restlose Bewunderung. Ein für die Landeshauptstadt nicht gerade rühm liches Zeichen ist, daß die großen Choraufführungen mit zwei auswärtigen musikalischen Vereinigungen bestritten werden mußten. Das Stimm material, das auf diese Weise zusammenkam, zeichnete sich aber durch Frische, Jugendlichkeit, wie durch geistige Beweglichkeit und hingebungs volle Begeisterung aus. Besonders waren es die stark besetzten metallenen Männerstimmen, deren jugendlicher Ton hier neu war und den Chören stählerne Kraft gab. In langer, hingebungsvoller Arbeit waren die ein zelnen Werke sorgfältig vorbereitet worden, so daß es dem Festdirigenten, Prof. Otto Richter aus Dresden, möglich war, aus dem Ganzen ein schmieg sames Instrument seines künstlerischen Wollens zu machen und den zu sammengeworfenen Chor zu Höchstleistungen anzuspornen, wie wir sie in der Matthäuspassion, vor allem im „Magnifikat" und den beiden letzten Kantaten hörten. . . . Der Samstag mittag brachte in der Stiftskirche 2 Motetten Bachs vom Kreuzchor Dresden unter Leitung Richters. Die wundervolle poly phone Struktur leuchtete in dieser geradezu idealen Wiedergabe pracht voll auf! Die Tonmasse des Chors ist in dem langen Schiff nicht groß, aber von einer Zartheit, einer Beseeltheit und einem edlen Material, das in allem glänzende Schulung verrät. Unvergeßlich prägen sich einem die silbernen Filigranfiguren der Knabenstimmen ein. . . . Im Mittelpunkte des Festes stand die Matthäuspassion . . . Otto Richter zeigte sich hier ganz in seinem Element. Die Chöre . . . waren von einer seltenen Präzision und dabei dynamisch wie agogisch kraftvoll gestaltet. Den „Blitzchor“ hörte man noch nie so vollendet. Die Choräle schwangen sich aus wahrhafter seelischer Erschütterung empor . . . Der letzte Abend brachte das grandiose Magnifikat, in dem Dirigent und Chor sich auf der ganzen Höhe der schwierigen Aufgabe zeigten. Die mystische Kraft dieser Musik, ihr Jubel, ihre Ergriffenheit und die Ekstase ihrer Er findung hat nur ganz wenig Ebenbürtiges . . . Den Schluß bildeten zwei prächtige Kantaten. Prof. Otto Richter hat sich hier als echter und be deutender Bachinterpret eingeführt ... M. G. „Stuttgarter Neues Tagblatt“, den 14. Juli 1924. ... In diesem Sinne war das von der Neuen Bachgesellschaft ver anstaltete . . . 12. deutsche Bachfest, das in diesen Tagen eine große Menge von Musikfreunden von nah und fern in Stuttgart zusammen geführt hat, nicht nur eins von den vielen in diesem Jahre gefeierten, mehr oder minder deutsch gearteten Musikfesten ... es war ein nationales Ereignis von hoher Bedeutung! . . . . . . Der erste Festtag brachte zunächst eine „Motette" in der Stifts kirche, in der das prächtige, fein geschulte Stimmaterial des Dresdner Kreuzchors in den von Prof. Otto Richter, dem autoritativen Bach interpreten, geleiteten Aufführungen der beiden 8 stimmigen Motetten „Komm, Jesu, komm“ und „Der Geist hilft" glänzte. . . . Die mächtige Mittelsäule des großen Festbaues aber war die un gekürzt gegebene Aufführung der Matthäuspassion. Sie ist unter der