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Woll« wir uns do^ erlauben, die Sache auch für ei»« schlechten Witz zu halten und lieh« di« Thal- fach« reden zu lassen. 8Ha«burg, 6. Mat. Testern sprang apß dem viert« Stock eine» Hotel» gawi am neuen Janzfernstieg ein junger Brasilia«««, nur mit de« Hemd bekleidet, vor den Wagen seiner Frau auf die Str^e, hinab. Furchtbar zerschmettert nach seiner Wohnung znrückgebracht, starb er gleich daraus. 8 Lübeck, 5. Mai. Der Recht-kousulent Quade ist, nach Unterschlagung von 12,000 Mark Mündelgeldern, geflohen 8 Frtedeberq (Neumark), 5. Mai. Einen Kampf auf Leben und Tod hatte dieser Tage der königliche Förster Böhwe zu Sangerqaellen zu be stehen, al« er bei einem Rundgange durch sein Re vier auf zwei Wilddiebe stieß. Während der eine Stiefel, Ueberzieher, Flinte und einen erlegte« Hasen zarückließ und da» Weite suchte, schoß der andere auf den Förster. D-r Schuß traf die Uhr, zer schmetterte d««sr und verletzte den Beamten auch leicht i« der Seite. Da der -Wilddieb sich anschtckte, einen zweiten Schuß abzugebev, macht« Böhme auch von seinem Gewehr Gebrauch und schoß dem Wild dieb da» Gewehr au» den HLadea. Hierauf eut, spann sich ein harter Kampf, bei dem der Förste« im Gesicht mit Kratzwundeu bedeckt wurde, doch ge lang e» ihm nicht, den Wilderer zu fesseln. Böhme hatte iadeß beide erkannt. Wie verlautet, sollen sie bereit» festgenommen sein. Ausland. * * Pari»., 6. Mai. Die offizielle Totenlifte umfaßt bl» gegen Mitternacht 117 Name«. Im Ja- dustriepalaste liegen 19 Leichen, welche noch nicht agpo-ziert werden konnten. Die Gesamtziffer der Vermißten beträgt 146, indessen ist bisher noch nicht festgestellt, ob alle diese auch tatsächlich zu den Opfern des Brandunglücks gehören. 4 Verunglückte werden heute und zwölf morgen bestattet. Am Sonn abend bleiben die staatlich konzessionierten Theater geschloffen. * * Paris, 6. Mai. Im Verlaufe der Nacht wurden noch S weitere Opfer erkannt. Die Gesamt zahl beträgt jetzt 95, wovon 3 in dem Spital ver storben sind. 18 Leichen sind noch anerkannt. Un glücklicherweise ist dies noch nicht die ganze Zahl der Opfer, «an hat nämlich noch mehrere Srme, Füße, zwei Rippen, Kinnladen und 10 Kilo Einge weide gefunden. Faure teilte dem Mintsterrate alle von auswärtigen Höfen eingegangenen Beileids- Telegramme und Antworten mit. Al« Faure den persönlichen Besuch Kaiser Wilhelm« beim franzö sischen Botschafter in Berlin erfuhr, begab er sich gestern abend persönlich zum Grafen Münster und teilt« diesem mit, wie sehr er von der Haltung sei ne« Souveräns gerührt sei. * * Zu dem bei der Vraodkatastrophe zu Pari- zweifellos erfolgte« Tode der Herzogm von Alen- yoa schreibt man: Die Herzogin von Aleryon, ge borene Prinzessin Sophie vou Bayern, war in ihrer erste« Jugend von bezaubernden Liebreiz. Alle, die sie als Mädchen kannten, spreche» mit Begeisterung von ihrer gewinnenden Lebensfreude. So gewann sie auch da» Herz de« jungen Königs Ludwig von Bayern, der ohne Dazuihun der Verwandten sich im Jahre 1865 mit ihr verlobte. Er war damals 29, sie 18 Jahre, alt, und er wußte die Verlobung out so viel Poesie und Schwärmerei zu umgeben, daß daS königliche Brautpaar im ganzen Lande al- die verkörperte Poesie geliebt war. Er ließ ihre Büste vom ersten Bildhauer Herstellen, errichtete ihr im Wintergarten eine Art Altar auS exotischen Pflanzen und Palme», vor dem er die Stunden zu- Abwärts. Roman von Marie Widdern. Nachdruck -ea-teo „Halloh, Mädel, was stehst Du denn hier unter den alten Bäumen und träumst? Heiliger Bimbam, und ein Gesicht ziehst Du dazu, als wenn Dir da» größte Ungemach widerfahre» wäre .... Donner noch einmal, so sieh wich doch an, Töchterchen! Und dann sage mir, wa» ist Dir geschehen?" — Der so gesprochen, war der Oberförster Han« Merwioger — ein auffallend großer stattlicher Herr, mit dem da- junge Mädchen, welche« er so eben auf einer der anmutigen Stellen de» Walde» überrascht hatte, auch nicht eine Spur von Sehnlich keit befaß. War doch Agnes Merwinger vicht- weniger al» schön. Ja, neben der hünenhaften Er scheinung des weithin bekannten Beherrscher« der Forsten von Werternheim-Isenburg und Wäldstein verschwand die untersetzte Gestalt feiner Tochter fast. Und doch durfte man das Mädchen nicht rmzlo- nennen, denn in dem kluge», tief brünetten Gesicht derselben brannten ein paar wahrhaft bewunderungs würdige, ewig ihre Farbe wechselnden Augen. Au ge», die den» auch selten Jemand vergesse» konnte, welch««, wenn auch nur einmal, in dieselbe« geschaut. Jetzt hob Agne- diese leidenschaftlich funkelnden Sterne. Mit dem winzigen Fuß, welcher aber in derbe« Lederschuhen steckte, den vom fallevden Laub bedeckten Bode« stampfend, entgegnete sie al-bald unwirsch, ohne direkt die Frag« de» Later» zu be antworten : brachte, die er nicht in der Nähe der Braut ver leben konnte. Während die Lutsteuer hergestellt wurde, sorgte der König dafür, da» ein würdige» Bild der künftigen Königs» für de« Tag der Hoch zeit fertig würde. Der Kupferstecher Larfu» zeich nete die schöne Prinzessin nach der Natu« i« Bei sein de» König-, der dann bei der Ausführung der Platte den Künstler ost besuchte und bet solcher Ge legenheit einmal beim Anblick der ersten Abzug- enthusiastisch au»rief: „Eine königliche Braut!" Die Prinzessin war im ausgeschnittene» Spitzeukleide mit Schmuck und Brautschleier dargestrllt und sieht auf dem Bilde sehr der Kaiserin Elisabeth, ihrer Schwester, ähnlich, nur der Muud ist wenige« schön. Al» die Verlobung rückgängig gemacht wurde, weil dem König Ungünstiges über die Braut zu Ohre» ge kommen war, schüttete er selbst ein« ätzende Flüssig keit auf die Kupferplatte, und die ganze Anflage de» Kunstblattes wurde zerstört, nur ein Exemplar ist noch vorhanden. Die Büste der Prinzessin hatte der König schon früher durch eia Fenster de- Win tergartens in den Hof geschleudert. Drei Jahre später heiratete die Prinzessin den Herzog von Alerysn. ""Wien, 6. Mai. Der bei der. Westbahu bedienstete 30jährige Weichenwärter Christ. Schößer, welcher vor drei Jahren seine Frau verlassen und seither mit der 47jährigen Anna Mitter meh r gelebt hatte, knüpfte mit der 19jährigen Tochter de« Mit- termeyer ein Liebesverhältnis an, waS deren Mutter nicht dulden wollte. In einer erregten Szene tütete Schößer gestern sich und da- Mädchen durch Re- volverschüfse. * * 8 odz, 6. Mai. Ja de« vauwollwaren. fabrik von Gottfried Steigert sprang eine neue Trockenschleudermaschtne auseinander, wobei durch die umherfliegenden Eisenstücke der Fabrikbesitzer Stet- gert und de« Arbeiter SWPviak getötet und 4 andere Personen schwer verletzt wurden. Reichstagsbericht vom 6 Mai. Die Beratung de-AuSwanderungSgesetzeS wird fortgesetzt bet den 88 3, 6 und 11, über welche die Debatte bereits gestern begonnen hatte. Abg. v. Hodenberg (Welfe) tritt für seine Anträge ein betreffend Streichung der Worte, wo nach die Erlaubnis dem Unternehmer im allgemeinen nur für bestimmte Länder zu erteilen sei, und be treffend Zulassung deS Widerruf- seitens de- Reichs kanzlers nur mit Zustimmung de- BuudeSratS. Abg. Bebel (svz): Di« Borlage «erde nur für Großkapitaltsten und Gesellschaften eine Hand hab? werden, die Kolonisation-Politik für ihre speku lativen Zwecke zu benutzen. Die Agrarier, die sich von der Vorlage soviel versprächen, übersähen da bei, welche Konkurrenz sie sich schaffte», wen« etwa 100 000 Mann deutscher Bauer» nach einem bestimm ten Gebiete gelenkt würden. Freilich halte er es für ausgeschlossen, daß sich die Auswanderer so lenke» lassen würden, denn sie gingen doch eben fort, weil sie der Heimat müde seien, und für ihre Existenz« Interessen ein Land mit ganz anderen Existenzbe dingungen zu suchen. Direktor Reichardt bestreitet entschiede», daß die Vorlage den Zweck habe, speziell großkapitalisti schen Interessen zu dienen. Gerade da« Gegenteil sei der Fall, wie ausdrücklich in den Motiven auS- geführt sei. In England unterstehe die Äonzessio- nierung dem freien richterlichen Ermessen. Ec habe nicht bestritten, daß die Hamburger «ad Bremer Rheder sachverständig seien, aber sie urteilten in eigener Sache und überschätzte« deshalb die Gefahr dieses Gesetze-. Hervorragende Sachverständige er- „Soll ich denn ewig lachen, Papa? — ich denke, der Herbst ist wohl dazu angetha«, jedermann zu ernsthaften Gedanken einzuladen". „Na ja, ja —" rief der Oberförster und setzte, der Tochter jovial auf die Schulter schlagend, hin zu: „Nur finde ich, daß metne Agnes diese soge- rannten ernsthaften Gedanken wenig kleiden. Bist kein besonders hübsche- Madel, Herzchen und —. Aber nicht- für «»gut, Kind", unterbrach er sich. „Darum fehlt eS Dir ja nicht an Freiern. Ja, deS HanS Mervinger- einzige Tochter hat mindeste»- unter einem halben Dutzend von dieser Sorte zu wählen". „Laß da« doch jetzt, Papa. Ich bin wirklich nicht in der Stimmung, an die albernen Geselle« zu denken, die Du da im Sinn hast. UebrigenS möchte ich auch noch gern meinen gewohnten Nach« mittagSspaziergang beenden, ehe eS zum Kaffee geht". „Ra, dann laus' in GotteS Namen, Kleine. Doch das bttt' ich mir auS: „Kommst Du darauf heim, so verdirbst Da mir nicht de» Appetit mit Deinen sauren Mienen. ES sei denn, Du ziehst mir einen triftigen Grund für dieselben an. Dabei nickte der Oberförster dem Mädchen je doch freundlich lächelnd zu. Da»» erst wendete er sich dem schmalen Holzweg entgegen, der von diHer Stelle nach der Lisi« re de» Wedell führte, wo da» ForsthauS erbaut worden. Agne» hatte den Gruß de» Later» gar nicht be achtet. Still, in sich gekehrt stand sie auch jetzt noch unter der Gruppe uralter Eiche«, wo der Oder« först«, fi« gefunden. Da»n hob plötzlich ei» tiefer Seufzer die jimge Brust. Fast wie ei» Angstschrei ke»»en eine solche Gefahr nicht a«, von der SpezM lisieru»g der Läuder, nach denen di« Beförderung de» einzelne» Unternehmer« gestattet wird, wend» nur mit der größte» 8«schränkang Gebrauch gemacht. Für Argentinien würde allerdings eine beso»d«e Spezialtstrrung nötig sein, derart, daß der Unter nehmer nach diese» oder jene» Terrain »ur Sound soviel« beförder» dürft«. Wir wollen und könne« auf diese Weise Katastrophen verhindern und habe» sie schon verhindert; da« ist Pfl'cht de« Regierung wenn sie durch ihre dortigen sachverständigen B-r- treter gewarnt ist. Ist denn nun durch solche Spezialisierung da« Schicksal unsere« Dampferlinie gefährdet oder unseres Schiff«baue«? Gewiß nicht. Abg. Barth (Freif. Ber.): Da- Spezialisie rungsprinzip bekommt ein ganz andere» Gesicht je nachdem, wer e» au«füh«t. Wie sehr kommt «S da auf die jeweilig Maßgebende politische Anschauung an. Mau wird damit »ar die Rhedereien in Ab hängigkeit bringen von eine« den Verhältnissen mehr oder minder fernstehenden Manne. Das Richtige Mld Einzige, waS. gelhan «erde» könne, sei, daß den Auswanderern nach Möglichkeit Auskunft über die dortigen Verhältnisse gegeben werde. Abg. 8 i e b e r (Cent«.): Gin Teil meiner Freunde ist der Ansicht, daß di« Zustimmung deS Bundesrat» eine genügende Gewähr biete. Ich bin der Ansicht nicht, ich »eine vielmehr, daß allrt» der Antrag Nadbyl zu 8 6, also Streichung der Worte über die Spezialisierung der Länder, «ach denen die Beför derung gestattet werden soll, «ine Besorgnis auS- schließe. Abg. Graf Arnim (ReichSP.) verteidigt dem Abg. D«. Barth gegenüber da» Spezialisierung-- piiuzip. Da« Prinzip habe auch bisher schon ge golten. chbg. Spahn (Centr.) führt im Gegensatz zu seinem Fraktion-genossen Lieber au», e» sei gar nicht zu befürchten, daß die SpezialisterungSbefugni- zu Unzuträglichkeiten führen werde, nachdem die An ordnungen des Reichskanzler- der Zustimmung aach deS BundeSrats bedürfen. Er bitte also daS Hau», den § 6 der Vorlage ohne jede Aenderang anzu nehmen. Abg. Len z«an»(Freis.BolkSp.): Dr. Barth habe ihm gestern vorgeworfeo, von angeblich natio nalen Interessen gesprochen zu haben, thatsächlich finde er aber allerdings einen großen Unterschied zwischen wirklich nationalen Interessen, die er und seine Freunde verträte«, und den angeblich nationale» Interessen, wie solche von der Rechten Vertreter» würden, die nur auf de« eigenen Geldbeutel sehe. (Große Unruhe rechts. — Präsident v. Buol ersucht den Redner, solche unzulässigen Angriffe zu unter lassen und sich überhaupt mehr an den Gegenstand der Spezialdrbatte zu halten.) Redner sucht ferner nachzuw-isen, daß der ganze Gesetzentwurf unreis sei, r« sei da- Beste, ihn a« die Kommission zurück zuweisen. Abg. v. Cuny (nat.-lib.) tritt für da« Spezia« ltsierungSprinzip deS 8 6 ein, besonder- betonend, daß Abg. Spahn durchaus recht mit dem Hinwei habe, jene- Prinzip sei jetzt schon i» Hamburg geltende« Recht. Nachdem sich noch die Abgg. Dr. Förster (Reformp.) und Dr. Hahn (sraktionSlo») sür da- Prinzip der Vorlage ausgesprochen, werden die Z8 3, 6 und 11 unter Ablehnung aller Ab- änderungSauttäge mit Ausnahme deS Antrag« Bachem, nach welchem auch zum Widerruf einer Erlaubnis die Zustimmung de» Bunde-ratS erforderlich ist, angenommen. 8 5 schreibt eine Sicherheitsleistung de» Unternehmer- i« Mindest betrage von 50,000 M. vor und bei überseeischer entrang eS sich darauf ihren Lippen. Sie drückte die Häude auf da- Herz, al- empfände sie dort ein körperliches Weh. „O Gott, Gott, wenn er wüßte, wa» mich quält", stammelte da« Mädchen. Dann schüttelte e» mit eigentümlicher Bewegung den dunklen Kopf. „Aber er soll e- nicht erfahre« — nie — nie. Selbst weun —" Agne- Merwinger sprach den Satz nicht zu Ende. Sie war blaß geworden wie der Tod und ein Zittern durchlief ihre kräftige Gestalt. Dann verließ jedoch auch sie den Platz, und schritt flüch tigen Fuße» noch tiefer in de« Forst hinein. „Ob Adalbert auch heute vergeben- auf sich warten kaffen wird", flüsterte sie dabei vor sich hi». Wieder legte sich der Ausdruck nam-uloser Angst über ihr charaktervolle» Besicht. Während sie uu» weiter ging, ohne di« Poesi« de- deutschen Eichen waldes zu achten, welcher sie umgab, da erwachten treuledendtge Bilder der Vergangenheit in ihr. In ihnen spielte jedoch allein der Manu eine Rolle, a» welchen sie einzig während der verra»schten Stunde» gedacht. „Adalbert von Werter»", stieß sie dabe» unwillkürlich last her»or. S» war die« der Name det jungen Aristokraten, der sich seit et» und eine« halben Jahr »»beschränkter Besitzer d«r Rittergüter Werteoheim-Jseubsrg und Wäldstein »«»ne» durfte und der Brotherr ihre» Later- hieß. Al» Soh» deS Majorat-Herrn Friedrich »»»Werlern« sürdiese glänzende Ledeu-stellung erzogen, hatte Baron Adal bert doch de» größte» Teil feiner Jugend auf Nets« »»gebracht. (Forts«»»»« folgt.)