Volltext Seite (XML)
60. Jahrgang Dienstag, »en 2 April 1801 7»^,^spa Amtsblatt der Königlichen Amtsharrptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. -«sertt-Hetttzra,, Dir 5-grjp. PeUlzetl« oder deren Raum 18, bet Lokal-Jnjerat« 12 Ps.; li» amtlich« Lell pro Zeile 4t)Ps.; .Eingesandt" im N«» daklwntlrtle 30 Pf. Bei schmierigem und tabellarischem Satz Ausschlag nach Lortz. Kür 'Nachweis und Ofierten-Annahme üb Ps Extt»gebichr. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Romberg in Frankenberg I. Sa. — Druck und Verlag von C- G. Roßberg in Frankenberg i. Sa. W4, i« unserer von und«»». augönommew. L ' Rach Orten außerhalb de« deutschen Reiche« und Oesterreichs, soweit solche im Gebiete des Wettpoftverein« liegen, geschieht der Versand unseres Tageblattes mit wöchentlichen Kreuzbandsen- dünge« »an , un« unter Portoansatz von 2 M. — Pf. per Vierteljahr. So« Vaxoklotto«. Die in SemLßheit von 8 9 Absatz 1 Ziffer 3 deS Reichsgesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden in der Fassung vom 24. Mai 1898 — Reichsgesetzblatt S. SS1 — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Chemnitz im Monat Februar dS. I». festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von de« Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmannschaft im Monat März ds. I. an Militärpferd« zur Verabreichung gelangte Marschfourage beträgt für 50 Kilo Hafer 7 M. 7S Pf., für 50 «Uv He« 4 M. 20 Pf. und für 50 Kilo Stroh 3 M. 78 Pf. Königliche Amtshauptmannschaft Flöha, den 28. März 1901. V0« WilUlti, Bezirksassessor. Sch. Bekanntmachung, die Jx»«lidiläts- mid Attersverficherimg detr. ES wird von den nach dem Reichsgesetze, betr. die Jnvaliditäts- und Altersversicherung versicherten Personen beim Wechsel des Beschäftigungsortes häufig unterlassen, die bei den Hebestellen zur Aufbewahrung hinterlegten QuittunHskarten zurückzuverlangen, vielmehr a« «e«e« Beschästiguugsorte häufig d»e Ausstellung emer neuen Quittuugskarte beansprucht, ohne daß des stüher bestandenen Versicherungsverhältnisses und der Thatsache, daß für den Versicherten bereits eine andere Quittangskarte ausgestellt und mit Marken beklebt war, Erwähnung gethan wird. Dsr Versicherte setzt sich dadurch dem Rachtheile aus, daß ihm die frühere Quittung starte «ud die darin eiugeklebten Marken dereinst nicht angerechnet werden. Die Versicherten veranlassen wir in ihrem Interesse, stets auf die rechtzeitige Zurückforderung der Quittungskarten, sowie Vorzeigung derselben bei der zuständigen Stelle des neuen Beschäftigungs- orteS bedacht zu sein. 1. April 1901. Der Stadtrath. »r Mettig, Brgrmstr. Bekanntmachung, die Biersteirer betr. Nach 8 8 des Biersteuerregulativs vom 10. August 1891 ist jede Privatperson, welche Bier zum eigenen Hauswirthschaftsbedarf von auswärts bezieht, verpflichtet, spätestens «M 3. Tage nach dem Bezüge des Bieres dessen Menge und Sorte, sowie die Bezugsquelle desselben bei der Stadtsteuereinnahme anzuzcigen und gleichzeitig den dafür fälligen Steuerbettag abzuführen. Steuerhinterziehungen werden unbeschadet der Einziehung der Biersteuer mit Geldstrafe bis zu 50 Mark oder Haft bestraft. Frankenberg, am 1. April 1901. Der Stadtrath. »i«. Mettig, Brgrmstr. Bekanntmachung. Rechnungen über im Laufe des verflossenen Monats für die hiesige städtische Verwaltung bewirkte Lieferungen und Arbeiten sind bis znm LS. April anher einzureichen. Frankenberg, am 1. April 1901. Der Stadtrath. ISr. Mettig, Bürgermeister. N. Versteigerung in Oberwiesa. Mittwoch, den 3. April ds. IS., Nachm. 3 Uhr soll in der Höppuer'sche« Schankwirthschaft in Oberwiesa 1 Tisch, 1 Kleiderständer und 2 Bilder gegen sofortige Be zahlung öffentlich versteigert werden. Frankenberg, den 1. April 1901. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Bekanntmachung für Garns-orf. In Gemäßheit der in 8 46 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juli 1900 enthaltenen Bestimmungen werden alle Personen, welche am hiesigen Orte ihre Einkommrnsteuerpflicht zu erfüllen haben, denen aber bis jetzt die Steuerzettrl nicht haben behändigt werden können, hiermit aufgefordert, wegen Mittheilung deS EinschätzungSergebniffes sich bei der hiesigen OrtSsteuereinnohpre anzumelden. Garnsdors, den 30. März 1901. Böttger, Gem -Vorst. j Vertliches und Sächsisches. Frankenberg, 1. April 1901. H Palmsonntag ist vorüber, wir find in die still« Karwoche , t «ingettettn, an deren Schluß uns da« freundliche Osterfest ent. s gegenwinkt. Freilich so ganz still wird e- in dieser Karwoche nicht H?- fein, ist eS doch nun endlich mtt dem Frühling ernst geworden, alle« atmet auf und die Freude, daß nun endlich wärmere Tage A komme« und mtt ihnen das junge Grün, macht sich in jedem t Hanf« gellend. Genug war'« und übergenug, und alt und jung, i r die fo lange hinter den Fensterscheiben haben auShalttn müssen, sehnen sich in« Frei«. Frisch und herb ist die Lust, r» ist, al« ob ein Schleier mm Stirn und Augen genommen, di» Kraft und di« LebenSfreudigkett n«u gew«ckt werden. Und da Ostern der -roß« BersetzungS-Trrmin gewesen, bei dem die Milde mehr ge waltet, wie die Streng«, giebt «S in d«n meisten Familien noch eine Egtrafreude, und die „Versetzten", die mit allem ihnen inne wohnenden Stolz in di« Welt schauen, rechnen mtt einer doppelten Lakmg a« allerlei Ofttrherrlichkeiten. Wer da« Vaterhaus v«r- Die Kchwime von Weidlingen. Roman von Emmy von Bargstede. > > (Nachdruck dartotrn.) Ganz Grünberg ist in Aufregung. ES wird Weltstadt, eS bekommt Garnison. Lie Unruh« ist ordentlich ansteckend. Bei Apothekers besonder« geht «S wie in einem Taubenschlag her. Da wird gehämmert, gezimmert, da kommen Kisten aus der Residenz an. Da« Nein« mollige Gattenzimmer, in dem sonst di« Hono ratioren Stammgäste find, ist vergrößert und neu eingerichtet worden. Helle Sammttvorhänge bauschen sich über der Thür und verdunkeln die Fenster; Makartsträuße und Wandteller glänz«n von den dunklen Tapeten. Hochrot vor Eifer und zufrieden und stolz über fein Weck steht Apotheker Lehmann mitten im Zimmer und wirst befriedig« Blicke nach allen Seiten. „Heda, Berthel, Gusti, kommt doch mal 'rein!" ruft der kleb»« Man« laut nach Fra» und Tochter. „Seht Euch doch mal 's die Sach« hier anl Famos, nicht wahr? FamoS!" „Prachtvoll, Alterchen, wie bei Dressel", versicherte die kleine, rund« Frau Lehmann, trotzdrm sie nie einen Fuß nach Berlin gefitzt hat. » „Ich de*k«, die Herren Offiziere sollen sich hier mollig fühlen, an de« Bau ei«eS Kasino« ist noch lange nicht zu denken, und 4 also —" Der Apotheker läßt den Satz unvollendet, aber sein HSndr- reibea spricht deutlicher al« Wort«. Fräulein Gusti stößt einen klemm Seufzer aut und reckt ihre lange Gestalt noch höher. Schm» fitzt pacht ihr jungw Herz schneller, wenn sie an die bunten Uniforme« denkt, di« demnächst da« Städtchen bevölkern werde«. Sie hat gar keinen Respekt mehr vor dem Zivil, seit fk die himmlisch« Roman« grlefin hat, — in denen jeder Leut- «mtt «in Held ist! Plötzlich lünst Gusti in« Borzmuner, an« Fenster. „Mama, »Mchchaptg,^fie fchtt «lld« Dcktm«! Komm doch nm schnell lassen muß nach Ostern, dem trübt sich wohl mehr als einmal in dieser letzten Kindheits-Woche der Helle Blick, aber auch ihm fehlt »S nicht an Trost, und die Helle Jugendhoffnung thut das Ihrige. Mit geröteten Wangen leitet die Hausfrau das Getriebe des Haus standes, daS große Frühlings-Reinemachen bringt Beschäftigung in Hülle und Fülle, und Ostern mit seinen Ostereiern und Festgaben sonstiger Natur thut dann erst recht noch das Seine. Mehr wie feierlich ist es ja freilich, wo nun gerade vor Ostern ein Umzug stattgefunden, und deS Wechsels Reiz und seine Plage sich von neuem bewähren. -f Der 1. April hat als Anfangspunkt Ves Etatsjahres im Reiche und in Preußen, als Beginn des Sommersemcsters in den Schulen, als Umzugstag, als Quartalsanfang für Zinsenfälligkeit und Gehaltserhöhungen und als was sonst noch eine besondere Bedeutung unter den Tagen des Jahre«. Es ist daher ganz in der Ordnung, daß sich um diesen Tag auch die Legcndenbildung geschlossen, und er auch in dem Gemüts- und Gefühlsleben des Volkes eine besondere Stelle einnimmt. Der uralte Brauch des Aprilscherzes haftet an ihm. Allerdings ist dieser Brauch nicht germanischen Ursprungs, wie so viele bis auf den heutig« Tag erhaltene Sitten, sondern er stammt auS Frankreich. König Karl der Neunte von Frankreich hatte im Jahre 1564 das Neujahr auf den 1. April verlegt, um die ihm fürchterlichen NeujahrSge« schenke am 1. Januar zu vermeiden. Die Leute, die ihre Ge schenke am 1. April zu erhalten verhofften, waren gehörig ange führt und in den April geschickt. Für uns Deutsche hat aber der 1. April als Geburtstag Bismarcks ganz besonderen Wert. Haben wir die Sitte des AprilschickenS von den Franzosen über nommen, so hat Otto v. Bismarck diese doch so gehörig in den April geschickt, wie eS kein Mensch zuvor gethan hat. Und wie wunderbar, je öfter der Tag sich jährt, an dem uns der eiseme Kanzler genommen, desto größer wird die Gemeinde derer, die daS Geschenk, daS der erste April dem deutschen Volke in der Person Bismarcks darbot, zu begreifen und zu würdigen versteht. ES bedrückt so vielerlei daS Herz des deutschen Volkes, daS den Gedanken erweckt: „Lebte Bismarck noch, dann wäre viele« anders." 1- Am Karfreitag findet unter Mitwirkung de« trefflichen einmal her! Ist das ein Gethue! Der kleine Walter ist doch schon viel besser!" ES klingt wie Aerger auS Gusti« Stimme, und weit vorge neigt blickt sie auf die Straße. Vor dem Hause gegenüber hält ein offener Wagen, dem soeben eine Dame entsteigt, von welcher nicht« zu sehen ist, als die schlanke Gestalt und die feinen, braunen Löckchen ihres Haares, dir sich im Stacken ringeln. Gusti Lehmann ist ganz rot im Gesicht. Etwas wie Neid saßt sie jedesmal, wenn sie der Herrin von Weidlingen ansichtig wird. Ach, Adeltraut, Schwan von Weidlingen! Wie herrlich das klingt, wie ritterlich, wie aristokratisch — und Auguste Lehmann dagegen —. Die Beneidete ist längst im Hausflur verschwunden und die Treppe des HauscS emporgcstiegcn, als Gusti noch immer am Fenster steht. Auf daS leise Klingeln drüben nähern sich schnelle Schritte und mit dem Frcudcnruf: „Adeltraut!" umschlingt Frau Doktor Marx den Besuch mit beiden Armen. „Ich hatte es Dir doch versprochen, Annchen", sagte Fräulein von Weidlings sanft« Stimme, und sie zieht die kleine Frau in daS nächst« Zimmer. „Ach, Du Liebe, Gute, wenn ich Dich nicht hätte!" Und Frau Doktor Marx streichelt zärtlich dir Hände der Freundin, welche ihr sanft das schief sitzende Morgenhäubchcn zurecht rückt und die loSgegangcne Latzschürze srststeckt. DaS Helle Licht deS Herbsttages fällt voll auf die Gestalt der Aristokratin, auf daS feine, blasse Gesicht mit den großen „meertiesen" Augen, wie der junge, poetische Gymnasiallehrer Schüler neulich gesagt hatte, aber e» beleuchtet auch grell und unbarmherzig die silbernen Fäden in dem nußbraunen Haar. „Wo ist Dein Mann, Annchen?" „Zu seinen Kranken über Land. O, Adeltraut", — in Annas Augen treten Thräncn — „Du ahnst nicht, wie «S mein Herz zerrrißt, wenn ich meinen armen Otto meilenweit über Feld gehen lassen muß! Glaub« mir, nur unsere Armut ist schuld daran, daß seine Praxis nicht wächst. Wer will einen Arzt haben, der nicht einmal einen Wagen bezahlen kann!" Adeltraut antwortet nicht, ihre Augen blicken hinaus in den Goldglanz, der wie ein Hauch über den engen Straßen der kleinen Stadt ruht; ein bitteres, schmerzliches Lächeln spielt um ihren Mund. Ja, die Freundin hat recht! Immer und überall hemmen die armseligen Verhältnisse des jungen ArztcS sein Vorwärtskommen, eine schlichte Praxis und viele Kinder lassen ihm keine Zeit zur Entfaltung seines Könnens. Der einst so lebenslustige, heitere Mann ist wortkarg und einsilbig geworden, klagt zu Hause über fehlende Behaglichkeit, und jeder Tag, jedes Jahr verzehren mehr von seiner Lebenskraft und seinem Lebensmut. Annchen plagt sich ohne Dienstmädchen im Haushalt und mit den Kindern, ach, und im Hofe des Freischulzen zu Schwanthal brauchte sie sich keinen Finger naß zu machen! Wer hat aber auch ahnen können, daß der sonst so zärtliche Vater unerbittlich stin würde! „Adeltraut" — beginnt die kleine Frau endlich zaghaft — „Du könntest doch einmal bei meinem Vater für mich und meine Kinder sprechen. Wenn er auch Otto nicht verzeihen will, so muß er doch für seine unschuldigen Enkel ein Herz haben." „Annchen", de» Mädchens schöne Augen schimmern feucht — „glaubst Du wirklich, ich hätte nicht längst bei Deinem Vater für Dich und Dein Glück gebeten? In dieser Hinsicht ist der sonst so einsichtsvolle alte Mann völlig unzugänglich." Frau Doktor Marx wendet sich ab, und brennende Thränen rinnen über ihre Wangen. Ist eS denn möglich, daß der Vat«r sein eigenes Fleisch und Blut aufgicbt und verläßt, nur weil daS jung« Herz anders dachte und fühlte als daS alte, welche» nicht« mehr wußte von LiebcSglück und Licbeslrid k Ist es denn mög lich, daß ein Vater sich für immer von seinem Kinde trennen kann? „Fasse Dich, Annchen!" und Adeltraut umschlingt die Trau rige. „Nein, giek die Hoffnung nicht auf. Du weißt, ich bin Deine« Vater« Liebling und werde nicht müde werden, ihm sem Unrecht vorzuhalten, und dann ist all« Not und Sorge für Dich vorüber." Anna trocknete ihre Augen unk lächelt«. E» ist ja st^bt-