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Ein Vrgnn für -ie ssülicron weiblichen Interessen. ck l Preis: 15 2gr. oicrieljährlich. 3. Iahrezan^. Begründet und fortgesetzt ven Inserate: 2'L Sgr. die Zeile. 3. .Quartal. Redigirl unter Verantwortlichkeit der Verlags-Handlung. ÄUvtto: Dem Reich der Freiheit wert,' ich Bürgerinnen. Rr. 29. Lomiabcttd, den T6. Zuli. 1851. Unsere Arbeit ist unsere (sine. , Einfache Erzählung von Louise Otto. (Fortsetzung aus Nr. 28.) Adam ging wieder zu seiner Arbeit Mid die Frau in die Küche, das einfache Mittagsessen, an dem die Angekominencn mit Theil nehmen mußten, zu bereiten. Röschen herzte die Kinder, die be sonders an ihr hingen und Gottlieb suhlte sich überaus behaglich in dem kleinen Stübchen in dem viele emsige Hände ruhelos arbeiteten. Nach dem Mittagscsseu mußten unsere Reisenden doch auf- brechen, sie konnten nun ohnehin berechnen, daß sie nicht vor Abend in die große Stadt kommen würden. Gort lieb hatte den Schuhmacher und . die Seinigen vorher noch nicht gekannt und war nun voll von deren Lobe. Er konnte gar kein Ende finden zu wiederholen, wie sehr cs ihm bei den Leuten gefallen hätte. „Aber bei Deiner Mutter wird eS gewiß noch schöner sehn!" meinte R ö s ch e n. „Nun wie man es will", sagte Gottlob, dem cs ansing etwas bänglich um's Her; zu wer den, je näher er dem Ziele seiner Reise rückte, „schöner eingerichtet ist es da freilich und wäh rend hier Alles in einer Stube war, ist dort Jedes ' in einer andern, und jede Stube wieder in einem andern Flügel des Hauses. Aber das Alles ist sehr weitläufig und ohne Gemüthlichkeit. Ich glaube überhaupt die werden wir da nicht sehr finden. Sie meinen cs darum am Ende eben so gut, aber die vornehmen und feinen Leute sind einmal so, da muß alles nach bestimmten Regeln gedrechselt seyn, sonst finden sie cs mtpassend. Wir wollen uns nicht allzusehr daran kehren — aber ich sage Dir dies nur damit Du nicht denkst, wenn Du einen steifen Empfang von meiner Mutter findest. Tu bist ihr nicht willkommen; das ist nur so Sitte bet denen, die gewohnt sind mit großen Leuten umzugehen." „O," sagte Röschen zuversichtlich, „ich werde Deiner Mutter zeigen, wie sehr ich sie liebe und achte, weil sie Deine Mutter ist uiw so wird sie mich auch schon wie ihre Tochter behandeln I" — Gott lieb dachte bei sich: Es ist besser, ich lasse ihr den guten Glauben, sonst wird sic scheu und verlegen und stößt dann um so eher an, ober sie denkt, sie muß große Bücklinge machen und sich dcmüthigen — und das soll sie nicht, denn ob wir schlichte Bauern und sie großartige Städter sind, das ist im Grunde doch einerlei und sie soll sich nicht benehmen als ob cs zweierlei wäre; das könnte mich verdrießen. Röschen war noch, nie weiter gekommen als bis ln das Städtchen in dem sie vorhin war und so hatte sie nun tausend Dinge zu sragen und immer mehr anzustaunen, je mehr sie der großen Stadl sich näherten. Es war schon ganz finster, als sie in dieselbe einfuhren, aber die Hellen Gasflammen in den Straße» verwandelten das nächtliche Dunkel in ein Helles flimmerndes Licht. Ein Gedränge von Menschen und Fuhrwerk wogte darin auf und nieder. Gott lieb wußte oft nicht, wie er die Lchecke, die dergleichen sehr ungewohnt war und die sich nun. auch müde ge worden nach dem Stalle sehnte, lenken sollte, um durchzukommen. Jetzt war er in eine große Straße eingelenkt, in der er das Haus seines Stiefvaters wußte. Er zeigte cs Röschen. „Da ist ja in allen Fenstern so Helles Licht, daß man kaum Hinsehen 29