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Oertlichcs und Sächfisches. Frankenberg, 12. Juni 1902 Zum Befinden des Königs Albert wird dem „Dr. Anz." auS Dibyllenort vom Mittwoch folgendes gemeldet: Von einem wirklichen Fortschritte in dem Zustande deö Königs wird man so lange nicht zuversichtlich sprechen kön nen, als daS KrankheitSbild infolge der bald günstig, bald weni ger günstig lautenden BülletinS noch schwankt. Eine bestimmte, unveränderte Richtung schien die Besserung, wie auch in unseren Berichten zum Ausdruck kam, am Sonntag und Montag annehmen zu wollen und thatsächlich war an diesen Tagen auch, vielleicht mit Ausschluß der spezifisch ärztlichen und der ihnen nahestehenden Hojkreise, die Auffassung der Lage hier so optimistisch, daß wir einen ergrauten Diener des Königs seiner Freude darüber lebhaf ten Ausdruck verleihen hörten, daß der König nun doch wieder gesund in Dresden einziehen werde. Vor einer so optimistischen Beurteilung der Verhältnisse haben wir aber dann einen mit der Lage durchaus vertrauten Herrn, der mit der allerhöchsten Stelle und den Leibärzten engste Fühlung hat, direkt warnen hören. Der Zustand des Königs sei in der That nach wie vor ernst. Allerdings läßt sich wieder auf der anderen Seite auf die Frage, ob überhaupt und wann eine Wendung zum Schlimmeren eintre- ten könne, eine Antwort überhaupt nicht geben, nur da- Eine bleibt bestehen, daß mit der angedcuteten Eventualität gerechnet werden muß. Man wird darum auch" die Abreise der prinzlichen Herrschaften auf die vollkommene Ungewißheit über den Eintritt einer Krise zurückzuführen haben, ohne günstigen Schlüffen, die darüber hinausgehen, Raum geben zu dürfen. Ob die vollkom mene Genesung deS Königs im Bereiche der Wahrscheinlichkeit liegt, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Die Antwort, die wir darauf von jenem obenerwähnten Herrn hörten, bestand in den kurzen Worten: „Vor Gott ist kein Ding unmöglich." Man wird diesen Verhältnissen bei Beurteilung der BülletinS Rechnung tragen müssen: am besten wird man weder aus günstigen noch auS ungünstigen amtlichen Krankenberichten zu weitgehende Schlüffe ziehen, sich vielmehr damit begnügen, in dem Bülletin einen durch aus zuverlässigen Bericht über dir momentane Lage zu sehen, die aber jederzeit einem raschen Wechsel nach der einen oder der an deren Seite auSgesetzt bleibt. Die Frage einer Ucbersiedelung de» König» nach seiner Residenz wird, wie man uns versicherte, ven tiliert werden, sobald die Verhältnisse eS zulaffcn. Darüber, daß die» vorläufig nicht der Fall ist, kann kein Zweifel bestehen. Der „Schl,fischen Zeitunx" wird au« Sibyllenort unterm 10. d. M. geschrieben: Vom Befinden deS Königs ist über den Inhalt d«, letzten BülletinS hinaus nicht viel zu melden. Der Appetit deS hohen Kranken ist noch immer erfreulich rege. Gegen 6 Uhr nachmittags verlangte er Bier. ES wurde ihm das von ihm bevorzugte Zacherlbräu gereicht, daS ihm zu munden schien. Die Königin hat heute früh vor der Messe, während der König schlief, einen Spaziergang im Parke gemacht, wie gestern schon. Am Sonnabend und Sonntag ist sie für kurze Zeit ausgefahren. Bei ihren Ausfahrten benützt sie einen englischen Ponywagen, dec nebst dem dazugehörigen schottischen Pony, einem munteren, feisten Braunen mit kurz geschorener Mähne und gestutztem Schweife, vor nunmehr sechs Jahren für den ausschließlichen Gebrauch der Königin angeschofft worden ist. Der Wagen sieht, besonders von hinten, wie ein großer Kinderwagen auS und bietet nur für eine Person Platz. Er geht sehr tief, sodaß da« Einsteigen besonders mühcloS ist. Der Kutscher muß neben dem Pony einherschreitcn und das Tier führen. Von seiner letzten Ankunft in Sibyllenort bis vorigen Donnerstag, an welchem Tage er den letzten schweren Anfall erlitt, hat der König auch den Ponywagen benützt, und zwar an jedem Tage zu einer Ausfahrt. Die Königin ging wäh rend jeder dieser Ausfahrten neben ihrem Gemahl einher. Außer dem Ponywagen der Königin ist im Marstalle des Schlosses noch ein zweiter, für den Pony gearbeiteter Wagen vorhanden, mit Kutschersitz, den der Pony an sonst müssigen Tagen fahren muß. Im Marstalle stehen gegenwärtig 32 Pferde, und zwar 20 Wagen- und 12 Reitpferde. Die Wa-enpferde find sämtlich Braune mit gestutzten Schwänzen. Unter ihnen befinden sich auch die beiden Tiere, die sonst den Pirschwagcn des Königs ziehen, von dem auS der hohe Herr seit Jahren in gesunden Tagen in der näheren oder ferneren Umgebung des Schlosses gar manchen Rehbock erlegt hat. DaS Revier ist außerordentlich reich an Wild, namentlich Rehwild, das in sachverständigster, sorglichster Weise gehegt und gepflegt wird. Prinz Georg, der heute um 4^ Uhr von einem Spaziergange nach dem Schlöffe zurückkehrtc und später im Schlöffe — fern von den Zimmern de» Königs — Klavier spielte, fuhr gegen 6*/, Uhr mit dem Oberwildmcister Mehwald und mit seinem Leibjäger auf die Rehbockpirsche. Der Wagen verließ daS Schloß in westlicher Richtung; vermutlich war Domatschine daS nächste Ziel. Wie cs hieß, hatte der Prinz die Absicht, morgen in aller Frühe nochmals den Pirschwagen zu besteigen. Prinzessin Mathilde reitet öfter auS und bleibt dann gewöhnlich etwa eine halbe Stunde vom Schlöffe fern, mitunter, wenn des Königs Befinden besser ist, auch nicht unerheblich länger. DaS Welter war heute recht wechselnd. Einem ziemlich warmen, etwas schwülen Vormittage und Mittage folgten gegen 3 Uhr ein von Nordosten nach Norden vorüber- ziehendeS Gewitter mit heftigem, aber kurzem Regengüsse. Bold daraus gab eS mehrfache Sonnenblicke, auch wieder einmal Regentropfen, und um 7 Uhr abends ging, doch ohne Regim, ein zweites Gewitter vorüber, diesmal von Tüdost nach Süd« west hin. Sibyllenort. Da» Mittwoch abend v Uhr aulgegebenr Bülletin lautet: Im Verlaufe de» heutigen Tage» ist ein« Aen- d-rung im Befinden Sr. Majestät de» König« nicht eingetreten. Vr. Fiedler. vr. Selle, vr. Hoffmann. Sibyllenort. Da» Donnerstag früh 7 Uhr ausgegebene Bülletin über daS Befinden deS König» Albert lautet: Die letzt- vergangene Nacht war durch erschwerte« Atmen und dir dadurch bedingte Unruhe erheblich gestört. Die Herzthätigkeit bedarf hier und da der Anregung. Der Appetit ist fortdauernd befriedigend, vn. Fiedler, vr. Selle, vr. Hoffmann. -f Da- Behandel« Ertrunkener. Die jetzige Zeit verlangt manches Opfer durch Ertrinken. Auch Ertrinkende zu retten ist gefährlich. Man hüte sich dabei vor deren krampfhaftem An klammern, das die nölige freie Bewegung hindert» welche allein über Wasser erhält. Sehr oft ertrinkt deshalb der Erretter mit. Man nahe einem Ertrinkenden vorsichtig, suche ihn mit der au«- gestreckten Hand zu ersoffen, möglichst bei dessen Hand oder bei den Haaren, und arbeite sich dann vermittels de« Gebrauches der übrigen freien Glieder an da« Land. Bei schon Ertrunkenen schneide man, wenn sie bekleidet find, schnell die Kleider auf und entferne diese. Zuerst lege man nun einen solchen auf den Bauch, womöglich vorn etwas tiefer, öffne den Mund weit, reinige ihn und die Nase vom Schlamm, ziehe die Zunge heraus und binde sie mit einem Tuche am Kinn fest. Nun erst lege man den Körper auf den Rücken und reibe Brust wie Gesicht trocken und suche durch künstliche Atembewegung di« Brust zu heben und zu senken. Bi« zu zwei Stunden ist eS möglich, daß die Lunge zum Wiederbeginn de« Atmens dadurch genötigt wird. Wird ge atmet, dann erst unterstütze man den wieder eintretenden Blut umlauf durch Erzeugung von Wärme. DaS geschieht durch Reiben und Einwickeln in gewärmten Betten; ferner lege man warme Ziegelsteine an die Seiten und lasse thcelöffelweise warme« Wasser, Thee, Grog oder Wein trinken. 4 Um alte« Kartoffeln de« vollen Wohlgeschmack wieder- zugtben, muß man dieselben abends schälen und völlig mit Wasser bedeckt über Nacht stehen lassen. Vor dem Gebrauch setzt man sie mit kaltem Wasser zu, bringt sie zum Kochen, gießt da« Wasser gut ab und giebt sie sofort mit frischem kochenden Wasser und Salz wieder auf da« Feuer. — In einer unlängst stattgefundenen geheimen Sitzung d«S StadtgemeinderateS zu Lnnzena« hat der Bürgermeister Richter, „den obwaltenden Thatsachen entsprechend", sein Amt niedergelegt. — AuS Anlaß der Bauvollrndung de« schön und praktisch Freitag, den IS» Juni LSO2 Kl. Jahrgang LS« Amtsblatt derKöniglichenAmtshauPtmannschastFlöha, des Königlichen Amtsgerichts und desStadtratS zu Frankenberg -»ser»t-E«»iißr«» t Die b-gesp Petttzett« oder deren Raum lö, dei Lokal-Inseraten 12 Pf.; im amtlichen Lett pro Zeile 1U Pf.; „Eingesandt" im Rt- daklionSteile 80 Pf. vei schwierigem und tabellarischem S«tz Lufschlag nach Tarif. Für Slachwet« und Offerten - Annahme 2b Pf. «ltrageblihr. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn-und Festtage, abend- für den fol genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Ps„ monatlich bO Pf., Einzelnummer bPs. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postanstatten angenommen. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. Druck und Verlag von E. G. Roßberg in Frankenberg t. Sa. 6) einem Pf- n) von Pf. einem einem hier wohnenden Kranken, welcher einer auswärtigen Kranken« kenkasse, sowie kaffe angehört; Pf- Pf- von von von von einem einem 1 M. 80 Pf. von selbst zahlenden hiesigen Einwohnern und den hier wohnenden Mitgliedern der hiesigen Dienstboten-, Privat-, Jnnungs-, Hilfs-, Orts- und Betriebs- d) e) d) <-) 4 M. SO ansprucht; 3M.— 2 M. 75 angehört; 2 M. — Folge. 5. An Kur« und in der Regel nicht zugelaffen. Ein Besuch darf nicht länger als */, Stunde ausgedehnt werden. Es ist nicht gestattet, Kranken Lebensmittel oder Ergötzlichkeiten irgend welcher Art mitzubringen und zuzustecken. Auf Verlangen hat sich daher der Besuchende vifitiren zu lassen. Körbe und dergleichen find an den Hausverwalter abzugeben. Innerhalb des Krankenhauses ist Alles zu vermeiden, waS die Ruhe der Kranken zu stören und letztere zu behelligen geeignet ist, insbesondere ist daS Tabakrauchen streng verboten. Stu-tkrankenhuus. Für die Benutzung dieser Anstalt find bis auf Weiteres folgend- S stimmunge« über Aufnahme, Verhalte« und Pflegesatze maßgebend: 1. Die Aufnahme hier wohnhafter Personen in daS Krankenhaus erfolgt nur gegen Abgabe eines vom Stadtrathe ausgestellten Anweisescheines, welcher letztere auf Grund eines Zeugnisses jede« beliebigen Arztes ausgestellt wird. Hier Verunglückte können ohne Weiteres in daS Kranken- Haus gebracht werden. 2 Auswärts wohnhaften Personen wird, soweit der Platz reicht, nur dann ein Aufnahmeschein ertheilt, sobald die schriftliche Erklärung der betreffenden Gemeindebehörde oder Krankenkaffcnverwaltung vorgelegt wird, daß sie für Bezahlung der Kur- und Verpflegungskosten auf unbeschränkte Zeit aufzukommen gewillt ist. 3. Die Kranken haben sich für die Dauer ihres Aufenthalts im Krankenhause den Bestim mungen der ausgestellten Hausordnung, von welcher ein Exemplar in jedem Krankenzimmer auShängt, «) Jeder Besucher hat sofort nach Ablauf der Besuchsfrist nicht nur daS betreffende Kran kenzimmer, sondern das Krankenhaus überhaupt ohne Verzug und ohne weitere« Ver weilen auf den Eorridors, Treppen u. s. w. zu verlassen. k) Den Weisungen des KrankenhauSpersonalö ist unbedingt Folg« zu leisten. Nicht beachtung dieser Bestimmung hat die sofortige Ausweisung au- dem Krankenh use zur hiesigen Kranken, welcher ein Extrazimmer beansprucht; auswärtigen Kranken, welcher keiner hiesigen Krankenkasse » auswärts wohnenden Kranken, welcher einer hiesigen Kran ¬ unweigerlich zu fügen. 4. Kranke im Krankenhause zu besuchen, ist Angehörigen Mittwochs und Sonntags Nach: tags zwischen 2 und 4 Uhr auf Grund besonderer im Aufnahmezimmer des Krankenhauses zu holender ärztlicher Erlaubniß gestattet. Es ist jedoch hierbei folgendes zu beachten: Mehr als 3 Personen werden innerhalb obiger Besuchszeit zu einem einzelnen Krar Verpflegungskosten find für den Tag und Kopf zu zahlen: ätt«wär1S wohnhaften Kranken, welcher ein SrtrckzftnttrnIM' Außerordentliche Generalversammlung Her LMmktiikasse 8«mMrf, MwlWem ui LrtMttf Sonnabend, den 14. Juni, Abends V,S Uhr in Rerge'S Restaurant. TageS-ordnung: Erhöhung der Beiträge der einzelnen Klaffen. Zu dieser Versammlung werden hierdurch alle gewählten Vertreter höflichst eingeladen. Otto Rüger, Vorsitzender.,^, krankenkassen, sowie für die auf Kosten der Armenkasse untergrbrachten Personen in den gemeinschaftlichen Zimmern. Für diese Sätze werden volle Beköstigung, ärztliche Behandlung, Abmattung, Pflege und edikamente gewährt. Extraauswand infolge von Tag- und Nachtwachen, besondere Kostzulage, Schaffung von Bandagen und dergleichen wird besonders berechnet. Frankenberg, am 12. Juni 1902. Der Stadtrat h. Abtheil««g für Pfleg- ««d Bersorgaastaltm. Stephan, St.-Rath. Bekanntmachung. Punkt 2 unserer Bekanntmachung vom 19. März 1884, den Besuch von Schankstätten durch ildungSschüler betreffend, wird hiermit außer Kraft gesetzt. Frankenberg, am 10. Juni 1902. Der Stadtrat h. »r M-ttig, Bürgermeister. M. Das Konkursverfahren über daS Vermögen des Echokoladenwarenhändler« Friedrich Iuliu« org-ust-r« in Frankenberg, Baderberg 11, wird hiermit eingestellt, nachdem sich ergeben hat, eine den Kosten de« Verfahrens entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist (ß 204 Konk.-Ordng.). Königliches Amtsgericht Frauteuberg. der Borstand. L. Backhauses», »«fitzender Bereinigte Ortskrankenkasse. Außerordentliche Generalversammlung Freitag, den 2V. Juni ». Abend» V,V Uhr im Saale des WebermeisterhanseS. Tagesordnung: Beschlußfassung über die in voriger Generalversammlung angeregte GehaltSftaffU ftlr di« Kaffen beamten. Verschiedenes. Um zahlreiche« und pünktliche« Erschein«» der Herren Bertrrter bittet Frankenberg, den 12. Juni 1902.