe bungen wahrscheinlich bald erbringen werden. Bor- läufig lastet ein schier erdrückende- Material auf dem Ehemann der Verstorbenen, dem Schuhmacher Gün- ther in TunSdorf, der auch weiter in Haft gelas sen wird. — Am Sonntag früh 3 Uhr 17 Min. wurden in Brambach zwei Erdstöße kurz hintereinander wahrgenommen. Der zweite Stoß war stärker al« der erste. Die Fensterscheiben klirrten und die Bil der an der Wand schwankten. Die Stöße dürsten von Südwest nach Rordost erfolgt sein. Vielfach »ird behauptet, daß gegen 1 Uhr nacht- und ^-7 Uhr früh auch ein donnerartigeS Geräusch gehört worden ist. — Oberwiesenthal, 26. Okt. Der hiesige Krippenverein, der die alten schönen WeihoachtS- bräuche de« Erzgebirge wieder einführe« will, ist ounmehr, nachdem wir unS dem heiligen Weihnachts fest immer mehr nähern, wieder in seine Thätigkeit eingetreten. Er hielt am Sonntag eine zahlreich be suchte Versammlung ab, in der die nächste WeihuachtS- aufsührung besprochen wurde und Pastor Böhme eine» beifällig aufgenowmeneu Dottrag hielt. Dem Verein gehören gegenwärtig 96 Mitglieder an. — In einem vogtländischen Dorfe, wo in letzter Zeit mehrere Schweine tätlich erkrankten, wurde auf der Dorfstraße folgende« Zwiegespräch erlauscht: „Unner Schäfer, da- iS sei a gescheiter Kerl! Wie ich ihn gestern zu meiner kranken Sau g'rufen bad', hat er ihr a Pulver verschrieben und g'sagt: Wenn böS nix hilft, hilft gar nix mehr! Und richtig — am andereu Tage war die Sau hie!" — Au« Pirna wird folgende« Geschichtchen berichtet: Ein« alte Frau au« BtenSdorf erschien in dem bekannten Geschäft von Hafftmann und erzählte, daß e« in ihrem Stalle nicht mit rechten Dingen zu gehe. Die Kuh gebe wenig Milch, die Hühner legten nicht mehr so fleißig Eier wie früher, kurz, sie glaube, daß der Teufel mit ihr sein Spiel triebe. Run habe ihr Herr Hafftmann früher einmal gegen ein Unter, leiüsleiden einen Kräuterbittern gegeben, de, sie wie der kuriert habe und ein solche- Tränklei» müsse wohl auch die Kraft haben, den Teufel au-zutreiben. Man fand in dem geoanuten Geschäft keinen Grund, ihr Vertrauen in die wunderihärigen Eigenschaften de« von ihr gerühmten Tranke- zu erschüttern und händigte dem Mütterchen mit der Weisung, nicht mehr als morgen« und abends ein Gläschen davon zu trinken, eine Flasche Hafftmann'scheu Magen bittern ein. Deutsches Reich. 8 Berlin, 25. Okt. Die Ablehnung deS dem Czarenpaar von dem Großherzog von Baden und seine, Gemahlin zugedachten Besuche- ruft all gemein große- Befremden hervor. Die amtliche Be kanntgabe de- Richtempfänge- läßt erkennen, daß diese Zurückweisung in Karlsruhe als eine Beleidi gung empfunden wird. Ein Urteil-über den Vor gang wird man sich erst bilden können, wenn die wetteren Erörterungen, an denen eS zweifelsohne nicht fehlen wird, Klarheit über die Gründe der Ab- Haiderose. Roman von I. Berger. lNI Siiud druj (Fortsetzung.) „DaS kommt ziemlich auf ein- heraus! Aber jetzt fürchten Sie sich nicht mehr vor mir, nein?" „Nicht «in BiSchen wehr", versetzte sie rasch. „Und ich danke Ihnen auch vielmals, daß Sie sich so freundlich meiner angenommen haben." Sie reichte ihm inpulfiv ihre kleine Hand, die er hastig ergriff und frsthielt. „Mein armes, liebe« Kind", sagte er. „E« schneidet mir in die Seele, Sie so alleinstehend, so verlaffen zu sehen. Sie ahnen gar nicht, welch ein gutes Herz ich habe und ich bin bereit, Sie für alle« Ungemach zu entschädigen". Seine Augeu bekamen jetzt einen lebhafteren Glanz, er legte den Arm um sie, ohne daß sie eS hindern konnte. „Ich mache Ihnen eine» Vorschlag. Ich bin ein reicher unab hängiger Mann und biete Ihnen meinen Schutz und «eine Fürsorge an. Da- Einfachste ist, ich nehme Sie in mein Hau- — selbstverständlich nicht al« dienende Person — keinesfalls. Sie sollen herrschen — S»e sind prädestiniert dazu. Vor der Welt wer den Sie als eine junge Anverwandte vom Lande gelten. Meine Gefühle für Sie sind die eine- er- gebeuen Freunde«, aber ich werde auch willig Ihr Sklave sein. Natürlich sollen Sie alle Amüsement« der Großstadt kennen lernen, auch reisen will ich mit Jqoe«, »ach der Schweiz, nach Italien, meinet wegen auch nach de« Nordkap. Utberall hin, wo Sie hi« wollen, mei» schöne- Kind. Sie können sage geschaffen habe«, vt- jetzt fehlt e» «och a« jede» Andeutung hierüber. Daß der jugendliche Tzar, der in Deutschland mit Aufmerksamkeite« über häuft r orden ist, die manchem sogar über da- Maß de« Notwendigen und Gebotenen hivaa«zugrheu schienen, sich gegenüber dem greisen Großherzog, der fast sein Großvater sein könnte, and der einzigen Tochter Kaiser Wilhelm- I. absichtlich einer Unhöf lichkeit s^aldig gemacht haben sollte, erscheint kau« glaublich. Auch die Vermutung, daß r- vielleicht in Darmstadt unangenehm berührt habe, daß de» Be such erst so spät erfolge« sollte, klingt unwahrschein lich, da der Großherzog, de, bereit- sein 71. Lebens- jahr vollendet hat und soeben erst von schwerer Kraokheit erstanden ist, wohl beanspruchen darf, daß eS ihm überlassen wird, seine Dispositionen von der Rücksicht auf seine Gesundheit und seine Kräfte ab hängig zu machen. Und wenn wirklich der Empfang in Darmstadt jetzt Schwierigkeiten machte, so hätte sich unter allen Verhältnissen eine Form der Absage finden lassen, die nicht verletzend wirkte. Daß anscheinend eine geradezu plumpe Form gewählt worden ist, dürfte möglicherweise nur auf die Ungeschicklichkeit einer untergeordneten Stelle zurückzuführe« sein, die dann aber die schärfste Zurechtweisung finden muß. — An der Berliner Börse, wo der ausfällige Vor gang selbstverständlich heute auf daS Lebhafteste be sprochen wurde, lehnte daS Telegraphenamt merk würdigerweise die Beförderung darauf bezüglicher Telegramme ab. 8 Berlin, 26. Okt. Ein sehr rätselhafte« Vorkommnis wird erst nachträglich durch de« Poli zeibericht bekannt Danach ist am Montag nach mittag eia 16jährige« Mädchen in der Wohnung seiner Litern, worin eS eine Zeit lang allein an wesend gewesen war, an Händen und Füßen gebun den, desinnungSlo- aasgesuvdei'. worden. Nach An gaben des Mädchen« ist ei» junger Mann gekommen, um ein Zimmer zu Mieten. Da er bemerkte, daß daS Mädchen allein war, überfiel er eS, band eS und bedrohte eS mit einem Revolver. In der Todes angst ries da« Mädchen den Ramen einer in dem selben Hause wohnenden Freundin, die auch den Ruf hörte und heftig an der Klingel zog. Darauf ergriff der junge Man« über die Hintertreppe die Flucht. 8 Liu bedenkliche- Erlebnis eines Arzte- br- schäftlgte die erste Strafkammer am Landgericht II zu Berlin. Der praktische Arzt Dr. Kuhrt in Coepenick wurde in der Nacht vom 20. zu« 21. Jan. an da- Wochenbett der Arbeiterfrau Lehmann ge rufen, um derselben Beistand zu leisten. Da der Fall ein sehr schwerer war, mußte die Frau narkotisiert werden. Al- der Ehe«an», Arbeiter Ferdinand Lehmann, der sich in einem Nebenraume aushielt, seine Frau still werden hörte, betrat er da- Kranken zimmer, and da er sah, daß seine Frau in der Nar kose lag, so ergriff er ein Beil und bedrohte damit den Arzt auf da- Schwerste, weil dieser ihn wegen dr- Narkotisieren- nicht befragt habe. Nu» mit Mühe konnte er beruhigt werden. Er entschuldigte vor Gericht sein Verhalten damit, daß ihm zwei Frauen schon vorher in der Entbindung verstorben seien, we-halb er zu seinem alten Vertrauensärzte gegangen sei, der aber einen Vertreter geschickt habe. Dieser habe ihn wiederholt barsch angesahren, wäh rend er befürchtet habe, daß die Gattin irden Mo ment den letzten Atemzug thun würde. Als er dann gesehen, daß man seine Frau narkotisiert habe, ohne ihn u« Erlaubnis zu fragen, so daß er, wenn der von ihm befürchtete Tod eingetreten wäre, nicht ein mal mehr ein Wort mit ihr hätte reden können, da sei er in einen unbeschreiblichen Zustand der Wat verfallen und habe alle Selbstbeherrschung verloren, alle- von mir erreichen, wo- Sie wünschen. Ich will Ihnen die größten Schätze zu Füße legen. Seien Sie klug. Sie sind jetzt an einem glücklichen Wendepunkt ihre- Leben- angelangt — übersehe« Sie ihn nicht. Wer weiß, ob der Augenblick de» Glücks für Sie wiederkommt. Nehmen Sie dreist meinen Vorschlag an. Sie werden eS nie bereuen, denn mein Interesse für Sie ist groß und ich werde Ihr Wohlthäter sein!" Rose starrte ihn sprachlos an. Sie hatte kein volle- Verständnis für seine Worte, aber sein Ton, der brennende Blick, mit dem er sie ansah, beäng stigten sie. Sie fühlte instinktiv, daß etwas Schreck liche- sie bedrohte und eine tötltche Bangigkeit erfaßte sie. Da- Blut stieg ihr heiß in da- Gesicht. Sie fuhr mit einem Ruck von ihrem Sitz empor und stieß mit beiden Händen nach ihm. „Sie dürfen nicht so zu mir sprechen," rief sie leidenschaftlich. „Nein, Sie dürfen nicht! Ich kann da- nicht hören!" „Thun Sie doch nicht so entsetzlich naiv, mein schöne« Fräulein," lachte er leichtfertig. „Ich meine eS doch gut mit Ihne». Merkw ürdig, daß Sie da- nicht begreifen? — Oder wollen Sie sich durch kleine allerliebste Capricen und kokette Mätzchen noch an ziehender machen, als Sie schon sind?" Und ehe Rose e- sich versah, hatte er sie stür misch av seine Brust gedrückt. Seine Lippen näher te» sich ihrem Gesicht und trotz ihre- Sträuben- küßte er ihre glühende Wange. Er wollte ihr eben den Mund küffen, da riß sie sich gewaltsam und mit einem verzweifelten Aufschrei von ihm lo«, so daß er bestürzt die Arme finken ließ. Daß er da- 8eit erhoben, daß er gidroht «ab die Thür zogeschlofse» habe, daran habe er nicht die entfernteste Erinnerung. Der Gerichtshof glaubte de» Angeklagten, daß er sich zur Zett der That in hochgradiger Angst u« da- Leben seiner Fra« b— fürden habe; da aber ein Arzt in der Ausübung seine« schwierigen und menschenfreundlichen Berufe» eine- ganz besonderen Schutze-vor Gewaltthätigkeitea bedürfe, so habe auf drei Monate Gefängnis erkannt werden müssen. 8 Einer Arbeiterfamilie inMurg im Schwarz wald starb ein Kind. A« ander« Tage ginge« Mann und Frau und deren Kinder in den Wald, um Moos zu Kränzen zu holen. Zwischen 4 und 5 Uhr ging man heim, die Kinder etwa- hinten nach. Auf einmal bemerkte man, daß da- 2 Jahre alte Knäblein fehlte. Man suchte eS, fand e» aber nicht. Inzwischen wurde e« Nacht. DaS Kind war immer noch nicht gefunden. E« wurde die Feuer wehr alarmiert und bis nacht- 12 Uhr der Wald 200 Mann stark durchstreift. Alle« umsonst! Der Vater de- Kinde- suchte mit der Laterne die ganze Nacht durch den Wald ab, aber ohne Erfolg. Ma« denke fich den Schmerz der Eltern! Am Sonnabend früh sechs Uhr gingen wieder übe» 100 Mann, da runter wieder die Feuerwehr, nach dem Walde. E« wurde eine Linie formiert und nach Kommando der Wald kreuz «vd quer durchgesucht. Um '/e8 Uhr erscholl plötzlich der Ruf, welcher sich wie der Blitz der ganzen Schützenlinie wie aus einem Munde mit teilte: „Da liegt eS!" Im Ru war sä«tliche Mann schaft zur Stelle; ein jeder wollte da- Kind sehen und auf die Arme nehmen. E» lag hinter einem Baumstumpf auf trockenem Laub und schlief noch sanft. Al- man dasselbe aufhob, rieb e« fich die Augen, schaute verwundert um sich und weinte, ward aber gleich ganz munter. Abend- zuvor ist man schon einigemal über diese Stelle gegangen, ohne das Kind zu sehen. Das arme Kind ist eine ganze Stunde waldeinwärtS gegangen und sogar eine steile Höhe hinauf im Dickicht. Gleichsam im Triumph wurde der Heimweg angrtreten. Der Vater mit dem Kinde auf dem Arm voraus, dann zwei Hor nisten, einen Marsch blasend, und dann die Feuer wehr in Uniform, zog man in Murg ein zum Elternhauss. 8 Königsberg, 25. Okt. In Liplacken i« der Oberförsterei wurde der königliche Förster Komm von Wilddieben erschossen. Er hinterläßt seine Frau mit 7 unerzogenen Kindern. Ausland. * * Venedig, 26, Oktbr. In der Nähe de» hiesigen Haf-nS scheiterte da- au- Jstria kommende große Handelsschiff „Beneto Risorto"; es würdevoll- ständig zertrümmert. Die Mannschaft tonnte mit großer Mühe gerettet werden. * * Cherburg, 26. Okt. Auf dem Dampfer „Bslier" gerieten mehrere Petroleumfässer in Brand. Das Schiff ist total verbrannt. Mehrere andere Schiffe wurden beschädigt. * * Tambow, 26. Okt. Im Dorfe Khmelew (Bezirk Kozlow) erscholl in der Kirche während de» Nachmittag» - Gottesdienstes der Ruf „Feuer!" Bei der hierauf entstandenen Panik wurden 54 Personen getötet und 80 verwundet. * * Ueber die Goldfelder in Klondykr liegt jetzt im „Daily CH' omcle" ein au- Viktoria (Britisch- Columbien) vom 29. August datierter Sonde,bericht vor, der ganz ander« lautet, wie die ersten sensatio nellen und sanguinischen Berichte au» dem neuen Toldlandr. Der Gewährsmann deS Londoner Blat tes hat zurückgekehrte Goldgräber auSgesorscht und ist in der Lage, zuverlässige Auskünfte über die Zu- „Herrgott, lassen Sie mich, folgen Sie mir nicht nach! Ich rufe sonst um Hilfe!" Mit diesen wild hervorgesprudelten Worte« stürzte sie davon, ihn keines Blickes mehr würdigend. Der jung« Lebemann stieß einen leise» Fluch au». Diese- unbändig wilde and unglaublich ein fältige junge Geschöpf führte am Ende durch ihr Gezeter noch unliebsame Szenen herbei. Und da wäre de« vornehmen Herrn höchst unangenehm ge wesen. Er zuckte geringschätzig die Achseln und ent fernte sich schleunigst. Rose war halb besinnungslos fortgerannt, bi- ihre Füße sie nicht mehr tragen wollten. Sie mußte sich a» einen Baumstamm lehnen. Der Ate« kam keuchend aus ihrer Brust, eS war ihr, als müsse sie vergehen. Und dann brach sie in ein leidenschaft liche» Schluchzen au». Wie hatte dieser freche Mensch sie erniedrigt! WaS hatte sie überhaupt heute schon Entsetzliche« erfahren. Und nirgends ein Herz, da- sie schützen konnte und wollte. Und deutlich sühlte sie, daß, so auSgestoßen, so verlassen von aller Welt, wie fie «ar, fie ein Jeder mit argwöhnischen Augen be trachten und für eine Unwürdige halte» mußte. All ihre Willenskraft, ihre schöne Energie kam in« Wanke», ihr klare» Denke« verwirrte fich. Sie glaubte nicht mehr so fortleben zu können und mit de« Glaube» kam auch da» Wollen. Dort hinter der Chaussee, die nach dem Zoolo gischen Garten führte, war eise stille Gegend und ein stille«, tiefe- Gewässer. Oft war sie hier «tt Silva gewandelt. I« Sommer, wen« alle« grünte und blühte, ««d im Winter, wenn alle« in Ei» a«d