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Deutsches Reich. 8 Berlin. Segen den vermeintlichen Urheber des Mordanschlag», der am letzten Tage der Juni 1896 gegen den Polizeioberst Krause in Berlin autgeführt »erden sollte, aber noch rechtzeitig vereitelt wurde, begannen am Dienstag dir Verhandlungen vor dem Schwurgericht. Die Anklage beschuldigt den Mecha niker Koschemann und Arbeiter Westphal. Außer dem find die Ehefrau Westphal» und der Schuh macher Weber angeklagt, von dem Vorhaben recht zeitig Kenntnis erhalten und e» Unterlasten zu haben, hiervon der Behörde rc. Anzeige zu machen. Die Händlerin Gürtler ist beschuldigt, nach Begehung beS verbrechens de« Koschemann wissentlich Beistand geleistet zu haben, um ihn der Bestrafung zu ent- ziehen. Bei ihr läuft daneben noch eine Anklage wegen MajestätLbeletdigung. 8 Fast in jeder ReichStagStagung werden Wünsche auf Zahlung von Beihilfen an sämtliche Teilnehmer am Kriege 1870/71 au» dem RetchSinvalide«- fondS laut. Halbamtlich wird jedoch geschrieben: »Für die Gewährung von Beihilfe» an sämtliche Kriegsteilnehmer ist mit der eingetretenen Besserung deS KapitalüberschuffeS deS Reichsinvalidenfonds nicht- gewonnen. Auch würden solche kleinen Besse rungen des Bestandes nicht die Erfüllung jener Wünsche ermöglichen laste». Dazu gehören recht beträchtliche Summen. Man wird doch aber auch auf der Seite der eifrigsten Befürworter jenes Plane« nicht wollen, daß die Grundlage für die Zahlung von Unterstützungen an die KriegSinvaliden durch Berücksichtigung sämtlicher Kriegsteilnehmer io Frage gestellt würde. Man wird deshalb, soweit die nächste Zukunft in Frage kommt, immer nur so verfahren können, daß alle verfügbaren Ueberschüfse de« In- validenfoud« zur Ausdehnung der Gewährung von Beihilfe an hilfsbedürftige Kriegsteilnehmer verwendet werden." 8 Auswärtige Blätter beschäftige» sich neuer dings lebhafter mit einer angeblich geplante» Be gegnung zwischen Kaiser Wilhelm II. and dem Prä sidenten der französischen Republik. So schreibt das Petersburger Militärblatt „RaSwedtschtk," daß wäh- rend der Sommermanöver in der Nähe von Bjelo- stok Kaiser Fran- Josef aus dem Gute deS Grafen Rüdiger, Kaiser Wilhelm auf dem Gute Choroschtsch de« Herrn MocS und der Präsident der französischen Republik im Hause deS Stabe« deS Marinpol'schen Dragoner-Regiment« Aufenthalt nehmen werben. Ferner läßt die „Neue Zür. Ztg." sich auS Brüssel berichten: „In der belgischen und auswärtigen Presse wurde dieser Tage die Möglichkeit einer Begegnung deS Kaisers Wilhelm mit dem Präsidenten der französischen Republik auf dem neutralen Boden Bel giens anläßlich der diesjährigen internationalen Aus stellung in Brüste! lebhaft erörtert. Ich bin in der Lage, Ihnen hierüber folgende, auS der besten Quelle geschöpfte Mitteilung zu wachen. König Leopold hegt schon seit einiger Zett den Plan, auf dem KönigSschloß zu Laeken eine Begegnung zwischen den Häuptern seiner bilden mächtigen Nachbarstaaten herbeizusühren. Unter der Präsidentschaft Carnot'S machte er einen Versuch in diesem Sinne, der jedoch Mißlang. Wird er diesmal von besserem Erfolg ge krönt sein? Diese Frage kann derzeit noch Niemand beantworten. Bekanntlich wird die Hauptanziehung der Brüsteler Ausstellung in einer großen Koogo- AuSstellung liegen, die der König im Parke zu Ter- vueren veranstaltet und zu deren Besichtigung er den deutschen Kaiser und den Präsidenten Faure be sonders einladen wird. Daß der König oabei an ein gleichzeitiges Eintreffen der beiden StaatShäupter denkt, ist gewiß. ES bleibt aber zweifelhaft, ob die Gin stolzes Herz. Roman von Robert Byr. t>LI c«-chdr»ck »«tot«., (Fortsetzung.) Die Frage selbst und noch mehr der Ton der selben sagte ihr, daß sie nicht« zu befürchten habe, und mit dieser Erkenntnis kehrte ihr auch die Sicherheit zurück. „Ach, Herr Sigrist", bat sie nunmehr ruhig «tntretend, „nehmen Sie sich meiner an, sonst werde ich wieder gezavkt. Mein Mann hat rS nicht gern, daß ich zu Taute Sreitmayer hinübergehe. Aber ich kann e» nicht über» Herz bringen, die gute alte Frau so ganz allein zu lasse», wenn sie auch wun derlich ist. Sie freut sich immer so, wenn eins von uns kommt". „Und da bist Du wieder einmal echappiert und so — in diesem Aufzuge?" ES konnte ihm wohl mit Recht auffallro, daß sie ohne jede weitere Umhüllung und ohne Hut, bloß mit einem um Kopf und Schultern geschlungenen Shawl zur kühlen Abendstunde über die Straße gegangen, aber hier in der schon fast ländlichen Vor- fiadt kam auf die Toilette eben nicht viel an und der Tadel war auch nicht sehr ernst gemeint, wenig stens nicht so ernst, al» eS sonst wohl der Fall g« wesen wäre. E« bedurfte also kau« der Entschul digung der Heimkehrenden, sie haben nur auf einen Sprung hinübergesehen, um den Frieden ganz wie- derherzustellen. Nach Sigrist« Verabschiedung, welche Mtla« lebhafte Gesprächigkeit fast ungebührlich ver- längert hatte, war gar nicht mehr die Rede von ihrer kledie« Desertion. in letzter Zeit erfolgte ersichtliche Besserung der deutsch-französtsche» Beziehungen schon jetzt ein« Be gegnung mit Kaiser Wilhelm und Herrn Felix Faure gestattet." 8 Berlin. Für die ihm zu seinem Geburt«, tage zugegangemu Glückwünsche bringt Fürst Bis marck in den „Hamb. Nachr." folgendes Schreiben zur Veröffentlichung: „Meine Freunde im Deutschen Reiche und i« Auslände haben mich auch in diesem Jahre zu meinem Geburtstage so reich durch Be grüßungen beehrt, daß eS mir zu meinem Bedauern nach Maßgabe meiner Arbeitskraft nicht möglich ist, für jeden Glückwünsch besonder« zu danken. Ich bitte deshalb Alle, die meiner am 1. April d. I. freundlich gedacht haben, «einen herzlichsten Dank für den neuen Beweis ihres WohlwolleS durch diee Veröffentlichung «ntgegenzunehmen. v. Bismarck". 8 Unter de» 1896 übe» die deutschen Häfen insgesamt beförderten 121574 Personen, die man gewöhnt ist als Auswanderer in die Liften einzu- tragen, stammen 95803 auS dem AuSlande, bsson- derS Rußland und Oesterreich-Ungarv, die übrigen 25771 au« de« Deutschen Reiche. Bon diesen letzteren gehörte» 10,8 vom Hundert der Landwirt schaft, 18,1 v. H. der Industrie, 13,7 v. H. dem Handel, 22,1 v. H. dem Arbetterstande, 3,1 v. H. anderen Berufen an; 32,2 v. H. waren ohne Beruf. Gegen daS Vorjahr ist die deutsche Auswanderung wieder um ein paar tausend Mann zurückgeblieben, so daß al« also die seit den 80>r Jahren begonnene ' RückwärtSentwickrlung in der Zahl der Auswanderer fortbesteht; nur nach Chile und Afrika sind etu paar hundert Personen mehr gegangen, als im Vorjahre. 8 Breslau, 6. April. Gestern brannte ein Strohschober, der einige Tausend Zentner Roggen stroh enthielt, hinter dem DMwium Leerbeutel ab. Die hiesige Feuerwehr wurde alarmiert. DaS Feuer stieg schnell an drei Seiten de« umfangreichen Scho bers empor, während die vierte Seite, die nachdem freien Felde lag, noch wenige Minuten verschont blieb. Da kamen, wie die „Schles. Zeitung" meldet, Angestellte deS DominiumS auf den Gedanken, daß vielleicht noch au dieser Stelle Obdachlose versteckt sein könnten. In aller Eile wurde der Schober an diese, Stelle durchsucht und e« wurden in der That über 20 Personen darin gesunden. Sie wurden herausgejagt; ein Mann, der anscheinend schwer betrunken war, wurde von den Flammen erfaßt und seine Gewandung brannte bald über und über. Da er Brandveiletzungrn am ganzen Körper erlitten hatte, wurde er auf einem Dcminalwagen in da« Krankeuinstttut der Barmherzigen Brüder gebracht. ES ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß eine oder mehrere obdachlose Personen «n den Flammen um gekommen sind. Eine Durchsuchung der Brandstelle war bis j<tzt nicht möglich, da selbst heute vormit tag noch au« den Strohmassen mächtige Feuer garben aufstiegkn. Wahrscheinlich dürste daS Feuer, wenn nicht etwa böswillige Brandstiftung vorliegt, durch eine» glimmenden Cigarrenstummel verursacht worden sein. 8 Görlitz, 6. April. Ueber einen Mordver- such an einem Knaben wird auS Bunzlau Folgen des gemeldet: Am vergangenen Sonntag abends gegen 7 Uhr wurde ein dreizehnjähriger Knabe von zwei Männern bis nach der Mühlgrabenbrücke ge lockt, dort steckten ihm die Unmenschen einen Pfropfen in den Mund und schnürten denselben mit Bindfaden am Halse fest, dann banden sie dem unglückliche» Knaben die Hände mit dem Taschentuch desselben auf dem Rücken zusammen, trugen ihn btS zu dem Wehre des Bober« und warfen ihn in den Fluß. ES gelang aber glücklicherweise dem Knaben, sich Im Tone unbefangendster Neugierde, aber doch nicht ohne einen scheuen Blick auS den zwinkernden Augen, wandte sich die geschickte Heuchlerin nunmehr an ihren Gatte». „Was hat denn Sigrist? Er war so eigen, so wortkarg. Und Du? Hat eS etwas gegeben? Wie kommst Du denn nach Hause?" „DaS sollst Du alles erfahren", sagte er wich tig. Komm mit! Ich habe Dir viel zu erzählen". Die Ganglampe flammt« unter deS Dieners Händen auf und beleuchtete ihr leichenfahles Antlitz und ihre zitternden Lippen. Fischer aber strebte bereits der Treppe zu und hatte kein Auge mehr für diese Zeichen. Vierte« Kapitel. Am nächsten Morgen blieb e« lange still im Hause. Die Leute schlicke» nur auf den Zehen, steckten aber um so häufiger die Köpfe zusammen und die Herrschaften ließen sich nicht blicken; sie hatten nicht einmal wie gewöhnlich da« Frühstück gemeinsam genommen. Der Professor, der noch tn der Nacht einen langen Brief geschrieben — au den Schwiegerpapa, wie der Gärtner, der ihn alle. Frühe auf die Post getragen, zu berichten wußte, ging schon seit Stunden tm Arbeitskabinett auf und ab und memorierte «ine Wahlrede — wie dieses die Kammerjungfer, welche am Schlüsselloch gehorcht, versichern konnte. Die Hausfrau war in ihrem Boudoir — sie hatte sich unwohl befunden uud erst spät erhoben, die Fenster mußten verhangen »erden und in Küche uud Kammer «achte mau sich auf allerlei Widerwärtigkeiten gefaßt. ES lief nie ohne au« deu Flute« zu retteu und bei einem Restaura teur Aufnahme zu finden. Rach den beide» Ver brechern wird gefahndet. 8 Neuwied, 7. April. Der Lehrer Roo» aut Arzbach, welcher mit einem Nachtzuge hier einge- trvffen war und auf dem Nachhauseweg den Eisen- bahudamm überschritt, wurde von «ine« vorüber- fahrenden Zuge erfaßt und zu Bode» geworfen. Ein Bein wurde ihm abgefahren, da« andere schwer ver letzt. Der Hund eine- in der Nähe wohnenden Bahn wärters spürte den Bewußtlosen auf und eilte unter jämmerlichem Geschrei zu seinem Herrn und ruhte nicht eher, bis dieser ihn zur Unglücksstelle beglei tete. Wenige Minuten, nachdem der Schwerverletzt« geborgen worden war, brauste der nächste Zug über die Stelle, wo er gelegen hatte. 8 Köln, 7. April. Ein Athener Telegramm der „Kölnischen Zeitung" bestätigt, daß die Pocken sowohl in Calais wie im türkischen Lager auSge- brochen find und eia Uebergreifen auf das Heer, so wie da« griechische Festland zu befürchte» sei. 8 Köln, 7. April. Die „Köln. Ztg." meldet aus Athen, die identische Note der Großmächte werde von den Blättern als Bewers der dewväch- stigen Uneinigkeit der Mächte gedeutet. Die öffiziöse „Proia" bringt nur den Text derselben. Die „Akro polis" meint, Griechenland erhalte durch die Note die Freiheit zur Kriegserklärung. Die Großmächte beabsichtigen allein die Lokalisierung de« Kriege-. In Athen wird die Möglichkeit bezweifelt, daß die Mächte den etwaigen Sieger ou der Ausnützung seine« Erfolge« hindern könnten. 8 Gera, 7. April. Die von der „Geizer Zeitung" gemeldete Amtsenthebung deS Regierung-- affsiorS ist falsch. Der Genannte ist nur von der Stellvertretung de« beurlaubten Lanvrat« entbunden worden und an seine Stelle ist RegieruvgS- und Konsistorialrat Camwa» zum stellvertretende» Land rat ernannt worden, was amtlich bekannt gemacht wird. Ausland. * * Graz, 7. April. In ReiSnik (Untersteier mark) wurde am Montag nachmittag ein 16 Srkuu- ben dauerndes Erdbeben beobachtet, welches von vonverähnlichem Rollen begleitet war. * * Paris, 7. April. AuS NimeS wird ge meldet, daß gestern, während mehrere Soldaten da mit beschäftigt waren, Granaten loszuschrauben, eine explodierte. Ein Soldat wurde in Stücke gerissen und mehrere verwundet. "Marseille, 5. April. Hier spielte» 6 Kinder bei heftigem Winde am Strande auf dem QuaiS deS AnglaiS. Trotz der großen Gefahr wagten sich drei Knaben im Alter von 9—12 Jahren bi- an den äußersten Rand deS StadenS, als Plötzlich eine riesige Meereswoge über sie schlug und sie in die See riß. An eine Rettung konnte nicht gedacht werden. * * Kopenhagen, 7. April. Der König empfing Nansen und verlieh ihm die goldene Ver dienstmedaille mit der königlichen Krone. SS ist die- eine einzig dastehende Auszeichnung. Beider Audienz waren zugegen die Königin, die Kaiserin-Witwe von RuLland, die Prinzessin von Wales und andere Mitglieder der königlichen Familie. Letztere wohnte auch dem Vorträge Nansens in der Geographischen Gejrüstaft bei, als deren Präsident der Kronprinz Nansen wärmsten« dankte und ein Hoch auf ihn ausbrachte. Heute früh ist Nansen nach Christiani« weitergereist. "London, 7. April. Die „Daily NewS" melden auS Newyork von gestern: Ja den heute in Ohio abgehaltec,«» Gemeindewahlen ist ein bedeuten- solche ab, wenn die Gnädige Migräne hatte. Fräu lein Magda aber hielt sich auf ihrem Zimmer, da« sie seit gestern abeud nicht mehr verlassen; auch zum Nachtessen war sie nicht erschienen und heute früh selbst nicht zu den Kindern gekommen, was sie sonst keinen Tag versäumte. „Ein Rendezvous hat sie drüben gehabt, da- kennen wir und das laß ich mir nicht nehmen", be hauptete die ältere Kammerjungfer. „Sie wird sich eben genieren". „Dann kennen Sie die schlecht", widersprach die jüngere Kollegin, „die ist hochmütig wie Luzifer". „Ich kann's nicht begreifen", meinte daS Kinder mädchen kopfschüttelnd. „Ich hätte doch gewettet, die Gnädige sei «S gewesen, die durch den Garte« gegangen". „Vielleicht ist sie doch hinten herum", suchte d«r Gärtner seinerseits »ach einer Erklärung. „Ich wenigsten« habe sie vorue nicht hiaausgehen sehen". „Kinder, da steckt noch wa» dahinter und da bleibt einmal sicher, daß etwas vorgegangeu ist, wen« ich »ar wüßte» waS, daß man « in die Lotterte setze» könnte, kam die Köchin immer wieder mit Ent schiedenheit auf ihre« unwiderruflichen Aasspruch zurück. Dat Erscheine» d«« Herr» spreugte endlich die Beratung, e« war schon di« fünfte oder sechste t« Verlaufe de- ziemlich wtit vorgerückten Vormittag-. Er hatte auszugeheu and gab dem Diener »och einige Aufträge, ehe er da- Hau« verließ. Sam» daß er fort war, schlüpfte auch schon feiue Fra« über do» Korridor »u ihrer Schwester hinüber. Die Rigräm mußte also nicht sehr schli«« fein, oder