„Württemberger Zeitung“ (Stuttgart), den 14. Juli 1924. Nadimittagsmotette in der Stiftskirche . . . Hoch darf man die Harfe stimmen, wenn man dem Dresdner Kreuzdior das Lob singt. Prof. Otto Richter verfügt über alle Geheimnisse eines Chorleiters. Nicht nur nach der technischen Seite hin, aber Technik ist die Grundlage, und der Kreuzchor sänge nicht so schön, wenn er nicht so gut sänge. Die Tra ditionen des Dresdner Kreuzchors gehen bekanntlich weit zurück, wir ge statten uns aber anzunehmen, daß der Chor niemals in schönerer Blüte gestanden hat als jetzt unter Otto Richter. Bachs 8stimmige Motetten werden immer den höchsten Ehrgeiz eines aus jugendlichen Sängern be stehenden Chors bilden, man ist dankbar, sie befriedigend gut ausgeführt zu hören, wenn man sie aber mit solcher Weichheit der Tongebung hört, jede Phrase wie mit leichtem Pinsel gemalt, dermaßen kräftig auf die Wirkung der auch in Mittelstimmen liegenden Melodie ausgearbeitet, dann weiß man, daß man es mit etwas in seiner Art Unübertrefflichem zu tun hat . . . . . Schlußkonzert (Magnifikat, Kantaten). Otto Richter lernten wir aufs neue kennen als einen Chorleiter von eminenter und ganz besonderer Begabung. Er besitzt nicht die Eigenschaften des Dirigenten, der groß zügig die Sinfonie leitet, er ist aber ein feinhorchender Musiker, und der vielstimmige Chor muß, wenn es nach seinem Willen geht, den gleichen Anteil an der Erschöpfung des musikalischen Gehaltes nehmen wie jeder Solosänger oder jeder Instrumentalist. Das unterscheidet die von ihm er zielten Ergebnisse von denen anderer Dirigenten, die es vielleicht mehr auf den großen Schwung absehen. A. F. „Staatsanzeiger für Württemberg“ (Stuttgart), den 14. Juli 1924. . . . Nachm. 2 Uhr fand in der Stiftskirche ein Konzert statt, bei dem der auf eine ehrwürdige Geschichte von Jahrhunderten zurückblickende Dresdner Kreuzchor sang. Vor der Kirche hatte sich schon mehr als eine halbe Stunde vor Beginn trotz der hochsommerlichen Hitze ein großer Teil der Zuhörer eingefunden, die dann die kühlen Hallen bis auf den letzten Platz füllten. Nach einem Präludium begann und schloß das Konzert mit je einer 8stimmigen Bachmotette: „Komm, Jesu, komm“ und „Der Geist hilft unserer Schwachheit auf“, in deren Vortrag die jugend lichen Künstler unter Leitung ihres Dirigenten, Prof. O. Richter, alle ihre Vorzüge zu entfalten vermochten, bei denen ihnen nur der Berliner Dom chor ein Wettbewerber ist. Was den Leistungen dieses Chors eine be sondere Note gibt, das ist die gewissenhaft rhythmische Präzision, die sorgfältige dynamische Abstufung, die jugendlich herb-keusche Art, in der diese Gesänge mit gesunder, jeder falschen Sentimentalität abholden Empfindung, auch in der Deklamation mit kräftiger Bestimmtheit zum Vortrag kamen . . . (H. Raitelhuber.) „Deutsches Volksblatt“ (Stuttgart), den 16. Juli 1924. ... Es gehörte freilich viel Liebe und ideale Hingabe dazu, in dieser brütenden Julihitze stundenlang auszuharren, und besonders die Mitwirken den, der Oratorienverein Eßlingen und der Kreuzchor Dresden, verdienten