Kapellmeister Bruno C. Schestak, Dresden Landesleiter der Reichsmusikkammer Äufn. Erich Aller nationalen Kulturlebens im Sinne ethischen Kulturwillens führt. Und wir sind stolz darauf, heute unserer Pflicht einem Schöpfer gegenüber zu genügen, der kaum wie ein anderer deutsch empfand und deutsch schuf. Dem ein christliches Ethos über alles stand, und der mit seinem Herzblut Werke schrieb, die wir als wertvolles Kulturgut unseres Volkes hüten und fördern müssen. Das geistige Wollen des Dritten Reiches wird Felix Draeseke den Platz an der Künstler-Sonne schaffen, der ihm gebührt! Dresden, im Oktober 1935. FELIX DRAESEKE Ein Lebensbild von Dr. Ericli Roeder, Berlin In diesem Spätjahr feiert Dresden seine beiden großen Meister. Der jüngere, Felix Draeseke, wurde fast auf den Tag 250 Jahre nach dem älteren, Heinrich Schütz, geboren. Hinter diesem Zusammentreffen birgt sich ein geheimnisvoller Zu sammenhang. Denn wie die beiden Dresdner Meister schon äußerlich ganz ähnliche Gesichtszüge mit kraftvoll-stolzem Aus druck und hochliegender Stirn haben, so h at auch ihr Leben und Schaffen auffallend viel Gemeinsames. Sie durften noch im höchsten Alter Hervorragendes leisten und standen auf der Höhe der Bildung ihrer Zeit. Und wie sie in ihren Chorschöpfungen das Nordisch-Künstlerische einer anschaulichen Gegenständlichkeit und Lebenswahrheit hervorkehren, so waren sie einmal be ¬ rufen, in Zeiten kulturellen Niederganges das Banner der deut schen Kunst, des deutschen Idealismus hochzuhalten. Auf Schütz als Urbild eines deutschen Meisters hingewiesen zu haben, ist eins von Draesekes Verdiensten. Er selbst erblickte am 7. Oktober 1835 hart an der Main linie, der Grenze zwischen Nord und Süd, in Coburg, das Licht der Welt. Sein Vater, dortselbst Hofprediger, entstammte einem schlesischen Uradelsgeschlecht, das, nach Braunschweig und Brandenburg verzweigt, erst vor zwei Menschenaltern das Schwert mit der Bibel vertauscht hatte. Seine Mutter war eine Berlinerin. Sie starb bei seiner Geburt. Das Schicksal, das ihn später formte, klopfte im 6. Lebensjahr schon vernehmlicher an. Eine Kinderkrankheit ließ ein Gehörleiden zurück, das zu völliger Ertaubung auf dem rechten Ohr führte und ihm nachher verbot, Dirigent zu werden und für seine Werke selbst einzutreten. Er hatte aber die moralische Kraft, dem Schicksal zu trotzen. Und dieselbe unverwüstliche Kraft setzte er au) in sein Schaffen und Kämpfen ein. Schon nach abgeschlossene* Konservatoriumszeit, mit 20 Jahren, wurde er Flügelmann der „Neudeutschen", die mit Liszt und Bülow für die Erneuerung der deutschen Musik, für Wagner gegen die Mendelssohn- -Schule stritten. Das Kraftgenie, das lange vor Wagner im ,,König Sigurd“ die erste germanische Reckenoper schuf, äußerte sich dann in revolutionären, nationalen Frühwerken, der grimmigen Kleist-Ode ,,Germania an ihre Kinder" und dem Germania-Marsch, nach deren Vortrag auf der Weimarer Tonkünstlerversammlung 1861 er als „Schrecken der Mensch heit“ verfolgt, das „Schlachtopfer“ spielen mußte und in die Selbstverbannung ging. Zwölf Jahre der Einsamkeit folgten in der französischen Schweiz. Der Klavierlehrer am Lausanner Konservatorium krönte ihre erste Hälfte mit der „aus Granit gemeißelten“ Klaviersonate. Peter Cornelius sah damals in ihm etwas wie einen in die Gegenwart verschlagenen Vorzeitriesen: „Ich möchte ihn zu den nachsintflutlichen Geistern rechnen, im Gegensatz zu den vorsintflutlichen Tieren." Aber die Goethe- Dürersche Sehnsucht nach dem Süden trieb auch Draeseke nach Italien. Der Klassizismus wurde zum Durchgangspunkt. Zugleich entwickelte sich bei dem von Haus aus zum „Gesamt deutschen" Veranlagten der süddeutsche Teil seines Wesens. Der gemütstiefe langsame Satz erhielt seine Gegenspannung im humorsprühenden, lebens frohen Scherzo,in dem er all Zeitgenossen übertraf. I schöne, klar gegliederte Me lodie wurde zur obersten Form. Drei Jahre vor der Brahmsschen Ersten er schien die seine in G-dur. Man erkannte bald in ihm den weltanschaulichen Ge genpol des Zeitgenossen. Mit der F-dur-Symphonie be grüßte der Heimkehrer 1876 seinVaterland.Inden Bergen hatte er auch Ausdruck für religiöse Empfindungen ge funden— und zugleich Kon trapunkt getrieben. In ihm sah er die „Schutzwehr“ gegen den musikalischen Liberalismus. Mit seiner Hilfe überwanderseineZeit. (Fortsetzung siehe Seite 10) Dr. phil. Erich Roeder, der Bio graph Draesekes Aufn. Germania