Ein Engelschor weist auf seinen bevorstehenden Heimgang hin. Es folgen die Wechselreden bei der Fußwaschung und die Heilandsklage „Ihr seid rein, aber einer ist unter euch“. Die Bässe deuten das Verrats- und Leidensmotiv an. Immer wieder tritt der lichte Engelschor zu Jesu düsteren Worten, zumal nach der Einsetzung des Abendmahls. Der dem Treuschwur der Jünger folgende Seelenkampf in Gethsemane wird von einem Zwischenspiel über den Choral „Laß mich dein sein und bleiben“ eingeleitet und von Chören der Fngel begleitet. — In der ergreifenden Verratsszene tritt das Satansthema neben dem des Judas hervor. Am Schluß singt eine Engelsstimme: „Das ist die Stunde ... der Finsternis.“ — Vor Kaiphas gebracht, läßt Jesus den Schwall der Anklagereden über sich ergehen. Die Wechselreden des Verhörs sind unter Ver wendung des Christus-Motivs dramatisch gehalten. Voll Reue stürzt Judas herein, wird aber abgewiesen. — Pilatus findet an dem zu ihm Geführten keine Schuld. Die haßerfüllten Chöre steigern sich zu einem aufgeregten „Kreuzige ihn!" Pilatus gibt nach, das Volk ruft: „Sein Blut komme über uns!“ — Der Gang zum Kreuz wird von einem unvergeßlichen Motiv realistisch dargestellt. Zu ihm treten die Stimmen der klagenden Frauen. Der Heiland ermahnt sie, nicht über ihn zu weinen. — Die Szene auf Golgatha wird von dem instru mental vorgetragenen Choral „Wenn ich einmal soll scheiden" eingeleitet. Das Frauenterzett beschreibt ergreifend den Vor gang der Kreuzigung. Ein schmerzerfüllter Streichergedanke wird mehrfach unterbrochen durch die Sterbeworte Jesu, die Anreden der Schächer und die Volkschöre. In den hohen Lagen der Violinen schwebt darüber der Karfreitags-Choral. Unter Harfenklängen haucht Jesus seinen Geist aus. — Unmittelbar setzt die Schilderung des Erdbebens ein. Der Hauptmann ruft aus: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!" Ein Reue- Chor des Volkes schließt diesen packenden Teil ab. Die 3. Abteilung behandelt die Auferstehung. Die Gra- beswächter weichen vor dem Erscheinen des Engels, der den Stein abwälzt. In strahlenden Weisen besingen die Engel den Auferstandenen. Eine rührend schöne Oboen-Melodie begleitet Maria Magdalena auf ihrem Weg zum Grab. Ihr erscheint der Herr zuerst, dann zwei Frauen. Nach Auferstehungsgesängen der Engel tritt er unter die trauernden Jünger und zerstreut ihre Zweifel. Mächtig erklingt der F-dur-Chor der Gläubigen, der mit dem lebhaften Fugato abschließt: „Uns hast du zu Königen und Priestern gemacht!“ — Mit einem Rezitativ über das Erlöserthema leitet Jesus seine Himmelfahrt ein, die ein mit wenigen Singstimmen gemischtes Orchester zwischenspiel beschreibt. Zwei Engel verkünden den Emporschauenden, daß der „Herr ist aufgefahren". -— Dann beginnt der einzigartige Schlußchor. Nach anfänglicher Vierstimmigkeit teilt er sich bei den Worten „Es kommt die Zeit" zum Doppelchor. Machtvoll erklingt die Schilderung des Weitendes, wo Christus (2. Motiv) „einher fährt in den Wolken". Bekannte Themen werden im folgenden fugiert. In unerhörter Steigerung geht es zu dem harmonisch und instrumental machtvoll ausgestalteten „Halleluja! Amen!“ das die Trilogie abrundet. Symphonia tragica op. 40 (1886) Draesekes 3. Symphonie in C-dur ist sein wuchtigstes und erschütterndstes Orchesterwerk. Hans v. Bülow bezeichnete in späteren Jahren auch sie als die „10. Symphonie“. Arthur Nikisch setzte sich mit unermüdlichem Eifer ein, „um dieses herrliche Meisterwerk immer bekannter zu machen und dorthin zu stellen, wohin es gehört: als ebenbürtig unseren klassischen Symphonien“. Einleitung (Andante) Eine Einleitung zwingt mit schneidenden Dissonanzen und eindrucksvollen Akkorden sofort in den Bann des Werkes. Sie sagt die Katastrophe voraus und weist mit einer kindlich schönen Melodie auf die himmlische Verklärung am Schluß hin. Ihr zweiter Teil gilt der Überleitung zu dem romantisch jugendlichen 1. Satz (Allegro risoluto 4/4 C-dur) Er hat drei Themen als Einheit. Im 1. scheint ein taten froher Jüngling in die Welt zu schreiten. Ein freudig auf- strahlender Vertreter des Themas gibt die Richtung. Aus beiden ist ein frohes Marschlied gewonnen. Im Sturm geht es zum Halbschluß H. Bei dem 2. (in e-moll) wird offenbar liebe voll Rückschau gehalten, dann aber mit kräftigem Ruck der Blick nach vorn gerichtet. Der Vertreter erscheint in einer graziös kontrapunktierten Nebenform. Die Bilder wechsel) Tiefer Wald scheint sich auszubreiten, wenn ein Hörnerpa das abschließende 3. Thema (E-dur) vorträgt, das nach straf fem Gegensatz mit seinem Echo in friedlicher Ferne verklingt. — Die Durchführung erwacht ganz allmählich aus der be schaulichen Stimmung. Das blitzartig hineinfahrende Haupt motiv leitet eine Steigerung ein, die mit der dreimaligen Wieder kehr eines rhythmisch geballten und melodisch ausströmenden Viertakters ihren Höhepunkt erreicht. Ihr folgt eine teils unheimlich, teils beruhigend wirkende Stelle, in der die Flöten die C-dur-Weise aus der Einleitung erklingen lassen. Ober einem riesigen Orgelpunkt erholt sich der Satz mit Hilfe der Nebenform des Thema-Vertreters. Urkräftig einsetzend, er öffnet dieser den Wiederholungsteil, in dem die einzelnen Gedanken z. T. kontrapunktiert vorüberziehen. Eine visionär aufsteigende Ges-dur-Stelle bringt Beruhigung. Sofort nach C-dur umgebogen, setzt sich das Ganze noch einmal zielbewußt unter jubelnden Fanfaren in Bewegung. Der Abschluß erfolgt über der trotzigen Hauptmotiv-Vergrößerung im Baß. 2. Grave (Adagio 3/2 a-moll) Das in Vorahnung des Todes von Kaiser Wilhelm I. ge schaffene Grave bringt die Tragik des Lebens zum Bewußtsein und macht reif für Zukünftiges. Dieser Satz zählt zum Gewal tigsten, was je an Trauermusik geschaffen wurde. Seine Form ist die der Chaconne. Das anfangs von düsteren Posaunen- Akkorden durchschossene Thema erscheint erst bei dem har monisch reicheren 2. Einsatz in seiner eigentlichen Achttakti keit. Der dramatische 3. Einsatz bringt mit züngelnden A takten und wunderbar modulierenden Posaunensätzen eine freie Veränderung. Bei dem machtvollen und befreienden 4. in C-dur zerreißt das dunkle Gewölk. Mit einem A-dur-Akkord fällt hellster Sonnenglanz herein. Der 5. Einsatz gleicht ihm, ist aber im Glanz (B-dur statt A-dur) gedämpfter. Nach einem ergreifenden Anhang mit den drei thematischen E am Schluß entwickelt sich ein freundlicher Mittelsatz (F-dur). Ihm folgt ein dramatisch aufgeregter Wiederholungsteil, dem im wesent lichen jener 3. Einsatz zugrunde liegt. Eine durch Motiv- Wiederholung und -Verkürzung erreichte Steigerung treibt hinauf zu den schneidenden E-Oktaven, die mit dissonierend eingeworfenen Akkorden den Zusammenhang zwischen Ein leitung und Schluß herstellen. Dann verklingt der zwischen Moll und Dur schwankende Satz über einem Orgelpunkt. 3. Scherzo (3/4 C-dur) Der Tanzsatz entspricht dem langsamen an Bedeutung. Er muß als ein letztes klassisches Scherzo bezeichnet werden. Das freudig in den Klarinetten losspringende 5+5- taktige Thema verheißt Lust nach Leid. Aber schon bei der Weiterführung mit ihren genial hingeworfenen Begleitrhyth-