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— Oederan, 20. Lug. Di« namhafte Summe von 15,000 Mk schenkt« drr Fabrikbesitzer Georg Liebermann im beaachbarte« Falkenau dem dortigen Verein „Arbeiterveretniguug". — Döbeln, 18. Aug. Ueber ein eigenar tige« Gefecht, da« sich am vorige» Freitag oberhalb Zschaitz am Bahndamme in der Näh« von Redemitz, und zwar zwischen der Brücke und dem Zschaitzrr Bahnhofe, abgespielt hat, berichtet der „Jahnathal- Anzeiger": Der Zug mit dem von Zeithain von den Schießübungen zurückkehrenden 3. Bataillon de« 11. Infanterie Regiments Nr. 139 wurde plötz lich au obenerwähnter Stelle durch eine Abteilung des in LetSnig garnisonierrnden Bataillons deS 179.Jnfanterie»RegimentS überfallen, beschaffen und zum Stillstand gebracht. E» ist hierauf natürlich schnellsten« die Entladung deS Döbelner Bataillons erfolgt, welche» die Leisniger nach längerem Gefecht zurückgetrirben hat, der Marsch nach der Döbelner Kasrrne ist sodann zu Fuß vor sich gegangen. Weder der Kommandant, noch irgend Jemand von dem von Zeithain zurückkehrenden Bataillon hat die geringste Ahnung von dem Ueberfall gehabt, doch soll sich auf der Lokomotive deS ZugeS ein höherer Offizier befunden haben. Deutsches Reich. 8 Berlin, 20. Aug. Durch den Neger John Higson wurde vorgestern nachmittag das Dienstmäb- eher» Smilte Grabowski, welche» sich in selbstmörde rischer Absicht am Bahnhof Tiergarten zu Berlin in den Kanal gestürzt hatte, vom sicheren Tode errettet. DaS Mädchen war angeblich aus Liebe-gram dicht über dem großen Wehre in da» Wasser gesprungen. Die wenigen Augenzeugen verloren vor Schreck den Kopf und riefen laut um Hilfe. Da kam der oben genannte Neger in feinem Promenadenanzug am Ufer entlang, er hatte sofort die Situation über schaut, entledigt« sich blitzschnell seines Rockes und seiner Stiefel und stürzte sich in den Kanal. LS gelang ihm auch nach mehrmaligem Untertauchen, di« Lebensmüde zu erfassen und am Rocke an - Ufer zu ziehen. Die angestellren Wiederbelebungsversuche hatten bald Erfolg, worauf das Mädchen nach de, Wohnung ihrer Herrschaft in der Kieiststraße ge bracht, um seine triefende Kleidung etwas zu trockne». Mr. Higson ist in einem Barisls de» Nordens als Tänzer engagiert. 8 Berlin, 21. Aug. Die Ballonmeldungen aus dem Norden retßrn nicht ab. Schon wieder liegt auS Chrtstiania eine Nachricht vor, wonach am vergangenen Sonntag in Telemarken ein Ballon ge sehen worben ist, der große» Aussehen hervorrief. Er soll sehr hoch am Himmel dahingeschwebt sein und einen leuchtenden Schwanz gehabt haben. Natür lich war der erste Bedanke au Andis«, sowie au den bei den Haugesund gesehenen Ballon. 8 Berlin, 20. Aug. Aufsehen erregte in einem der Berliner Milltonendörfer vor kurze« ein Diebstahl, bei welchem e» sich um «in Sümmchen von ca. 50000 Mark handelte, die einem der neu gebackenen Millionäre aus seinem Geldspiude fort« gekommen waren. Der alte Her, pflegte sich häufig vor de» geöffneten „Arnheim" zu setzen, um sich an dem Anblick seiner Kapitalien zu erfreuen, auch die blanken Goldfüchse durchzuzählen. Wurde er dann bei dieser geistreichen Beschäftigung abberufen, so verschloß er daS Zimmer, ließ aber die Thür deS GeldschrankeS unverschlossen. Eines Tages hatte er übersehen, daß das Fenster offen geblieben war, und alS er zu seinem geliebten Spinde zurückkehrte, fiel ihm sofort eine Veränderung deS Inhaltes auf. Er nahm eine nochmalige Zählung vor und stellte Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Historischer Roman von Gustav Lange. stl »«tdmck »«rd»»kn. (Fortsetzung.) Erstaunt musterte Henry de Mercy den plötz lichen Besucher, dessen Gesicht er trotz der motten Scheines der Lampe doch deutlich erkennen konnte. Zwar bemühte sich augenblicklich de, Fremde, einen harmlosen Eindruck zu machen, aber durch ein ge wisses E-waS, durch ein unbestimmtes Gefühl, wel ches er sich nicht erklären konnte, fühlte fich der junge Edelmann doch abgestoßen von ihm, flößte derselbe ihm doch Mißtrauen ein. Und wahrhaftig, diese» blasse, bartlose Gesicht mit den unruhigen, stechenden Lugen, über dem ein nicht-sagevdeS Lä cheln ausgebreitet lag, «ar auch nicht dazu ange- tha«, besondere- Vertrauen zu erwecken. kN „Henry de Mercy", stellte sich der junge Manu vorüber in diesem Augenblick infolge der Ueber- raschung nicht- Bessere- zu sagen wußte. Uvei Nennung diese- Namen« zuckte der Fremde merklich zusammen, was de Mercy nicht entging und ihn noch mißtrauischer stimmte. Doch nun mochte auch der andere «rnsehen, daß jetzt die Rerhe au ihn «ar, seinen Name» za nennen. sti, „Charle« Doumont", sagte er. „Rentier au« Paris", setzte er gleich darauf verbindlichst lächelnd uoch hinzu. Somit wußte nun jeder, weß Namen« der an dere «ar und »eiter »ohl nicht«. Doch die« Letz tere traf sicher nur iu bezug auf Henry d« Mercy zu, d«»n da« seltsame Benehmen Charle« Donmont« nun «in Manko von etwa 5000l) Mark fest. Der Herr erfreute sich eine» jetzt 23jährige» Stam«. Halter«, der schon noblen Pasfiooe» huldigt, vou dem Alten aber stet- knapp gehalten wurde. Luf diesen lenkt« sich zwar sofort ein schlimmer verdacht, er nahm de» „Jungen" auch in- Verhör, vermochte aber nicht, demselben ein Geständnis abzupresseu, so daß ihm nicht» übrig bltrb, al- dem AmrSvorsteher von dem Verlust Anzeige zu machen. ES wurden nun Ecmittelungeu angestellt, welche den gegen deu eigenen Sohn geweckten Verdacht nur zu gerecht fertigt erscheinen ließen, ohne diese» indrsseu zu einem offmen Geständni« zu vermögen. Erst al« mit weiterer Verfolgung der Sache gedroht wurde, zog er e« vor, et» Geständnis abzulegen, am „den Alten" dahin za briogen, keinen Strafantrag zu stellen. Vater und Sohn haben sich nun dahm ge einigt, daß der erstere dem „Jungen" noch 50000 M. gezahlt hat unter der Bedingung, daß „der Racker" da- elterliche Hau- verläßt unv in Berlin sein eigenes Heim aufschlägt. Der Herr Sohn soll nun bereit- stark dabet sein, daS alS DledstahlS- Prämie erworbene Geld aus anständige Weise unter die Leute zu bringen. 8 Zur Organisation deS Handwerks. Die Vor bereitungen zur Durchführung de» Gesetze- über di« Organisation deS Handwerk- sind berritS in volle« Gange. Auf ministeriell« Anweisung hm solle» sich zunächst die Oberpräfidevte» der verschieden«» Pro- viuzen darüber gutachtlich äußern, ob e- fich em pfiehlt, für jede Provinz oder jeden ReglrrungSbe- z»k Handwerkskammer» zu errichten oder ob eine anderweite Abgrenzung der Distrikte für Haudwerker- kammer» wünschenswert erscheint. Hierbei soll auf Wunsch deS Minister« festgestellt werden, welche Zahl von Handwerkern für den in Vorschlag ge- brachten Umfang deS einzelnen Kammerbezirks in Betracht kommen würde. 8 Die „Kons. Korr." schreibt: Von konservativer Seite tst schon vielfach der Wunsch ausgesprochen worden, daß als notwendiges Korrelat veS allge meinen Wahlrecht- die Wahlpflicht «»»geführt wer- den möge. Wir wüßte» nicht, «aS gegen dieses Verlangen eingewendet werden könnte. Unter den heutigen Verhältnisse» ist die Wahlpflicht eine drr ernstesten Pflichten für den deutschen Staatsbürger. Wird dieselbe von einem großen Teil der Wahlbe rechtigten nicht erfüllt, so muß i« Interesse der StaatSerhaltung darauf gedrungen werden, daß ei» Zwang gegen die Säumigen ausgeübt werde. Sol chen Zwang übe» heute schon die radikale» Parteien auf ihre Angehörigen in hohem Maße auS and dadurch wird vielfach daS Wahlrefultat verschoben. Richtig also wäre eS, wenn die säumigen Wähler statt von den Agitaioren von Staat- wegea zur Er füllung ihrer Pflicht angrhalte» würden. Daß die radikalen Parteien einen solchen Wahlzwang mtt scheelen Augen ansehen, ist nicht zu verwuudero; denn diese wissen ihre Wähler blS zum lttztenMann an die U ne zu treiben. DaS hindert aber nicht, daß der Staat bezw. daS Reich die Sache in die Hand nimmt. Der „Vorwärts" meint zwar, die Wahl» Pflicht würde nur ein Wählen unter Polizeiaufsicht und Fabrikantenfachtel sein, allein daS ist eine un sinnige Uebertreibung. 8 DaS Kriegsschiff der Zukunft ist nach der Ansicht de- bekannten Erfinders Maxim klein und leicht gebaut, denn es wird nicht «ehr «it Riesen- geschützen and schweren Geschossen auszurüsten sein, sonder» mit der Maxim'schrn Kanone, die Geschosse mit 500 KZ Pikria oder nasser gepreßter Schieß baumwolle abfeuert und mit Maxm-Schüppenhou»- Pulver geladen wird. Diese schrecklichen Pikringe schoss« find im Stande, ein Panzerschiff in Stück« bei Nennung de« Namens seine« Zimmernachbarn ließ einen wettergehenden Schluß zu, ließ die Ver mutung aufkomme», daß ihm der Name de Mercy vielleicht doch nicht ganz unbekannt sei. „Hatte mich schon darauf gefaßt gemacht, mei nem verehrten Nachbar einen Dienst erweisen zu könuen, da e- nun aber nicht« damit ist, so will ich auch nicht länger durch meine Gegrnwart stör«»", sagte Charle« Doumont und langte wieder »ach dem Griff drr Türklinke. „Fühle mich Ihnen verbunden für Ihre Freund- lichk«it", entgegnete Henry de Mercy mtt kühler Höflichkeit. „Die Jugend ist zuwrile» etwa» stür misch, ich will nicht gerade sagen ungeschickt in ihre« Bewegungen und dies muß ich leider auch von mir bekennen, als ich vorhin an diese» Sessel stieß, daß er seinen Halt verlor. Ich danke Ihnen trotzdem für Ihre Freundlichkeit, den» es war ja nicht au«ge- schlosse», daß mir wirklich etwa« Menschliche» wider fahre» und da hätte mir Ihre Hilfe vielleicht doch erwünscht sei» köunru". „Bitte sehr, reine Nächstenpflicht", sagte Char le« Doumoat. „Bin gern« behilflich, wen» eS sei» kann. Wünsche Ihnen im übrige» eiue Gute Nacht l" „Augenehme Ruhe!" schallt« eS feite»« Healy de Mercy» zurück, aber diese Worte hatte der andere wohl nicht mehr gehört, denn al« sie erklangen, be fand er sich scho» außerhalb de« Zimmer«. „Hm, seltsam, sehr seltsamer Mann", »»rmelte Heary de Mercy leise vor fich hin, al« er »ieder allem «ar, und schlich da»» letse hi» zur Thür, um dieselbe von ins« sorgfältig zu verriegel», den« er wollte sich; für de» weitere» Teil der Nacht vor z» reiße». Aber auch, wen» ,fle .«ur iu« Wasser fahre», vernichte» sie alle« aaf 4,600 Quadratmeter Fläche. Dabei ist da« Geschoß für die eigen«« Mannschaften ganz ung«fährltch, denu «S explodiert «ur durch den Zünder und springt selbst dann nicht, wen» es durch kleiaere Geschoss« getroffen wird. § Unsere alten Panzerschiffe können nur 4500 m «eit schießen, während die »euesten Schiffe bi« auf 10 000 m ihrem Gegner noch gefährlich sind. Et« modernes Schiff »st hiernach im Stande, et« ältere« außer Gefecht zu setzen, ohne daß daS letztere fich wehre« kann. Da ei» moderue« Panzerschiff einem älteren mindesten- um 2—3 Seemeilen Ge schwindigkeit überlege» ist, kann letzteres, wenn der Gegner nicht will, nie«al- bi- auf Schußweite an diese« heraukommen. Wen» auch die Treffsicherheit auf Eatfernuvge» von 5—10 km nicht sehr groß ist, so giebt e- doch im Lauf d«r Zeit eiue Anzahl Treffer, die da« ältere Panzerschiff um so eher be- weguugSloS und dadurch verteidrguugS- und an- griffuafähig machen, al- auch der Schutz der Ma schinen auf diesen älteren Schiffe« ein gänzlich un zureichender oder überhaupt nicht vorhanden ist. Kreuzer König Wilhelm ist solch «in alte- Schiff. Die ganze Besatzung ist einfach verloren, ohne sich überhaupt «ehren zu können, wenn ihm ein moder ner Gegner entgegentritt. Aber auch viele andere Schiffe sind nicht viel besser als der Köaig Wilhelm. 8 Seit der Eröffnung der NordoftfeekanalS klagen die Besitzer der auliegeuden Elderwiesen über die bet Sturmfluten eintrete»den Ueberschwemwunge», durch welch« die Ländere»en an Wert verlieren. Ge stützt auf die kaiserliche Zusicherung, daß die Zote- resien der Anlieger durch den Bau de- Kanal- tu keiner Weise geschädigt werden sollen, habe« die Wiesenbesitzer, die durch den Kanalball geschädigt sind, lange Verhandlungen mit dem Kanalamt und der Regierung geflogen und eine Entschädigung ge fordert. Eine rechtliche B.-rpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung wollte da- Kanalamt nicht an erkennen, erklärte sich indeß auf Anweisung deS Staatssekretär- de» Inneren aus BilligkeitSgründen bereit, eine Vergütung zu leisten, and empfahl gleich zeitig den Anlieger», sich zur Gründung einer Ge noffenschaft zu Vereinen. Die Regierung bewilligte zur Verstärkung der Deiche eine ansehnliche Bei hilfe. Jetzt sind die Deiche derart verstärkt worden, daß eine Ueberschwemmung selbst bei hohen Sturm fluten kaum zu befürchten ist. Ein Teil der an liegenden Eiderwiesen ist durch den Sanalbou selbst minderwertig geworden. DaS Sanalamt hat den Besitzern die Zahlung einer Entschädigung zugesichert. 8 Köln, 21. Äag. Die „Köln. Ztg." meldet auS Konstantinopel: AlS am Mittwoch die Bombe vor der Pforte platzte, erließ der Kriegsminister, der sich dort befand, den Befehl an die Militärposten in der Stadt, keinerlei Ausschreitungen zu dulde». Die Ruhe ist daher überall gesichert. Hie und da tauchte» zwar Kaüppelmänner auf, welche jedoch sofort ver haftet wurde». 8 Hannover, 21. Aug. Die Untersuchung übe« den Unfall, von dem der Frankfurt-Hamburger v Zug am 14. d. M. bei Celle betroffen worden ist, welche Strecke bekanntlich am Tage vorher der kaiserliche Extrazug passierte, befiadet sich, wie ver lautet, nunmehr in den Händen de« Gerichts, nach dem durch die sowohl von der Staatseisenbaha verwaltung, wie vom ReichSeisenbahvamte vorgenom- menen Untersuchungen festgestellt worden ist, daß die Ursache de« Unfall« weder i« Zustande der Bahn, der Geleise, der Wagen und der Lokomotiven, noch in de« Verhalten der für die Sicherheit d«S Zage« verantwortlichen Beamten liegen kann. Sowohl die Lage deS G-leiseS, wir die Beschaffenheit der Schie- solch nächtlichen Eindringlingen schützen. „Wo im Leben habe ich de» Mann schon einmal gesehen?" Der junge Edelmann grübelt« und sann über die in seinen letzten Worten avgedeutete Möglichkeit »ach, ohne indes zu einem bestimmten Resultat zu kommen. Etwa« Ungewisses, wir eine dunkle Er innerung schwebte e« Henry de Mercy vor; weniger der Name, aber mehr die Brstalt weckte in ihm die Empfindung, al« seien schon lange Jahre vergangen, seit er mit diesem Charle- Doumont in Berührung gekommen. Doch wen» «r glaubte, die Anhalts- puukte gefunden zu haben, so ließ ihn sein Gedächt nis allemal im Stiche — der nächtliche Besucher blieb eine geheimnisvolle Persönlichkeit für thu. Aast eine ganze Stunde hatte sich H«»ry de Mercy schon mit diesen Grübeleien geqält uad wäre« seine Gedanken in ganz andere Bahne» gelrnkt wor den, al« vor dem plötzliche» Besuch, und al- jetzt vo» dem nahen Münster mit dumpfen Schläge« d»e Mitteruacht«stu»d« «»gezeigt wurde, war er einiger maßen erstaunt, wie die Zeit so schnell im Fluge dabingeeilt war. „Schoa so spät?" rief er daher auS. Gleichsam wie um die versäumt« Zeit »ieder eivzuhole», verzehrte er jetzt hastig da» noch immer unberührt gebliebeue Abendbrot, schraubt« da»« die Lampe höher »vd holt« au« sei»«» wenige» Effekte« «iu« wappengeschmückten Briefboge« u»d Schreib zeug hervor. Roch «i»e Stunde vorher war «« ihm so «m- endlich schwer gewest», die rechte« Worte zu einem au«führliche» Brief a« Lo«tse Stauffe, z« finde», um seinem bekümmerte» Herz« Erleichtern»- zu