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Vellage zu Nr. 182. ----- *7- ----- Sonntag, den 8. August 18S7. Ausland. * * M« wird g«t th«n, folgeade Nachricht au» Lta»ka mit großer Vorsicht aufzunehmen, da die Gewährsleute dafür sich bescheiden tm Hintergründe halten. Ls soll nämlich ein großer Oelsee entdeckt worden sei«. In den Gebirgen fand«, mehrere Goldfucher «inen von hohe» Bergen umschloflenen See, der eine ölige Flüssigkeit enthält und von Oel- qnellen gespeist wird, die am Ufer und am Bode» de» See» hervorsprudeln. Die umliegenden Berge führen riefige Strinkohlenlager. Die Untersuchung der mi'gebrachte» Proben von de, Flüssigkeit ergab, daß der See au» Erdöl vorzüglicher Qualität be steht, »vie «» besser »och keine pennsylvanische Pe- troleumquellr geliefert hat. Di« von Seattle abg«- schickte» Gachverstä»dtgr« habe» a» Ort und Stelle weitere Nachforschungen vorgesommen uud bringen jetzt die Nachricht, daß jene Gegend von Alaska Erdöl und Steinkohle in ungeheurer Menge enthält und di« dort von der Natur anfgespeicherten Bor- rät« den ganzen Bedarf der Welt auf lange Zeit gruügteu. Der Oelfe« sowohl wie die Kohlenlager liege» dicht an der Küste, and Oel quillt selbst ans de« Meeresstraade hervor. Die Standard Oil Company soll bereit» ihre Finger nach jenen Erd- schätze» im fernen Norde« ausgestrrckt habe». * * Ueber Greuel i« Gebiete de» Kongo- staate» berichtet neu«rding» ein deutscher Unter offizier, der sich zur Zeit »och im Dienst de« Kongo- staate» befindet, aber demnächst in die Heimat zurück- kehre« wird. Io diese« Brief heißt r» a. a.: Wäh- re»d de» ein« Jahre» «eiue» dortige« Kommando» wurde, über SO Dörfer zerstört, der,« Bewohner in diu Urwald gestoheu waren, »eil fi, die ihne« auf- erlegten Steuer» nicht aufbrivgen konnten. Do ich soviel wie nur möglich Grausamkeiten za verhindern suchte, wurde ich zu keinen selbständigen Expeditionen «ehr verwendet, di, Steuerrrekntivurn führte» van- «whr zwei Satetela-Unteroffiziere e«S. Mit Kant- fchak «nd Elfenbein »eich belad«», kehrten sie stet» zurück und legte« zu ihrer Entschuldigung, daß es nicht «ehr sei, regelmäßig «i« bi» zwei Dutzend ab- geschlagene Menschenhände von „widerspenstigen" Angeborenen oben auf. Jene Hände waren über einem Holzfener gedörrt, damit sie unterweg» nicht verwese« konnte«. Allf diese Weise sind auf de« Stati,»«gebiet in eine« Jahr« an 200 Mensch,« verstümmelt worden, hierbei wurden weder Frauen «och Kinder geschont. Dem Wahnsinn nah« brachte mich «ine Thal, die ich, sowie ich europäischen Boden unter den Füße« habe, unter Nennung der Beteilig te« an maßgebender Stelle ««bringen werde. Am 4. Februar d. I. erreicht« unsere 120 Man« stark, Expedition »io« herrlich gelegene große Ansiedelung, dir bi»h«r ««bekannt geblieben «ar. Die Einwohner »urtz«» d«rch vorgezeigt« Lauschwaren sicher gemacht uud schleppte« auch ihrerseits bald Tauschprodukte Hera«, vorsichtigerweise hatten die Männer ihre Waffe« bei sich behalte«, «» nützte ihnen ober doch «ich«. Etaige derselben widersetzten sich der An- fordern«-, Kautschuk h,rbeiA»brivge», e» entstand eine kletse Bewegung dadurch. Da, «in Zeichen: die Gewehr« unserer Soldat«», nei«, richtiger gesagt, «userer Räuberbande, fliege« hoch und im Nu wälze« sich Dutzende der Eingeborenen, von den Kugeln der Bateta» getroffen a« Boden in ihre« Blut. Der Ort wurde geplündert und ging in Flamme» auf. Da» jetzige Regierungasystem ist der Rui» de» Kongo- staat», er wird entvölkert und durch da» unerhörte Rwtbsystem aufgesogen und wirtschaftlich zu Sru»d« gerichtet". Vermischte-. * Ueber den fürchterlichen Gewittersturm, der am 24. Juni in der Grafschaft Essex in England wütete, erhält die Londoner Zeitschrift „Nature" einen interessanten brieflichen Bericht aus dem Orte Jngatestone nordöstlich von London. „Ich bin im Zweifel", so beginnt dor Brief, „ob in England je ein Gewittersturm derartige Wirkungen gezeigt hat, wie sie jener hier hervorrief. Obgleich es nichts Neues unter der Sonne giebt, so giebt cs doch ein gut Teil neues für jeden einzelnen Menschen, und die nachfolgend beschriebenen Ereignisse würde ich nicht für möglich gehalten haben, bevor ich sie mit eigenen Augen gesehen habe. Der 24. Juni war ein ungewöhnlich heißer Taa. Schon seit der Mittag stunde hörte man häufig entfernten Donner. Es war drewiertel drei Uhr, als das Gewitter mit einem Sturme aus Nordwesten losbrach, während man auf dem Felde gerade beim Heumachen war. Nach etwa zehn Minuten schweren Regenfalles begann es zu hageln, und nun setzte ein fürchterlicher Sturm ein, begleitet von Hagelstücken in der Größe von Hühner eiern, vermischt mit anderen geringerer Größe. Die Heftigkeit des Sturmes währte nur 15 Minuten, die aber genügten, eine beispiellose Verwüstung anzurich ten. Dann ließ der Sturm nach, und nach weniger als einer halben Stunde war alles vorüber. Das Landschaftsbild hatte einen ganz einförmigen und winterlichen Charakter angenommen, der Boden war völlig weiß, an vielen Orten war der Hagel einen Zoll zusammengeweht, und jede Rinne und Vertie fung im Boden war mit Wasser und Hagelstücken bis an den Rand gefüllt. Auf der Nordwestseite der Häuser waren sämtliche Fenster eingeschlagen, aber nicht einfach zerbrochen, sondern die ganzen Schei ben vollkommen eingedrückt. Zwei Gewächshäuser waren völlig zertrümmert. Ein Vogelkäfig, der an einem Fenster hing, wurde völlig zerschlagen, und den Vogel fand man nachher in einem Stuhl mit Glas scherben bedeckt. Auf dem Felde lagen noch am nächsten Tage zahlreiche kleine Vögel herum. Ein Stalldach, mit einen halben Fuß dicken Ziegeln be deckt, war in der Art demoliert, daß die Hälfte der Ziegel in lauter kleine Stücke zerbrochen war und das Dach so aussah, als hätte man mit Büchsen danach geschossen. Mehrere Schornsteine wurden von den Dächern in die Luft gehoben, und einer von ihnen fiel in ein Haus hinein, was dadurch möglich war, da die Dächer von allen Landhäusern mehr oder weniger abgedeckt waren. Bäume stürzten in Mengen, entweder mit den Wurzeln ausgedreht oder mitten durchgebrochen. Ueberall waren Zweige abgedreht, und an den Bäumen und Sträuchern hatte der Sturm kaum ein Blatt gelassen. Die Dorf weide war von dem Hagel so zusammengeschlagen, als wäre ein Heer von Soldaten darüber hinwegge gangen. Die Felder boten einen merkwürdigen An blick. Das Gras, das zum Heu bestimmt war, lag auf dem Boden, als wenn eine Dampfwalze darüber gegangen wäre. Die Haferfelder waren nicht nur platt geschlagen, sondern auch die Halme kurz durch gebrochen, sodaß eine Art langer Stoppeln übriggc- blieben war. Zuweilen ragten die Enden von einem Halme aus dem Boden, während der mittlere Teil durch ein Hagelkorn in die Erde geschlagen war. Die gemähten Wiesen und die Rasenplätze waren bis zu einer Tiefe von ein bis zwei Zoll aufgewühlt, ebenso sahen die Gärten und die Rübenfelder aus, die letzteren waren zu zwei Drittel völlig vernichtet, jedes Blatt abgebrochen und oft die Wurzel in zwei Stücke zerschlagen. Glücklicherweise war die Ausdeh nung des Sturmes in seiner großen Heftigkeit klein, die Breite der Zone größter Heftigkeit mag vielleicht cinundeinenhalben km. gewesen sein. Die einzelnen großen Hagelkörner hatten das Aussehen, als wären sie aus kleineren zusammengebacken, die durch Eis verkittet waren, und im allgemeinen befand sich ein besonders großes Korn in der Mitte der Masse. Der Hagel wurde vielfach in Ecken zusammengcfegt, und hier konnte man noch 24 Stunden nach dem Sturme Körner finden, die vierundeinhalb Zoll Um fang besaßen. * Der berühmte Nordenskjöld hofft von An drees Polfahrt das Beste. Auf die Frage, wielange sich der Ballon in der Luft erhalten könne, antwor tete Nordenskjöld: 20 bis 30 Tage, nach Andrees Berechnung: wenn er aber auch einige Tage zu viel gerechnet hat, so kann sich der Ballon doch genü gende Zeit oben halten. — Und wann können wir Nachricht erwarten ? - Nordenskjöld: Ich für mei nen Teil glaube, sie sind schon gelandet, entweder an der asiatischen oder amerikanischen Nordküste, für wahrscheinlicher halte ich, daß der Landungsplatz in Amerika war. Wenn sie nun z. B. am Macken- zieflussc gelangt sein sollten, wird cs lange dauern, bis Nachrichten kommen. Sie können sich ja nicht just einen Platz mit einem Telcgraphenbüreau dort oben im Eis zum Landen aussuchen, und cs kann zwei Monate dauern oder mehr, bis sie bewohnte Gegenden erreichen und uns Mitteilungen senden. Ich kenne Andree — fuhr Nordenskjöld fort — seit langer Zeit. Er ist ein ungewöhnlich mutiger Mann, ebenso seine Begleiter Strindberg und Fränkel. Mit Proviant sind sic reichlich für 6 Monate versehen und auch im übrigen für eine Landfahrt ausgerüstet. Sie dürften also gute Aussichten haben, vom Lan dungsplätze nach bewohnten Gegenden vorzudringen. Nach der Landung können sie ihre Lage bis auf ein kleines Bruchteil einer englischen Meile bestimmen. — War es waghalsig, trotz der harten Winde zu reisen? — Nordenskjöld: Anfangs war es gefährlich, hinauszukommen. Solche Sturzwinde, wie der, der den Ballon niederdrückte, sind gewöhnlich da oben. Aber sie bieten den Vorteil schnellen Aufstcigens. Mit der Geschwindigkeit, mit der der Wind anfangs trieb war der Pol theoretisch in 33 Stunden erreich - bar. — Wäre es nicht, wie ein Gelehrter behaupte/ besser gewesen, von Amerika zu starten? — Nordens-' kjöld: Dummheiten! Vom 80. Breitegrad dort den Nordpol zu erreichen wäre viel schwerer, als von Spitzbergen. Andree ist von dem besten, ja einzigen Platze aufgestiegen, von dem aus der Pol zu errei-- chen ist. — Welche Temperatur dürfte beim Pol sein? — Nordenskjöld : Vermutlich sehr klare Luft mit hei ßer Sonnenwärme. Auf der Erde dürfte das Ther mometer wahrscheinlich am Nullpunkt stehen, aber höher ist der Ballon vermutlich starker Sonnen wärme ausgesetzt. Wenn der Pol erreicht ist, scheint die Sonne Tag und Nacht. Eine glückliche Been digung der Fahrt, fuhr Nordenskjöld fort, würde einfach epochemachend sein. Man wüßte dadurch wie die Ballons sein müßten, nach Stärke und, Dichtigkeit, und in 10 Jahren würde man dann viel leicht schon die Ballonstärke für lauge Reisen einzu richten wissen. Die Ergebnisse der Fahrt wären aber auch andere. Wahrscheinlich fährt Andree über bis her unpassierten Gegenden dahin, und er würde also die Lösung vieler Probleme bringen. So z. B., wenn man nur bedenkt, daß er vielleicht Grönlands nördlichste Küste sehen wird! * 101 Jahre wurde die in Bodenheim, einem rheinhessischen Weinorte, lebende Witwe Christine Codini. Dieselbe ist in geistiger Hinsicht überaus frisch und regsam. So äußerte sie zu ihrem jüngsten, 60 Jahre zählenden Sohne den Wunsch, bald nach Amerika zum Besuche des dort weilenden Enkels reisen zu dürfen, Die Greisin vermag noch recht anschaulich zu schildern, welchen Eindruck Napoleon I. auf sie als Kind gemacht hat. Dem Rheinübergange des Fürsten Blücher bei Caub hat sie als Augenzeu gin beigewohnt. * Gipfel der Zerstreutheit. Professor (al« de« Arzt ihm bei der Untersuch««- de« Rücke« abklopft): „Herei»!' (Au» Lustig« Welt.) Gewerbliches Schutzwesen. Geographisch« veneuuung im Warenzeichen. Originalmitteilung vom Patentbureau Sack, Leipzi g.*) Nach § 4 de» Gesetze« zu« Schutz der Waren- bezeichnunge» kann die Eintragung eine« Zeichen» versagt werden, wenn dasselbe Angaben Über de« Ort der Herstellung der betreffenden Ware enthält. Diese Bestimmung hat aber nicht i« strenge« Sione de« Worte« Geltung, sondern nur dann, wenn zwischen der Ware uud dem Ort der Herstelluug derselben ein gewisser Zusammenhang besteht, a«« welchem die Verbraucher und Käufer den Schluß ziehe« könne», daß die betreffende Ware a»ch au« de« im Warenzeichen benaunte« Orte oder Lande herstamme. Au» diese« Grunde wurde z. v. da« Wortzeichen „Litthaoer Magenbitter" von der Ein tragung ««»geschloffen, weil Litthaue» allgemein al« Likör erzeugender Laodbezirk gilt und Litthauer Likör so zu sage« eine Art Allgemeinbegriff bildet. Ebenso wurde auch da« Wortzeichen „Epiru«" für türkische Tabake al» nicht eiutrag«fähig erkannt, weil hierdurch eine türkische Provinz bezeichnet wird, deren Name zur Annahme verleiten könnte, der betreffende Tabak stamme au« Epiru«. Anders verhält e« sich bei Phantasiebezeich- vungen, welche eine Ortsbeueunung in sich schließe«. E« wurde z. B. da« Wort „India" für chemisch technische Erzeugnisse al« zulässig erklärt, weil die Verbraucher in diesem Falle sich nicht deokeu könne», daß die chemisch-technischen Artikel au« Indien stam men und überdies Indien als ei« geographischer Allgemeinbegriff und nicht als Ortsbestimmung auf zufasse« sei. Auch die Worte „Ruhrperle", „Rheingold" sür Setränke sind als eintragungsfähig erachtet, »»eil diese Bezeichnunge« im letzten Teil deS Worte« willkürliche«, de« Charakter de« Phaotasieworte« be dingende Zusätze enthalte«. *) Der Verfasser ist gern bereit, den Abonnenten de» „Lichtenstein-Callnberger Tageblattes" kostenlos Auskünfte auf dem Gebiete de» Gewerblichen Schutzwesen» zu erteilen- Familtennerch richte». Geboren: Hrn. Arthur Reichel in Dippoldiswalde ein M. - Verlobt: Frl. Elisabeth Wolff mit tzro. vr. msä. Fr. Weindler in Plauen 1. B. Gestorben: Herr Kaufman« und Stadtrat Maximilian Ludwig Mueller in Schandau.