Suche löschen...
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 18.10.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190110185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19011018
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19011018
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-10
- Tag 1901-10-18
-
Monat
1901-10
-
Jahr
1901
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Amerika. — Vereinigte Staaten. Der amerikanische General Til- ley, der Gouverneur von Tutuila, ist, wie schon gemeldet wurde, wegen Trunksucht vor da- Kriegsgericht gestellt worden. Bereits vor Monaten veröffentlichte die Zeitschrift „Excelsior" intrrefsantr Originalderichte von, den Samoainseln, in denen eS hieß: „Der Kommandant dieser Station (Tutuila) liebt die Whiskyflasche sehr und besitzt noch andere edle Eigenschaften. Allen seinen „Unter» thanen", den armen, braunen Naturmenschen, gilt er als ein Bandit, und dennoch soll er sie „zivilisieren" und mit den „Vor zügen amerikanischer und christlicher Kultur und Bildung" ver traut machen. Neue Gesetze, gute und böse, regnen förmlich auf dir armen, erstaunten Insulaner herab. Besonders eilig war Tilley, die gesetzliche Ehescheidung einzusühren, anstatt den an Vielweiberei gewöhnten Samoaner die christliche Ehe kennen und achten zu lehren. Es wimmelt hier von Beamten und Po lizisten, und es giebt auch zwei Kompanien Bürgerwehr. Es ist unmöglich, einen Schritt aus Tutuila zu machen, ohne einen Po- lizisten oder Soldaten auf den Fersen zu haben, wenn man nicht der Richter oder der Bürgermeister selbst ist. Diese sind frei gebig mit Gefängnisstrafen und Zwangsarbeit. Alle Gefangenen find Tag und Nacht mit eisernen Ketten und Ringen an Händen und Füßen gefesselt. (!) Sie erdulden wahrhafte Qualen und zögen 10 Jahre gewöhnlicher Haft einem Jahre dieser Marter gefangenschaft vor. Jedoch scheint eS, daß diese grausame Be handlung, welche man in den Staaten dem schwersten und ge meinsten Verbrecher nicht angedeihen läßt, hier dadurch bedingt ist, daß der reiche Uncle Sam kein sichere- Gefängnisgcbäude er richten kann. Aber wohin sollen diese von sechs Soldaten be wachten Gefangenen flüchten? In die Berge, wo sie bald vor Hunger umkommen würden? Diese unverantwortliche Grausam keit, mit welcher man vie Gefangenen behandelt, läßt sich durch nichts rechtfertigen." — Danach scheinen auf Tutuila schon län gere Zeit nette Verhältnisse geherrscht zu haben! DaS sind übri gens dieselben Amerikaner, die vor Entrüstung fast ersticken, wenn in Rußland ein Sträfling nach Sibirien verschickt wird. Born englisch-transvaaler Kriegsschauplatz. Die Engländer find durch General Botha offenbar ganz ge hörig genasführt worden und wisfen jetzt, obwohl sie seiner schon ganz sicher zu sein glaubten, in Wirklichkeit nicht einmal, wo sich der wackere Burenführer überhaupt befindet. Nach Londoner Te legrammen war Bothas HauptkorpS am 13. Oktober noch in der Nähe deS Pongolawaldes. Eine Anzahl Buren sind dann un zweifelhaft westlich und nördlich über die Eisenbahnlinie Wakker- stroom-Pietretief entkommen; anfänglich habe man geglaubt, Botha sei bei ihnen, aber es scheine, daß er nach dem Pongolawalve zurückgekehrt sei. Das wünschen und vermuten die Engländer. Da der Pongolawald aber mit einem dichtmaschigen englischen Truppcnnetz umstellt ist, so wäre darin für Botha keine Sicher heit mehr. Das ist die Hoffnung der Engländer, die aber ebenso wenig in Erfüllung gehen wird, als alle die übrigen Wünsche und Erwartungen, die schon tausendmal bezüglich deS Ergreifens von Burenführern gehegt und ausgesprochen worden find. Die englischen Jingoblätter suchen die Hoffnung auf den baldigen Fang BothaS noch dadurch zu verstärken, daß sie angebliche Brüsseler Drahtungen veröffentlichen, nach denen die Lage BothaS den dor tigen Burenkreisen ernste Besorgnisse einflöße, da man fürchte, Bothas Stellung sei eine derartige, daß er von den britischen Truppen leicht gefangen genommen werden könne. Wie die Dinge in Wirklichkeit liegen, ergiebt sich am besten aus der Thatsache, daß Lord Kitchener die mit so großem Applomb angekündigte Ent lastung der Natal-Freiwilligen verschoben hat, weil Anzeichen einer erneuten Thätigkeit der Buren an der Grenze Natals zu Tage treten. Da die englischen Kriegsberichte mit Klagen darüber fort fahren, daß die Wege aufgeweicht und das Gelände voll undurch dringlichen Gestrüpps sei, wodurch die Bewegungsfreiheit der englischen Truppen stark beeinträchtigt würde, so deutet alles dar aus hin, daß die englische KricgSleitung in Südafrika mit ihren Nachrichten auf das wahrscheinlich schon zur Thatsache gewordene Fiasko der Unternehmung gegen Botha allmählich vorbereiten will. Dies Fiasko wäre umso kläglicher, als Lord Kitchener den größten und verhältnismäßig besten Teil seiner Truppen, der noch im letz ten Augenblicke durch die gesamten Streitkräfte des Generals Plumer verstärkt wurde, ausgenommen hatte, um den schlimmen Botha unschädlich zu machen. Ein Opfer des südafrikanischen Krieges. Am 13. August d. I. wurde, so schreibt die „Kreuz-Ztg." gelegentlich des theologi schen Kursus' zu Bethel bei Bielefeld ein Anstaltsfamilienabend im großen Astapheumssaale gehalten. Als die Kunde den Saal durcheilte, daß ein deutscher Prosefforensohn in den Reihen der Buren mitkämpfe, brachen die mehr als 2000 Anwesenden in ein begeistertes Hoch auf den Professor der Theologie I). Cre mer auS, aber die Begeisterung steigerte sich bis zur Ergriffenheit, als Professor Cremer in einer feurigen Rede s ine Stimme erhob: „und wenn mein Sohn fallen sollte, so bin ich bereit, — Gott helfe mir dazu — dieses Opfer mit willigem Herzen zu bringen. Stirbt doch mein Kind dann den Heldentod für eine edle und gerechte Sache!" Ob des greisen Vaters Herz wohl eine Vorahnung besten, was ihm bevorstand, bewegt hat? Denn wie jetzt erst bekannt wird, war sein Sohn damals schon vielleicht 8 Tage zuvor den Heldentod gestorben. London. Im Kriegsamte herrscht große Unruhe, angeblich verursacht durch die nicht befriedigenden Nachrichten über die Lage im Kaplande. Angesichts der Thatsache, daß das Kriegsamt jede Auskunft darüber verweigert, wird angenommen, daß die Lage sehr ernst ist, und daß der Aufstand der Kapholländer doch endlich Thatsache geworden ist. In liberalen Kreisen erklärt man, die Verhängung des Belagerungszustandes und die Erschießung der noch kämpfenden Buren sei eine Thorhcit, die sich über kurz oder lang noch bitter rächen werde. London. Aus Durban wird depeschiert: Nach einer Meldung auS Haagsmith sollen DelarcyS und KcmpS vereinigte Kommando- über den Vaalfluß gegangen sein und auf Lindley zu marschieren. Zerstreute Burenabteilungen haben sich kürzlich an den DrakenS- bergen konzentriert; General Elliot hatte an der Westseite der Berge häufige Zusammenstöße mit den Buren. Vermischtes. * Im Gumbinner Prozeß ist jetzt endlich das schriftlich formulierte Urteil den beiden Angeklagten, sowie deren Verteidiger zugestellt worden. Seit dem UrleilSsvruch waren genau 8 Wochen vergangen, ehe der offizielle Schriftsatz fertiggeftcllt und den Be- ! teiligten au-gehändigt wurde. Am 20 August hatte da» Ober- j kriegsgericht den Unteroffizier Marten wegen Ermordung des Ritt- ! meister- Krosigk zum Tode verurteilt, den Sergeant Hickel dagegen der Beihilfe freigesprochen, und am 16. Oktober erfolgte die Zu stellung de- Urteils. Einigermaßen erklärlich wird die lange Dauer, die zwischen dem Urteilsspruch und seiner schriftlichen Zustellung liegt, wenn man bedenkt, daß der Text deS Urteil- 47 und da- dazu gehörige Protokoll 156 Seiten füllt. WaS die Frage be trifft, ob da- Kriegsgericht dem RevifionSbegehren deS Verteidigers MartenS entsprechen wird, so herrscht darüber noch die gleiche Un gewißheit, wie darüber, ob die von dem Gericht-Herrn eingelegte Revision gegen die Freisprechung Hickel! Erfolg haben wird. ES schwebt noch alles in der Luft. * Troße Unterschlagungen wurden in der Stadtsparkaste zu Lauchstädt entdeckt. Sie sollen bi» 1891 zurückreichen und über 100000 Mark betragen. * Ein schweres Bauunglück trug sich Mittwoch auf dem Neu bau des Hauptpostamts zu Schöneberg bei Berlin zu. Im vier ten Stock brach das mit Steinen, Mörtel und Balken belastete Gerüst plötzlich zusammen und stürzte mit vier Arbeitern in die Tiefe. Ein Arbeiter ist tot, die übrigen sehr schwer verletzt. * Bei einem Brande in einer Erzgrube unweit Jckateringos- law in Rußland wurden neun Bergleute getötet. * Eine außerordentlich seltene Naturerscheinung, die von sehr bedauerlichen Folgen begleitet war, ist kürzlich in dem etwa 20 Werft von Kiew entfernten Dorfe Wyschenki beobachtet worden. Am 9. (22.) September — so berichtet der „Kiewljanin" — wurden die Bewohner des Dorfes durch einen eigentümlich zischenden, donnernden, an die Explosion eine- Geschosses erinnernden Ton aufgcschrcckt. Viele sahen eine über daS Dorf hinziehende streifen- artige Lichterscheinung, welche eine bläuliche feurige Spur hinterließ und von einer Detonation begleitet war. Unmittelbar danach flammte eine mit Getreide gefüllt« Scheune auf. Etliche Mädchen, welche in der Nähe derselben gestanden hatten, erzählten, daß die Scheune geradezu auseinandergerissen worden sei und der Boden unter ihnen gezittert habe, auch sei die Luft von einem brandigen Geruch erfüllt gewesen. Das Wetter war vollkommen klar, der Himmel wolkenlos, sodaß ein Gewitter nicht in Frage kam. Man ist daher zu der Annahme genötigt, daß ein Meteor niedergegangen ist. Der Knall wurde, wie festgestellt werden konnte, an ver schiedenen Orten in einer Entfernung von 18 Werft vernommen. Das in der Scheune ausgebrochene Feuer verbreitete sich mit außerordentlicher Geschwindigkeit und vernichtete binnen 40 Min. 14 Bauernhöfe, die jetzt nur noch ein Trümmerfeld bilden. Unweit der Scheune kam ein dreijähriger Knabe ums Leben. * „Die Buren kommen!" So stand Anfang dieses Monats an allen Anschlagsäulen in Frankfurt a. M. zu lesen. Bald be gann denn auch das Gastspiel von „Wild-Südafrika. Große- militärisches Schaustück. Arrangiert von Mr. William Casper. 100 Personen. Original-Transvaal- und Orangefteistaat-Buren. Zulukaffern. Matabeles. Kapkolonisten. UitlanderS. Koloniale Soldaten. Pfadfinder. Afrikanische Scharfschützen u. s. w.", wie eS in den Ankündigungen hieß. Trotz der Reklame scheint Mr. Casper aber keine glänzenden Geschäfte gemacht zu haben; denn er wurde von einem halben Dutzend seiner Leute, Weißen und Schwarzen, beim Gewerbegericht auf Zahlung des rückständigen Lohnes verklagt. Dabei entpuppten sich die Zulukaffern als west indische Neger, die Matabeles als Einghalesen und die „Original Transvaal-Buren" als — Engländer, die der findige Unternehmer für 30 Mark monatlich und freie Verpflegung angeworben hatte. Casper wurde zur Zahlung verurteilt, ist aber gleich nach der Ge richtssitzung abgereist, und die englischen Buren nebst den Koffern aus Indien haben das Nachsehen. Bom Grimmaer Brunnenunglück. Heute liegen folgende weitere bez. ergänzende Mitteilungen vor: Mittwoch früh 7 Uhr. Immer neue Hindernisse türmen sich der Rettung des verschütteten Brunnenbauers Thiele entgegen. Gestern abend 6 Uhr war man wieder bester Hoffnung. Es war gelungen — so kam die Kunde aus der Tief« —, einen Bohrer durch die 25 Zentimeter starke Wand zwischen dem Ret- tungsstollcn und dem verschütteten Brunnen, sowie durch die Scha lung zu treiben, und der Verschüttete hatte den Bohrer angefaßt und auch einen Strahl von dem Licht gesehen, daS man vor die Ocffnung gehalten hatte. Dieser Hoffnungsstrahl, der in seinen Kerker fiel, belebte seinen Mut neu. Die Retter hofften, im Laufe der Nacht ans Ziel zu kommen. Aber immer wieder gab es neuen Aufenthalt. Die Zwischenwand ist nicht bloß knapp 2 Meter stark, wie man anfangs glaubte, sondern 2,50. Nachdem man 3 Rohre von je 50 Zentimeter Durchmesser in sie getrieben hatte, war es völlig unmöglich, von hinten her ein 4. Rohr nach- zudrückcn. Der auf den 3 Rohren lastende Druck der 15 Meter hohen Sandsäule war zu stark, die Winden drehten sich nicht mehr, die Rohre standen felsenfest. Es mußte darum ein Rohr von geringerem Durchmesser in der Maschinenbauaktiengesellschast vorm. Hentschel angefertigt werden. Man hatte 45 Zentimeter Durchmesser bestellt. Bald fand sich aber, daß dieser Durchmesser noch zu groß war. Das Rohr ließ sich durch die weiteren Rohre nicht hindurchschieben, weil letztere, um ihr Jneinandergreifen zu sichern, inwendig mit Klauen versehen find. Das Rohr mußte in die Fabrik zurück und in ein solches von 40 Zentimeter Durch messer umgearbeitet werden. Derselbe Vorgang wiederholte sich dann nachts 2 Uhr mit dem 5. Rohre. Der Durchmesser dieses Rohres mußte auf 38 Zentimeter verkleinert werden. Dadurch verstrich viel kostbare Zeit. Augenblicklich ist die Zwischenwand bis aus 10 — 20 Zentimentcr durchbrochen. Aber daS Weiter arbeiten ist sehr schwierig. Mit Gewalt kann man das Rohr kaum vorwärts pressen, da, sobald man die Winde unsetzt, der Druck durch die dünne Sandschicht auf die Schalung so stark wird, daß der Eingeschlossene pocht und ruft, man solle aushören, die Schalung breche zusammen. Der jeweils im Rohre arbeitende Pionier — in der vergangenen Nacht waren Vizefeldwebel BehrenS, Sergeant Seltmann und Unteroffizier Sachse im Rettungsschachte thätig — versuckt, den Sand vor dem Rohre mit den Händen zu entfernen, damit man in einem günstigen Augenblick, ehe das Erdreich nachrutscht, das Rohr vorwärts schieben kann. Der Ein- gcschlossene ist glücklicherweise anscheinend noch leidlich bei Kräften. Seine Stimme ist noch kräftig. Ja, er sagt sogar, wenn es nur erst so weit sei, wolle er schon an der Arbeit und dem Festmachen der Schalung mit helfen. In der vergangenen Nacht soll er auch etwas geschlafen haben. Als die Pioniere ihm von den letzten Manöoern erzählten, um ihn bei Stimmung zu erholten, ging er auf das Gespräch ein. Wer Soldat gewesen ist, dem ist eben das Interesse für alle- Militärische in Fleisch und Blut überge- gangen und verläßt ihn nicht, selbst wenn er dem Tod« in-Auge schaut. Dir Straße nach der UnglückSstätte wird nicht menschenleer. Immer und immer wieder treibt die Unruhe dir Bewohner unserer Stadt hinaus zu dem hochgelegenen Garten, wo Berg« gelben Sandes aufgetürmt sind, wo auS dem verschütteten Brunnen die Letter noch immer wie am ersten Tage hoch emporragt und Brunnenbauer und Pioniere den Rettungsschacht umstehen. Rufe werden mit den in der Tiefe Arbeitenden gewechselt. Bald wird gesägt, bald hämmert man mit wuchtigen Schlägen an Eisenrohren, bald bringt man Stroh oder Balken herbei. Auf einem Sand haufen und in dem luftigen Gartenhause find Strohschütten auS- gebreitet; sie bilden das Nachtlager für die Pioniere, auf dem diese, soweit fix an Ort und Stelle in Bereitschaft zu stehen haben und nicht in Gasthöfen einquartiert find, in ihre Mäntel gehüllt, schlafen. Trotz der empfindlichen Kühle, die in vergan gener Nacht die Fluren mit leichtem Reif überzog, trotz der Un ruhe ringsumher und trotz der grellen Lichtblitze aut den zahl reichen Laternen, schlafen sie nach der großen Anstrengung fest. Gestern abend war der Andrang deS Publikums besonder- stark. Bis nach Mitternacht hielt die Menschenmenge stand, wett sie trotz aller Enttäuschungen immer und immer wieder aus Entschei dung hoffte. Mittags '/i12 Uhr. Die Lagt will sich nicht bessern. Einer der großen, starken Eisenreifcn, durch welche die Verschalung in dem verschütteten Brunnen festgehalten wird, liegt vor der Aus mündung des auS Rohren hergestellten RcttungSstollenS. Nun hat man eine kleine Ocffnung gebohrt und will durch sie dem Verschütteten mit Hilfe eines Zinnrohres und eines Mundstückes, das man ihm zum Ansetzen an das Rohr zureichen will, Milch zuführen. Soeben gelang eS auch, vie Ocffnung in der Zwischen wand so zu erweitern, daß ein Pionier dem Eingeschloffenen die Hand reichen konnte. Nun will man versuchen, die den Stollen bildenden Rohre so tief zu senken, daß ihre Ausmündung unter den jetzt den Weg versperrenden Reisen zu liegen kommt. Zeigt sich aber bis um 3 Uhr, daß das unmöglich ist, so will Ober steiger Krügel von den Heinrichschen Werken zu Naundorf, der schon während der vergangenen Nacht mit an der Unfallstelle war, mit 2 seiner besten Leute ans Werk gehen und auf der Südseite nach seinen bergmännischen Erfahrungen einen neuen Rettungsschacht anlegen. Man sagt, der Verschüttete sei zuversichtlicher Stimmung. Nachmittag 2 Uhr. Der Pionier Albert Hennig von der 4. Komp, des Pionier-Bataill. Nr. 12, welcher von morgens 4 Uhr ab und gegenwärtig noch im Stollen arbeitet, reichte gegen 12 Uhr dem verschütteten Thiele mit Hilfe eines Gummischlauches ungefähr 1/, Liter Milch, ferner durch die gebohrten Löcher 4 Stückchen Schokolade, ein Licht und mehrere Streichhölzer, sodaß Thiele jetzt wieder Licht um sich hat. Außerdem plant man auch den Brunnen durch elektrisches Licht zu beleuchten. In die Schalung find 4 Löcher eingebohrt von je 1^, Zoll Höhe. Um 2 Uhr wurde Thiele auch wieder etwas Waffer mit Kognak gereicht, was vor läufig den Schluß der Ernährung bildete. Der von den Berg leuten geplante Schacht an der Südseite ist bi- auf weiteres auf gegeben, da man hofft, den Bedauernswerten doch noch durch den Eisenrohr-Stollen zu retten. Thiele fühlt sich ganz wohl nach seiner eigenen Aussage, auch haben ihn die Kräfte nicht verlassen. 24 Pioniere und rin Sergeant find heute mittag 1,20 Uhr nach Dresden zurückgrsahren. Da immer nur wenige Leute zugleich thätig sein können, genügen die zurückbleibcnden völlig. Donnerstag, vormittags 8 Uhr. Der verschüttete Brunnen bauer Thiele ist bis zur jetzigen Stunde noch nicht gerettet. Durch die Ocffnung in der Verschalung des Brunnens, die etwa die Größe eines Kopfes hat, wird ihm aber fortgesetzt Nahrung zugeführt, auch gelang es, ihm eine wollene Decke zu übermitteln. In der Nacht haben nun Bergleute auS Naundorf unter Leitung des Obersteigers Krügel damit begonnen, einen dritten Schacht herzustellen, da von dem anderen Schacht auS die Rettung deS Verunglückten mit zu großer Gefahr für diesen verbunden ist. Es ist allerdings kaum darauf zu rechnen, daß daS RettungSwerk schon heute gelingt. Thiele gerettet! Heute mittag gegen 12 Uhr gelang es, von dem von Brunnenbauern und Pionieren erbauten Schacht aus durch eine 35 Zentimeter weite Eisenröhre Thiele zu rette«, nachdem er ca. 118 Stunden in der furchtbaren Qual lebendig Begrabenseins und jeden Augenblick des Todes gewärtig in der Tiefe zugebracht hatte. Thiele wurde so fort ins Krankenhaus zu Grimma gebracht, wo er auge«- blicklich ruht. Er fühlt sich jedoch ganz wohl. Er konnte ohne Hilfe die Treppe emporsteigen und hat sich selbst ent kleidet; auch nahm er mit anscheinend gutem Appetit Nah rung zu sich. Allgemein herrscht große aufrichtige Freude über Thieles Errettung. Telegramme und Neueste Nachrichten. Köln. Ein blutiges Ehedrama spielte sich in letzter Nacht am Buttermarkt ab. Dort überfiel die von ihrem Gatten getrennt lebende Frau eines Dachdeckers ihren Mann und stach ihn mit einem Dolchmeffer in die linke Seite. Der Mann brach mit lautem Schrei zusammen, aus verschiedenen Wunden blutend. Die Frau wars das Messer weg und suchte zu entfliehen, wurde aber aufgehalten und der Polizei übergeben. Die Verletzungen des Dachdeckers sind lebensgefährlich. Tanger. Der Sultan hat den Vertretern der Mächte mitge- tcilt, vaß er Truppen zur Bestrafung der Kabylen abgesandt habe, welche vie beiden spanischen Staatsangehörigen in Gefangenschaft hatten. Die Fremden sind ersucht worven, daS Operationsgebiet binnen 30 Tagen zu verlassen. New-Jork. Ein Telegramm auS Willemstadt berichtet von der Halbinsel Maracaibo, daß unter den Venezolanern der Halb insel Guajiros große Unruhe herrsche. Die gesamte indianische Bevölkerung ist gegen die Venezolaner im Aufstand. Die Truppen haben Befehl, nicht ihr Lager zu verlassen, auS Furcht, daß die Indianer sie in einen Hinterhalt locken. Das Militär ist durch Entbehrungen aller Art demoralisiert. BorauSsichtlichc Witterung für den 18. u. IS. Okt. Freitage Im Westen wolkig, etwa« wärmer, stellenweise etwa» Regen. Im übrigen Gebiet teils heiter, teils neblig oder wolkig, Nacht sehr kühl, Mittag milde, keine oder unerhebliche Niederschläge. Sonnabend (vorläufig): Vorwiegend trockenes, vielfach nebliges oder wolkiges Wetter ohne nennenswerte Niederschläge. Frankenberger Kirchennachrichte«. Freitag, den 18. Oktober. Nach« '/.2 Uhr. Betstunde,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)