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Dienstag, de« 21 Januar Kl. Jahrgang H L« AnttSblatt derKömqlichcnAmtshauptmannschaftFlöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Romberg in Frankenberg t. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg ln Frankenberg i. Sa. tadellalisch«, Satz >u,schta«»achr«q. Gürund i Vffkrten-Unmch»« »A ^Dte ?»grsp PeNt^etl» »der deren Ramm IS, bei tivkal-Inserate« 12 Pj.: lm amUtchen Teil pro Fette 40M.; ,Eingesandt" i» U»> daknandtrtlr 30 Pf. Erscheint W ^W/s// den Boten und Aus. > M P " U) »M»* gadestelle», sowie A L-- allen Postanstalt.» L-I? I angenommen. E/ Lr Alle Diejenigen, welche aus der Sparkasse zu Frankenberg Hypotheken ausgenommen haben, werden erneut darauf hingewiesen, daß sie berechtigt sind, je derzeit Abschlagszahlungen in beliebiger Höhe auf die Hypothekenschuld zu leisten. Diese Abschlags zahlungen werden wie Spareinlagen angesehen und mit 3'/« Prozent verzinst, bis sie die Höhe von mindestens 300 Mark erreicht haben. Dann werden sic am Jahresschlüsse von der Hypothek ab geschrieben, so daß von da an die Hypothekenzinsen entsprechend niedriger sind. Kosten entstehen hierdurch in keiner Weise. Die Grundstücksbesitzer haben damit eine günstige Gelegenheit, jeden Betrag, den sie einmal übrig haben, zur allmählichen Verminderung ihrer Hypothekcnschulden zu ver wenden. Ueberdies bringen diese Abschlagszahlungen bis zu ihrer Abschreibung von der Hypothek «och 3'/« Prozent Zinse«, die am Jahresschlüsse dem Kapital zugeschrieben werden und dann wieder Zinsen bringen. Frankenberg, den 19. Dezember 1901. Die Sparkassenverwaltung. »r Mettig, Brgrmstr. Für Handwerker-Innungen! Die von der Gewerbekammer zu Chemnitz vorgeschriebenen Tabellen für die Lehrlings-Rolle (Hauptrolle und Nebenrolle) sind von Mittwoch an bei «Ns zu haben und werden im Einzelnen 2 Bogen für 15 Pf., 25 Bogen zu 1 M. 50 Pf. abgegeben. Die Herren Obermeister werden gebeten, ihren Bedarf gefl. recht bald aufzugeben. (Jeder volle Bogen reicht für 16 Einträge aus.) Vorschriftsmäßige Lohnzahlmlgsbücher für jugendliche Arbeiter, in neuer vereinfachter Form, für 374 Wochen (— 7 Jahr«) aus reichend, auf holzfreiem Papier, in blauen Umschlag geheftet 10 Stück 1 M. 20 Pf. sind stets vorräthig in der Buchdruckerei von V «»ssberx in Frankenberg. Born Reichstag. In der 121. Sitzung am 18. Januar wurde die Besprechung der Interpellation Albrecht und Genossen, betreffend Maßregeln gegen die Arbeitslosigkeit, fortgesetzt. Graf p. Kanitz (kons.): Die Arbeitslosigkeit, die geschäftlich schwierige Lage ist auf keinem Gebiete so stark hervorgetreten, wie in der Eisenindustrie. In dieser Beziehung ist Nordamerika der wichtigste Faktor. Wir müssen versuchen, in erster Linie mit den Vereinigten Staaten unsere handelspolitischen Beziehungen zu vc» bessern. Wir find geneigt, in unseren neuen Zolltarif solche Sätze cinzustellen, welche ungefähr den amerikanischen Zollsätzen glcich- kommen. Eine Arbeitsstatistik ist schwierig, weil man die Arbeits losen nicht von den Arbeitsscheuen trennen kann. Es müssen auch eine bedeutende Anzahl Streikender in Abzug gebracht wer den. Einer ziemlich genauen Feststellung zufolge haben wir in Deutschland 200000 Vagabunden. Immerhin betrachte auch ich die Arbeitslosigkeit als «in schweres Uebel, denn das Brachliegen vieler Arbeitskräfte schädigt den Nationalwohlstand. Aber unsere ganze Wirtschafts- und Handelspolitik, die auf Kosten der Land wirtschaft ausgebaut worden ist, ist schuld an dieser Krisis, sie ist schuld an der Entvölkerung der östlichen Provinzen und an der Anhäufung der Arbeitsloseck in den großen Städten. Es ist aber nicht zu verlangen, daß nun die Landwirtschaft noch an den Ko sten teilnehmen soll, um diesen Fehler gut zu machen; hier müssen die Kommunen eingreifcn. Schuld an der Krisis sind auch die Syndikate; so hat daS Kohlensyndikat, um den Preis zu halten, die Kohlenproduktion eingeschränkt und viele Arbeiter brotlos ge macht. Bei einigen Zechen war eine ganz verschwindende Minder einnahme wahrzunehmen. Hätte man die Förderung nicht be schränkt, so wären die Preise wohl etwas gesunken, aber die Ze chen hätten immer noch sehr hohe Dividenden zahlen können. Die hohen Dividenden der Zechen stehen in einem merkwürdigen Kon trast zu der Arbeitslosigkeit. Auch daS Kokssyndikat hat seine Produktion erheblich eingeschränkt, bis zu 43 Proz. (Hört! hört! rechts.) Auch dadurch hat die Arbeitslosigkeit immer weitere Fort schritte gemacht. An sich bin ich kein Gegner der Syndikate, aber diese müssen gut geleitet sein, der Staat sollte seinen Einfluß hier geltend machen. Ein zentralisierter Arbeitsnachweis ist durchaus am Platze, daneben muß dem Agcntenunwesen gesteuert werden. Ich bin ein entschiedener Gegner der Arbeitslosenversicherung, wir sind schon überreich mit sozialen Lasten versehen. Jedenfalls wäre es unbillig, die ländlichen Arbeitgeber zu verpflichten, zu einer solchen Arbeitslosenversicherung beizutragen, denn in der Landwirt schaft komme Arbeitslosigkeit kaum jemals vor. Auch der land wirtschaftliche Arbeiter hält eine solche Versicherung nicht für nötig und es wäre ungerecht, ihn zu Gunsten der Industriearbeiter zu belasten. Das wirksamste Mittel gegen die Arbeitslosigkeit ist Umgestaltung unserer Handelspolitik, die Sicherung der deutschen Arbeit gegen ausländische Konkurrenz. Wir legen darum auch das Schwergewicht auf den neuen Zolltarif. Mit einer Bekämpfung dieses Zolltarifs thun Sie den Arbeitern keine guten Dienste! Wir wollen der einheimischen Arbeit den nötigen Schutz verleihen, deshalb find wir die besten Freund« der Arbeiter. (Lärm und Gelächter links, Bravo! rechts.) Hofmann-Dillenburg (nat.-lib.) unterscheidet zwei Klaffen von Arbeitslosen, periodische und außergewöhnliche. Die ersteren könnten für die gegenwärtige Krifis Eigentlich nicht in Betracht -«zogen «erden» Redner berührt. «AUMeihe einzelner Arbeit», gebiete, u. a. dasjenige der Erdarbeiten. Er habe vielfach beob achtet, daß einheimische Arbeiter anstrengendere Erdarbeiten wieder aufgäben, weil sie den an sie gestellten Anforderungen nicht zu entsprechen vermochten. Da sei cS denn zu verstehen, wenn die Arbeitgeber Italiener anstellten. Der Arbeitsnachweis müßte wei ter ausgebaut und vervollkommnet werden, für die Städte sowohl wie für das platte Land, eventuell unter Zuhilfenahme des Fern sprechnetzes. Eine Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist auf der Grundlage der genossenschaftlichen Organisation sehr wohl durch führbar. Sächsischer Bevollmächtigter Graf Hohenthal: Zubeil hat sich darüber beschwert, daß von der sächsischen Staatseisenbahnver waltung Arbeiter entlasten worden wären. Ich habe heute ein Telegramm erhalten, in welchem die königl. sächsische Eisenbahn verwaltung mitteilt: Die königl. sächsische Staatseisenbahn hat bisher ständige Arbeiter wegen Mangel an Beschäftigung, obschon ein solcher vorliegt, nicht entlassen, sie beabsichtigt auch fernerhin nicht, dies zu thun. Vorübergehend für die Bahnunterhaltung in besserer Jahreszeit angenommene AuShilfSarbeiter sind bei Beginn des WinterS, wie ihnen gleich bekannt gegeben war, wieder ent lasten worden. Es ist aber besondere Vorsorge getroffen, daß die entlassenen Arbeiter bei staatlichen Bauten berücksichtigt werden. Da wir verschiedene Bauten in Angriff genommen haben, so wird den Arbeitern, die noch nicht anderweit Beschäftigung gefunden haben, solche zu teil werden. — Ferner wurde behauptet, die Firma Hartmann habe Arbeiter entlasten, da ihr erteilte Lokomo- tivlieferungen zurückgezogen seien. Die Fabrik hat Aufträge erhal ten, da sie ausdrücklich zuficherte, von ihr entlasten« Arbeiter wie der einzustellen. Die königl. sächs. Regierung hat mithin alles gethan, um der Arbeitslosigkeit entgegenzutreten. Gamp (ReichSpt.): Zubeil stach in der Art seiner Ausfüh rungen wohlthuend von denen seiner Freunde ab. Es ist wohl überhaupt das erste Mal, daß ein Sozialdemokrat hier aner kennende Worte für einen Arbeitgeber findet. Daß die Arbeits losigkeit in großem Umfange vorhanden ist, erkennt ja auch wohl die Regierung an. Die Frankfurter Krawalle find außerordentlich bedauerlich, die Vertreter der Stadt hätten nur beizeiten für Ar beit sorgen sollen, eS wäre ihnen dann möglich gewesen, die Kra walle gegenstandslos zu machen. Arbeitskammern halte ich nicht für rin geeignet«- Mittel zur Regelung d«S Arbeitsnachweises, ebensowenig yne ich mich mit den HandelSkcunmern befreunden kann, die ausschließlich in ihrer Mehrzahl die'Interessen oÄHÄr« dels, nicht aber die der Industrie vertreten. Von einer Statistik und Kontrolle der Arbeitslöhne kann ich mir keinen großen Erfolg versprechen, da hier die Gefahr der Trugschlüffe zu nahe liegt. Ich halte es auch für bedenklich, jetzt nun plötzlich der Industrie alle nur verfügbaren Aufträge zuzuwenden, da hierdurch vielleicht für die kommende Zeit eine noch viel größere KrifiS mit Gewalt vorbereitet werden würde. Ich habe eS immer bedauert, wenn die Landwirtschaft ausländische Arbeiter zuziehen mußte, aber sie muht« seinerzeit froh sein, auch nur diese zu erhalten. Die Frage der Verpflichtung der Kommunen zur Unterhaltung der Arbeitslosen, die auf der Interpretation des UnterstützungswohnfitzeS beruht, ist durchaus nicht so geklärt, daß man sagen könne, die Kommunen seien unter allen Umständen zur Unterhaltung der Arbeitslosen verpflichtet. Wenn der Arbeiter Not leidet, hat er wie jeder andere das Recht, Staatshilfe zu fordern, und ich glaube nicht, daß sich ein erheblicher Widerstand hier im Reichstage geltend machen würde, wenn erhebliche Mittel für den Notstand der Arbeiter ge fordert werden würden. Ich richte in diesem Zusammenhang an den Herrn Staatssekretär die Frage, wie es mit der Reform des ArmenpflegesetzeS steht. Die Versicherung wegen Arbeitslosigkeit ist ein schöner Gedanke, dessen Verwirklichung wohl noch sehr in der Ferne liegt. Ein Arbeitgeber, welcher weiß, daß seine Arbeiter Um Recht und Wicht. Originalroman von vr. Fr. Gödde. tl». Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Der Notar empfahl sich. Feodor hatte während der ganzen Verhandlung erstaunt dagestandcn. „Alles in schönster Ordnung", begann Jörg, als sic allein waren. „Sie find der gesuchte Trendler, der Sohn des Sohnes vom Alten, aber, vor allem noch Ruhe; wir müssen ganz bedeu tend auf dem Posten sein." „Und diese Kiste, meine Kiste, haben Sie vom Meeresgründe herausgeholt?" fragte Feodor. „Und das alles Eurer Phantasie gebilde wegen!" „Phantafiegebilde?" erwiderte erstaunt Jörg. „Mann Gottes, daS ist Wahrheit! Ich werde eS beweisen!" „Wie sollte daS zugehen?" meinte nachdenklich Feodor. „Ich müßte davon doch etwas erfahren haben; im zehnten Jahre sieht und hört man doch schon alles, hat auch eine Erinnerung, aber bei mir ist nichts Derartiges vorhanden." „Na, Ihr Vater wird wohl Gründe gehabt haben, Sie im Unklaren zu lassen", entgegnete Jörg. „Auf Ihre Mutter will ich nichts sagen, aber ihretwegen wird wohl Ihr Vater Friedrich seinen Namen geändert haben. Wer mag den Zusamnienhang kennen? Ihre Mutter wird wohl auf den Herrn Schwieger vater nicht gut zu sprechen gewesen sein, na, sie war doch nun einmal des Sohnes Frau, rechtlich hier angetraut. Aber den Namen Trendler mag sie nie genannt haben. Nun hat sich aber alles zum Guten gewandt. Ihr Vater starb ja plötzlich, wie Sie mir erzählten; vielleicht hätte er Ihnen doch noch Aufschlüffe ge geben." Feodor schüttelte nachdenklich den Kopf. „ES wäre doch son- deH«, wenn sich da» alles s» verhalten sollte", meinte er. „Aber ich glaube nicht daran, erst müssen sichere Beweise vor mir liegen." „Nun ja", stimmte Jörg zu, „thun Sie das! Lassen Sie mich nur machen. Wie ist die Adresse der Anstalt, in der Sie sich aufgehalten haben?" Feodor schrieb das Gewünschte auf; dann setzte er sich in die Sofaecke. „Und nun, leben Sie wohl, junger Freund!" sagte Jörg, Feodor die Rechte reichend. „Bald sollen Sie von mir hören." Mit schweren Schritten verließ er das Gemach. Feodor blieb in seiner seltsamen Stimmung zurück. „Trendler! Immer dieser Name; kaum dem Leben wiedergegeben, hörte ich ihn, und immer wieder macht er vor mir Halt seit jener Stunde. Er ist verbunden mit einer Erbschaft und glänzenden Aussichten. Aber nicht das allein beschäftigt micht in der letzten Zeit, jenes Mädchen, die Braut eines andern, kommt mir nicht aus dem Sinn. Was will mein Herz? Hoffnungen, Wünsche, Träume! Dieser Hubert Werner ist ihr Verlobter, er ist der Erbe jenes Mannes, dem ich so ähnlich sehen soll. Hat mich der Zufall hierher ver schlagen, daß ich zu meinem Rechte kommen soll? Ist die ganze Geschichte nicht eine Phantasie jenes Alten? Auf die frappante Aehnlichkeit baut sich all-S auf. Wenn's aber Wirklichkeit ist, so will ich auch dafür kämpfen, daS ist meine Pflicht. Mit die sem Manne will ich um mein Vermögen ringen und um . . . ." Er brach plötzlich ab und stand auf; unruhig durchmaß er das Gemach. „Ein Vermögen, und zwar mein Vermögen zu erkämpfen, das ist mein Recht; aber Liebe . . .? Die Braut eines andern . . . niemals! Und er besitzt nicht das Herz dieses Mädchen-, hat es nie besessen. DaS Herzcnsrecht verlangt mehr als eine Vereinbarung." So grübelte Feodor weiter. Es hatte sich seiner eine seltene Energie bemächtigt, sein ganzer Körper war straffer, seine Augen feuriger geworden. „Nicht einen Finger werde ich bewegen, um dieses Mädchen für mich zu bestimmen; habe ich aber erkannt, daß sie ihn nicht liebt, dann . . . Braut und Ver mögen! Das letztere nur um der ersteren willen. Ich will Kar riere machen, dieser Varicteeluft entsagen und frei leben können." Feodor wurde in seinen Erwägungen durch den Eintritt d«r Frau Walter gestört;, sie zeigte ihm an, daß eine Theaterdame ihn zu sprechen wünsche, Signora Gianini." „Das ist mir unangenehm", sagte Feodor mit ernstem Gesicht. „Mir auch", erwiderte die Frau. „Ich habe ihr gesagt, daß ick solche Besuche bei meinen Mietern nicht dulde, da lachte sie mich aus und meinte, sie könnte die Mutter von Ihnen sein. Was sie mit Ihnen zu sprechen habe, könne sie unmöglich im Theater Vorbringen, denn dort hätten die Wände Ohren, deshalb setzte sie den Anstand außer Augen. Es sei etwas sehr Wichtige-, was sie Ihnen zu sagen habe; abspeisen könne sie sich unmöglich lassen. Was soll nun geschehen?" Feodor war in einer peinlichen Lage. Sich verleugnen lassen konnte er nicht, und so entschied er sich, die Kollegin eintreten zu kaffen. Frau Walter hatte dagegen nichts einzuwcnden, erklärte aber, sie wcrde selbst das Zimmer nicht verlassen. Wenige Augenblick« später trat sie mit Signora Gianini in das Zimmer. „Ich dringe hier ein, Herr Touskani", begann die Künstlerin, „um Ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen. Frau Wirtin, Ihre Gegenwart ist hier überflüssig." „I, meinen Sie", erwiderte Frau Walter. „Na, unsere Mei nungen sind eben verschieden; ich bin nämlich der Ansicht, daß cS gut ist, so lange hier zu bleiben, wie Sie hier sind." Jetzt richtete sich aber Signora Gianini stolz auf und mit erhabener Geste sagte sic: „Gute Frau, Sie scheinen sich in einem argen Irrtum zu befinden. Dieser Herr kann mich nämlich nicht leiden, durchaus nicht; ich habe mir bereits einen Korb bei ihm