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der Finanzdeputation unter Berücksichtigung de« Ertrage« von 1801 da« Normalsoll mit SO Millionen Mark eingesetzt ist. Unter Hin. znrechnung eine« 25prozentigen Zuschläge« ergeben sich dann brutto 4b Millionen Mark, während sich nach Berücksichtigung de« Zu wachse« und de« Wegsalle« da« Netto auf 48,483000 Mark stellt. Nach alledem find sür dir Finanzperiode 1802/03 dir Einnahmen bri Kapitel 20 wir folgt festgesetzt: Grundsteuer 4,18b200 Mk. Einkommensteuer (rinschl. 2b Prozent Zuschlag) 43.488000 „ Etrurr vom Wandergewerbe 280000 „ Urkundenstempel und Erbschaft«steuer . . . 3,800000 „ Kanzlrisporteln 38300 „ Diverse Einnahmrn 114300 „ Ärmma: 51,881800 Mk. Hiervon kommen in Abzug Ausgaben für Besoldungen und dergl. im Gesamtbeträge von 3,352050 Mark, sodaß ein Ueberschutz von 48,b087L0 Mark verbleibt. Dieser Ueberschuß ist um 6,877 755 Mark, also um rund 7 Millionen Mark geringer, als der im ursprünglichen Etat festgestellte, wird aber bei den Ersparnissen einerseits (vorläufiger Wegfall der WohnungSgelbzuschüssc rc.) und bei den Mehreinnahmen andererseits (Erhöhung der Gerichts« kosten rc.) ausreichend sein, um den Fehlbetrag im Staatshaushalt vollständig zu decken. Die Deputation hat übrigens, was das Jahr 1808 anbetrifft, ausdrücklich den Wunsch ausgesprochen, daß die Einkommensteuer nur in zwei Terminen erhoben wird, also der in diesem Jahre nötige Zwischentermin wegsällt. Der Zuschlag wird somit im Jahre 1803 auf die beiden gewöhnlichen Termine zu verrechnen sein. -s- Eine der seltenen Gelegenheiten, den Planeten Merknr zu sehen, bietet gegenwärtig der Abendhimmel bei freiem Nord- westhorizont. Er steht links von dem Stern Beta im „Stier" und übertrifft ihn an Glanz und Weiße. Am Abend des 7. Juni steht der Mond al« ganz schmale zunehmende Eichel links vom Merkur. -s Schwiatzelaazeige«. Daß e« noch immer Leute giebt, die aus gewisse Schwindelanzeigen, welche vm Zeit zu Zeit in der Oeffentlichkeit erscheinen, hineinfallen, beweist daS Nachstehende: Stand da in einer Zeitung: 300 Gegenstände sür Mark 3,75; darunter goldene Uhr, Brillantring, Taschenmesser, Zigarrenspitze, Halskette u. s. w-, nur nützliche Gegenstände! Eine Dresdner Familie machte von dem Angebote Gebrauch uno bestellte die Waren. Nach kurzer Zeit kam die Nachricht vom Zollamt, daß die bestellten Waren angekommen seien. Man machte sich mit einem Tragkorb auf den Weg, um die große Kiste gegen Entrichtung von Mk. 1,25 Zoll in Empfang zu nehmen. In Wirklichkeit war eS aber eine Pappschachtel von 8 Zentim. Höhe, 10 Zentim. Breite und 10 Zentim. Länge. Die angegebene goldene Uhr mit Kette, bestehend auS einem Holzkasten, die Vorderseite mit vergol detem Blech beschlagen mit Zifferblatt, einem Zeiger und drei Rädchen, eine Kette mit Gewicht vorn über die Räder gezogen. Vom Gehen dieser „Uhr" ist natürlich keine Rede. Der „Brillant, ring", daS Taschenmesser (zusammengenageltcs Blech) find vollständig wertlos. Außer diesen Gegenständen gab es noch eine Schachtel Locknadeln, Nähnadeln, Stecknadeln, die letzteren beide ohne Spitze, ein Dutzend Hosenknöpfe u. a. m. Daß es zusammen YOO Ge genstände waren, ist ohne Zweifel, und ist von allem nichts zu gebrauchen. Nun steht in der betreffenden Anzeige, daß bei Nicht- gefallen der Warrn dieselben zurückgenommen und daS Geld zurübe gezahlt werde. Eiligst packte man nun den ganzen Ramsch zu sammen, versah die Schachtel mit derselben Aufschrift wie mick Bestellbrief und schickte sie mit Nachnahme zurück. Nach etwa 8 Tagen kam daS Paket wieder mit dem Vermerk: „Adreffat unbe kannt!" Die Folge hiervon war, daß man noch 1 Mark 80 Psennige Portogebühren bezahlen mußte. 's Ebersdorf. Der Damm des an dem Elektrizitätswerke Hilbersdorf liegenden Teiches ist am Sonnabend gebrochen und daS gesamte angestaute Wasser infolgedessen entlaufen. -f Ebersdorf. Am Sonnabend abend in der 7. Stunde ent stand vermutlich infolge der Unvorsichtigkeit eines rauchenden Spaziergängers ein kleiner Waldbrand in dem zur Gräflich Vitz- thuwschen Besitzung gehörigen „Schnellmarkte" und zwar direkt an der Hilbersdorfer Flurgrenze. Durch hinzukommende Personen wurde daS Feuer gedämpft, ehe cS größere Dimensionen annahm und bevor die Feuerwehr von Hilbersdorf mit der Spritze an der Brandstätte erschien. — Um die Rückzahlung einer Anzahl 4prozentiger Anleihen und Handdarlehne in einer Gesamthöhe von 340000 Mark zu leisten, ferner zur Beschaffung weiterer Mittel für daS Wasserwerk (60000 M.) und zur Anlegung neuer Straßen (100000 M.) macht sich in Mittweida die Aufnahme einer Anleihe in Höhe von 500000 M. nötig. DaS dortige Stadtverordnetenkollegium beschloß in seiner Sitzung am Donnerstag, diese Anleihe bei der LandeSverficherungSanstalt aufzunehmen, welche der Stadt Mitt weida daS Darlehn bei 1 Prozent jährlicher Tilgung ab 1. Januar rat, die eben das Zimmer betrat, ihren Zeitpunkt sehr richtig ge wählt hatte. Die würdige Dame strich mit einer etwas verächt lichen Handbewegung durch die Luft und schritt dann gelassen einem Fenster zu, dessen beide Flügel sie weit öffnete. „Damit ein vernünftiger Mensch Luft schnappen kann," sagte sie mit einem tiefen Atemzuge, zog einen Lehnstuhl in die Nähe dieses geöff neten Fensters und nahm breit und behaglich darin Platz. Der alte Herr ließ sich durch dieses etwas demonstrative Vor- gehen feiner Lebensgefährtin nicht im geringsten stören; fie hatte während der langjährigen Dauer ihrer Ehe stets unverhohlen ihren Abscheu gegen das lasterhafte Tabaklauchen zur Schau getragen, und er hatte, ebenso unverhohlen, sich auch nicht im mindesten dadurch beeinflussen lasten. Sie kamen trotz dieser kleinen Eigen tümlichkeiten vortrefflich mit einander auS, und ihre beiderseitige Zuneigung litt nicht darunter. Der Amtsrat wandte den Kops ein wenig zur Seite. „Gut, daß Du kommst. Alte, wir sprachen eben vom Heiraten, und daS ist ja sür Euch Weiber das inter essanteste Thema, ich bedauerte lebhaft, daß wir keine Tochter haben." Ein Schatten flog über da- rundliche, wohlwollende Antlitz, das war der einzige Punkt in der Frau AmtSrat sonst so sonnigem Dasein, eS war grausam vom Schicksal, daß eS ihr die sehnlichst erwünscht« Tochter versagt hatte, doppelt grausam, da Helmut, der einzige Sohn, nicht davon abzubringen gewesen war, sich dem Scedienste zu widmen. Das hatte viel laute und leise Klagen gekostet, ehe die wackere Dame e« gelernt hatte, sich würdevoll in das Unvermeidlich« zu fügen. „Es handelt sich nämlich," fuhr der Herr AmtSrat fort, mit offenbarem Behagen geradezu fürchterliche Dampswolken seiner kleinen Frau «ntgegenwirb«lnd, „e« handelt sich nämlich um die 1808 zu 3'/,—4 Prozent Verzinsung ang«boten hat. Der Zin«. fuß kann von 5 zu 5 Jahren, je nach dem Stand« der Reichs anleihe, eine Aenderung erfahren, die sich innerhalb der angegebenen Grenzen bewegt. — Weiter wurden 10-—15000 M. für einen auf dem Markt auszu stellenden Zierbrunnen bewilligt. — Stadtrat Gustav Walther in Zschopa« hat zur Erinn«, rung an feine silberne Hochzelt der Stavtbehörde 500 Mark unter dem Namen ,,Walthersp«nd«" mit der Bestimmung übergeben, daß diese Stiftung zunächst durch Zin» und Zinseszinsen bi« auf 1000 Mark anwachsen, sodann aber, wenn die weiteren Mittel dazu vor handen find, zur Begründung einer „Krippe" verwendet werden solle; bis zu deren Errichtung haben die Zinsen je zur Hälfte dem HospitalsondS und der Kleinkinderbewahranstalt zuzufließen. — Die städtischen Kollegien zu Freiberg haben beschlossen, Bürgermeister Blüher dort in Anerkennung seiner erfolgreichen und verdienstvollen Amtsführung eine persönliche Zulage von jährlich 2500 Mart zu gewähren und ihm bei der kzl. Staats« regierung den Titel Oberbürgermeister auSzuwirken. — In den letzten Tagen war «s in Freiberg öffentliches Geheimnis, daß die städtische Vertretung in Plauen i. V. bemüht war, sür den zur Erledigung kommenden Posten eines Oberbürgermeisters der Haupt, stavt des Vogtlandes Bürgermeister Blüher in Freiberg zu ge winnen. Bürgermeister Blüher hat jedoch auf eine von Plauen i. V. an ihn ergangene offizielle Anfrage, ob er eine auf ihn fallende Wahl annehmen werbe, in ablehnendem Sinne geantwortet. — In Freiberg hat Bürgermeister Blüher in Uebereinstim- mung mit einem Gutachten des Geologieprofessors vr. Bcck bei den städtischen Kollegien die Genehmigung der Herstellung einer neuen Wasserversorgung der Stadt nach der Gimlitzthalplanung und die Bewilligung von 32000 M. zum Ankauf der nötigen Grundstücke, sowie von 600000 M. zur Deckung der übrigen Kosten beantragt. — Die OrtSgesetze über die Einverleibung der Landgemeinden Räcknitz, Zschertnitz und Seidnitz in die Stadtgcmeinde DreSdm find vom Stadtverordnetenkollcgium angenommen worden. Die Einverleibung findet nunmehr am 1. Juli statt. — Ein Drama auS dem Leben, daS immer noch nicht volle Aufklärung gefunden hat, wird in nächster Zeit seinen teilweisen Abschluß finden. Wie erinnerlich sein wird, verschwand in den WeihnachtSfeicrtagen plötzlich der Weinhändler Clemcns Zschäckcl, Besitzer der altrenommierten Antons Weinstuben an der Frauen-' kirchg in DrrSdelSi Man sand die Kleidungsstücke, Mantel und Hut Zschäckels an der Elbe, in die er sich auch nach hinterlasse- nen Briefen stürzen wollte. In der That ist er jedoch nach Hinterlassung enormer Schulden flüchtig geworden und bis auf den heutigen Tag nicht wieder aufgetaucht. Zschäckel hatte sich mit dem beträchtlichen Gewinn, den die florierende Weinstube ihm abwarf, nicht begnügt, sondern sich in wahnsinnige, seine Mittel vielfach übersteigende Grundstücksspekulationen eingelaffen. So mußte es denn kommen, wie es kam. In ungefähr 3 Wo chen kommen die Häuser an der Frauenkirche 1 und 2, in denen sich Antons Weinstuben über 100 Jahre befinden, und in denen die Frau Zschäckels vorläufig das Geschäft weiter sührt, zur öffent lichen Versteigerung an Gerichtsstelle. — Die der Universität Leipzig zugesallene Wiener Erbschaft beträgt nach gerichtlicher Schätzung 621000 Mark. Der Stifter, Professor vr. Puschmann, hat in dem nun rechtskräftig geworde nen Testament die Bestimmung getroffen, daß daS Erträgnis des Vermögens „zur Förderung wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiete der Geschichte der Medizin verwendet werden soll". — Der ehemalige Geschäftsführer des Börsenvereins deutscher Buchhändler, Thomäler auS Leipzig, ist im Zwickauer LandeS- gefängnis während der Vollstreckung einer ihm wegen Unterschla gung zuerkannten 27monaligcn Gefängnisstrafe gestorben. — Nach dem soeben herauSgegebenen Berichte der Krankeu- uud Begräbniskaffe des Verbandes Deutscher Handlungs gehilfen zu Leipzig stand daS Geschäftsjahr 1901 unter dem Zeichen der WirtschaftSkrifis; cs war das ungünstigste seit dem 18jährigen Bestehen der Kaffe. Weder Epidemien, noch sonstige allgemein ungünstige Gesundheitsverhältnisse sind zu beobachten ge wesen, die eine Erklärung sür die bedeutend höheren Anforderungen geboten hätten, dagegen ist unschwer zu erkennen gewesen, daß viel mehr Mitglieder als sonst Zeit gehabt, krank zu sein Mancher, der sich im Lause der Jahre etwas überangestrcngt, hat die ruhige Geschäftszeit benutzt, einmal für längere Zeit auszuspannen, manches sonst bedeutungslose Leiden ist auch durch energische Kuren bekämpft und dadurch die Kaffe belastet worden. Bei Beurteilung der stetig steigenden Kafsenleistungen darf allerdings auch nicht außer Betracht gelassen werden, Laß alljährlich mehr Mitglieder bezugsberechtigt werden sür das volle versicherte Krankengeld bis zu 5 M. täglich auf die Dauer von 52 Wochen und sür die Gewährung deS höchsten Begräbnisgeldes bis zu 300 Mark. Während von den länger als 26 Wochen erwerbsunfähigkranken Mitgliedern vor 5 Jahren noch nur einem Viertel für die weitere Unterstützungs- Frau für unsern jungen Freund hier, die — Du kennst ja die Verhältnisse — in nächster Zeit herbeigcschafft werden muß." Der Ausdruck mißfiel der alten Dame höslichst, aber das Thema war an sich zu interessant, als daß sie sich Zeit genommen hätte, ihn zu rügen. „Nun, Alte, waS meinst Du dazu, welche junge Dame auS : unserem Bekanntenkreise rätst Du dem Assessor zu? Ich hatte s schon an Trude Malkwitz gedacht." „Ein Zieraffe," wars die alte Danie achselzuckend ein. „Ober Helene Prora —" „Eine böse Sieben," wieder dasselbe verächtliche Achselzucken. ! Der AmtSrat klopfte ein wenig ärgerlich auf den Deckel seines . Pfeifenkopses. „Zugestanden, obgleich ich sagen muß, mir gefallen die beiden Manchen recht gut. Es sind hübsche, frische Dinger, jung noch, und Du weißt, unser Assessor hat nicht mehr viel j Zeit zum Wählen übrig, oder hättest Du vielleicht einen anderen, > besseren Vorschlag in xetto?" Die Frau Amtsrat lächelte eigentümlich, halb überlegen, halb diplomatisch, und mit der vollen Hand, der man cs ansah, daß > fie vor keiner Arbeit zurückschrute, über ihre schwarze Schürze streichend, sagte sie langsam: „Ich habe daran gedacht, unsere Nichte Erna für einige Wochen oder auch Monate zu unS ein zuladen — " Sic konnte nicht weiter sprechen, denn sie ward stürmisch von ihrem Gatten unterbrochen. Er sprang auf, ja, er ließ sogar sein geliebtes Pfeifenrohr für eine Weile sinken. „DaS ist ein kapi taler Gedanke, Alte, Du bist ein prächtiges Weib, in Gold möchte ich Dich fassen lassen. Die kleine Erna — wahrhaftig, die kleine Erna — daß ich auch nicht selber daran gedacht habe, Affcfforchen, da« ist die rechte Frau für Eie!" (Fortsetzung folgt.) dauer volle« Krankengeld zu bezahlen g«w«stn ist, hat sich jetzt da« Berhättni« bi« über di« Hälfte gesteigert. Für 65 Prozent der Verstorbenen hat da« höchste BegräbniSgeld ihrer Versicherunglklaff« bezahlt werden müssen. Auf jede« Mitglied entfielen im Durch schnitt 12,18 M Krankengeld und 11,85 M. für Arzt und Arznei. Dir 21485 Kaffenmitglieder verteilen sich auf 66 Ber- waltung«stellen, 243 Zahlstellen und 2067 einzelne Orte im ganzen Reiche. Die Auszahlungen betrugen 257858.88 Mork Krankengeld, 238403,68 M Arzt und Arznei und 16832,80 M. BegräbniSgeld, dagegen beträgt da« Kaffenoermögen 485845,85 Mark. Auch ein im Erzgebirge herrlich gelegene« und schön ein gerichtetes Genesungsheim mit eigenem Garten und Waldpark steht den Mitgliedern in Niederschlcma zur Verfügung; eS wurde von 313 Personen besucht. Jungen Kaufleuten bietet die Kaffe jeden falls nach wie vor die best« Gelegenheit zu einer angemessenen Krankenversicherung bei mäßigen MonatSbriträgen. — Ein Pferdehändler in Elsterwerda verkaufte an «inen Tischlermeister zwei Pferde und ließ sich als Zahlung — 17 Särge geben. Da eine solche Zahl Särge nun für den eigenen Bedarf zu groß ist, handelt er jetzt gleichzeitig mit Pferden und Särgen. — Von der GlückSnummer 56 112, auf die der letzte Ge- winn der sächsischen Landeslotterie in Höhe von 5000 Mark, verbunden mit der Prämie von 400 000 Mark gefallen ist, hatte «in Hotelier in Bad - Elster drei Zehnt«! zurückgeschickt. — Schmerzlich! — Gegen de« Borwurf »«lautere« Wettbewerbs vcr- teidigt sich die preußische Eisrnbahnverwaltuug in einer län geren Erklärung der „Berl. Pol. Nachr.", in der sie vor allem die Behauptung zu entkräften sucht, daß die Bestimmungen im Artikel 42 der Reichsverfassung den deutschen Eisenbahnverwal tungen dir Verpflichtung auferlegen, den Güterverkehr stet- über die kürzeste Linie zu leiten. DaS offiziöse Blatt weist darauf hin, daß in den nachfolgenden Artikeln 43 bis 45 die näheren Bestimmungen darüber enthalten find, waS die ReichSversassung unter der Verwaltung der norddeutschen Eisenbahnen al« ein ein heitliches Netz im Interesse deS allgemeinen Verkehr» versteht: „Wie in der ReichStagSfitzung vom 13. März d. I. von der be rufensten Seite festgestellt worden ist, wird mit der Erfüllung der dort vorgesehenen Verpflichtungen der im Artikel 42 enthalte nen Forderung der ReichSversafsung Genüge geleistet, und eS kann von Reichs wegen weiteres von den deutschen Eisenbahn verwaltungen nicht verlangt werden. DaS erhellt sowohl auS dem Wortlaute, wie aus der Entstehungsgeschichte der bezüglichen Verfaffungssätze. Aber auch abgesehen davon liegt es keineswegs immer im Interesse deS allgemeinen Verkehrs, daß der Güterver kehr unter allen Umständen über die kürzeste Linie geleitet wird. Im Interesse deS allgemeinen Verkehrs liegt vielmehr die Beför derung der Güter über diejenigen Linien, auf welchen die schnellste und regelmäßigste Beförderung stattfindet. Für die Schnelligkeit der Beförderung ist es von wesentlichster Bedeutung, daß die be treffenden Güter so wenig wie möglich Uebergang von einer Linie auf die andere zu vollziehen haben, weil mit jedem Uebergange ein beträchtlicher Zeitverlust verbunden ist. Unter diesem Gesichts punkte liegt eS im Interesse des allgemeinen Verkehr», daß die Güter möglichst lange auf derselben Bahnlinie verfrachtet werden. Außerdem ist sowohl für die Schnelligkeit wie für die Regel mäßigkeit deS Güterverkehrs die Einrichtung, Leistungsfähigkeit und Ausstattung der verschiedenen Eisenbahnlinien von größter Bedeutung. Leistungsfähigere und unter günstigeren Betrieb-Ver hältnissen arbeitende Linien bieten in dieser Hinficht dem Güter verkehr in der Regel Vorteile, welche die etwas größere Trans portentfernung mehr als auswiegen. Wird daher sür die Wahl einer weiteren Route dem Verfrachter regelmäßig die Transport gebühr für die kürzeste VerbindungSstrccke auferlegt, so liegt die Leitung. deS Güterverkehrs über eine etwas längere, aber einheit liche und leistungsfähigere Strecke häufig direkt im Interesse des allgemeinen Verkehrs und steht daher nicht im Widerspruche mit der Absicht der Reichsverfassung, entspricht vielmehr dieser Absicht ungleich mehr als die Direktion über eine kürzere Linie, auf der gleichwohl die Beförderung nur langsamer und weniger regel mäßig vor sich gehen könnte. Aber auch volkswirtschaftlich ver dient unter Umständen die Wahl einer längeren Linie den Vor- zug, weil bei Verfrachtung auf einer leistungsfähigeren Strecke mit günstigeren BetriebSvcrhältniffcn die Selbstkosten der Eisen bahnen sich niedriger stellen, al» bei einer kürzeren die Selbst kosten bei schwierigeren Betriebsverhältniffen. Diese» für die Be urteilung vom volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte erhebliche Mo. ment fällt schließlich auch für die wirtschaftliche Verwaltung eine« Eisenbahnsystems selbst ins Gewicht, und eS leiten daher die gro ßen deutschen Eisenbahnverwaltungen auch im inneren Verkehre die Güter im Interesse de» allgemeinen Verkehrs, im Interesse der Volkswirtschaft und ihrer eigenen ökonomischen Verwaltung häufig lieber über die weiteren, aber unter günstigeren Betriebs verhältniffen arbeitenden Linien» als über kürzere Strecken." Diese preußisch-osfiziösen Ausführungen sollen offenbar eine Antwort auf die bekannten Verhandlungen im sächsischen Landtage sein, werden aber kaum als befriedigend angesehen werden können. Tagesgeschichte. Deutsche» «eich. — Die Potsdamer Frühjahrsparade am Sonnabend wurde ebenso wie die tagS vorher in Berlin vom Wetter sehr begün stigt, eigentlich zu sehr, wenn man nur die Hitze meint. Der Kaiser trug Garde du CorpS-Unisorm mit schwarzem Küraß. In seiner Begleitung befanden sich sein Bruder, Prinz Heinrich, der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin und Prinz Friedrich August von Sachsen, während der Schah von Persien, der Kronprinz von Siam und der jugendliche Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha dem Schauspiel vom Fenster deS StadtschloffcS auS zusahen. Der erste Vorbeimarsch fand in Zügen, der zweite in Kompaniefronl statt. DaS 1. Garderegimcnt z. F., bei dem Prinz Litel Friedrich, der zweite Sohn deS Kaiserpaares, eingetreten war, kam mit dem neuen Präsentiergriff. Der Kaiser führte beide Male da» Regi ment Garde du CorpS vor. Mittag» folgte Parademahl im Reuen PalaiS, bei dem Reichskanzler Graf Bülow dem Kaiser und dem Schah gegenüber saß. Dem Kronprinzen von Siam ver lieh der Kaiser den Verdienstorden der preußischen Krone» nach dem der Schah bereits vorher den Schwarzen Adlerorden er halten hatte. — Der Schah vo« Persie«, der am heutigen Montag Berlin wieder verlaßt» hat sich nach der „Köln. Ztg." über den glanzvollen und herzlichen Empfang, den er durch Kaiser Wilhelm gefunden, >in hohem Grade erfreut und befriedigt aulgesprochen.