Volltext Seite (XML)
Beilage W Fmkeiibergll Tageblatt «ab Bezickanzeiger. .1- LII Freitag, den L« Mai L»»2 Pfeil,ist. Roman von Georg Höcker. ',»» 8orts«hung.> <NaLdru!k verölen.» Die drei Herren folgten dem Bankier, während die beiden Geheimpolizisten unten im Geschästslokale zurückblieben. Auf einem schmalen Absätze, ungefähr in halber Treppenhöhe, blieb der Bankier stehen. „Hier", sagte er, zur Rechten deutend, „diese Thür führt in mein Prioatkabinett, während zur Linken die Treppe nach meiner Privatwohnung weitcrsührt." „In welches Zimmer mündet sie ein?" „In mein Wohnzimmer, das unmittelbar an unser gemein sames Schlafzimmer grenzt." „Wir wollen uns zuerst nach dem Kabinett begeben," ent schied der Untersuchungsrichter und klinkte auch sogleich die betreffende Thür auf. Die Herren traten ein. Aber schon der erste Anblick belehrte sie darüber, daß sie in diesem Raume keine Spuren entdecken würden, welche die Auffindung des Schuldigen erleichterten. Alles befand sich in geradezu peinlich zu nennender Ordnung, sodaß die Herren schon nach kurzem Verweilen sich weiter begaben. Nur Vahl blieb zurück. Die furchtbare Erregung, in der er sich naturgemäß befand, hatte einen Schwächezustand bei ihm gezeitigt, dessen er sich nicht länger erwehren konnte. Mit einem Aechzen sank er in den nächsten Lederfauteuil und verhüllte das Angesicht mit beiden Händen. Inzwischen hatten die Anderen das Wohnzimmer des Bankiers betreten, in welchem das Dienstmädchen noch mit Aufräumen be schäftigt war. Lindemann hatte wieder den Blick nachdenklich auf den Boden gesenkt; er hatte wahrgenommen, daß einzelne Stcarinflecke sich nicht nur über die ganze Wendeltreppe zerstreut gezeigt hatten, sondern auch auf dem Teppich des Wohnzimmers ihre Spuren sich verfolgen ließen. Sie deuteten auf eine Flügclthür, welche der Wendeltreppe entgegengesetzt war. Offenbar hatte jemand sich in höchster Eile eines Stearinlichtes bedient und vermutlich in hochgradiger Erregung gar nicht wahrgenommen, wie durch ein unbeabsichtigtes Schiefhalten des Leuchters da und dort sich Tropfen abgelöst und zu verräterischen Zeugen nächtlicher Thätig- kcit sich verwandelt halten. „Wohin führt jene Thür?" frug er den Bankier. „In mein Schlafgemach." Der Untersuchungsrichter wollte schon auf dieselbe zuschreitcn, als ihn Spindler rasch beim Arme faßte. „Ich bitte um ein wenig Geduld, mei^e Frau kann sich eben bei der Toilette be finden." Das Dienstmädchen, welches mit weit aufgcriffenen Augen dem ganzen Vorgang bisher zugeschaut hatte, mischte sich jetzt inS Gespräch. „Die gnädige Frau ist nicht zu Hause, sie ist schon vor bei nahe zwei Stunden fortgegangcn." Der Bankier drehte sich hastig noch der Sprechenden um. „Was sagen Sie da?" srug er betroffen. „Meine Frau ausge gangen um diese frühe Tagesstunde und ohne mir ein Wort zu sagen? Sehr seltsam!" „Ja, mir kam cs auch so sonderbar vor", fiel das Mädchen vorlaut ein. „Die gnädige Frau war überhaupt so ganz anders, wie sonst, sie kam mir so komisch vor." Spindler runzelte die Stirn. „Was ist denn das für ein albernes Gerede?" zürnte er. „Aber eS ist doch so, fragen Sic nur das gnädige Fräulein", berichtete das Mädchen wieder. „Die gnädige Frau ist furchtbar aufgeregt gewesen, schon die letzten Wochen über hat man sie fast gar nicht mehr gekannt, aber gestern abend, als sie ebenfalls ganz allein fortgewcsen war, da ist der Herr Baron von Sencken da gewesen und hat auf sie gewartet und —" „Herr von Sencken bei meiner Frau?" ries der Bankier kopf schüttelnd, „da werde ein Anderer daraus klug, meine Frau würde mir doch etwas von der Belästigung durch diesen unverschämten Besuch gesagt haben." Aber auch Lindemann schaute das Mädchen mit großem Blicke an. Was konnte den Baron nur veranlaßt haben, gestern abend — also unmittelbar nach seiner, mangelnden Beweismaterials halber erfolgten Freilassung — der Bankicrsgattin einen Besuch zu machen? Unwillkürlich fiel sein Blick in diesem Momente auf ein großes, im prächtigen Goldrahmen befindliches Oelgcmälve, welches eine junge Dame von zarter Schönheit darftellte. Die Verwunderung des sonst so kaltblütigen Untersuchungsrichters verwandelte sich in augenfällige Bestürzung. „Mein Himmel!" rief er mit halbuntcr- drückter Stimme, „das ist doch Fräulein Angelika von Walden, wie sie lcibt und lebt!" Der Bankier hatte seinen Ausruf gehört und nickte nun mit dem Kopfe. „In der That, Sie haben recht", versetzte er. „Das Bild, eine vortreffliche Jugendarbeit des Professors Gussow, stellt meine Gattin ein Jahr nach unserer Vermählung dar. Dieselbe ist in der That eine geborene von Walden. Haben Sie meine Frau vielleicht früher gekannt?" Lindemann vermochte sich immer noch nicht ganz von der Nachwirkung seiner Uebcrraschung zu erholen. Er nickte mit dem Kopfe. „Ich bin cin Landsmann Ihrer Frau Gemahlin", erklärte er dann. Dann wendete er sich plötzlich direkt an das Mädchen. „Kennen Sic den Baron von Scnckcn so genau, daß Sie be haupten können, daß er cs gestern abend gewesen ist, der bei Ihrer Gebieterin einen Besuch abgestattcl hatte?" frug er in ersichtlicher Erregung. Das Mädchen starrte ihn betroffen an, dann schielte sic aus ihren Herrn, der kopfschüttelnd dabei stand und offenbar die Handlungsweise Lindemanns noch viel weniger begriff. „Reden Sie!" herrschte dieser sie an. „Ich b'n der könig- liche Untersuchungsrichter und fordere Sie auf, mir streng der Wahrheit gemäß Antwort zu geben, die unter Umständen von sehr großem Werte sein kann!" Das Mädchen knixte verschüchtert. „Ach, Du mein lieber Gott, ich werde doch den Herrn Baron kennen, er ist ja der Ver lobte von unserm gnädigen Fräulein." Neues heftiges Staunen des Untersuchungsrichters, das noch durch den im brüsken Tone gegebenen Bescheid des Bankiers ver größert wurde. „Gewesen! — Ich habe heute morgen schon diesem Herrn Baron ein für allemal kundgegeben, daß nach den stattgehabten Vorkommnissen der letzten Tage an kein Verlöbnis mehr zu denken sei." „Erlauben Sie", frug Lindemann jetzt, „dieser Herr von Sencken ist heute früh bereits auch bei Ihnen gewesen?" Spindler nickte ärgerlich mit dem Kopf. „In rein geschäft. sicher Angelegenheit!" sagte er dann. „Er präsentierte mir drei ordnungsmäßig ausgestellte Checks von der New-Dorker Bankfirma L. V. Johnson and Brothers im Gesamtbeträge von 50 000 Dollars." Lindemann setzte sich auf den nächsten Polstcrstuhl und starrte den Bankier eine kurze Weile hindurch sprachlos an. Dann stand er mit großer Hast plötzlich wieder von seinem Sitze auf. „50 000 Dollars!" schrie er, „von einem amerikanischen Bankhaus ausgestellt! Wissen Sie nicht, Herr, daß dieser Baron vor Schulden kaum mehr sich zu helfen gewußt hat?" „Ich wunderte mich auch darüber. Da er aber unglücklicher weise gerade in dem verhängnisvollen Augenblicke mein Lokal be trat, als ich eben erst vom stattgehabten Einbruch unterrichtet worden war, sehr anmaßend austrat und die Checks in bester Ordnung waren, ich zum Ueberfluß auch schon von meinen New- Dorker Geschäftsfreunden ihretwegen benachrichtigt worden war und schon meiner geschäftlichen Ehre halber mir in einem solch kritischen Augenblicke durchaus keine Blöße vor jenem verächtlichen Menschen geben durfte, erteilte ich eine Anweisung auf Bleichröder." „Sic haben einen verhängnisvollen Fehler begangen!" versetzte Lindemann ungehalten. „Es wäre Ihre Pflicht gewesen, den notorisch vermögenslosen Menschen, der gar nicht in dem recht lichen Besitz solch großer Summen sein konnte, anzuhaltcn!" „Dazu hatte ich kein Recht ... es kommt tagtäglich vor, daß Checks, die immer auf den Inhaber lauten, oft aus sehr er- hebliche Beträge sich beziffernd, von Lehrlingen oder sonst ganz unbedeutenden Personen abgehoben werden . . . wollte man einen jeden nach seiner Berechtigung fragen, dann hörte das ganze Bank geschäft überhaupt aus . . ." Lindemann wendete sich an den Kommissar. „Haben Sie denn im Fall Brown nicht den hiesigen Firmen eine Benach richtigung zugehen lassen . . . eS wurde doch von Checks aus gesagt . . ." Der Beamte zog die Achseln hoch. „Das ließ sich nicht aus- sühren, da der Verstorbene sich dieser Checks, falls er solche über haupt besessen, zu fernen Lebzeiten . in völlig legaler Weise ent äußert haben kann . . . auch gesetzt den Fall, daß diese Checks mit den von Herrn Spindler respektierten identisch wären, so be weist das gar nichts. . . Kann der Baron, der ja in dem Rufe eines . . . überglücklichen Spielers steht, nicht in völlig ein- wandsfreicr Weise seinen Bekannten, den Amerikaner, ausgebeutelt und an Zahlungsstatt die Checks erhalten haben? . . . Der ein zige Mund, der darüber Auskunft hätte geben können, ist für immer verstummt . . . irgend welche Maßregeln wären demzufolge völlig unnütz gewesen und nur auf eine ungerechtfertigte Belästi gung des rechtlichen Publikums hinausgelaufen." (Fortte-una fokat.) Vermischtes, * Nachrichten von schweren Frostschäden laufen aus allen Teilen der bayerischen Pfalz cin. An vielen Orten ist die aus sichtsreiche Wein- und Obsternte vernichtet. Auch in ganz Rhein hessen richtete cin Nachtfrost von 5 Grad Celsius an den Wein stöcken einen unberechenbaren Schaden an. Ferner sind in fast sämtlichen Weinbergen des Saargebiets alle Triebe und Blätter erfroren. Im Moselthal ist leichter, in der Eifel starker Schnee fall niedergezangen. * Auf dem Bahnhofe zu Hattingen a. d. Ruhr stieß eine Maschine mit einem Personcnzuge zusammen. 5 Passagiere wur den verletzt. * Auf der Zeche „Nordstern" bei Bochum stießen zwei För derkörbe zusammen. 25 Personen wurden verletzt. * Erne Explosion von Petroleumwagcn ereignete sich auf einer Bahnstation bei Pittsburg (Nordamerika). Durch Auffahren des letzten Magens auf den vorhergehenden hatte sich das Oel, das ausströmte, entzündet; die Flammen, die 20 Fuß hoch in die Luft schlugen, brachten auch die übrigen Wagen zur Explosion und verwandelten den ganzen Güterbahnhof in ein Flammenmeer. Die verhängnisvolle Explosion erfolgte, uls sich bereits eine über 200 Köpfe starke Menge angesammelt hatte. 20 Menschen büßten ihr Leben ein, während l50 tödlich und 50 leichter ver letzt wurden. Die Flut des brennenden OclS stömte 1^z engli sche Merlen weit; dann geschah nochmals eine Explosion, durch welche drei Häuser, darunter ein großes Hotel, zerstört wurden. * Eine Feuersbrunst suchte die schlesisch-russische Grenzstadt Saloczuetz heim. Gegen 300 Besitzungen sind völlig abgebrannt, der größle Teil der Stadt ist vernichtet, daS Elend ist unbe schreiblich. 4000 Personen sind obdachlos und kampieren, not dürftig gekleidet und hungernd, auf freiem Felde. Eine Dienst- magd und 15 Kinder fanden den Flammentod. Als das Feuer auSbrach, befanden sich die Erwachsenen in der Kirche. Bei den Rktlungsarbeiten erlitten viele Personen Brandwunden. * Der neue Nachtschncllzug Mailand-Zürich-Münchcn entgleiste Sonnabend morgen kurz vor der Einfahrt in den Bahnhos Sankt Gallen auf durchweichtem Untergrund. Die Lokomotive und drei Wagen flogen aus den Gleisen und wurden teilweise zertrümmert. Mehrere Personen trugen Verletzungen davon. * Ein junges Ehepaar, das aus der Hochzeitsreise in Monte- crrlo Station machte und eine große Summe Geldes verlor, stürzte sich unweit der Spielhölle in daS Meer. Die aneinander gebun denen Leichen wurden geborgen. * An der italienischen Küste bei Civitavecchia wütcte ein hef tiger Sturm. Mehrere Dampfer find schwer beschädigt, verschie dene Segelboote untergegangen. Ein Teil des LeuchtturmS stürzte ein. Die beiden Wärter sprangen inS Meer, wurden aber ge rettet. Auch in Rom herrschte ein fürchterliche- Wetter mit Hagclsturm. * Die Diebe, welche den Einbruch in der Villa d«S Griechen königs zu Dekelia verübten, sind gefaßt worden; eS find 5 Gen darmen von dem Wachtkommando der Villa! Die gestohlenen Gegenstände, von denen mehrere einen hohen Wert haben, sind wiedergefunden worden. * Im Krosigk-Prozeß ist die für die Geltendmachung eines Einspruchs seitens des Kerichtsherrn gegen das freisprechende Urteil Martens und Hickels gesetzlich festgclegte Frist verflossen, ohne daß der kommandierende General des 1. Armeekorps, Freiherr v. d. Goltz, von dem ihm zustehenden RevisionSrccht Anwendung gemacht hat. Der Freispruch beider Angeklagter ist damit zu einem endgiltigen geworden. * Zum Millionen-Schwindel in Paris wird weiter berichtet: Die erste Uebersicht der Verhältnisse der Humbertschen Rentenan stalt ergiebt, daß 1100 Versicherte zu Grunde gerichtet sind. Ferner ist das in der Geschichte der französischen Justiz einzig da stehende Vorkommnis zu verzeichnen, daß bei vier angesehenen Rechtsanwälten Haussuchungen vorgenommen und Akten beschlag nahmt wurden. Es handelt sich um die Anwälte Bazille, Änzoux, Labat und Cannrl. Bazille hinterlegte seiner Zeit die scheinbar regelrecht ausgestellte Vollmacht der Brüder Crawford, die nie existiert haben. Der frühere Notar, Agent Langlois, ist verhaftet worden. — Wie Madame Humbert den Gimpelfang betrieb, schildert einer der Gerupften in einem Pariser Blatt: Madame beschick in ihr Palais die, welche auf die berühmte Erbschaft Geld leihen sollten oder von denen sie einen Aufschub in der Rück zahlung schon geborgter Summen verlangt. Nachdem sie sich in sehr geheimnisvollem Ton über die 100 Millionen und über die Verschlagenheit der Gegenkläger Crawford ausgelaffen, pflegte sie hinzuzusügen: „Ich werde für Sie etwas thun, was ich noch nie für jemanden gethan habe, aber sprechen Sie um Gottes willen kein Wort davon. Wir werden Sie überzeugen!" Madame ent fernte sich sodann zum geheimnisvollen Kaffenschrank und kam mit einem großen Paket in Leinwandumschlag zurück. Dies »Paket war mit 5 großen Siegeln versehen, die den Stempel der „Brü der Crawford" zeigten, mit dem, wie Madame versicherte, diese beiden daö Paket gesiegelt. „Dank einem Kunststück und der Ge schicklichkeit eines Arbeiters, der uns den Umschlag hergestellt hat", flüsterte Madame dem künftigen Gläubiger, der schon halb ge wonnen war, in die Ohren, „können wir daS Paket öffnen, ohne an die Siegel zu rühren." Und Madame entfernte in der That drei Siegel und zog aus dem Paket einen Hausen Papier heraus. „Zählen Sie," sagte Madame. ES waren für 587660 Franc- Rentenbriefe vom Januar 1896. „Die dreiprozentige Rente von 91 Millionen für daS verflossene Quartal," bemerkte die Dame. Zwei Rechtsanwälte bescheinigten, daß die Rentenbriefe, denen die Nummern angefügt waren, die Vierteljahrsrente von 91 Millionen darstellten. Nachdem ich das gesehen, wie konnte ich noch zweifeln? Ich borgte, und ich ließ mich auf Fristverlängerung cin. * Sven Hedin wieder aufgetaucht. Vor einem Jahre hörte man, daß der berühmte Reisende das geheimnisvolle männermordende Tibet durchqueren wolle. Und das zu einer Zeit, wo daS ganze chinesische Reich im Aufruhr zu sein schien, im Kampfe gegen Europa, Amerika und Japan. Bange Sorge um den Nichts ahnenden erfüllte weite Kreise. Da berichtete vor kurzem der Tele graph, daß Hedin diesseits des Himalaya wieder aufgetaucht sei, daß er trotz seiner Verkleidung von den tibetischen Soldaten ent deckt und mit genauer Not der Gefangenschaft und wohl einem marteroollen Tode entgangen sei. Nun erreicht uns die interessante Kunde durch einen auS Kargil vom 19. März 1902 an seinen Verleger Brockhaus gerichteten Brief, der auch den Lesern seines spannenden Buches „Durch Asiens Wüsten" willkommen sein wird. Hedin schreibt u. a.: „Ganz besonders freute es mich, auS Ihrem ersten Briefe zu erfahren, daß Sie nichts dagegen haben, meine neue Reisebeschreibung zu publizieren. Ich hoffe aufrichtig, daß wir mit vereinigten Kräften eines der schönsten Rcisebücher aller Zeiten herausgcben werden können. Dies klingt vielleicht wie Renommage, aber ich kann es ganz nüchtern sagen, da ich alles kenne und gelesen habe, was über Jnnerasien und Tibet ge schrieben ist, und da ich auch meine jetzigen Materialien und Er fahrungen mit denen meiner vorigen Reise vergleichen kann, wobei ich zu dem Resultate komme, daß die gegenwärtige Reise als Kraft- lcistung von allen Gesichtspunkten aus unvergleichlich reicher ist. Betrachte ich nur, was ich über den Gang der Reise niederge- schrieben habe, so finde ich, daß ich daraus drei solche Bücher wie „Durch Asiens Wüsten" schreiben könnte, ohne langweilig zu werben. D. h. 1) der Tarimfluß und die westliche Gobiwüste, 2) die Lop-Wüste und Lop-Nor, 3) Tibet. Photographien habe ich Tausende. Die Reise war, gerade wie die vorige, 10 000 Kilometer lang. Während aber von der vorigen Reise nur 3000 Kilometer neu waren, sind jetzt 9000 Kilometer absolut neue Er oberungen, wo sogar noch keine Asiaten gewesen sind. Ich habe diese geheimnisvolle Gegend forciert und mit Aufwand aller mensch lichen Energie forciert, um den hypnotischen Drang des verführe rischen „cloimlocium inevKniti" zu befriedigen. ES ist eine Ge schichte, die nie geschrieben, nie verstanden wird, wie viel Entschluß und trockene Thränen so eine Reise kostet. Man kann Blut weinen, wenn Männer und Tiere sterben oder leiden und man ihnen nicht Helsen kann, man geht trotzdem immer weiter zu noch tolleren Unternehmungen! Es muß eine besondere Gnade Gottes sein, daß ich immer gesund herauskomme, während die anderen sterben oder ihre Gesundheit sür immer ruinieren. Es wird eine glühende Reisebeschreibung, und an eigentümlichen psychologischen Beobachtungen wird es nicht fehlen. Meine Karte ist in 1076 Blättern — 300 Meter lang — wie wird so ein Ding ver öffentlicht? WaS denken Sic davon? Es stecken viele müde Stunden in dieser Karte, jede trockene Ravine ist eingezeichnet; cS wäre schade, wenn die Erdbeschreibung nicht diese peinlich detail, lierte Zeichnung unbekannter Gegenden unverkürzt erhalten könnte.